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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 1

2. Das Modell der virtuellen Unternehmung 2

2.1 Begriffsbildung 2

2.1.1 Definition der virtuellen Unternehmung 3

2.1.2 Kennzeichen der virtuellen Unternehmung 4

2.1.2.1 Konzentration auf Kernkompetenzen 5

2.1.2.2 Selbstorganisation 6

2.1.2.3 Unternehmensgrenzen 6

2.1.2.4 Informationstechnologie 7

2.2 Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten 8

3. Voraussetzungen erfolgreicher Kooperationen 9

3.1 Fit 9

3.2 Vertrauen 10

3.3 Mitarbeiter 11

3.4 Flexible Informationssysteme 12

4. Lebensphasen der virtuellen Unternehmung 15

4.1 Vorbereitung 15

4.2 Realisierung 17

4.3 Beendigung der Zusammenarbeit 19

5. Beispiele für virtuelle Unternehmungen 20

6. Fazit und Ausblick 22

 

Literaturverzeichnis 23

 

1. Einleitung

Die Weltwirtschaft befindet sich am Ende des 20. Jahrhunderts in einem grundlegenden Wandel. Neben einer allgemeinen Tendenz zur Globalisierung, die durch die Liberalisierung der Märkte und den Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur ausgelöst wurde, ist eine Verkürzung der Technologie- und Produktlebenszyklen zu beobachten.

Diese Veränderungen haben in den letzten Jahren zu einer Wettbewerbsverschärfung geführt, die viele Unternehmungen vor große Probleme stellt. Aufgrund veralteter, starrer Organisationsstrukturen und geringer Innovationsfähigkeit sind sie nämlich nicht mehr in der Lage, bedarfsgerechte Produkte zu konkurrenzfähigen Preisen anzubieten. Um im weltweiten Wettbewerb dennoch bestehen zu können, bietet sich die Umgestaltung der Organisation, z. B. im Sinne des Lean Managements, an. Des Weiteren können aber auch strategische Allianzen gebildet werden, die zumeist das Ziel haben, eine einmal erreichte Marktposition abzusichern. Sie setzen sich vielfach aus mehreren im selben Wirtschaftszweig tätigen multinationalen Unternehmungen zusammen.

Stark differenzierte und sich ändernde Kundenwünsche lassen sich mit diesen Konzepten jedoch nicht hinreichend schnell befriedigen, da der Aufbau des notwendigen Know-hows zu lange dauern würde. Der Ausweg ist eine neue Organisationsform, die in der Lage ist die erforderlichen Problemlösungskompetenzen schnell aufzubauen, um auf die wechselnden Kundenpräferenzen mit einer trotzdem sehr effizienten Leistungserstellung reagieren zu können. Diese Kombination von Eigenschaften wird durch das Konzept der virtuellen Unternehmung realisiert.

Die Vorstellung dieses Modells ist das Ziel dieser Arbeit. Hierbei wird insbesondere auf die informationstechnischen Aspekte und deren Bedeutung für die Zusammenarbeit eingegangen. Am Anfang wird zunächst eine Begriffsdefinition vorgenommen und das Konzept von anderen Ansätzen abgegrenzt. Im 3. Kapitel folgt die Darstellung der für eine erfolgversprechende Zusammenarbeit notwendigen Voraussetzungen. Eine Erläuterung der einzelnen Phasen des Lebenszykluses einer virtuellen Unternehmung schließt sich hieran an. Im 5. Kapitel werden dann zwei Beispiele aus der Praxis vorgestellt, bevor die Arbeit mit einem Fazit und einem kurzen Ausblick abschließt.

 

2. Das Modell der virtuellen Unternehmung

Seit der Veröffentlichung des Buches über die virtuelle Unternehmung, 1992, und einer Titelgeschichte in der Business Week, 1993, haben sich zahlreiche Autoren diesem Thema angenommen. Der Begriff der virtuellen Unternehmung (VU) bzw. der virtuellen Organisation avancierte zu einem Modebegriff, mit dem man die Lösung aktueller wirtschaftlicher Probleme verband. In dieser Phase der Euphorie verwendete man den Begriff für eine weitreichende Anzahl neuer Ansätze, wobei zunächst eine genauere Definition unterblieb. Erst in der Phase der bewußten Konzeptionalisierung, die 1994 einsetzte, wurde damit begonnen, den Begriff der VU näher zu spezifizieren, die konstituierenden Merkmale herauszuarbeiten und eine Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten vorzunehmen.

 

2.1 Begriffsbildung

In der Literatur gibt es für den Begriff der VU mittlerweile zahlreiche Definitionsbeispiele, wobei unterschiedliche Schwerpunkte und Ansätze gewählt werden. Eine der vielzitiertesten Begriffbestimmungen ist die von Byrne, in der er VU definiert als "... a temporary network of companies that come together quickly to exploit fast-changing opportunities. In a Virtual Corporation, companies can share costs, skills, and access to global markets, with each partner contributing what it´s best at." An anderer Stelle betont er, wie auch eine Reihe anderer Autoren, die Wichtigkeit der Informationstechnik und die Dominanz der Ablauf- über die Aufbauorganisation. Zu klären bleibt jedoch, weshalb diese netzwerkartig strukturierte Kooperation von Unternehmungen "virtuell" genannt wird.

2.1.1 Definition der virtuellen Unternehmung

Der Begriff virtuell (lat. "virtus" = "Tüchtigkeit") bedeutet in der Umgangssprache: "nicht wirklich", "scheinbar" oder "der Anlage nach vorhanden". Ein Objekt kann somit als virtuell bezeichnet werden, wenn es alle wesentlichen Merkmale eines Objekts erfüllt, es aber real nicht existiert. Virtualität per se gibt es demnach nicht, sondern nur in Bezug auf ein konkretes Objekt, wie dies z. B. beim virtuellen Produkt oder der VU der Fall ist. Eine exakte Spezifizierung virtueller Objekte kann durch folgende vier Merkmale vorgenommen werden:

 

 

Der Begriff VU wurde schon 1986 von Mowshowitz in Analogie zur virtuellen Speichertechnik eines Computers abgeleitet. Der dem Benutzer zur Verfügung stehende virtuelle Hauptspeicher wird dabei durch das geschickte Zusammenspiel von Paging-Algorithmen, realem Haupt- und Festplattenspeicher simuliert. Hierdurch ist es möglich, die volle Adressierungsbreite des Rechners zu nutzen, wobei auf teuren Hauptspeicher zugunsten relativ billigerem externen Speicher verzichtet werden kann.

Überträgt man das Virtualisierungskonzept auf eine Unternehmung, so ergibt sich für die VU nachfolgende Definition, deren Merkmale in den folgenden Abschnitten näher beschrieben werden:

Eine virtuelle Unternehmung ist ein zunächst auf die Ausnutzung einer temporären Marktchance gerichtetes Unternehmensnetzwerk, das aus informationstechnisch verbundenen, rechtlich selbständigen und im Sinne der Selbstorganisation agierenden Kernkompetenzträgern besteht.

 

Einen schematischen Überblick über die Struktur einer VU zeigt folgende Abbildung:

 

 

2.1.2 Kennzeichen der virtuellen Unternehmung

Die VU hat die Struktur eines Unternehmensnetzwerks, das aus rechtlich selbständigen Unternehmungen besteht. Diese stehen in wirtschaftlichen Austauschbeziehungen, welche sehr flexibel auftragsbezogen auf- und abgebaut werden können. Die durch die Zusammenarbeit entstehende virtuelle Größe der Organisation erlaubt insbesondere kleinen flexiblen Unternehmungen die Wahrnehmung von Marktchancen, deren Abwicklung sie allein nicht hätten bewältigen können. Es ist somit möglich, die Vorteile der Kleinheit mit denen der Größe zu kombinieren. "Big is beautiful" und "Small is beautiful" stellen in so einem Unternehmensnetzwerk keinen Gegensatz mehr dar. Außerdem werden die Risiken einer herkömmlichen Globalisierungsstrategie, durch den Verzicht auf Zukäufe oder Neuinvestitionen, minimiert, weil fremde Märkte auch über eine VU erschlossen werden können. Ziel dieser Kooperationsform ist die Ausschöpfung temporärer Marktpotentiale, die aufgrund individuellerer Kundenbedürfnisse und kürzerer Produktentwicklungszyklen entstehen.

Weitere Konzepte und Charakteristika, auf denen die virtuelle Organisationsstruktur aufgebaut ist, werden nun im folgenden näher erläutert.

2.1.2.1 Konzentration auf Kernkompetenzen

Im Gegensatz zur herkömmlichen Unternehmung konzentriert sich die VU auf die Kombination von Kernkompetenzen. Die Mitgliedsunternehmen bringen dabei genau die Teilprozesse ihrer Wertschöpfungskette in die VU ein, in denen sie echte Kernkompetenzen erlangt haben. Kernkompetenzen stellen dabei Fähigkeiten und Fertigkeiten, Know-how sowie die in einer Unternehmung vorhandene Technologie dar. Faßt man diesen Begriff etwas weiter, so kann hierunter auch die erreichte Marktposition einer Unternehmung oder die erwiesene Kundentreue verstanden werden. Durch die synergetische Kombination dieser Kernkompetenzen wird die effizienteste Form der Leistungserbringung angestrebt. Ziel ist eine Art "Best-of-everything-Organization", in der die gesamte Wertschöpfungskette durchgängig optimiert und somit kosteneffizient gestaltet wird. Dies hat auch zur Folge, daß die Kooperation nur intendiert zeitlich befristet ist, da eine strikte Kundenorientierung, die ständige Optimierung und somit Umkonfigurierung der Unternehmensstruktur erfordert.

Wird dieses Konzept konsequent umgesetzt, so wird die einzelne Unternehmung ihren Fokus nur noch auf den Teilbereich mit der größten Wertschöpfung richten und diesen in wechselnde Partnerschaften einbringen. Alle anderen Unternehmensbereiche werden ausgelagert.

 

2.1.2.2 Selbstorganisation

Der formale Organisationsgrad auf der Ebene der VU ist in der Regel sehr gering ausgeprägt. Der Initiator der Kooperation, zumeist ein sogenanntes "Kernunternehmen", das die unternehmerischen Kernleistungen, das Management und die Unternehmenskultur bereitstellt, übernimmt die organisatorische Verantwortung und stellt einheitliche Prinzipien auf, an denen sich die Teilnehmer zu orientieren haben. Die Prinzipien bauen auf dem Konzept des Management by Objectives auf und beinhalten Aufgabenstellungen, Zeitrahmen und Ziele. Die operativen Abstimmungsprozesse zwischen den einzelnen Mitgliedern werden jedoch weitgehend der Selbstorganisation überlassen, da sonst die Vorteile der VU, wie Flexibilität und Schnelligkeit, verloren gingen. Selbstorganisation umfaßt dabei alle Prozesse innerhalb eines Systems, die dafür sorgen, daß eine Ordnung aus sich selbst heraus entsteht, sich verbessert oder erhalten bleibt. Das Management muß daher darauf achten, daß nur so viele Kommunikationsbeziehungen und damit Abhängigkeiten aufgebaut werden, wie unbedingt erforderlich sind, da nur "schwach verbundene" Systeme mit geringer Komplexität zu einem Gleichgewicht streben und damit zum Erfolg führen.

 

2.1.2.3 Unternehmensgrenzen

Die Grenzen einer Unternehmung werden traditionell durch Eigentum und Verfügungsrechte sowie durch eine einheitliche Führung gekennzeichnet. Die VU besitzt jedoch keine eigenen Verfügungsrechte, da diese bei den teilnehmenden Unternehmungen verbleiben. Die Leistungserstellung der VU erfolgt somit ohne eigene Ressourcen, nur auf der Basis eines "Sharing" ohne "Poolung" von Ressourcen der Partnerunternehmungen. Daher scheidet dieses Kriterium bei der Bestimmung der Grenzen der Unternehmung aus. Selbst die Betrachtung aller in die VU eingebrachten physischen Ressourcen erlaubt keine genaue Grenzbestimmung, da diese räumlich so weit verteilt sein können, daß deren Standorte keine hinreichende Aussagekraft für eine Grenzziehung besitzen.

Dafür übernehmen nun Projekte, Produkte oder Dienstleistungen, die von verschiedenen Partnern gemeinsam erstellt bzw. abgewickelt werden, identitätsbildende Funktionen. Die traditionellen Grenzen verlieren zugunsten der Gestaltung von Außenbeziehungen sowie der Definition von Partnerschaften an Bedeutung. Die VU besitzt somit sinnbestimmte Grenzen, die durch die Kommunikationsbeziehungen charakterisiert werden.

 

2.1.2.4 Informationstechnologie

Ein weiteres wichtiges Hauptmerkmal einer VU ist die Existenz flexibler Informationssysteme bei den beteiligten Mitgliedern, die für die Dauer der Kooperation miteinander verbunden werden. Mit Hilfe einer durchgängigen informationslogistischen Verzahnung der Leistungserstellung und -koordination soll verhindert werden, daß die Effizienzgewinne, die sich aus der Spezialisierung auf Kernkompetenzen ergeben, durch erhöhte Transaktionskosten bei der Kommunikation wieder aufgezehrt werden. Flexible Informationssysteme bilden, bezogen auf eine Mitgliedunternehmung, auch den Ausgangspunkt für die Integration interner und externer Kompetenzen. Die Erstellung und Nutzung einer virtuellen Ressourcenbasis, die die Ressourcen des eigenen und die der zugänglichen Partnerunternehmen umfaßt, ermöglicht die bessere Koordination der Leistungserstellung durch die Möglichkeit der Ausübung eines operativen Zugriffs auf fremde Ressourcen.

2.2 Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten

Die bei der Begriffsbestimmung einer VU verwendeten Merkmale sind nicht neu. Andere Kooperationsformen scheinen ähnliche Charakteristika aufzuweisen und doch existieren Unterschiede:

Ein sehr wesentlicher Unterschied zwischen einer VU und den übrigen Allianzkonzepten liegt zudem in der Notwendigkeit Informationstechnologien konsequent einzusetzen, um alle Erfolgspotentiale auszuschöpfen.

 

3. Voraussetzungen erfolgreicher Kooperationen

Eine erfolgreiche Zusammenarbeit erfordert von den beteiligten Partnern der VU mehr als nur die Einbringung kompatibler Kernkompetenzen. Vielmehr sind andere Faktoren, wie z. B. die auf Vertrauen basierende offene Kommunikation der einzelnen Mitglieder untereinander sowie die Existenz eines funktionsfähigen technischen Kommunikationssystems, wesentlich entscheidender. Erst hierdurch entsteht die Grundlage für eine effiziente Leistungserstellung, die für die Zielerreichung des Unternehmensnetzwerks notwendig ist.

Nachfolgend werden neben den Faktoren Vertrauen und flexible Informationssysteme die Elemente Fit und Mitarbeiter erläutert, die für den Erfolg der VU wichtig sind.

 

3.1 Fit

Die Übereinstimmung bzw. Verträglichkeit relevanter Merkmale zwischen Unternehmungen, z. B. der Führungsstil, wird als "Fit" bezeichnet. Das Ausmaß der Übereinstimmung kann dabei in strategischer, organisatorischer, prozeduraler, kultureller und IT-systemischer Hinsicht betrachten werden. Alle Dimensionen des Fit sollten in einer VU erfüllt sein, da es andernfalls zu Spannungen kommen kann, die die Zielerreichung gefährden.

Innerhalb einer Kooperation ist der strategische Fit nicht nur eine hinreichende sondern eine notwendige Voraussetzung, denn nur gemeinsame strategische Absichten der Partner und ein gleichartiges Verständnis über den Zweck der Kooperation kann die VU zum Erfolg führen. Der organisatorische Fit orientiert sich an der Organisationstruktur der Kooperation. Diese soll den Vorstellungen der Teilnehmer in Bezug auf Stabilität und der Gewährung von Handlungsspielräumen gerecht werden, da sich ansonsten Konfliktpotentiale entwickeln können. Der prozedurale Fit verlangt die durchgängige Integrationsfähigkeit der eingebrachten Kernkompetenzen in eine gemeinsame Wertschöpfungskette. Die Unternehmenskulturen der beteiligten Partner, die z. B. durch den Führungsstil, das Kooperationsverständnis oder die Umgangsformen geprägt sind, beeinflussen in hohem Maße den Erfolg der VU. Die Einhaltung eines kulturellen Fit sollte daher genauso wie der IT-systemischer Fit, der in den nachfolgenden Abschnitten eingehender behandelt wird, gewährleistet sein.

 

3.2 Vertrauen

Eine der wesentlichsten Voraussetzungen für den Erfolg einer VU ist das gegenseitige Vertrauen der Mitglieder. Erst ein gewisses Maß an Vertrauen macht Handeln überhaupt möglich. Dies ist für die Kooperationspartner einer VU um so bedeutsamer, da die Beziehungen zwischen den einzelnen Unternehmungen nur für die Dauer der temporären Marktchance bestehen und sie daher zumeist nicht über Jahre gewachsen sein können. Auf die zeitraubende Absicherung der Beziehungen durch Verträge wird jedoch, bis auf ein Mindestmaß, verzichtet, um die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Organisation nicht einzuschränken. Dies ist auch der Grund für einen weitgehenden Verzicht auf institutionalisierte Kontrollorgane. Das Vorhandensein einer Vertrauenskultur, in der Ehrlichkeit, Offenheit und Anerkennung im Zentrum der Zusammenarbeit stehen, ist daher eine notwendige Voraussetzung, um überhaupt eine Zusammenarbeit zu beginnen und diese zum gewünschten Erfolg zu führen.

Die Entstehung von gegenseitigem Vertrauen kann rational sein, wenn die Teilnahme an der VU für jeden Partner eine Win-Win-Situation und kein Nullsummenspiel darstellt. Dieser optimale spieltheoretische Ansatz ist jedoch nicht immer gegeben. Die weit häufigere Situation eines Gefangenendilemmas, in der ein defektierendes Mitglied Vorteile gegenüber einem kooperierenden hat, läßt sich aber z. B. durch die Möglichkeit des vorzeitigen Verlassens der Kooperation entschärfen.

Es hat sich gezeigt, daß die Vertrauensbildungen von der Anzahl der Kooperationspartner abhängt. Je kleiner die Anzahl der Teilnehmer an der VU ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich sehr schnell ein großes Maß an Vertrauen entwickelt.

 

3.3 Mitarbeiter

Die VU basiert, wie oben dargelegt, auf der vertrauensvollen Zusammenarbeit wechselnder Partnerschaften in einer sich schnell verändernden Umwelt. Dies setzt Mitarbeiter mit besonderen Eigenschaften voraus. Sie müssen selbstmotiviert, vertrauensvoll, lernfähig und risikobereit sein, sich aber auch zugleich freiwillig in einen neuen organisatorischen Kontext eingliedern lassen. Des Weiteren müssen sie eine hohe Unsicherheitstoleranz aufweisen, um den Widrigkeiten einer dynamischen Umwelt gewachsen zu sein. Durch die wechselnden Partnerschaften fehlt es den Mitarbeitern auch an Identifikationsmöglichkeiten, die zu Motivationsproblemen führen können. Schon bei der Einstellung ist daher die Anpassungsfähigkeit des Bewerbers als Auswahlkriterium zu berücksichtigen. Zudem besitzen die Mitarbeiter wesentlich größere Entscheidungsspielräume als in herkömmlichen Unternehmungen, so daß sich auch die Aufgaben der Führungskräfte verändern. Diese soll nicht mehr als "Boss" agieren sondern sich als Coach, Berater oder Mentor verstehen. Die Mitarbeiter sind auch die Träger der Unternehmenskultur, die für eine gute Zusammenarbeit wichtig ist.

Die notwendige Umsetzung strategischer, technischer und organisatorischer Entwicklungen kann demnach nur mit Hilfe qualifizierter und motivierter Mitarbeiter erfolgreich sein. Die Mitarbeiter und Führungskräfte stellen somit wichtige Erfolgsfaktoren für die VU dar.

3.4 Flexible Informationssysteme

Für die Koordination der Aktivitäten innerhalb der VU ist die Existenz einer integrativen Informationsinfrastruktur eine wesentliche Voraussetzung. Die Leistungsfähigkeit der Informationssysteme allein ist für die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen nicht ausschlaggebend, da diese erst durch die Berücksichtigung organisationsübergreifender Prozesse in der Informationsinfrastruktur entstehen. Wichtig ist daher das Vorhandensein von flexiblen Informationssystemen bei den einzelnen Unternehmungen, um die Integration der loose gekoppelten Partner zu einer VU zu ermöglichen.

Die Flexibilität gewährleistet auch den reibungslosen Übergang von einer Partnerschaft zu einer anderen. Optimal ist der Einsatz von Komponenten, die über standardisierte "Plug and Play"-Schnittstellen verfügen, da ein größerer Umstellungsaufwand den Nutzen aus der VU verringern oder sogar ins Gegenteil verkehren würde.

Auf der Ebene der VU müssen die eingesetzten Informationstechnologien weitere Anforderungskriterien erfüllen. So sollte eine verteilte Datenhaltung, bei der die Daten an verschiedenen Orten abgelegt und Zugriffe über Verweise möglich sind, unterstützt werden. Die Mitglieder einer VU müssen auch rund um die Uhr auf die Daten zugreifen können, da einige eventuell in ganz anderen Zeitzonen arbeiten. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sicherheit der Daten, d. h. die Daten müssen zum einen vor dem Zugriff Unbefugter geschützt werden und zum anderen muß aber auch die Integrität und Konsistenz der Daten gewährleistet bleiben.

Die grundlegenden Elemente flexibler Informationssysteme werden nun im folgenden dargestellt. Weiterführende Systeme werden im nächsten Kapitel eingehender behandelt.

Rechnernetze

Der Austausch von Informationen vollzieht sich in einer durchgängig computerisierten Bürowelt hauptsächlich über Rechnernetze. Unter einem Rechnernetz versteht man dabei "... ein räumlich verteiltes System von Rechner(n), Steuereinheit(en) und peripheren Geräten, die durch Datenübertragungseinrichtungen und -wege miteinander verbunden sind." Diese weisen eine hohe strukturelle Ähnlichkeit zu Unternehmensnetzwerken auf. Sie bilden damit eine besonders gute Grundlage für die Unterstützung der Informationsbeziehungen in der VU.

Auf der Ebene der Mitgliedsunternehmen existieren zumeist lokale Netzwerke (LAN = Local Area Network), die die Ethernet- und Token-Ring-Technologie verwenden. Diese lokalen Netzwerke lassen sich über Router und Standleitungen zu einem Weitverkehrsnetz (WAN = Wide Area Network) oder auch einem globalen Netzwerk (GAN = Global Area Network) zusammenschalten. So wäre es mit einigem Aufwand möglich, die Teilnehmer einer VU über Kontinente hinweg zu verbinden.

Kostengünstiger und auch einfacher ist der Austausch von Informationen über das Internet, welches ein auf dem TCP/IP Kommunikationsstandard basierendes globales Netzwerk ist, das über zahlreiche lokale Knotenpunkte verfügt. Über das Internet sind vielfältige Dienste, wie das World-Wide-Web (WWW) oder FTP, abrufbar und der Austausch elektronischer Dokumente mittels E-Mail ist möglich. Das Internet wird daher in der Informationsinfrastruktur einer VU eine Schlüsselposition einnehmen, wobei jedoch z. Zt. noch erhebliche Probleme im Bereich des Datenschutzes existieren.

Es gibt auch schon Ansätze die Internet-Dienste im innerbetrieblichen Bereich auf Basis der Internet-Protokolle anzubieten. Diese Netzwerke, die die Anbindung interner und externer Systeme weiter vereinfachen sollen, bezeichnet man als Intranet.

Standardisierter elektronischer Datenaustausch (EDI)

Rechnernetze stellen die Kommunikationswege für den Austausch von Informationen bereit. Die Informationen müssen jedoch in einer standardisierten Form übertragen werden, um eine durchgehende Weiterverarbeitung der Daten zu gewährleisten und damit Kosten zu vermeiden. Diese Zielsetzung läßt sich mit dem Konzept des Electronic Data Interchange (EDI) verwirklichen. Lange Zeit wurden eine Vielzahl unterschiedlicher Übertragungsformate von verschiedenen Verbänden aufgrund der speziellen Bedürfnisse einer Branche entwickelt, so daß hierdurch Schwierigkeiten bei der branchenübergreifenden Zusammenarbeit vorprogrammiert waren. Mittlerweile gibt es ein weltweit anerkanntes und branchenunabhängiges Datenübertragungsformat für den Austausch von Geschäftsdokumenten mit der Bezeichnung UN/EDIFACT (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport).

 

4.0 Lebensphasen der virtuellen Unternehmung

Die VU weist aufgrund ihrer intendiert temporären Existenz einen gut strukturierten Lebenszyklus auf. Am Anfang jeder Kooperation steht die Vorbereitungsphase, die sich aus Partnersuche und Vereinbarung der Zusammenarbeit zusammensetzt. Hieran schließt sich die Realisierungsphase an, die nach Abschluß des Projekts in die Auflösungsphase übergeht. Im folgenden wird jede Phase einzeln dargestellt und aufgezeigt, welche möglichen informationstechnischen Hilfsmittel zur Unterstützung verfügbar sind.

 

4.1 Vorbereitung

Unter die Phase der Vorbereitung fallen alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der Suche nach Kooperationspartnern und der Aufstellung von allgemeinen Regelungen, die die Realisierungs- und Auflösungsphase betreffen, stehen.

Kooperationspartnersuche

In der Regel entsteht eine VU, wenn eine einzelne Unternehmung versucht weitere Partner für die Realisierung einer Idee oder eines Kundenwunsches zu gewinnen, da eine eigenständige Umsetzung nicht möglich oder sinnvoll erscheint. Zur Unterstützung der Suche existieren elektronische Unternehmenskataloge im Internet, die Informationen über Kernkompetenzen sowie Referenz- und Kontaktadressen kooperationsbereiter Unternehmungen bereitstellen. Das Finden geeigneter Kooperationspartner für die einzelnen Teilprozesse der Gesamtaufgabe kann sich jedoch als schwierig erweisen, da nicht nur die Kernkompetenzen entscheidend sind, sondern auch die weiteren Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit (s. Kapitel 3) gegeben sein sollten. Es ist auch darauf zu achten, daß ein gewisser "organisational slack" miteingeplant wird, denn ohne Redundanzen kann eine VU in einer wechselhaften Umwelt, z. B. bei kleineren Änderungen am Projektziel, nicht flexibel reagieren, da für diesen Fall keine Kapazitäten mehr vorhanden sind.

 

Es gibt mittlerweile auch Kooperationsbörsen, die den Aufbau von VU’en systematisch betreiben. Diese setzen sich aus Unternehmungen mit unterschiedlichen, aufeinander abgestimmten Kernkompetenzen zusammen, die dann ihre Leistungen gemeinsam nach außen vermarkten. Tritt ein Kunde an den Verbund heran, so wird aus diesem Netzwerk heraus eine neue VU auftragsbezogen gebildet, die für die weitere Leistungserstellung verantwortlich ist. Die Vorteile dieses Konzepts liegen zum einen in der Schnelligkeit, mit der eine VU konfiguriert werden kann, da die Kernkompetenzträger bekannt sind und somit nicht erst lange gesucht werden muß. Zum anderen entwickelt sich durch die zeitliche Konstanz des Verbundes eine gemeinsame Vertrauens- und Erfahrungsbasis, die für eine Zusammenarbeit sehr förderlich ist. Zudem besteht die Möglichkeit, relativ schnell weitere Partner aus der Kooperationsbörse hinzuzuziehen, wenn unerwartet Bedarf besteht. Die Kontaktaufnahme sowie auch die weitere Zusammenarbeit kann über das World-Wide-Web im Internet abgewickelt werden.

Vereinbarung der Zusammenarbeit

Nach der Auswahl der Kooperationspartner erfolgt die Festlegung von Regelungen, die die weitere Zusammenarbeit und spätere Auflösung der VU betreffen. Hierbei handelt es sich in der Regel um Vereinbarungen über die Aufteilung der einzelnen Arbeiten, die Festlegung der Gewinnverwendung, soweit dies möglich ist, und die Schaffung von Vorkehrungen, um eigennütziges Verhalten zu Lasten der Partner zu verhindern. Die VU besitzt keine Rechtsform und kann daher allenfalls als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) angesehen werden. Dies hat zur Konsequenz, daß Probleme bei der Produkthaftung und in Schadensersatzfragen entstehen, die einer zusätzlichen Regelung bedürfen, da diese Kooperationsform ansonsten keine Akzeptanz bei Kunden und Lieferanten haben wird. Des Weiteren muß vereinbart werden, wer Patentrechte, die aus der Kooperation hervorgegangen sind, weiterhin benutzen darf.

Ob Vertrauen oder abgeschlossene Verträge die Grundlage dieser Regelungen sind, ist streitig, die Mitglieder einer Kooperationsbörse können zumindest auf einen Pool von Vertragsmodulen zurückgreifen, die flexibel zusammengestellt werden können.

 

4.2 Realisierung

Da, wie oben dargestellt, eine gemeinsame Informationsinfrastruktur für die Koordinierung der einzelnen Partner benötigt wird, ist die Realisierungsphase zunächst durch eine Anpassung der Informationssysteme gekennzeichnet. Die einzelnen Partner können aufgrund der in der Anfangsphase aufgestellten Prinzipien, ihre Teilaufgaben selbständig erledigen und sich bei Bedarf mit den anderen Mitglieder des Netzwerks abstimmen. Das Management greift daher in dieser Phase so gut wie nicht mehr in den operativen Ablauf ein. Im Verlauf der Partnerschaft kommt es auch zu einer Weiterentwicklung der Vertrauensbeziehungen und zu einer Verteilung von Wissen. Die Wissensdiffusion hat dabei einen positiven Einfluß auf die Geschwindigkeit und die Qualität der Produktentwicklung.

Für die Unterstützung der Koordinierungsprozesse wurden eine Reihe von rechnergestützten Hilfsmitteln entwickelt, die im folgenden vorgestellt werden.

Elektronisches Organisationshandbuch

Das elektronische Organisationshandbuch (ELO) beinhaltet Informationen zum Aufbau, den internen Abläufen, den Mitarbeitern sowie den angebotenen Produkten bzw. Dienstleistungen einer Unternehmung. Jeder Kooperationspartner sollte ein ELO besitzen und Zugriff auf die ELO´s der anderen Partner haben. Hierdurch ist es möglich, den richtigen Ansprechpartner in wesentlich kürzerer Zeit zu ermitteln. Dies führt zu einer schnelleren Koordination der Aktivitäten und damit zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen.

Interorganisationale Informationssysteme

Unter dem Begriff interorganisationale Informationssysteme (IOS) werden alle Informationssysteme subsumiert, die mindestens in zwei wirtschaftlich selbständige Unternehmen verwendet werden. Hierzu zählen neben gemeinsam genutzten Rechnernetzen auch Systeme zur Unterstützung kooperationsweiter Arbeitsgruppen, die später unter dem Begriff Groupware erläutert werden. Im allgemeinen unterstützen IOS den wechselseitigen Informationsaustausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Hierdurch wird heterarchische Führung einer VU und die Information aller Mitarbeiter ermöglicht. Weitere Ausprägungen von IOS sind Projektmanagementsysteme, die eine unternehmensübergreifende Termin-, Kosten- und Kapazitätsplanung erlauben, sowie Controlling- und Qualitätssicherungssysteme.

Groupware

Der Begriff Groupware oder CSCW-System bezeichnet eine Software-Kategorie, die Kommunikation, Teamarbeit und den Austausch von Informationen im Unternehmen ermöglicht. Im Vordergrund steht dabei die Unterstützung der gemeinsamen Arbeit von Mitarbeitern an einem Projekt, da hierdurch Synergiepotentiale, die auf der Interaktion von Menschen beruhen, freigesetzt werden können.

Groupware setzt sich aus den drei Komponenten: Datenbanken, Nachrichtensysteme und Entwicklungsumgebungen, zusammen. Die Aufgaben der Datenbanken sind die Verwaltung und Bereitstellung von Informationen. Die Verteilung der Daten kann über die Bildung von Instanzen einer Datenbank erreicht werden, wobei diese an verschiedenen miteinander vernetzten Orten abgespeichert werden. Die Datenbestände werden dann durch Replikation, d. h. durch einen Abgleich der Datenänderungen, miteinander synchronisiert. Die Nachrichtensysteme stellen komfortable Möglichkeiten zur Versendung und dem Empfang von E-Mails zur Verfügung. Die schnelle Entwicklung von Anwendungen, zur Verwaltung der Datenbanken und zur Anpassung von Benutzerschnittstellen, wird durch eine integrierte Entwicklungsumgebung ermöglicht. Aufgrund dieser Eigenschaften eignet sich Groupware sehr gut für den Einsatz in einer VU.

4.3 Beendigung der Zusammenarbeit

Ist das Ziel des Projekts erreicht, wird die VU in der Regel aufgelöst, es sei denn, eine neue realisierbare Geschäftschance eröffnet sich. Bei der Auflösung der Kooperation finden die in der Vorbereitungsphase aufgestellten Regelungen ihre Anwendung. Das erlangte Wissen und die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit können in Erfahrungs- oder Know-how-Datenbanken abgelegt werden. Des Weiteren muß bei jeder einzelnen Unternehmung sichergestellt werden, daß die Kooperationspartner nicht mehr auf zuvor bereitgestellte Informationsressourcen zugreifen können, um eine weitere Wissensdiffusion zu verhindern. Ein ehemaliger Partner kann schon morgen ein Konkurrent sein, der sich durch zusätzliche Informationen signifikante Wettbewerbsvorteile verschaffen kann.

 

5.0 Beispiele für virtuelle Unternehmungen

Nach der theoretischen Darstellung der VU soll nun anhand von zwei Praxisbeispielen gezeigt werden, wie die konzeptionelle Umsetzung der VU in der Realität aussieht.

Rosenbluth International Alliance

Das am häufigsten zitierte Beispiel für eine VU ist die Rosenbluth International Alliance (RIA), ein Netzwerk von 34 unabhängigen Reiseagenturen, die über Stützpunkte in 37 Ländern verfügen. Initiiert wurde die RIA 1987 im Zuge der Globalisierungsstrategie der Rosenbluth Travel (RT), einer der größten amerikanischen Reiseagenturen, mit einem Umsatzvolumen von mittlerweile fast 3 Mrd. US-$. Um ihren Kunden auf der ganzen Welt eine qualitativ hochwertige Betreuung zusichern zu können, entschied sich die RT für die Bildung einer Allianz, da eine Akquisition kompetenter Partner zu teuer und risikoreich erschien. RT wählte dabei die Teilnehmer auf der Basis der Eigenschaften "lokaler Führerschaft in der Serviceorientierung" und "kultureller Kompatibilität" aus.

Grundlage der Zusammenarbeit ist ein globales Netzwerk, über das alle Partner miteinander verbunden sind und Zugriff auf das von RT bereitgestellte elektronische Reservierungssystem Apollo haben. So kann ein Reisender bei einer Partneragentur in London eine Umbuchung oder eine zusätzliche Reservierung vornehmen und die Änderungen werden automatisch in die Zentrale nach Philadelphia übermittelt. Der Vorteil für die Partner liegt in der Möglichkeit, den eigenen Kunden über diese Allianz einen weltweiten Service anbieten zu könnnen.

Dieses Beispiel zeigt, daß die RIA die wesentlichen Merkmale einer VU aufweist. Allerdings ist das Netzwerk eher langfristig und nicht auf die Ausnutzung einer temporären Marktchance ausgerichtet.

"Virtuelle Fabrik" in der Euregio Bodensee

Die "Virtuelle Fabrik" (VF) in der Euregio Bodensee ist ein Pilotprojekt, das im Januar 1995 durch das Institut für Technologie Management der Universität St. Gallen gestartet wurde. Mittlerweile haben sich mehr als 30 Unternehmungen diesem Kooperationsnetzwerk angeschlossen. Das Ziel ist die Erschließung neuer Marktchancen durch den Aufbau wechselnder Partnerschaften. Der Verbund wird dabei nach außen durch einen sogenannten Broker vertreten, der die Leistungen des Kooperationsnetzwerks vertreibt und bei Bedarf aus diesem heraus eine VU bzw. VF initiiert. Durch einen Leistungsmanager werden genau die Unternehmungen ausgewählt, deren Kernkompetenzen für die Leistungserstellung erforderlich sind. Während der Abwicklung eines Projekts übernehmen weitere Manager besondere Aufgaben, z. B. schlichtet der Netzwerkcoach Konfliktfälle.

Die Stabilität des Netzwerks bietet den Vorteil, daß nach Beendigung einer VF die Partner zusammenbleiben und so die wichtige Vertrauensbasis erhalten bleibt bzw. gepflegt werden kann. Die Konfiguration einer neuen VU wird so erheblich erleichtert.

 

Im Mai 1997 wurde damit begonnen, das Konzept der VF der Universität St. Gallen, auch in den Wirtschafträumen Nordwestschweiz und Mittelland, umzusetzen. An diesem Projekt sind z. Zt. ca. 20 Firmen beteiligt, die ihre Aktivitäten über ein Intranet, das über das Internet erreichbar ist, koordinieren können.

 

 

 

6.0 Fazit und Ausblick

Die VU repräsentiert ein Unternehmenskonzept, das den Herausforderungen des globalen Wettbewerbs in besonderem Maße gewachsen ist. Gerade die gelungene Verknüpfung der Eigenschaften Effizienz und Flexibilität stellt einen nicht unerheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber jeder anderen herkömmlichen Unternehmung dar. Die Flexibilität der VU beruht dabei auf der Kombinierbarkeit von Kernkompetenzen bzw. Teilprozessen, die verschiedene selbständige Unternehmungen in das virtuelle Unternehmensnetzwerk einbringen. Die einzelnen Partnerunternehmungen werden dabei so ausgewählt, daß die gesamte Wertschöpfungskette der VU optimiert und somit die größtmögliche Effizienz erreicht wird.

Das gegenseitige Vertrauen und die Motivation der Mitarbeiter sind, neben der Existenz von flexiblen Informationssystemen, weitere wichtige Erfolgsfaktoren. Der Informationstechnik kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, denn sie bildet den Ausgangspunkt für eine gemeinsame Kommunikationsinfrastruktur, welche erst eine durchgängige Informationsverarbeitung und damit die Senkung der Transaktionskosten ermöglicht.

Die Beispiele haben gezeigt, daß es unterschiedliche Erscheinungsformen von VU’en geben kann. Diese weisen auch nicht unbedingt immer alle Merkmale einer VU auf, sie liegen jedoch immer noch so nahe an diesem Konzept, daß sie diesem zugerechnet werden können. Gründe für die z. Zt. noch sehr geringe Anzahl VU’en dürften vor allem in einem Mangel an Know-how und der fehlenden Kompatibilität der eingesetzten Softwaresysteme liegen.

In der Zukunft werden jedoch viele der jetzt noch vorhandenen Unzulänglichkeiten nicht mehr existieren. Die Mitarbeiter werden zudem gelernt haben, mit der neuen Freiheit umzugehen und sich flexibel in neue Partnerschaften einzubinden. Die Unternehmen werden feststellen, daß sich ein kurzfristiger Vorteil durch opportunistisches Verhalten später in mangelnder Kooperationsbereitschaft anderer niederschlägt und sie sich somit mehr Nach- als Vorteile einhandeln. Heute noch fehlende gesetzliche Regelungen werden in der Zukunft ergänzt werden.

Die VU wird sich, insbesondere auf der Basis stabiler Kooperationsbörsen, als Unternehmenstyp der Zukunft etablieren.

 

Literaturverzeichnis

 

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Abschließende Anmerkungen:

 

Die Note war ganz ordentlich. Bemängelt wurden jedoch fehlende Zitate zu wertenden Aussagen in der Einleitung sowie im Fazit und die etwas starke Überbetonung der informationstechnologischen Aspekte dieser Kooperationsform, da aufgrund der "Seminarüberschrift" eher die Managementseite betrachtet werden sollte. Tja, mein erster Schwerpunkt ist halt Wirtschaftsinformatik.