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1. Einleitung

 

2. Begriffsklärung

2.1. Allgemeine Definition

2.2. Medizinisch-biologische Definition

2.3. Psychologische Definition

2.4. Sozialpsychologisch-soziologische Definition

2.5. Eustress und Distress

 

3. Psychosoziale Belastung und Stress im Jugendalter

3.1. Stress und dessen Definition bei Berufsschülern

3.2. Soziale und ökonomische Situation

3.3. Familiäre und außerfamiliäre Beziehungen

3.4. Peer-group

3.5. Übergang von der Schule in die Berufswelt

3.6. Psychosomatische Beschwerden

3.7. Zusammenhänge psychosozialer Belastungen und Gesundheitsstörungen

 

4. Stressbewältigung, Prävention und soziale Unterstützung

4.1. Autogenes Training

4.2. Kurzentspannungsübung nach Schellbach

4.3. Yoga & Meditation

4.4. Verhaltenstraining nach Petermann & Petermann

 

5. Schlußbemerkungen

 

6. Literatur

 

 

    1. Einleitung

 

"Der Streßbegriff ist in der modernen Industriegesellschaft zu einem Schlagwort geworden, das noch keine befriedigende Definition, noch keine Meßeinheit und daher noch keine gültige wissenschaftliche Deutung gefunden hat" (Biener, 1993, S. 11). Selbst die allgemeine Deutung von Stress ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, jedoch ist deutlich zu erkennen, dass die Mehrheit der Bevölkerung Stress als Überlastung, seelische Überforderung und Spannung definiert. So definieren beispielsweise fast die Hälfte der AngestelltInnen und beinahe drei Viertel der LehrerInnen Stress als Überlastung , und 83% der SporttrainerInnen definieren Stress sogar als psychische Überforderung. Interessant dagegen scheint zu sein, dass die meisten Jugendlichen und BerufsschülerInnen unter Stress einfach nur "zu viel Arbeit" verstehen (Biener, 1993, S.25f).

Dass es bei Jugendlichen das Phänomen oder den Faktor Stress überhaupt gibt, wird auch heute häufig noch, vor allem von älteren Generationen, nicht wahrgenommen. So erinnere ich mich daran, daß mich ältere Erwachsene nicht ernst nahmen, wenn ich äußerte, mich gestresst zu fühlen. Jugend wird noch wie Mansel / Hurrelmann es umschreiben gleichgesetzt mit "Gesundheit, Stärke, Belastbarkeit" (1991, S.7). Die zunehmenden Umweltbelastungen Jugendlicher, seien sie nun ökologischer, soziologischer oder psychosozialer Natur, können nicht so ohne weiteres an ihnen vorbeiziehen. Da ich mittlerweile seit vier Jahren mit verhaltensauffälligen, seelisch- und lernbehinderten Kindern und Jugendlichen arbeite, interessiert mich das Thema meiner Hausarbeit besonders.

Ziel meiner Arbeit ist es, zunächst den Begriff Stress und seine unterschiedlichen Definitionen zu klären, um mich anschließend intensiver mit dem Stress im Jugendalter zu beschäftigen. Im letzten Teil meiner Arbeit werde ich mich ausführlich mit der Bewältigung und Prävention von Stress und dessen Folgen auseinandersetzen. Besonderen Raum werde ich in diesem Kapitel dem Verhaltenstraining nach Ulrike und Franz Petermann widmen, die seit langen Jahren auf dem Gebiet der psychologischen Förderung von Jugendlichen forschen, und meinen, dass dieses "eines der am stärsten vernachlässigten Gebiete überhaupt" sei, " obwohl gerade das Jugendalter durch viele massive Probleme gekennzeichnet ist" ( Petermann/Petermann S.7). Die Materialien der beiden AutorInnen sind wissenschaftlich fundiert und geben dem Erwachsenen, der mit Jugendlichen arbeitet, die sich häufig in Stresssituationen befinden bzw. unter den Folgeerscheinungen von Stress leiden, ein gutes pädagogisches Werkzeug an die Hand.

 

2. Begriffsklärung

2.1.Definition

 

Was wird umgangssprachlich unter dem Begriff Stress verstanden?

Das Fremdwörterbuch definiert: "Streß(lat.-vulgärlat.-fr.-engl.)der;...sses, ...sse: 1.(den Körper belastende, angreifende) stärkere Leistungsanforderung. 2. gerichteter, einseitiger Druck (Geol.). stressen: jmdn. körperlich u. seelisch überbeanspruchen" (Duden "Fremdwörterbuch", 1982, S.730). Diese Definition ergänzt die Definitionen wie sie Biener in seiner Pilotstudie herausgefunden hat, in der er die Stressdefinition von UnternehmerInnen, AngestelltInnen, LehrerInnen, ApothekerInnen, JournalistInnen, SporttrainerInnen, berufstätigen Frauen, Hausfrauen und Jugendlichen erfragt hat (1993, S.17f).

Die überwiegenden Antworten, wie diese Gruppen Stress definierten, können allgemein als körperliche, seelische, psychische Überlastung und Überforderung zusammengefaßt werden. Auch wenn im Folgenden gesondert die unterschiedlichen Stresskonzepte erörtert werden, so sind diese doch in einem Zusammenhang zu sehen.

 

 

2.2. Medizinisch-biologische Definition

 

Dass sich Stress auf den Körper und somit auf die Gesundheit auswirkt, ist mittlerweile allgemein bekannt. Gartner bezeichnet in seinem Handbuch der Gesundheitsvorsorge Stress als "chronisches Angstsyndrom" und macht ihn verantwortlich für die meisten unserer heutigen Zivilisationskrankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, hoher Blutdruck, Übergewicht, Rheumatismus, Gicht und Zuckerkrankeit. Bestimmte Alarmreaktionen des Körpers, z.B. Atemnot, Herzklopfen, innere Unruhe, Schweißausbrüche werden gewissermaßen fixiert und dadurch zu einem Dauerzustand (Gartner, 1992, S.146f). Der Nobelpreisträger Pauling behauptet, dass in Stresssituationen viel Vitamin C zerstört und somit das Immunsystem enorm geschwächt wird (Pauling, 1990, S.169f). Dass Vitamin C eine wichtige Voraussetzung für ein intaktes Immunsystem ist, ist inzwischen eindeutig wissenschaftlich erwiesen (vgl.Pauling, 1990; S. 132f) und dürfte mit eine Erklärung für die körperlichen Auswirkungen von Stress sein. Die herkömmlichen medizinischen Erklärungsmodelle, welche sich nur an der Biochemie des Körpers orientieren, gelangen laut Hurrelmann bei dem Phänomen Stress eindeutig an ihre Grenzen, denn einige Menschen reagieren auf die Herausforderung der Umwelt (Stress aber auch infektiöse Erreger) mit einer Erkrankung und andere nicht. Und eine gleiche Belastung kann bei verschiedenen Personen zu ganz unterschiedlichen Krankheiten führen (Hurrelmann, 1991, S. 124f). Die medizinisch-biologische Definition bezeichnet Stress als Reaktion des Körpers, bei der dieser seine Ressourcen mobilisiert und mehr Energie als üblich einsetzt. Selye prägte den Begriff des "allgemeinen Adaptationssyndroms", worunter er drei Reaktionsstufen auf Stresssituationen (Alarmreaktion, Resistenzstadium, Erschöpfung) versteht (Nitsch, 1981, 54f). Er geht davon aus, dass bei der Alarmreaktion Veränderungen des Herzschlages, der Atmung etc. entstehen und Adrenalin und Noradrenalin abgesondert werden. Im Resistenzstadium normalisieren sich diese Körpervorgänge wieder, der Mensch hält den Stress aus, jedoch unter einer enormen Belastung, und wenn der Stress anhält oder neuer hinzukommt, kommt es zur Erschöpfung. Hier kann es passieren , dass die Ressourcen erschöpfen und das Immunsystem so enorm geschwächt ist, dass es zu schweren Krankheiten kommt bis hin zum Tod.

Neueste Untersuchungen von Sapolsky, einem amerikanischen Wissen-schaftler, gehen davon aus, dass Stresshormone Teile des menschlichen Gehirns schrumpfen lassen. Besonders traumatische Erlebnisse, wie z.B. Vergewaltigung oder Todesangst, führen im Körper zu einer langfristigen Ausschüttung von Stresshormonen, welche dann das Gehirn schädigen, und zu einer Zerstörung von Nervenzellen im Hippokampus führen können. Der Hippokampus ist maßgeblich zuständig für das Lernen und das Gedächtnis. Isabella Heuser vom Mannheimer Zentralinstitut für seelische Gesundheit fand heraus, dass nicht nur Menschen mit derartigen traumatischen Erlebnissen sondern auch Hochleistungssportler von Stresshormonen bedroht werden. Durch die körperliche Belastung reagiert ihr Hormonhaushalt überempfindlich, wodurch sie mehr Cortisol ausschütten als andere. Die Folge ist, dass das Hirn schneller altert und das Langzeitgedächtnis deutlich schlechter als bei anderen arbeitet (Die Zeit Nr.34/96).

 

2.3. Psychologische Definition

 

In der Psychologie wird der Begriff Stress zur Bezeichnung von psychischen Spannungs- und Erregungszuständen verwandt. Psychische Stresssymptome sind nach Nitsch bestimmte Veränderungen von Wohlbefinden und kognitiven Funktionsabläufen, welche sowohl organisch als auch psychisch sein können (Nitsch, 1981, S. 84f). Hurrelmann schreibt dazu, dass sich die entwicklungs-psychologische Forschung stark an dem "Belastungs-Bewältigungs-Paradigma" der Stresstheorie orientiert. Dort wird von einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgegangen, dass das Auftreten von psychischen Auffälligkeiten und Erkrankungen eher zu beobachten ist, wenn belastungsverstärkende die belastungsabschirmenden Faktoren überwiegen. Wenn also eine starke Bewältigungsanforderung entsteht, so ist die Wahrscheinlichkeit, psychisch zu erkranken, sehr groß (Hurrelmann, 1991, S. 139f). Die theoretischen Erklärungsansätze und Verwendungsweisen des Begriffes Stress sind eher uneinheitlich und es finden sich verschiedene Definitionen nebeneinander. Nitsch führt dazu aus, dass es reiz-, reaktions-, zustands-, und beziehungsorientierte Definitionen gibt, und es wird von "psychischem" (symptomatischen), von "subjektivem" (bewußt erlebter Stress), von "psychologischem" und "psychogenen" Stress gesprochen. Ebenso wird die geistige (Über-) Beanspruchung als "kognitiver" oder "mentaler" Stress bezeichnet. Die Beziehung des Begriffes "Stress" zu anderen Begriffen in der Psychologie ist ebenfalls noch nicht hinreichend geklärt. So wird er häufig gleichgesetzt mit den Begriffen "Emotion", "Frustration", "Angst" und "Konflikt" (vgl.Nitsch, 1981, S. 84f).

 

2.4. Sozialpsychologisch-soziologische Definition

 

Sozialer Stress ist, bezogen auf die Ursachen, Folgen und Maßnahmen noch nicht so differenziert erforscht wie im Bereich der medizinisch-biologischen und der psychologischen Forschung. In den neueren Ansätzen der Sozialisationsforschung wird, so erklären Mansel / Hurrelmann, die Beziehung von der Person zur Umwelt als komplexe Wechselwirkung gesehen. Diese Sozialisationsforschung geht davon aus, dass gesellschaftliche und natürliche Umweltfaktoren sowie bio-psychische Personenfaktoren zusammen die Persönlichkeitsbildung beeinflussen (1991, S. 47). Nitsch führt hierzu aus, daß die soziologischen Grundbedingungen für das Entstehen von Stress, auch Stressoren genannt, für unseren Kulturkreis meistens mit den Schlagworten "Massen"-, "Leistungs"-, "Konkurrenz"-, "Industrie"-, "Konsum"-, "Informations" - und "Wohlstandsgesellschaft" bezeichnet werden ( 1981, S.120f).

Pearlin behauptet, dass der Begriff Stress soziologisch verwendbar wäre, obwohl er unscharf definiert sei, "...weil er die Aufmerksamkeit auf die Auseinandersetzung des Individuums mit der sozialen Umwelt lenke" (Hurrelmann, 1991, S. 148).

Pearlin hat ein Stresskonzept entwickelt, welches eine "theoretische Verknüpfung" zwischen dem sozialen Leben der Menschen und dem Leben, das sich in ihrem inneren Gefühlszustand abspielt, ermöglicht. Dieses Modell geht von Rahmenbedingungen wie Alter, Geschlecht, Schichtzugehörigkeit, Job, Rasse, ethnische Zugehörigkeit u.a. spezifischen Merkmalen aus, "...die über Belastungsfaktoren (Stressoren) und Überforderungen ("strain") zu Manifestationen von Stresssymptomen führen können" (Hurrelmann, 1991, S.149). In seinen Ausführungen in dem Bereich der psychosozialen Risiken erwähnt er auch den schwierigen Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter als maßgebliche Belastung. Pearlin & Johnson haben 1977 ebenso wie einige Jahre zuvor die Psychiater Holmes und Rahe eine "Lebensereignis-Stress-Skala" entwickelt, die zeigt, dass bestimmte Lebensereignisse wie Schulwechsel, Heirat, Tod von nahestehenden Personen u.ä. belastend wirken. Je höher die Punktzahl des Ereignisses auf dieser Skala, desto häufiger sind bei den Betroffenen Erkrankungen feststellbar (Hurrelmann, 1991, S. 150f und auch Holmes/Rahe, 1967, S.216).

 

2.5.Eustress und Distress

 

Im allgemeinen Sprachgebrauch und Verständnis wird der Begriff Stress, wie auch schon in meinen Ausführungen unter Punkt 2.1. erwähnt, negativ betrachtet. Jedoch gibt es zwei unterschiedliche Arten, den "positiven, angenehmen Stress" (z.B.Lotteriegewinn), den sogenannten "Eustress" (griech. eu oder gut, Euphorie) wie auch den "negativen, unangenehmen Stress " (z.B.Gefahr,Schädigung), den "Distress"( lat. dis oder schlecht, Dissonanz). Nitsch schreibt hierzu, dass dies jedoch nicht bedeutet, dass auf den "Eustress" keine typische Stressreaktion folgt. Diese tritt beim "Eustress" ebenso wie beim "Distress" auf . Die Reaktion des Körpers auf Stress ist also unspezifisch. Der "Eustress" ist jedoch als Antriebskraft zu sehen, damit wir nicht einrosten, ohne den die Leistungen des Menschen gar nicht möglich wären (Nitsch, 1981, S.49f).

Wenn ich also mit einer Anforderung umgehen kann, so fühle ich mich nicht unangenehm belastet (Eustress), wenn ich jedoch mit einer Anforderung, einem Ereignis oder einer Aufgabe nicht umgehen kann, dann empfinde ich dies als negative Stresseinwirkung (Distress), erläutert U.Petermann (1986, S.16).

In seiner Pilotstudie stellt Biener unter anderem auch die Frage, ob es einen guten (Eustress) oder einen bösen (Distress) Stress gibt. Die Mehrheit der LehrerInnen ist hier der Meinung, dass es sowohl positiven wie negativen Stress gibt. Bei berufstätigen Frauen und Hausfrauen ist die Mehrheit der Meinung, es gäbe einen negativen Stress, aber nur etwa die Hälfte glaubt, dass es positiven Stress gibt (1993, S. 35f ).

 

3. Psychosoziale Belastung und Stress im Jugendalter

 

Wie schon zu Beginn dieser Arbeit erwähnt, wurde und wird Jugend auch heute immer noch gleichgesetzt mit "Gesundheit, Stärke, Belastbarkeit"( Mansel/ Hurrelmann, 1991, S 7f), und jugendliches Aussehen ist ein Qualitätsmerkmal auch im hohen Alter für eben diese drei Schlagwörter. Dieses Klischee ist jedoch nicht mehr aufrechtzuerhalten, denn inzwischen ist nicht mehr zu übersehen, welchen "Preis" die Jugendlichen für ihre vermehrten sozialen Chancen zahlen müssen. Der Stress, den Anforderungen unserer Leistungsgesellschaft möglicherweise nicht gerecht zu werden, ist laut Mansel /Hurrelmann enorm gestiegen, vor allem im Hinblick auf die hohe Arbeitslosigkeit und den Mangel an Lehrstellen und somit an Zukunftsperspektiven (1991, S 7f). Hinzu kommen die zum Teil völlig überzogenen Schulabschlußvorstellungen der Eltern, die zeigen, dass über 60% der Eltern bei Schuleintritt des Kindes hoffen, das Kind würde Abitur machen. Diese Erwartungen erzeugen natürlich einen enormen Leistungsdruck bei den Kindern/Jugendlichen (Mansel/Hurrelmann, 1991, S 46).

Biener zeigt deutlich auf, dass der psychosomatische Distress, welcher sich in Symptomen wie Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Schwindel, Reizbarkeit, Traurigkeit u.ä. äußert, auch immer häufiger in der Adoloeszenz auftritt (1993, S.91f).

Dies erlebe ich auch regelmäßig mit zunehmender Tendenz bei den Jugendlichen, mit denen ich arbeite. Für dieses Klientel der Sonderschüler und der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluß sehen die Zukunftsperspektiven besonders schlecht aus, die meisten werden ohne Schulabschluß entlassen, ohne die Chance einen Beruf zu erlernen (Mansel/Hurrelmann, 1991, S.28f).

 

3.1.Stress und dessen Definition bei BerufsschülerInnen

 

Stressforschungen sind meistens bei Erwachsenen und dort am häufigsten bei Männern durchgeführt worden (Biener, 1993, S.91). Dies möchte ich zum Anlaß nehmen, einen Punkt dieser Arbeit auch den BerufsschülerInnen, also meinem zukünftigen Klientel, zu widmen.

Die Definition von Stress sieht bei jugendlichen BerufsschülerInnen nach den Erkentnissen von Biener unkomplizierter und einfacher aus als bei Erwachsenen. So verstehen sie in den meisten Fällen unter Stress "zu viel Arbeit", aber auch Hetze, Hektik und ein großer Teil nennt "Streit, Krach mit dem Chef oder den Eltern" als Stressdefinition. Bei der Frage, ob die Jugendlichen beruflichen Stress haben, behaupteten die meisten, keinen oder nur wenig bis mittelmäßigen beruflichen Stress zu haben, und nur 9% der Jungen und 14% der Mädchen gaben an, sehr starkem bis starkem Stress ausgesetzt zu sein. Stressprobleme in der Familie gibt es für über die Hälfte der Jugendlichen nicht, und nur eine kleine Anzahl behauptete, unter starkem Stress zu Hause zu leiden. Interessant hierbei ist, dass der Einzugsbereich dieser Pilotstudie von Biener eher als ländlich und kleinstädtisch zu bezeichnen ist, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass die Stressquoten so niedrig ausfallen. Biener hat weiterhin herausgefunden, dass, ähnlich wie Erwachsene, Jugendliche mit Stressproblemen häufiger rauchen und auch häufiger Drogenerfahrung besitzen (1993, S.91ff). In Deutschland sind nach Erkenntnissen des Gutempler-Ordens (Jahrestagung 1997) etwa 500.000 Jugendliche alkoholkrank (Allg. Zeitung 10.05.97). Diese Untersuchung spiegelt nicht die gesamte Situation und Stressdefinition von BerufsschülerInnen wieder, sie ist in dieser Art auch nur in der Schweiz durchgeführt worden, sondern soll hier nur kurz der Vollständigkeit halber erwähnt werden.

 

3.2. Soziale und ökonomische Situation

 

Ein wichtiger Faktor für den Status des Erwachsenen in unserem westlichen Kulturkreis ist die materielle und ökonomische Selbständigkeit. Aus diesem Grunde halte ich es für bedeutend, diesen Punkt auch im Hinblick auf das Jugendalter zu erläutern.

Die materielle und soziale Stellung der Familie bestimmt über die möglichen Lern- und Sozialerfahrungen Jugendlicher vor allem deshalb, weil die Jugendlichen im Gegensatz zu früher in Schule und Beruf sowie finanziell und materiell viel später selbständig und unabhängig werden. Eine Vielzahl der Jugendlichen tritt erst im dritten Lebensjahrzehnt in das Berufsleben ein. Dies ist unter anderem die Folge der schlechten Lage auf dem Arbeitsmarkt und die dadurch bedingten längeren Ausbildungszeiten. Denn besonders durch die Jugendarbeitslosigkeit sah der Gesetzgeber sich gezwungen, schulische (Überbrückungs-) Möglichkeiten zu schaffen. So besuchen viele Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz erhalten haben, die Berufsgrund-, Berufsvorbereitungs- und Berufsfachschulen mit der Hoffnung, im Anschluß daran eine Lehrstelle zu bekommen. Solange bleiben die Jugendlichen natürlich noch finanziell und materiell abhängig von den Eltern.

Der soziale Status der Familie und somit auch die Schulbildung ist ebenfalls wichtig für eine gute Chance, den gewünschten beruflichen Einstieg zu schaffen. Dies belegen Mansel/Hurrelmann, indem sie herausfanden, dass bei den Jugendlichen mit Abitur oder Fachabitur Überbrückungsmaßnahmen kaum genutzt werden, bei Hauptschülern jedoch weitaus häufiger. Ebenfalls fanden sie heraus, dass sich Jugendliche aus Familien mit hohem sozialen Status weitaus häufiger in Berufen ausbilden lassen, die eine hohes Sozialimage haben, wie z.B. Bank-, Industrie-, Großhandelskaufleute, und bessere Verdienstmöglichkeiten sichern.

Diese Berufe werden zu zwei Dritteln von Jugendlichen mit Abitur erlernt.

Stressfaktoren oder Stressoren bei den Jugendlichen treten dann auf, wenn sie die Befürchtung haben, später den aus dem Elternhaus gewohnten Lebensstandard nicht halten zu können, weil damit ein sozialer Abstieg verbunden ist. Auch hier ist die Untersuchung von Mansel/Hurrelmann wieder sehr interessant, dass fünfmal so viele JungarbeiterInnen und arbeitslose Jugendliche im Gegensatz zu Jugendlichen der gymnasialen Oberstufe einen sozialen Abstieg gegenüber dem Elternhaus erwarten.

Wichtig für die sozialen Möglichkeiten und die Lebensqualität ist für die Jugendlichen die finanzielle Lage, und gilt mit als ein entscheidendes Kriterium der sozialen Situation. Mansel/Hurrelmann haben auch hier herausgefunden, dass die finanzielle Lage der Jugendlichen stark von ihrem Ausbildungsstatus bestimmt wird, dies wird deutlich daran, dass die Azubis die meisten finanziellen Mittel durch ihre Ausbildungsvergütung zur Verfügung haben. Schüler, welche die Vollzeitschule besuchen, haben nicht einmal die Hälfte der finanziellen Mittel. Viele Jugendliche arbeiten noch nebenbei, sei es, um sich die Freizeitaktivitäten zu leisten oder aber auch, um finanziell unabhängig zu sein. Jedoch gaben bei der Studie von Mansel/Hurrelmann immerhin 5% der Jugendlichen an, damit einen Beitrag zum Lebensunterhalt der Familie zu leisten.

Zu beachten ist hierbei auch, dass Geld nicht selbstverständlich auch bedeutet, dass man sich mehr leisten kann. Wenn man die eigene Bekleidung, die Bahnkarte, das Pausenbrot oder auch Haushaltsgeld zahlen muss, kann das Taschengeld eines Gymnasiasten durchaus gleich hoch oder höher sein (Mansel/Hurrelmann, 1991, S. 11ff).

 

3.3. Familiäre und außerfamiliäre Beziehungen

 

Wie schon unter Punkt 3.2. erwähnt bleiben die Jugendlichen finanziell und materiell länger von den Eltern abhängig, jedoch entwickeln sie früher ihren eigenen Lebensstil. Aus dieser gegensätzlichen Situation heraus können sich natürlich erhebliche Störungen entwickeln, und erheblicher Stress kann durch diese andauernden Beziehungsstörungen entstehen. Ich werde mich in meinen weiteren Ausführungen wieder auf die Studie von Mansel/Hurrelmann beziehen.

Die Autoren haben festgestellt, dass das Verhältnis der Jugendlichen zur Mutter besser ist als das zum Vater. Die jugendlichen GymnasiastInnen verstehen sich am wenigsten gut mit ihren Eltern, die BerufsfachschülerInnen am besten. Interessant zu erwähnen ist hier auch, dass die meisten Konflikte mit den Eltern durch Unordentlichkeit der Jugendlichen entstehen. Bei Verlust von anderen, außerfamiliären Beziehungen, z.B. durch Umzug der Eltern in einen anderen Wohnort und der dadurch bedingte Verlust von Freunden und/oder der Clique, kann ein Stress entstehen, der die gleiche Qualität besitzt wie durch ein "kritisches Lebensereignis", z.B. Tod eines nahen Verwandten. In der Studie von Mansel/Hurrelmann gab immerhin ein Drittel der Jugendlichen an, im vergangenen Jahr gezwungenermaßen eine Freundschaft abgebrochen zu haben. Sogar jeder 13. gab an, durch den Umzug der Eltern den Freundeskreis verloren zu haben.

Aus dem Elternhaus auszuziehen, ist für die Jugendlichen der letzte Schritt der Ablösung von den Eltern. Sind diese Auszugswünsche über einen längeren Zeitraum nicht realisierbar, so ist dies eine hoher Stress erzeugender Faktor. Der überwiegende Teil der Jugendlichen lebt noch zu Hause, über die Hälfte hat jedoch den Wunsch auszuziehen. Hinzu kommt, dass etwa ein Viertel der Jugendlichen aufgrund von häufigem Streit von zu Hause ausziehen wollen (1991, S.12ff). Dies zeigt wie potentielle Stressoren entstehen können.

In den achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre wurden viele Untersuchungen über den soziokulturellen Stress ausländischer SchülerInnen gemacht. Gärtner-Harnach stellte 1974 fest, dass sich in den Bereichen abweichendes Verhalten und affektive Störungen deutlich höhere Werte bei ausländischen ergaben als bei deutschen SchülerInnen. Besonders betroffen waren hiervon italienische und türkische SchülerInnen (in Handbuch der Sonderpädagogik, 1989, S 303). Bei einem Vergleich von Izquierdo von 1975 reagierten spanische SchülerInnen in Deutschland empfindlicher und ängstlicher wie ihre Altersgruppe im Heimatland. Auch bei einer Untersuchung von Schmidtke (1980) zeigten spanische SchülerInnen in Deutschland besonders viele psychosomatische Belastungen. Insgesamt zeigt sich hier anhand von vielen Untersuchungen, dass das Selbstkonzept der ausländischen SchülerInnen deutlich unter dem der deutschen liegt (in Handbuch der Sonderpädagogik, 1989, S. 303). In Zusammenhang mit der besonders hohen Ausländerfeindlichkeit in der jetzigen Zeit wären Untersuchungen über das heutige Stressverhalten von ausländischen Jugendlichen sicherlich sehr interessant.

 

3.4. Peer-group

 

Die Gleichaltrigengruppe (peer-group) hat zu einem frühen Zeitpunkt des Jugendlichen eine sozialisierende Funktion und leistet einen wichtigen Beitrag zur Identitätsentwicklung des Jugendlichen. Die meisten peer-groups verstehen sich als freizeitspezifische Jugendgruppen, die den Jugendlichen ohne die erzieherische Funktion der Eltern und des Pädagogen die Möglichkeiten bieten, Erfahrungen zu machen, welche ihnen in anderen Bereichen verwehrt bleiben. Natürlich beherbergt diese Dynamik auch hohe Risiken von Stressfaktoren durch evtl. Ausgrenzung und/oder mangelnde Integration. Die Bedeutung von gleichaltrigen Gruppen ist enorm gestiegen. Laut Mansel / Hurrelmann gaben 1962 nur 16% , 1983 immerhin schon 57% der Jugendlichen an, zu einer solchen Gruppe zu gehören. Ich vermute, dies hängt mit dem permanent steigenden Wunsch der Jugendlichen zusammen, die eigenen Interessen und Bedürfnisse außerhalb der Familie zu befriedigen. Dort können sie, vor allem wenn der gewünschte Ablösungsprozess vom Elternhaus noch nicht möglich ist, ein "Leben nach ihren Vorstellungen" führen (1991, S. 16ff). Interessant scheint hierbei auch zu sein, dass je höher der soziale Status der Familie und der Ausbildungsstatus ist, die Rolle in der peer-group wichtiger wird.

 

3.5. Übergang von der Schule in die Berufswelt

 

Beim Übergang von der Schule in die Berufswelt erwartet die Jugendlichen seit 1975 eine unsichere Zukunft. Denn von da an stieg die Jugendarbeitslosigkeit, die in den sechziger und zu Beginn der siebziger Jahre noch relativ unbekannt war, stark an. Hier Zahlen zu nennen, macht nicht besonders viel Sinn, würden sie doch die Realität fälschlich verschönern. Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz oder Arbeitsplatz gefunden haben, wurden und werden in vollzeitschulischen Ausbildungseinrichtungen untergebracht, und gelten somit nicht offiziell als arbeitslos. Diese Jugendarbeitslosigkeit ist mit als wesentlicher Stressor im Übergang in die Berufswelt zu sehen. Hammarström weist in seiner Studie nach, dass Arbeitslosigkeit psychosomatische Beschwerden hervorruft und dass mehr legale Drogen wie Tabak und Alkohol konsumiert werden (Mansel/ Hurrelmann, 1991, S. 31).

Arbeitslosigkeit ist eine Belastung für die familiäre Beziehung, führt zu Gefühlen wie Diskriminierung und Stigmatisierung, wie Schober nachweist (Mansel/ Hurrelmann, 1991, S. 31). Interessant ist auch zu erwähnen, dass alle Jugendlichen "unabhängig von ihrem beruflichen Status, Arbeit nicht als eine Pflicht sondern als eine auf Interessen bezogene Tätigkeit...."(Mansel/Hurrelmann, 1991, S. 32) verstanden. Dies zeigt deutlich, wie wichtig berufliche Perspektiven für die Jugendlichen sind, besonders auch im Hinblick auf ihre Persönlichkeitsentwicklung. Infolge des knappen Lehrstellen- und Ausbildungsmarktes müssen die Jugendlichen frühzeitig in der Lage sein, bestimmte Gegebenheiten zu akzeptieren und als objektiv hinzunehmen, um dementsprechend flexibel auf mögliche berufliche Wunschvorstellungen zu reagieren. Dies erfordert ein hohes Maß an Frustrationstoleranz und die Fähigkeit, mit Krisen umzugehen. Ist dies nicht gegeben, so ist eine erhöhter Stress unvermeidbar. Mansel/Hurrelmann konnten nachweisen, dass die psychosoziale Befindlichkeit entscheidend durch den schulischen Alltag geprägt wird.

"Befürchtungen, den Schulabschluß nicht zu erreichen, erwartetes oder tatsächliches Schulversagen, schlechtere Schulleistungen als die Eltern erwarten, und Konflikte mit den Eltern aufgrund von nicht erbrachten Schulleistungen" stehen in einem Zusammenhang mit vermindertem Selbstwertgefühl, höhere Anfälligkeit für psychosomatische Beschwerden, Medikamenten-, Alkohol-, Tabak-, und Drogenmißbrauch und einem höheren Hang zur Kriminalität(Mansel/Hurrelmann, 1991, S. 44).

Durch die "Warteschleifen", welche die Jugendlichen durchlaufen müssen, versuchen sie, das Beste aus ihrer Situation zu machen, jedoch immer häufiger auf dem Hintergrund, eigentlich etwas anderes machen zu wollen, als das was sie tun, um nicht arbeitslos zu sein. Solche langanhaltenden Belastungen können laut soziologischen Stressforschungen nach Mansel / Hurrelmann schwerwiegender sein als "punktuelle kritische Lebensereignisse". Deutlich spiegelt sich diese Situation auch in der Kernaussage der meisten Jugendlichen wieder, für die es am wichtigsten ist, sicher vor Arbeitslosigkeit zu sein. Dies zeigt sich auch deutlich in der aktuellen Studie "Jugend `97", bei der jeder zweite Jugendliche auf die Frage, welches das "Hauptproblem der Jugendlichen heute" sei, die Arbeitslosigkeit nennt (12.Shell Jugendstudie, 1997). Eine Menge von Versagens- und Misserfolgserlebnissen durchzieht den schulischen und beruflichen Werdegang der Jugendlichen. Nur bedeutend weniger als die Hälfte der Jugendlichen gab an, noch keine negativen Erfahrungen in diesem Feld gemacht zu haben. Der Übergang von der Schule in die Berufswelt ist weiterhin erheblich stressbesetzt, und von einer "Freiheit der Berufswahl" kann keine Rede sein (Mansel / Hurrelmann, S. 22ff ).

 

3.6. Psychosomatische Beschwerden

 

"Normalerweise" wird eine somatische Krankheit dann festgestellt, wenn eine PatientIn, die sich krank fühlt, zu einem Arzt geht, weil sie unter körperlichen Beschwerden leidet. Der Arzt diagnostiziert und leitet eine Behandlung ein.

Bei vielen PatientInnen greift "das diagnostische Instrumentarium der Medizin nicht", schreibt Holler-Nowitzki (1994, S. 22f). Dies gilt für die PatientInnen, die zu einem Arzt gehen, weil sie unter körperlichen Beschwerden leiden, aber keine organische Ursache festgestellt werden kann; so z.B. jemand , der mit Magenschmerzen zum Arzt geht, selbst aber nach einer Magenspiegelung kein positiver Befund festzustellen ist. Das gemeinsame an somatischen und psychosomatischen Beschwerden ist, dass sie subjektiv als körperliche Beschwerden, z.B. Schmerzen wahrgenommen werden. Der Unterschied zwischen diesen beiden ist darin zu sehen, dass bei somatischen Erkrankungen eine körperliche Schädigung vorhanden ist, z.B. wenn bei Magenschmerzen nach einer Magenspiegelung ein Magengeschwür festgestellt wird. Im Falle von psychosomatischen Beschwerden ist eine körperliche Reaktion z.B. Magenschmerzen durch soziale Belastungen, Konflikte, Stressoren (z.B. Prüfungsdruck) hervorgerufen worden, organische Schäden sind jedoch nicht feststellbar. Typische psychosomatische Beschwerden sind u.a. Kopfschmerzen, Nervosität, Unruhe, Konzentrations- und Schlafstörungen, Übelkeit, Kreuz- und Rückenschmerzen, Magenschmerzen, Herzklopfen usw.

Inzwischen wird geschätzt, dass beinahe ein Drittel der Erwachsenen und etwa jeder zehnte Jugendliche unter psychosomatischen Beschwerden leidet (Holler-Nowitzki, 1994, S.22ff). Wirken Beschwerden und Belastungen allerdings zu lange auf einen Organismus ein, so können sie über Jahre hinweg eine psychosomatische Erkrankung hervorrufen. Eine psychosomtische Krankheit ist durch körperliche Schäden, welche jedoch überwiegend emotional verursacht wurden, entstanden (U.Petermann, 1986, S.152f).

 

3.7. Zusammenhänge psychosozialer Belastungen und Gesundheitsstörungen

 

Holler-Nowitzki schreibt, dass "psychozoziale Belastungen eine wesentliche Ursache für psychosomatische Beschwerden darstellen" (1994, S.31).

Zu diesen psychosomatischen Beschwerden, wie ich sie unter Punkt 3.6. erläutert und dargestellt habe, kommen jedoch noch weitere Gesundheits- beeinträchtigungen und Störungen hinzu. Hier sind zu nennen die Eßstörungen wie Anorexia nervosa, die Pubertätsmagersucht, und die Bulimia nervosa. Diese beiden gehören ebenfalls zu den psychosomatischen Erkrankungen. Ich erwähne sie hier gesondert, da sie in den letzten Jahren immer häufiger auftreten und besonders in der Adoleszenz bei Mädchen. Depressionen sind hier ebenfalls zu finden, jedoch sind sie in den jüngeren Altersgruppen eher unterschätzt worden, schreibt Hoffmann (in Holler-Nowitzki, 1994, S.30).

Der Konsum von Alkohol, Tabak und Drogen (z.Zt. besonders Ectasy, Alkohol und Hasch) gehört wohl zu den am weitesten verbreiteten gesundheitsgefährdenden Verhaltensweisen und Beeinträchtigungen im Jugendalter. Vor allem die Einnahme von Medikamenten (Schmerz-/ Beruhigungsmittel) ist für etwa ein Drittel der 15jährigen zum regelmäßigen Konsumgegenstand geworden.

 

 

4. Stressbewältigung, Prävention und soziale Unterstützung

 

Das Thema Stress nimmt in unserer Leistungsgesellschaft einen immer größeren Platz ein. Der zunehmende psychosoziale Druck besonders auch auf dem Arbeitsmarkt belastet die Familie, die Kinder, die Ehepartner, die Freunde etc..

Deshalb ist es eine äußerst wichtige Aufgabe zu lernen, mit dem Stress umzugehen, ihm präventiv zu begegnen und Möglichkeiten aufzuzeigen, negativen Stress abzubauen oder umzuwandeln. Aus diesem Grund sollen hier eingehender verschiedenen Methoden und Formen der Stressbewältigung und Prävention erläutert werden. Ich werde nicht auf alle Methoden der Stressbewältigung eingehen, sondern habe hier die Methoden herausgesucht, mit denen ich selbst schon gearbeitet habe und die bei Jugendlichen in meiner Arbeit zum Teil erfolgreich waren.

 

4.1. Autogenes Training

 

Autogenes Training ist eine eigene psychotherapeutische, auto-suggestive Methode, und eine sehr gute Vorbeugung gegen Stress. Es dient der, vorausgesetzt es wurde richtig erlernt, umfassenden Selbstentspannung und Beruhigung, und kann von jedem Menschen, gleich welchen Alters, erlernt werden. Die Ursprünge des autogenen Trainings sind zurückzuführen auf Prof. J.H. Schultz (1884-1970) und entwickelt aufgrund seiner medizinischen Erfahrung mit Hypnose und fernöstlichen Meditiationsmethoden (E.Müller, 1993, S.13f).

Durch bestimmte Formeln, auto-suggestiv, also aus dem inneren Selbst heraus, wird ein Zustand der Schwere und der Wärme entwickelt, der den Beginn der Entspannung anzeigt. Stress ist ein hoher Energieverlust, durch Autogenes Training wird körpereigene Energie wieder aufgebaut. Ein Auto-Suggestionsvorgang kann z.B. wie folgt aussehen:

- Mein rechter Arm wird ganz schwer und warm,

- Mein linker Arm wird ganz schwer und warm,

- Mein linkes Bein.........,

usw. bis der bestimmte Entspannungszustand erreicht ist. Dadurch erweitern sich die Gefäße und werden wieder besser durchblutet und das Nervensystem wird direkt positiv beeinflußt (E.Müller, 1993, S.13ff).

Genova stellte in einer Untersuchung fest, dass ein fünf Minuten andauerndes Autogenes Training (bei SportlerInnen) den gleichen Erholungseffekt hat wie eine einstündige Erholungspause (in Nitsch, 1981, S.536).

Kinder und Jugendliche erlernen das Autogene Training normalerweise recht schnell, jedoch ist auch hier regelmäßige Übung wichtig, um einen dauerhaften Erfolg sicherzustellen. Besonders gut geeignet finde ich die Methode für Kinder und Jugendliche, Autogenes Training mit Märchen, Gute-Nacht-Geschichten und Phantasiereisen zu verbinden, wie es E.Müller in ihrem Buch "Träumen auf der Mondschaukel" beschreibt. Diese Geschichten "...sind ein Gegengewicht zu der Flut von Außenbildern, insbesondere durch die der Medien. Durch die Märchen werden Innenbilder reaktiviert." (1993, S.10).

Beim Vorlesen kann das Kind/der Jugendliche sich entspannen, erholen und fühlt die Schwere, die Wärme und den Atem des eigenen Körpers und kann der eigenen Kraft vertrauen. Mehr Selbstvertrauen und Selbstsicherheit wird dadurch vom Kind gewonnen (E.Müller, 1993, S.12f).

Mit einer solchen Methode kann die eigene Phantasie wieder angeregt werden und somit können derartige Märchen und Geschichten auch besonders im Alltag der Kinder und Jugendlichen, aber auch im therapeutischen Bereich hervorragend genutzt werden.

 

4.2. Kurzentspannungsübung nach Schellbach

 

Oskar Schellbach entwickelte seit 1921 das System der mentalpositiven Lebenslehre nach dem Grundsatz der Ganzheit des Menschen, also Körper, Geist und Seele in Harmonie. Sein Sohn Hans-Jürgen Schellbach führt seit zwei Jahrzehnten dieses Lebenswerk in einer überaus erfolgreichen Dimension fort. Ich selbst habe mich intensiv mit der Schellbach-Theorie beschäftigt und vor einigen Jahren eines der letzten Intensiv Seminare mit H.-J. Schellbach besucht. Ich kann hier die Theorien und Methoden leider nicht wissenschaftlich belegen, sondern nur aus meiner eigenen Erfahrung mit den Automations- und Entspannungstechniken berichten. Beide Methoden haben eine hervorragende Wirkung in Bezug auf Stresssituationen bei mir und vielen mir bekannten Personen gezeigt, so dass ich hier die "Kurzentspannungs- technik" erläutern möchte.

Die Grundlage jeder Entspannung ist die richtige Atmung; in diesem Fall wird die "Bauch-oder Zwerchfellatmung" eingesetzt. Dabei hebt und senkt sich die Bauchpartie. Der Übungsverlauf sieht nun folgendermaßen aus :

- Setzen Sie sich locker und bequem hin und legen Sie ein ruhiges Musikstück auf .

- Führen Sie eine Muskelentspannung durch (Hände, Arme, Beine, Nacken, Gesäß, Gesicht extrem je zwei mal 5sek. anspannen und wieder loslassen durch diese Anspannung entsteht eine Entspannung).

- Bewußte "Bauch- oder Zwerchfellatmung".

- Stellen Sie sich ein Bild der Ruhe und Harmonie vor (z.B. eine Wiese auf einem Berg bei Sonnenschein o.ä.).

- Tief durchatmen, und wie nach einem langen Schlaf strecken und recken.

 

Das Wichtige, oder der Erfolg, dieser kurzen etwa 5-7min Übung liegt darin, dass man sich immer das gleiche Bild der Ruhe vorstellt und dasselbe Musikstück ebenfalls so verinnerlicht hat, dass man es an jedem Ort und zu jeder Zeit visualieren kann. Dadurch ist es möglich, selbst in extremen Situationen kurze Phasen der absoluten Entspannung zu erreichen (z.B. vor Prüfungen, Bewerbungsgesprächen o.ä.). Ich wende diese Übungen selbst erfolgreich an und habe sie auch schon an viele andere Personen, auch Jugendliche weitergegeben.

(nach Schellbach, Akademie für Führungskräfte, Baden-Baden)

 

4.3. Yoga & Meditation

 

Die indische Körper-Geist-Schulung, Yoga und Meditation ist inzwischen in allen Bevölkerungsschichten bekannt, und Yogakurse werden hierzulande schon von einigen Krankenkassen zur Hälfte erstattet; eine holländische Krankenkasse gewährt sogar aufgrund der nachgewiesenen Präventivwirkung Beitragsermäßigung. Gemeinsames Element des Yoga sind die "klassischen Stellungen" (Asanas) verbunden mit der "Atemschulung" (Pranayama). Auch hier wird eine Entspannung durch Anspannung (Dehnung) erzeugt, wobei jedoch jedes Organ und jeder Teil der Wirbelsäule miteinbezogen wird. Dies verbunden mit bewußter Atmung erzeugt eine Entgiftung, Regeneration und Entspannung und beseitigt so viele Arten von körperlichen Verspannungen und deren Nebenwirkungen, welche durch Stress und Belastungen entstehen können (Luczyn, 1993, S. 154ff).

 

Die beste Übersetzung für Meditation ist wohl Versenkung oder Innenschau, im Christentum Kontemplation genannt (Luczym, 1993, S.109f). Die Meditation im ursprünglichen östlichen Sinne ist nicht für eine Stressbewältigung bei Kindern und Jugendlichen geeignet, da sie des Erreichens eines höheren Bewußtseins dient. Luczym schreibt dazu, dass "Meditation die Standardtechnik an sich zur Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung" ist ( Luczym 1993, S. 109 ). Allerdings ist dies ein lang angelegter Prozess, der viel Zeit und ein hohes Maß an Selbstdisziplin erfordert, und nicht ohne weiteres und ohne fachliche Anleitung umgesetzt werden kann. Die östlichen Techniken der Meditation werden bei uns im Westen eher pragmatisch verwandt, um Stress zu vermindern, gelassener, harmonischer, friedlicher und ausgeglichener zu werden, besser zu schlafen und die Kreativität zu erhöhen. Zweimal zwanzig Minuten täglich reichen aus, um die genannten Ziele zu erreichen, erfordern aber auch viel Übung und Selbstdisziplin. Selbst Erwachsene bringen oft nicht die nötige Geduld und Ausdauer mit. Umgangssprachlich wird bei uns jedoch unter Meditation eher Entspannung, Atemübungen oder Phantasiereisen verstanden, welche ich oben schon erläutert habe.

 

4.4. Verhaltenstraining nach Petermann / Petermann

Das von Petermann und Petermann entwickelte Training mit Jugendlichen stellt eine Möglichkeit dar, wie man mit den Folgen von Stress im Jugendalter sozialunterstützend und beratend, aber auch präventiv umgehen kann, indem man gezielt bestimmte Problembereiche mit Jugendlichen bearbeitet. Diese Problembereiche sind u.a. Aggression, Apathie, Delinquenz, mangelndes Selbstvertrauen, Motivationslosigkeit, soziale Angst, Verhaltensstörungen, Drogen-und Medikamentenmißbrauch, Verweigerungsverhalten, Unsicherheit und Zukunftspessimismus und sind, wie in den vorangegangenen Kapiteln aufgezeigt, direkte und indirekte Konsequenzen von Sress und psychozialen Belastungen.

Die Anwendungsgebiete des Trainings sind vielfältig und beziehen sich auf die Gruppe der 13 - bis 18jährigen Jugendlichen. Es wird z.B. eingesetzt

- als präventive Maßnahme in Hauptschulen mit dem Ziel, das Arbeits-und Sozialverhalten einer Klasse zu thematisieren und positives Verhalten einzuüben,

- als Maßnahme in Bereichen der Berufsausbildung zur Arbeits-und

Motivationsförderung,

- als pädagogische Maßnahme in der Heimerziehung, um motivationslosen Jugendlichen Erfolgserlebnisse zu vermitteln,

- als Förderungsmaßnahme von lernbehinderten Jugendlichen, allerdings in modifizierter Form,

- als erzieherische Resozialisierungsmaßnahme im Jugendstrafvollzug.

 

Petermann und Petermann grenzen das Jugendalter auf die Gruppe der 13-bis 18jährigen Jugendlichen ein und berufen sich hierbei auf Oerter und Dreher (1995) die für diese Gruppe "einige markante Anforderungen definieren, die häufig zu Konflikten führen:

- neue, reifere Beziehungen zu Gleichaltrigen beiderlei Geschlechts aufbauen,

- die männliche / weibliche Geschlechterrolle übernehmen,

- die eigene körperliche Erscheinung akzeptieren und den eigenen Körper effektiv nutzen,

- emotional von den eigenen Eltern und anderen Erwachsenen unabhängig werden,

- sich auf das eigenen Ehe- und Familienleben vorbereiten,

- die berufliche Laufbahn planen und vorbereiten,

- zu einem eigenen ethischen Wertesystem, das als Verhaltsrichtlinie gilt, gelangen und

- sozial verantwortliches Verhalten anstreben und aufbauen."

(1996, S. 11 - 12 )

 

Bei der Bewältigung dieser Anforderungen hängt es ganz stark davon ab, ob die Jugendlichen ihr Verhalten als wirksam erleben oder nicht. Gestützt auf die lerntheoretischen Befunde von Bandura gehen Petermann und Petermann davon aus, dass "die erfahrene Selbstwirksamkeit eine zentrale Bedeutung besitzt" (1996, S. 12 ).

Erfahren die Jugendlichen, dass sie durch ihr Handeln und Verhalten Probleme und Konflikte lösen und Anforderungen bewältigen können, so werden sie ein stabiles positives Selbstbild aufbauen, welches ihnen ermöglicht, sich auch größeren Anforderungen zu stellen und auch Misserfolge zu verkraften.

Erleben sich die Jugendlichen dagegen als nicht wirksam und nicht in der Lage, Probleme und Anforderungen zu meistern, werden sie "scheinbare Handlungskompetenzen" (1996, S. 14 ) entwickeln, die von Petermann und Petermann mit den meisten Fehlentwicklungen von Jugendlichen gleichgesetzt werden. " Sie stellen unangemessene Formen der Bewältigung von Krisen des Jugendalters dar und können sich sowohl auf das "Pflegen" einer körperlichen (psychosomatischen)oder psychischen Krankheit als auch auf Abhängigkeit und Sucht, Delinquenz und Aggression oder soziale Unsicherheit, sozialen Rückzug und Apathie beziehen" (1996, S. 14).

Das Training für Jugendliche ist als multimodales Training konzipiert, da Petermann und Petermann soziales Lernen, kognitives Lernen, Lernen aus Erfahrung und Lernen aus Konsequenzen zu einem Lernprozeß miteinander

verknüpfen. Dafür gibt es zwei Gründe: erstens kann bei einem sozialen Lernprozeß nie genau gesagt werden, wann bei wem was wirkt, und zweitens

soll nicht problembezogen gelernt werden, vielmehr wird versucht, ein Basisverhalten zu vermitteln, das in unterschiedlichen Lebensräumen, bei unterschiedlichen Problemen bei der Bewältigung anstehender Entwicklungsaufgaben erfolgreiches Handeln ermöglicht. 

Ziel des Trainings ist die Förderung des Arbeits- und Sozialverhaltens in den Lebensbereichen Ausbildung, Freizeit, Lebensplanung, Umgang mit Gleichaltrigen und erste Partnerschaft. Diese Bereiche wurden gewählt, weil sie den im Jugendalter zu bewältigenden Entwicklungaufgaben entsprechen.

Die Jugendlichen sollen lernen mit Problemen in diesen Bereichen konstruktiv umzugehen.

Dies sehr allgemein formulierte Ziel läßt sich aufschlüsseln in sechs Teilziele:

- verbesserte Selbstwahrnehmung,

- Ausbau von Selbstkontrolle und Ausdauer,

- Ausdifferenzierung des Einfühlungsvermögens in andere Personen,

- angemessener Umgang mit Kritik und Mißerfolg sowie Lob,

- Stabilisierung des Selbstbildes,

- angemessener Umgang mit Kritik und Mißerfolg.

 

Die Teilziele werden zunächst in Einzelgespächen, die durch Materialien und Themenvorgaben strukturiert sind, bearbeitet. (Die Struktur des Trainings wird am Ende der theoretischen Ausführungen erläutert.) So lange, bis die Jugendlichen sich zutrauen, also ihr Selbstbild so stabil ist, dass sie in der Gruppe weiter lernen können. In den Gruppensitzungen sollen die Jugendlichen dann Folgendes lernen:

 

- argumentieren,

- mit Gefühlen und Körperhaltung umgehen,

- Vorstellungsgespräche führen,

- Einfühlungsvermögen in andere Personen,

- Selbstsicherheit im Umgang mit Gleichaltrigen,

- Lob und Anerkennung äußern,

- Außenseiter akzeptieren,

- Kritik im Beruf ertragen,

- mit Mißerfolg leben,

- Rückmeldung geben und erhalten.

 

Um diese Lernziele erreichen zu können, müssen Grundfähigkeiten aus verschiedenen Bereichen von den Jugendlichen gefordert werden bzw.

vermittelt , beachtet und modellhaft eingebracht werden. Dazu gehören:

- "grundlegende soziale Fähigkeiten (zuhören, eine Frage stellen etc.),

- komplexe soziale Fähigkeiten ( sich beteiligen, um Hilfe bitten etc.),

- Fähigkeiten im Umgang mit Gefühlen ( Gefühle ausdrücken, mit Angst umgehen etc. ),

- Verhaltensalternativen zur Aggression ( verhandeln, "nein" sagen, etc.),

- Fähigkeiten im Umgang mit Stress (auf Versäumnisse reagieren, ein Angebot abschlagen, mit einer falschen Anschuldigung umgehen können etc.),

- Fähigkeiten vertiefen (mit Langeweile umgehen, sich ein Ziel setzen, Entscheidungen treffen )" ( Petermann / Petermann 1996, S.25 ).

 

Petermann und Petermann gehen davon aus, dass der Aufbau, das Vertiefen und das Einüben der genannten Basisfähigkeiten Zukunftspessimismus und Arbeits- und Motivationsstörungen als handlungsleitende Strategien abbaut bzw. verhindert.

Das Training ist in zwei Teilbereiche gegliedert, welche aufeinander aufbauen, aber auch einzeln durchgeführt werden können. Der/die TrainerIn sollte vor dem eigentlichen Beginn des Trainings möglichst viele Informationen über den/die Jugendlichen sammeln, z.B. anhand eines diagnostischen Gespräches mit dem/der Jugendlichen, anhand von Fragebögen und psychologischen Tests, anhand von Verhaltensbeobachtung und durch Aktenanalyse, damit er/sie sich ein umfassendes Bild über den/die Jugendlichen und dessen eigene Wünsche und Zielvorstellungen machen kann.

Vor Beginn des Einzeltrainings kommt es zu einem Erstkontakt zwischen

TrainerIn und der/dem Jugendlichen, in dem der/die Jugendliche ausführlich über den Ablauf des gesamten Trainings informiert wird, mit ihm der Vertrag besprochen und ergänzt wird und das Tagebuch und die Trainingsmappe als wichtige Bestandteile eingeführt werden. Der Vertrag beinhaltet die wichtigen Ziele und Inhalte des Trainings und kann von dem/der Jugendlichen individuell ergänzt werden, er ist eine entscheidende Voraussetzung für den Verlauf des Trainings, da der/die Jugendliche damit eine Verbindlichkeit eingeht. Das Tagebuch wird zur Selbstkontrolle des/der Jugendlichen eingesetzt. Er gibt sich von Sitzung zu Sitzung eine Regel vor, deren Einhaltung er über die Woche beobachtet und in der nächsten Sitzung mit dem/der TrainerIn bespricht. Die Trainingsmappe enthält alle eingesetzten Trainingsmaterialien und wird von dem/der Jugendlichen zu jedem Treffen mitgebracht. Die Struktur des Trainings ist immer gleich und die Treffen finden im wöchentlichen Rhythmus statt:

- Auswertung des Tagebuches,

- Themenarbeit mit den Materialien (Cartoons, Zeichnungen, Filme) und Rollenspiel mit Rückmeldung,

- Absprache über eine neue Regel für das Tagebuch,

 

Die Gruppensitzungen beginnen erst, wenn der/die Jugendliche im Einzeltraining die ausreichende Stabilität und Selbsteuerungsfertigkeit aufgebaut hat. Bei Bedarf finden mehr als fünf Einzelsitzungen statt, um ein Thema eventuell vertiefender bearbeiten zu können.

Bei der Zusammenstellung der Gruppe muß darauf geachtet werden, daß die Jugendlichen ähnliche Voraussetzungen bzw. Fähig- und fertigkeiten mitbringen, damit die Gruppe gut miteinander arbeiten kann. Die Gruppe besteht aus vier bis sechs Jugendlichen und wird von ein bis zwei TrainerInnen geleitet. Zu Beginn des Gruppentrainings findet wiederum ein Erstkontakt statt, bei dem sich die Gruppenmitglieder kennenlernen, ein Überblick über das gesamte Training gegeben wird, individuelle Regeln für den Einzelnen (TrainerIn eingeschlossen) und Gruppenregeln erarbeitet werden.

Auch das Gruppentraining besitzt eine feste vorgegebene Struktur:

- Auswertung des Tagebuches (unter Ausschluß der Gruppe),

- Themenarbeit und Rollenspiele mit Rückmeldung (Videokamera und Recorder ),

- Rückmeldung zu den individuellen Sitzungsregeln,

- Erinnerung an Absprachen bezüglich des Tagebuches.

 

Die letzte Gruppensitzung dient der Rückmeldung insgesamt und jede/jeder Jugendliche erhält von dem/der TrainerIn einen Brief mit einer persönlichen Rückmeldung.

Das Training zieht sich über einen Zeitraum von ca. drei Monaten hin und bedeutet somit einen hohen zeitlichen Aufwand für die TrainerInnen und die Jugendlichen. Gründliche Vorbereitung in Bezug auf Inhalte und Rahmenbedingungen sind zwingend erforderlich für die erfolgreiche Durchführung. Außerdem ist eine gute Motivationsarbeit bei den Jugendlichen wichtig, um deren Durchhaltevermögen zu stärken. Oftmals stehen der Durchführung des Trainings institutionelle Bedingungen entgegen, z.B. eine dünne Personaldecke, mangelnde Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen, materielle Probleme. Allerdings lassen sich die Einheiten und Materialien auch unabhängig voneinander verwenden, wenn die gesamte Trainingseinheit nicht durchzuführen ist. Dies bietet auch die Möglichkeit, die Trainingsbausteine in ihren Einsatzmöglichkeiten und Qualitäten kennenzulernen und evtl. auf eigene Bedürfnisse abzuwandeln.

Das Erreichen der gewünschten Ziele lässt sich anhand von aufwendigen Verhaltensbeobachtungen überprüfen, die nochmals viel Zeit in Anspruch nehmen.

 

5. Schlußbemerkungen

 

Psychosoziale Belastungen und Stress in der Adoleszenz sind noch viel zu wenig erforscht. Besonders unter Berücksichtigung der heutigen Zeit mit ihren immer größeren Leistungsanforderungen im Kindes- und Jugendalter fehlen immer noch umfassende Studien zu diesem Thema. Wenn durch immer mehr Stress die Zahl der psychosomatischen Erkrankungen stetig steigt, so sollte dies ein Warnsignal sein, vor allem für uns Pädagogen, was die Erziehung der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen betrifft. Umfangreiche und intensive Präventivmaßnahmen in dieser Zeit könnten die massiven Spätfolgen von Stress verhindern helfen. Hier setzt auch das Verhaltenstraining nach Ulrike und Franz Petermann an, welches den Kindern und Jugendlichen Verhaltens- und Konfliktlösungsstrategien anbietet, die sie im Alltag umsetzen und anwenden können.

Der Trend geht jedoch in die andere Richtung, besonders im Hinblick auf die neue Gesundheitsreform. Die Krankenkassen zahlen immer weniger vorbeugende Maßnahmen und Hilfen gegen Belastungen und Stress, obwohl diese vielfach wissenschaftlich bewiesen sind.

Auch die massiven Einsparungen im sozialen Bereich erschweren die Durchführung von Präventivmaßnahmen in Schulen, Kindergärten, Jugendhilfeeinrichtungen, Freizeitzentren usw., da immer weniger Personal mit geringeren finanziellen Möglichkeiten mit stärker belasteten und gestressten Kinder und Jugendlichen arbeiten muss.

 

6. Literatur

Biener, K. : Streß, Epidemiologie und Prävention, 3.Auflage, Verlag Hans Huber Bern 1993

Blech, J.: Macht Streß doof ?, Die Zeit Nr. 34, 16.August 1996

Bourne, L.E.; Ekstrand, B.R.: Einführung in die Psychologie, Verlag Dietmar Klotz, Eschborn 1992

Gartner, K.: Handbuch der Gesundheitsvorsorge; Mit einfachen Mitteln die Gesundheit erhalten, Verlag Herder, Freiburg i. Brsg. 1992

Goetze, H.; Neukäter, H.(Hsg.): Handbuch der Sonderpädagogik/ Pädagogik bei Verhaltensstörungen, Wissenschaftsverlag Volker Spiess GmbH, Berlin 1989

Hurrelmann, K. : Sozialisation und Gesundheit, Somatische, psychische und soziale Risikofaktoren im Lebenslauf, 2.Aufl., Juventa-Verlag, Weinheim/München 1991

Holler-Nowitzki, B. : Psychosomatische Beschwerden im Jugendalter, Schulische Belastungen, Zukunftsangst und Streßreaktionen, Juventa-Verlag, Weinheim/München 1994

Holmes,T./Rahe, R.: in Journal of Psychosomatic Research 11, 1967

Jugendwerk der Deutschen Shell (Hrsg.): Jugend `97: Zukunftsperspektiven, Gesellschaftliches Engagement, Politische Orientierungen, Leske & Budrich, Opladen 1997

Luczyn, D.: Esoterik-Führer Norddeutschland, Connection Medien GmbH, Niedertaufkirchen 1993

Mansel, J.; Hurrelmann, K. : Alltagsstreß bei Jugendlichen, Eine Untersuchung über Lebenschancen, Lebensrisiken und psychosoziale Befindlichkeiten im Statusübergang, Juventa Verlag, Weinheim/München 1991

Müller, E. : Träumen auf der Mondschaukel, Autogenes Training mit Märchen und Gute-Nacht-Geschichten, Kösel Verlag, München 1993

Müller, W.u.a.: Duden Fremdwörterbuch, 4.Aufl., Brockhaus Verlag, Mannheim 1982

Nitsch, J.R.(Hsg.) : Stress, Theorien, Untersuchungen, Maßnahmen, Verlag Hans Huber Bern 1981

Pauling, L.: Das Vitaminprogramm, Topfit bis ins hohe Alter, Goldmann Verlag, München 1992

Petermann U./Petermann F.: Training mit Jugendlichen; Förderung von Arbeits- und Sozialverhalten, 5. Überarbeitete Aufl., Psychologie Verlags Union, Weinheim 1996

Petermann, U.: Kinder und Jugendliche besser verstehen, Ein Ratgeber bei seelischen Problemen, 2.Aufl., Kösel Verlag, München 1986

Rothenfluh, E. : Gesundheitserziehung in den Schulen, Ziele und Inhalte für Kindergarten, Volksschule, Gymnasium und Berufsschule, 2. Aufl., Verlag Sauerländer, Frankfurt/Salzburg 1992

Schellbach,O./Schellbach H.-J.: Intensiv-Seminar Mai 1994, Baden-Baden

Waller, H.: Gesundheitswissenschaft, Eine Einführung in Grundlagen und Praxis, 2.Aufl., Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1996