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Formen der Integration im Deutschunterricht
von Jörg Dieter



"Es ist aber im Grunde alles interessant - innerhalb seines Zusammenhanges."
Rudolf Hildebrand 1824-1894



Vorstellung des Themas

"Integration", das ist vordergründig ein Schlagwort, das in der derzeitigen pädagogischen Diskussion in aller Munde ist. Was aber verbirgt sich dahinter? Die Antwort auf diese Frage fällt heute schwerer als noch 1989 als sich Jürgen Baurmann und Hartmut Hacker mit ihrem Basisartikel in Praxis Deutsch dem Thema annahmen. Dieser Artikel stand noch relativ am Anfang einer Bewegung in der Deutschdidaktik, die uns inzwischen gleichsam überrollt hat. Wohin man sich wendet wird über Integration geredet und geschrieben. Durch seine breite Diskussion hat der inzwischen zum Schlagwort gewordenen Begriff "Integration" jedoch nicht an Schärfe gewonnen. In diesem Sinne schreiben auch Ossner und Esslinger (1996: S. 84): "Der Terminus Integration hat selbst offensichtlich eine erstaunlich integrative Kraft." Wobei einen diese integrative Kraft nicht erstaunen muß, wenn man bedenkt, welch starke positive Besetzung, ja Glorifizierung dieser Begriff in der neueren pädagogischen Diskussion erfahren hat. So will sich jeder dieses Mäntelchen umhängen und gerade das, was er macht, als integrativ verstanden wissen, wodurch dem Begriff fast alle Kontur und Struktur verlorengegangen ist. Ich will deswegen den Schwerpunkt meines Referates nicht in der Begründung eines integrativen Vorgehens legen, so wie das Baurmann und Hacker vor 7 Jahren gemacht haben. Vielmehr will ich versuchen den Integrationsbegriff und die in seinem Umfeld auftretenden Begriffe zu strukturieren, indem ich von der Wortbedeutung von Integration ausgehe. Allerdings will ich die Gründe für ein integratives Vorgehen auch nicht ganz unter den Teppich kehren, sondern sie zu Anfang kurz zusammenstellen - nicht zuletzt weil sie eine wichtige Motivation dafür bieten sich als zukünftiger Lehrer mit diesem Thema auseinanderzusetzen.


Integrativer Deutschunterricht - der Versuch ein Defizit auszugleichen

Didaktiker scheinen unzufriedene Zeitgenossen zu sein. Unzufrieden nicht zuletzt mit ihrer eigenen Arbeit. Wie wäre es sonst zu erklären, daß jeweils im Abstand von einigen Jahren neue didaktische Strömungen auftreten, die ihre Existenz hauptsächlich dadurch zu begründen suchen, daß das meiste was vorher da war nichts oder wenigstens nicht genug taugte? Nicht anders ist dies im Fall des integrativen Deutschunterrichts geschehen - es wurden eine ganze Reihe von Mängeln entdeckt, denen anscheinend mit den bisher verwendeten Konzepten und Methoden des Deutschunterrichts nicht beizukommen war oder, die sogar in diesen begründet zu liegen schienen. Kritisiert wurde hierbei vor allem das Konzept eines wissenschaftlich orientierten, systematischen Lehrens und Lernens in Fachzusammenhängen. Nachdenklich könnte einen hierbei stimmen, daß die selben Probleme, die in der aktuellen Diskussion oftmals als typisch für unsere Zeit und als in dieser Form noch nie dagewesen angeführt werden, wie ich etwas später erläutern werde vor rund 130 Jahren schon einmal diagnostiziert wurden. Mehr noch, es wurden sogar ganz ähnliche Lösungen diskutiert, die dann aber fast stillschweigend in Vergessenheit gerieten. Aber genug der Vorrede - hier die versprochenen Mängel die dem rein systematisch und fachlich orientierten Unterricht zugeschrieben wurden: (vgl. zur Folgenden Aufzählung Baurmann und Hacker 1989)

Eine neue Form des Unterrichts soll diese Mängel nicht haben und statt dessen folgendes leisten:

Ein Versuch dies alles zu erreichen hat inzwischen unter dem Namen integrativer Unterricht den Weg in die Klassenzimmer gefunden.


Was bedeutet eigentlich Integration?

Das Wort Integration kommt von lateinisch „integrare“ (wiederherstellen, ergänzen), ganz folgerichtig heißt es auch im Bertelsmann Universallexikon unter dem Stichwort Integration: „Herstellung oder Wiederherstellung eines Ganzen, Vereinigung, Einordnung eines Gliedes in ein Ganzes;“ (Bertelsmann 1991: Band, 8 S. 295).


Ein Alter Mann kommt zu Wort

Daß verschiedene Dinge verbunden, zu einem Ganzen gefügt oder in ein solches eingeordnet werden ist, bedingt durch die Struktur des Stoffes im Deutschunterricht, nichts Neues. Schon Rudolf Hildebrand propagiert in seinem 1867 in erster Auflage erschienen Buch: "Vom deutschen Sprachunterricht" eine Art des Unterrichts, die sich durchaus als integrativ bezeichnen läßt und führt dabei viele Argumente an, die sich heute, 130 Jahre später in der aktuellen Diskussion wiederfinden:
"Warum sind denn dem Philologen grammatische Untersuchungen nicht langweilig, sondern anziehend, ja unter Umständen fesselnd? Warum kann er mitten in einem warmen, tief lebensvollen Gedicht plötzlich bei einer grammatisch Kleinigkeit stutzen und jenen Inhalt einstweilen fahren lassen und in einen ganz anderen Gedankengang übertreten, der den des Dichters gleichsam quer durchschneidet? Und warum kann man sogar in Gesellschaften, die nur der Unterhaltung wegen beisammen sind, durch Aufwerfen einer kleine grammatischen Frage oft recht wohl das Interesse der Anwesenden fesseln, daß das volle Gegenteil von langer Weile sichtbar wird? Und warum streiten sich auch die Kinder schon, mitten im Spiel zuweilen über irgend eine sprachliche Frage, wie das und das heißen müsse? Da ist ja das Interesse, das man sucht, in naturwüchsiger Erscheinung! Es gilt nur es einzufangen und in die Schule zu bringen. Sehen wir uns die Fälle an, um das Plätzchen zu finden, wo es von innen heraus kommt. Dem Philologen wird eine grammatische Einzelheit anziehend, wenn sie in einen grammatischen Zusammenhang einschlägt, dem er schon länger mit eigenen Gedanken nachgegangen ist und ihn sich so und so zurechtgelegt und aufgebaut hat, wobei doch allemal Fragen übrig bleiben in Form von Lücken, die noch auszufüllen sind, oder Enden von Gedankenfaden, die über sich hinausweisen; auch in den beiden anderen Fällen kommt das Interesse aus einem solchen mehr gefühlten als gewußten, aber schon vorhandenen Zusammenhange heraus. [...] Das Ähnliche setzt sich an das Ähnliche an, die Gegensätze setzen sich einander gegenüber usw. und bald ist darin ein Zusammenhang von Wörtern, als Träger des entsprechenden Zusammenhanges der erfahrenen Dinge - gerade als hätte eine unsichtbare Hand von oben hereingreifend das alles so in Ordnung gestellt, über und untereinander und neben- und an- und ineinander. Diese Ordnung selbst ist das interessante daran, und noch mehr das Gefühl jener geheimnisvollen höheren Hand, und in diesem Zusammenhange, sobald man ihn sieht, wird jede kleinste Kleinigkeit interessant - warum nicht auch den Schülern?" (Hildebrand 1925: S. 14 f.) Damals mußte Hildebrand zu seinem Unterrichtskonzept noch resignativ anmerken: „Aber freilich, das ginge nicht als tägliches, ordnungsmäßiges Verfahren, vollends in einer stark besetzten Klasse und ich verzichte feierlich darauf, den Einfall einmal in einem Schulregulativ zu erblicken, schön in Paragraphen gefaßt.“ (Hildebrand 1925: S. 4f.)
Heute sieht das ganz anders aus, was Hildebrand damals als einer der ersten vorschlug und was von Zeitgenossen als „Epikuräertum“, „Eudämonismus“, als „eine Verweichlichung unseres Zeitalters“ abgelehnt wurde (vgl. Hildebrand 1925: S. 2), das ist heute in aller Munde.


Integration im Bildungsplan für die Realschule

Selbst das „Schulregulativ“ - der Bildungsplan, spricht inzwischen von Integration:
„Im Mittelpunkt des Deutschunterrichts steht die deutsche Sprache, und zwar sowohl als Unterrichtsgegenstand wie auch als Unterrichtsprinzip. Die Sprache ist unter drei Aspekten zu betrachten:
- Sprache als wichtigstes Mittel der Welterfassung und Wirklichkeitsvermittlung;
- Sprache als wichtigstes und differenziertestes Mittel der zwischenmenschlichen Verständigung;
- Sprache als umfassendstes Mittel, sich Welten auszumalen und neue vorzustellen.
Damit die Schülerinnen und Schüler diese drei Aspekte, die sich in der Sprachwirklichkeit nicht voneinander trennen lassen, integrativ erfahren, ist ein verbundener Deutschunterricht in der Realschule unerläßlich.“
(MKS 1994: S. 17)


Die Verschiedenen Formen der Integration im Deutschunterricht

Wie ich schon einleitend erwähnt habe, hat der Begriff der Integration viel an Kontur verloren. Ich möchte deswegen hier eine Neustrukturierung des Begriffes versuchen. Dabei will ich von der grundlegenden Bedeutung des Wortes Integration ausgehen, wie sie auch im Lexikon zu finden ist: das Einfügen von Teilen in ein Ganzes. Im Deutschunterricht haben wir es mit einer Reihe verschiedener Teile zu tun, die wiederum in verschiedene Ganze eingefügt werden können. Deswegen denke ich durch eine Auflistung der mir hier sinnvoll erscheinenden Möglichkeiten das zu erfassen, was sich in Bezug auf den Deutschunterricht berechtigterweise mit dem Beiwort "integrativ" schmückt.

a) Integration der einzelnen Arbeitsbereiche des Faches Deutsch (1) in den Deutschunterricht als Ganzes oder, von einer anderen Perspektive aus betrachtet, Verknüpfung der verschiedenen Arbeitsbereiche zu einer Einheit. Diese Form der Integration wird oft als „Verbundener Deutschunterricht“ bezeichnet. Es ist hier mitunter auch von der funktionalen Integration der Arbeitsbereiche die Rede, womit nichts anderes gemeint ist, als daß die Arbeitsbereiche nicht wahllos miteinander verknüpft werden, sondern daß Verknüpfungen an Stellen stattfinden, an denen ein innerer Zusammenhang in der Form besteht, daß ein Arbeitsbereich gleichsam in den Dienst eines anderen gestellt werden kann - er erfüllt an dieser Stelle also eine Funktion.

b) Integration des Deutschunterrichts in das Umfeld der anderen Fächer. Diese Form der Integration, wird gegenwärtig für alle Fächer angestrebt, im Fach Deutsch aber besonders betont, denn „es fördert durch das Aneignen und Einüben einer sach- und intentionsgerechten Ausdrucksweise das Sprachvermögen in allen Fächern und der jeweiligen Fachsprache.“ (MKS 1994: S. 18). Wird diese Form der Integration kontinuierlich praktiziert, ist meist von fächerübergreifendem Unterricht die Rede, wird sie punktuell, das heißt in Form zeitlich begrenzter Projekte praktiziert, redet man entsprechend von Projektunterricht (2).

c) Integration des Unterrichts in der Schule, der „Schulwelt“, in die Lebenswelt des Kindes. Das bedeutet, daß im Unterricht an Problemstellungen aus der Lebenswelt des Kindes angeknüpft wird, wobei immer auch das Umgekehrte eingeschlossen ist: die Integration der Lebenswirklichkeit des Kindes in den schulischen Alltag, also das Miteinbeziehen von Schülererfahrungen in den Unterricht.

d) Integration der Unterrichtsstoffe in Themengebiete. Die Unterrichtsstoffe werden hierbei in den Zusammenhang eines ganz bestimmten Themas gestellt und so zu Aspekten dieses Themas. Bei dieser Form von Integration spricht man deswegen oft auch von der Behandlung des Stoffes im thematischen Zusammenhang oder wenn man wie bei a) die Perspektive wechselt, von der Vernetzung von Inhalten.

e) Integration der verschiedenen Teilaspekte des ganzen Menschen in den Lernprozeß. Es ist schwierig Konkretes zu dieser Form der Integration zu sagen, weil bisher keine zufriedenstellende Antwort auf die Frage gefunden werden konnte, was der ganze Mensch eigentlich ist, geschweige denn, was die Teile sind, die ihn konstituieren. Ein Indiz hierfür ist, daß es auch in der Pädagogik diesen Punkt betreffend, ganz unterschiedliche Konzepte gibt, die sich jedoch alle unter dem Dach des „ganzheitlichen Lernens“ versammelt haben. Oft gehörte Schlagwörter sind hier: das Lernen mit allen Sinnen, auch mehrkanaliges Lernen genannt; das Lernen mit Kopf Herz und Hand; und das Miteinbeziehen der rechten, mutmaßlich „emotionalen“ Gehirnhälfte in den Lernprozeß. f) Integration von Subjekt, Objekt und Handlung in den Lernprozeß. Hierbei meint das Subjekt den Lernenden, das Objekt den Stoff, der gelernt wird - das Lernziel und die Handlung den Vorgang des Lehrens und Lernens selbst bzw. die Methode die dabei verwendet wird.

g) Mischformen - Integration von verschiedenen Arten der Integration in andere Arten der Integration.


Probleme und Schwächen der verschiedenen Formen der Integration

Wie wir gesehen haben, läßt sich nicht von der Integration im Deutschunterricht sprechen, auch wenn man den Begriff eng faßt und von der Wortbedeutung ausgeht, sind die Möglichkeiten die sich bieten beträchtlich. Deswegen lassen sich auch nicht die Probleme der Integration schlechthin aufführen, sondern nur die Probleme ihrer verschiedenen Ausprägungen. Zu den Schwächen, die bei den verschiedenen Formen der Integration Diagnostiziert werden gehören folgende:

Mangel an Systematik
Sowohl der Integration der Arbeitsbereiche als auch der Integration der Unterrichtsstoffe in Themengebiete und teilweise auch dem fächerübergreifenden Unterricht wird immer wieder Vorgeworfen, daß es durch sie zu einem Mangel an Systematik kommen könne. Diese Gefahr ist allerdings nur dann gegeben, wenn man das integrative Vorgehen nur halbherzig oder ohne ausreichendes Wissen darüber, wozu es letztendlich dienen soll betreibt. Denn schon bei Baurmann und Hacker wird deutlich: „Die Hauptaufgabe integrativen Unterrichts besteht allerdings nicht in einer Erweiterung der subjektiven Erfahrungsstruktur, sondern in einer Überführung solcher Komplexe in wissenschaftliche Ordnungsstrukturen [...]“ (3)
Am Ende eines integrativen Prozesses sollten die Schüler also durchaus in der Lage sein, das Gelernte auch im Rahmen der fachlichen Systematik einordnen und verstehen zu können.

Zu hohe Anforderungen an die Lehrer
Ein integrativer Unterricht stellt sicher höherer Anforderungen an den Lehrer als ein rein systematisches Darbieten von Fachwissen. Diese Anforderungen sind zum einen organisatorischer Natur und stellen sich z.B. bei fächerübergreifendem Unterricht, bei dem man sich zeitlich und inhaltlich mit Kollegen abstimmen muß. Ein weiteres Problem vor das sich bei der Integration von Lebenswelt und Schulwelt jeder Lehrer gestellt sieht, ist, daß es weder "die Lebenswelt" noch "die Schulwelt" gibt und das man hier höchst flexibel auf die jeweiligen Gegebenheiten eingehen muß. Diese höheren Anforderungen eines integrativen Vorgehens sind unbestreitbar, zu diskutieren wäre, ob es für jemand der sich für den Lehrberuf entscheidet nicht selbstverständlich sein müßte sich auch solchen Anforderungen zu stellen.

Was ist ein ganzer Mensch?
Ein Schwächen der oben erwähnten ganzheitlichen Zugänge liegen vor allem in ihrer Definition, oder anders ausgedrückt - das größte Problem der Integration der verschiedenen Teilaspekte des Menschen in den Lernprozeß ist der Mangel an Klarheit darüber, worum es dabei eigentlich geht.

Einseitigkeit
Ich habe unter den Formen der Integration auch die Integration von Objekt, Subjekt und Handlung in den Lernprozeß als Ganzes erwähnt, obwohl diese normalerweise nicht als eigenständige Form der Integration angesehen wird. Ich habe sie dennoch in obige Liste aufgenommen, weil sie zum einen der Definition entspricht und zum anderen ihre zumindest teilweise Verwirklichung, einfach eine Notwendigkeit dafür ist, daß überhaupt Lernen stattfinden kann. Es wird hier der Finger in eine Wunde gelegt, an der die anderen Formen der Integration bei Nichtbeachtung dieser Tatsache kränkeln. Explizit: Die anderen Formen der Integration laufen leicht Gefahr, einseitig zu werden, weil sie sich nur mit den Voraussetzungen des Lernenden oder nur mit der Strukturieren des Stoffes oder nur mit den Vermittlungsmethode beschäftigen. Dabei gerät das, was ursprünglich als ein Mittel gedacht war, um den Lernprozeß fruchtbarer zu machen, leicht zum Selbstzweck und es werden bspw. Methoden eingesetzt - nicht mehr zur Vermittlung von Wissen und Einsicht in bestimmte Zusammenhänge, sondern weil, so merkwürdig es klingen mag, die Methoden an und für sich inzwischen als pädagogisch wertvoll angesehen werden. Einem solch einseitigen Herangehen will diese Form der Integration entgegen wirken, indem sie die Untrennbarkeit von Subjekt, Objekt und Handlung im Lernprozeß betont.

Mischmaschintegration und mangelnde Reflexion
Mischformen der Integration kommen, besonders durch den derzeitigen inflationären Gebrauch des Begriffes häufig vor, - oft ohne daß es den Betroffenen bewußt ist. Wenn aber verschiedene Formen der Integration vermischt werden, ohne daß jeweils das Ziel und der theoretische Hintergrund jeder einzelnen verwendeten Form der Integration bedacht werden, wird das Ergebnis vermutlich wenig fruchtbar sein.


Integrative Unterrichtswerke

Bevor ich zum Schluß komme möchte ich noch auf einige Unterrichtswerke hinweisen, die in den letzten Jahren auf den Markt gekommen sind und die sich selbst als integrativ bezeichnen. Mir sind hier vier bekannt, die alle im Schöningh Verlag erschienen sind: Deutsch in... (Kohrs: 1992); Wortwechsel (Königsfeld u.a.: 1992); Blickfeld Deutsch (Mettenleiter u.a.: 1995); und Tandem (Ossner u.a.:1996). Diese Bücher haben nicht alle das selbe Verständnis von Integration, sie machen unterschiedliche Angebote und wollen Verschiedenes leisten. Zwei der Bücher, Wortwechsel für die Realschule und Deutsch-in für das Gymnasium, geben sich damit zufrieden, eine Kombination aus Sprach- und Lesebuch anzubieten und verzichten weitgehend auf eine wirklich enge Verzahnung der Arbeitsbereiche unter thematischen Gesichtspunkten. Blickfeld für das Gymnasium und Tandem für die Realschule gehen beide diesen weiteren Schritt. Will man im Deutschunterricht integrativ arbeiten, dann können diese Bücher sicher hilfreich sein und einem vielleicht sogar eine Richtschnur für die Gestaltung des Unterrichts bieten.


Ausblick

Wir haben gesehen, daß integrativer Unterricht, wenn er fruchtbar sein soll, nicht im Gegensatz zu einem systematischen und wissenschaftliche Vorgehen stehen darf, sondern und das ist vielleicht tatsächlich eines der Erfordernisse unserer Zeit, den Schülern einen neuen Zugang zu diesem eröffnen soll. In diesem Sinne schreiben auch Baurmann und Hacker: „Selbst konkrete Erfahrungen, die Kinder und Jugendliche in irgendeiner Weise zu Zusammenhängen verknüpfen, müssen beim Lernen umstrukturiert werden. Die abstrakteren Sinnstrukturen und Bedeutungsmuster der Wissenschaften sind bei diesem zumeist mühevollen Prozeß unverzichtbar. Wie lebensweltliches Erfahren und wissenschaftliches Wissen aufeinander bezogen sind bzw., verbunden werden können, ist dabei noch unklar. Trotzdem ist es notwendig, daß im unterrichtlichen Angebot der lebensweltliche Bezug sichtbar wird.“
Aus diesen Sätzen geht aber auch hervor das es ganz unsicher bleibt, ob ein integratives Vorgehen wirklich das beste ist, was wir für unsere Schüler tun können, oder ob wir nicht in ein paar Jahren wieder ganz anders Denken werden. Das rührt daher, daß der Mensch sich selbst bislang einfach nicht gut genug kennt, wirklich sagen zu können was beim Erwerb von Wissen und beim Aufbau von Denkstrukturen geschieht und wie dieser Vorgänge am effektivsten gestaltet werden können. Pessimisten meinen sogar, daß es dem Menschen aus grundsätzlichen Gründen unmöglich ist sich selbst wirklich zu verstehen und berufen sich dabei auf den Mathematiker Gödel, der gezeigt hat, das ein abgeschlossenes System nicht in der Lage ist, sich selbst vollständig zu beschreiben. Ihnen gegenüber stehen die Optimisten, die entweder trotzdem oder gerade deswegen froh sind und einfach ihr bestes tun. Ihnen allen will ich mit Goethe zurufen:



Greift nur hinein ins volle Menschenleben!
Ein jeder lebt's, nicht vielen ist's bekannt,
Und wo ihr's packt da ist's interessant.
(J. W. v. Goethe: Faust I, Vers 167-169)



Fußnoten

(1) Laut Bildungsplan für die Realschule - Baden-Württemberg: Sprechen und Schreiben; Rechtschreiben; Literatur, andere Texte und Medien; Sprachbetrachtung und Grammatik. (vgl. MKS 1994: 59-61)

(2) Projektunterricht geht oftmals über die Einbeziehung der Stoffe anderer Fächer hinaus, indem er versucht die Trennung zwischen Schulwelt und Lebenswelt der Schüler zu überwinden, wie im nächsten Abschnitt angedeutet. Er weißt auch sonst noch einige besondere Merkmale auf, die ihm im Rahmen auch im Rahmen des integrativen Unterrichs eine Sonderstellung zuweisen, mit denen ich mich an dieser Stelle aber nicht näher befassen will.

(3) Ich erlaube mir, die von Baurmann und Hacker verwendete Kleinschreibung nicht zu übernehmen.


Literaturverzeichnis

Baurmann, Jürgen u. Hartmut Hacker: Integrativer Deutschunterricht: Lernen in fachübergreifenden Zusammenhängen. - In: Praxis Deutsch 93, 1989 (16.Jg.), S. 15-19.

Bertelsmann Universal Lexikon in 20 Bänden. Gütersloh: Bertelsmann Lexikon Verlag 1991.

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie erster Teil. Stuttgart: Reclam 1967.

Hildebrand, Rudolf: Vom deutschen Sprachunterricht in der Schule - und von deutscher Erziehung und Bildung überhaupt. 17. Auflage. Leipzig: Klinkhardt 1925. (Zuerst unter dem Titel: Vom deutschen Sprachunterricht in der Schule und von etlichem ganz Anderen, das doch damit zusammenhängt. In: Pädagogische Vorträge und Abhandlungen in zwanglosen Heften. Hg. von W. Werner. 3. Heft des 1. Bandes. Leipzig: Klinkhardt 1867.)

Königsfeld, Lilo und Michael Semmler (Hg.): Wortwechsel. Deutsch in der Jahrgansstufe 5. Paderborn: Schöningh 1992.

Kohrs, Peter (Hg.): Deutsch in... Jahrgangsstufe 5. Paderborn: Schöningh 1992.

Mettenleiter, Peter und Stephan Knöbl (Hg.): Blickfeld Deutsch. Jahrgangstufe 5. Paderborn: Schöningh 1995.

Ministerium für Kultus und Sport (Hg.): Bildungsplan für die Realschule. Villingen: Neckar 1994.

Ossner, Jakob und Rudolf Denk (Hg.): Tandem. Ein Deutschbuch für die Realschule (Jahrgangsstufe 5). Paderborn: Schöningh 1996.

Ossner, Jakob und Ilona Esslinger: Integration, Vernetzung, Erlebnisgesellschaft und Schule. - In: Deutschunterricht 6, 1996, S. 80-92.