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Inhaltsverzeichnis

1.0 Einleitung

2.0 Entstehung und Anfänge globalen Bewußtseins

2.1 Weltumweltkonferenz von Stockholm 1972

2.2. Club of Rome

2.3 Brundtland-Report 1987

2.4 Erdgipfel Rio de Janeiro 1992

3.0 Theoretische Ansätze zur Umweltzerstörung

3.1 Über die Ursachen der Umweltzerstörung

3.2 Umweltzerstörung als Nord-Süd-Problem

4.0 Entwicklung als ökonomischer Prozeß

4.1 Ideengeschichte des Entwicklungsbegriffs

4.2 Modernisierungs- und dependenztheoretische Entwicklungsmodelle - Ursprung und Genese

5.0 Entwicklungsmodelle der Weltmarktintegration und der Abkoppelung

5.1 Bedeutung des internationalen Handels

5.2.1 Importsubstitution als dependenztheoretische Entwicklungsstrategie

5.2.2 Exportdiversifizierung als modernisierungstheoretische Entwicklungsstrategie

6.0 Umweltzerstörung im ökonomischen Diskurs

7.0 Sustainable Development

8.0 Systemtheoretischer Diskussionsansatz

9.0 Fazit

Literaturverzeichnis

 

1.0 Einleitung

Schon immer strebte die Menschheit zu immer neuen Errungenschaften der Technik für die Erleichterung der Lebensumstände. Durch die Hand als solche war dem Menschen ein in der Natur einmaliges Instrument, eine Möglichkeit zur Bearbeitung seiner Umwelt gegeben. Die Entwicklungspfade der kulturellen Genese des Menschen und der Natur sind zwar spätestens seit der Herausbildung der ersten Hochkulturen nicht mehr kongruent, aber diese Inkongruenz war nie wirklich existenzgefährdend für die globalen Ökosysteme. Erst mit einsetzender Industrialisierung und den damit verbundenen hochressourcenintensiven Produktivitätssteigerungen geriet die Natur ins Ungleichgewicht. Nebeneffekte des beschleunigten Wirtschaftswachstums waren und sind das Aussterben der Rassen und Arten (Verlust der genetischen Vielfalt), Verlust einzigartiger Biosysteme, dramatische Veränderung des Klimas und als Gesamtresultat eine ernsthafte Gefährdung des Lebensstandortes Erde.

Aber schon spätestens mit dem Zeitalter der Kolonialisierung kann Umweltzerstörung nicht mehr als eine reine Mensch-Natur-Beziehung verstanden werden, sondern muß um eine intergesellschaftliche Dimension erweitert werden. Das koloniale Ausbeutungsverhältnis zwischen den technisch fortschrittlicheren Nationen des Nordens und den ressourcenreichen, ökonomisch unterentwickelten Nationen des Südens hält mit anderen Mitteln bis heute an.

Um die globale Ökologiekrise analysieren zu können müssen sowohl die Wirtschaftssysteme der einzelnen Nationen, wie auch die Beziehungen zwischen den Wirtschaftssystemen untersucht werden. Bestehende Entwicklungsmodelle müssen in Frage gestellt, neue Gesellschaftsformen mit anderen Konsummustern entwickelt und dabei nationale Egoismen zurückgestellt werden.

Die Ökologie-Diskussion als solche dreht sich zunehmend um die Zerstörung globaler Ökosysteme und entsprechend komplex ist die Diskussion. Die zunehmende Verschlechterung des Weltklimas läßt sich auf nationaler Ebene nicht mehr lösen. Mithilfe Internationale Konferenzen sollen wirtschaftliche und soziale Entwicklungen in ökologisch vertragbare Bahnen gelenkt werden - eine Aufgabe, die für uns alle überlebenswichtige Bedeutung hat. Für die Lösung dieser Aufgabe spielt das Verhältnis zwischen Nord und Süd eine entscheidende Rolle.

Im Rahmen dieser Hausarbeit soll ein kurzer Einblick in die vielfältigen Verstrickungen zwischen internationalen Öko-Konferenzen, Ökologiekrise, Nord-Süd-Beziehungen, Entwicklungsstrategien und -ideologien sowie diskutierten Lösungsansätzen gegeben werden. Aufgrund der weite des Themas müssen Stichworte wie Verschuldungskrise, Bevölkerungsexplosion, Versorgung der Grundbedürfnisse, Ausbeutung billiger Arbeitskräfte, Instabilität politischer Verhältnisse, kultureller Identitätsverlust, Raubbau an Ressourcen und notwendige Veränderung der Gesellschaftssysteme, die in diesem Zusammenhang ebenfalls zu diskutieren wären, von dieser Hausarbeit weitgehend außer Acht gelassen werden.

Die Akzentuierung auf dem Entwicklungsbegriff ergibt sich aus dem Spannungsfeld zwischen Ökologiekrise und Entwicklungsstrategien. Umweltzerstörung läßt sich nicht ohne vergangene und aktuelle Entwicklungsstrategien diskutieren und verstehen.

 

 

2.0 Entstehung und Aufbau globalen Bewußtseins

Eine Internationalisierung des Umweltschutzes wurde zu Beginn der siebziger Jahre vor allem von den skandinavischen Ländern und den USA initiert. In den USA hatten sich bereits in den sechziger Jahren mächtige Umweltorganisationen gebildet ( Sierra Club, Friends of the Earth, Conservation Foundation u.a.), wurden zunächst aber aufgrund des herrschenden Vietnam-Krieges und andererseits aufgrund eines gewissen Argwohns der Entwicklungsländer, die in der aufkommenden Umweltdebatte eine Behinderung der Industrialisierungs- und Autonomieversuche sahen, in der Öffentlichkeit nicht allzu Bedeutsam. Auf Drängen der Entwicklungsländer wurde 1971 vom Generalsekretär der UNCTAD eine Studie angefertigt, die sich mit den Auswirkungen von Umweltschutzmaßnahmen auf Entwicklungsländer befaßte. Die Studie empfahl zum Schutz der Industrien, die in Entwicklungsländern aufgrund von Umweltschutzmaßnahmen mit höheren Kosten produzieren müßten, keine tarifären oder nicht-tarifären Schranken gegen Produkte aus diesen Ländern zu errichten.

2.1 Weltumweltkonferenz von Stockholm 1972

Diese erste Umweltkonferenz der Vereinten Nationen tagte unter Delegierten von 113 Ländern und diversen Organisationen von 05. bis 16. Juni 1972 in Stockholm.

Die Industrieländer wurden erstmals durch pessimistische Szenarien auf Wachstumsgrenzen aufmerksam gemacht, auf die Vertreter der dritten Welt wirkte der Bericht wie eine Abschottung der Industrieländer gegen eine nachholende Entwicklung der Entwicklungsländer. Während eines der Hauptaugenmerke der Industriestaaten die Umweltverschmutzung und der Schutz der genetischen und natürlichen Ressourcen war. Eine von Brasilien auf der ersten Umweltkonferenz eingebrachte Resolution befand, daß Umweltzerstörung ein Problem der Industrienationen sei, folglich diese auch die Kosten zu tragen hätten. Diese Resolution fand die einstimmige Zustimmung aller Entwicklungsländer, unabhängig der jeweiligen politischen und ideologischen Orientierung.

2.2 Club of Rome

Nicht nur auf politischer Ebene, sondern auch die wissenschaftlicher Diskussion verschärfte sich in den siebziger Jahren. Einen wesentlichen Pol bildete hier der Meadows - Bericht,"die Grenzen des Wachstums", der vor allem vor der Erschöpfung der natürlichen Ressourcen durch das (superexponentielle) Bevölkerungswachtsum und der Weltindustrieproduktion warnte. Da jedoch keine regionalen und nationalen Unterschiede - wie z.B. Asymmetrien zwischen Norden und Süden - in diesem Modell berücksichtigt worden sind und die Probleme des Südens nicht gesondert behandelt wurden, erscheint hieraus als Konsequenz das Bevölkerungswachstum als das hauptsächliche Problem. Ferner wäre demnach das Bevölkerungswachstum als eine natürliche und unabhängige Variable, ohne Verbindung zu sozioökonomischen Strukturen, zu betrachten.

Eine Art Gegenmodell wurde von Wissenschaftlern im Auftrag der Bariloche-Stiftung (Argentinien) entwickelt. Im Mittelpunkt des Berichts "Grenzen des Elends" stand die Spaltung zwischen reichen und armen Ländern. Die Hauptprobleme der Entwicklungsländer sahen die Wissenschaftler in der Armut und Unterentwicklung, welche erst die Ursachen des starken Bevölkerungswachstums seien.

Da die Diskussion des Bariloche-Modells jedoch sehr stark den Aspekt der Ressourcenverknappung akzentuierte, gelang - ähnlich wie schon zuvor dem Club of Rome - kein systemischer Zugriff auf die ökologischen Zusammenhänge. Es wurden keine physikalisch-natürlichen Wachstumsgrenzen anerkannt, die nicht durch technologischen Innovationen oder politische Bereitschaft hätten überwindbar seien können.

Das Nullwachstum im Sinne des Meadows-Modells würde ungeahnte Folgen für die Armen haben und zu nationalen Umverteilungskämpfen führen. Ein fortschreitendes Wachstum im Sinne des Bariloche-Modells würde auf Dauer zur Zerstörung der Rohstoff- und Umweltbasis führen. Mit der Umsetzung eines der Modelle käme es sowohl im Norden wie auch im Süden zu einer "Verschärfung globaler Destruktionspotentiale" Bericht an den Club of Rome von Meadows u.a.; 1972).

2.3 Brundtland-Bericht 1987

Gegen Ende der 70er Jahre ging der Einfluß der "Globalisten" in der Umweltdiskussion zurück. Umwelt- und Entwicklungsbelange verloren angesichts aufkommender Massenarbeitslosigkeit, den Folgen der Erdölkrise, dem Beginn der Weltwirtschaftskrise und der erneuten Verschärfung des West-Ost-Konfliktes gegenüber nationalen Egoismen immer mehr an Bedeutung. Erst mit dem Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung von 1987 wurde der Handlungsbedarf wieder ins Gedächtnis der Staaten zurückgerufen. Der aus dem breit angelegten Spektrum der Beteiligten Personen aus Wissenschaft und Politik resultierende Kompromißcharakter des Berichtsging zwar zu Lasten konkreter Aussagen, brachte jedoch in Gegensatz zu den teilweise perspektivisch eingeschränkten Meadows- und Bariloche-Modell neue Komponenten in die Diskussion.

1.) Anknüpfung an die Tradition der Globalisten

2.) Die Diskussion der Ökologieproblematik geht über Gesichtspunkte der Ressourcenverknappung hinaus und stellt die Gefährdung der globalen Ökosysteme und ihre Absorbtions- und Regenerationsfähigkeit
in den Mittelpunkt.

3.) Der Begriff der dauerhaften Entwicklung 'sustainable Development' wurde eingeführt. Mit diesem handlungsanweisenden Begriff wurden viele Streitpunkte der 70er obsolet. Auch die bisherigen grundlegenden Theorieansätze - Modernisierungs- und Dependenztheorie - wurden durch den Brundtland-Bericht relativiert. Im Gegensatz zu den Modernisierungstheorien wurde unterstrichen, daß eine aktive Weltmarktintegration aufgrund immanenter Zwänge eher in eine Entwicklungssackgasse geführt hat, da nun eine "nachholende Entwicklung" nach Modell der industrialisierten Welt eindeutig kein Vorbild sein konnte. Eine überdurchschnittliche Staatsverschuldung und steigende Umweltverschmutzung waren Indikatoren hierfür . Im Gegensatz zu den Dependenztheorien trafen Wirtschaftskrisen oder Störungen des internationalen Handels binnenmarktorientierte Staaten ungleich härter als aktiv in den Weltmarkt integrierte Länder. Eine schwäche des Brundtland-Berichts bestand in der fehlenden Unterscheidung zwischen einer aktiven selektiven und einer traditionellen, passiven Weltmarktintegration. Mit der Fragestellung wie eine nachhaltige und dauerhafte Entwicklung auszusehen hat und welche Wirtschafts- bzw. Industrialisierungsstrategie zu einer solchen führt, verliert der Begriff "sustainable Development" die notwendige Präzision( siehe auch Kap 5). Eine weitere Schwäche ergibt sich aus der inhärenten Wachstumsabhängigkeit der Lösungsansätze des Berichts. So kann die als Faktor der Umweltzerstörung erkannte Armut der Entwicklungsländer demnach nur durch Wirtschaftswachstum behoben werden. Wirtschaftliches Wachstum der Entwicklungsländer ergibt sich über erhöhten Rohstoffverbrauch der prosperierenden Industrienationen. Dem steigenden Rohstoffexport - und somit einer zumindest temporär steigenden Abhängigkeit der Terms of Trade - kommt somit eine 'Initialfunktion' zu.

2.4 Der Erdgipfel der UNCED in Rio de Janeiro 1992

Das Zustandekommen des Erdgipfels im Juni 1992 ist als Reaktion der UN-Vollversammlung auf den Brundtlandreport zu verstehen. Die Konferenz nahm den Begriff der dauerhaften Entwicklung auf und verabschiedete auf Basis der Agenda 21 ein konkretes Aktionsprogramm, aus dem sich eine - wenn auch auf Grund eines fehlenden Zeitrahmens lockere - Verpflichtung zur Umwelt- und Entwicklungskooperation ergibt. "Die Rio-Deklaration, die Wald-Deklaration und die Wüsten-Erklärung definieren lediglich grundlegende Verhaltensprinzipien". Welche Auswirkung die Agenda 21 letztendlich haben wird, ob sie eine "kostenlose Willenserklärung" oder ein echter Fortschritt wird, hängt von den einzelnen Regierungen ab.

Zwar wurden zumeist statt quantitativ präziser Reduktionsziele lediglich weite Rahmenabkommen ratifiziert, aber aufgrund des höheren Status wichtiger NGO´s ergaben sich schon im Vorfeld der Konferenz neue Perspektiven. Der neue Status wichtiger NGO´s könnte dazu führen, daß eine engere Rückkoppelung zwischen der internationaler Ebene und den nationalen Ökologiebewegungen stattfindet und somit die Ergebnisse des Rio-Gipfels nicht im politisch-administrativen Machtkampf untergehen.

Genauso Unterschiedlich wie die Interessenlagen der einzelnen Teilnehmer gestaltete sich die anschließende Bewertung des "Gipfels". Eine Bewertung der Konferenz sah in ihr einen Wendepunkt in der internationalen Umweltpolitik, wobei die konkreten Ergebnisse noch nicht einmal als daß wichtigste gesehen wurde. "Das eigentliche Ergebnis von Rio stand schon Monate vorher fest. Es ist eine weltweite Bewußtseinsveränderung, deren Tiefe noch gar nicht zu ermessen ist". Eine andere Bewertung aus Perspektive der NGO´s sah in der Konferenz vielmehr eine Frustration der Erwartungen, die sie selbst zuvor geweckt hatte. Positiv wurde jedoch angemerkt, daß Entscheidungen der Regierungen und internationalen Institutionen demnächst nicht mehr ohne vorheriges Anhören der NGO´s gefällt werden könnten.

 

3.0 Theoretische Ansätze und Problematik

3.1 Über die Ursachen der Umweltzerstörung

Schon bei der theoretischen Betrachtung umweltzerstörender Ursachen gibt es unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten. Im folgenden sollen deshalb einige Perspektiven aufgegriffen und dargestellt werden.

.Ein Möglichkeit des theoretischer Zugangs zur Deutung von Umweltproblemen wäre eine Art " Management-Modell". Demnach wäre umweltschädigendes Handeln größtenteils ökonomisch motiviert. Da die einzelnen Akteure in ihrer Rationalität klar definiert sind müßte Umweltzerstörung mittels eines einfachen Handlungsmodells und -zusammenhangs ebenso einfach zu lösen sein. Umweltprobleme werden sobald sie entdeckt werden würden auf ihren Verursacher untersucht. Diesem werden dann zur Lösung der Probleme Verhaltensänderungen auferlegt und dann notfalls unter staatlichem Zwang durchgesetzt.

Die Komplexitätsreduktion des Modells exkludiert jedoch sowohl einen gesellschaftlichen Kontext als auch die internationalen Nord-Süd-Beziehungen:

a) Die Komplexität der Umweltprobleme läßt aufgrund der mannigfaltigen Verflechtungen beteiligter Faktoren keine eindeutige Ursachenanalyse zu.

b) Die durch komplizierte Interdependenzmechanismen und teilweise unbekannte immanente Interaktionsdirektiven gekennzeichnete internationale Politik bedingt eine durch das Management-Modell nicht erfassbare Komplexität der Erkenntnisprobleme.

c) Wenn Umweltzerstörung erst durch eine nachholende Entwicklung entsteht sind die von den Industrieländern kopierten Entwicklungsmodelle nutzlos. Da diese Modelle ferner in einen ganz bestimmten Kontext entstanden und gebunden waren, lassen sie sich nicht ohne weiteres auf Arenen mit anderen historischen Erfahrungen, sozialen Systemen, politischen Akteuren und Institutionen übertragen.

d) Die internationale Umweltpolitik ist häufig noch stark von Natur- und Umweltschutzkonzeptionen des 19. Jahrhunderts geprägt. Auch diese lassen sich nicht ohne weiters auf Entwicklungsländer oder globale Systeme übertragen.

Ökosysteme können als Stoffkreisläufe und Energieflüsse verstanden werden, in die lebende und nicht-lebende Elemente der Umwelt integriert werden. Gesellschaft wiederum kann als sozial organisiertes System verstanden werden, daß über Parameter wie Bevölkerung, Energie- und Ressourcenverbrauch in Ökosysteme einfließt.

Ein Problem zur Findung theoretischer Problemlösungsstrategien dürfte zweifellos in der Komplexität der Interaktion zwischen Gesellschaft Ökosystemen liegen. Nach Karl Bruckmeier lassen sich fünf reduktionistische Erklärungen extrapolieren :

a) Der ökologische Reduktionismus subsumiert Gesellschaft unter die Natur und verschleiert dadurch zum einen die Gegensätzlichkeit von Natur und Gesellschaft als Teil der Analyse ebenso wie andererseits eine Ursachendeutung der Umweltzerstörung als Element sozialen Handelns.

b) Dem individualistischen Reduktionismus zufolge entsteht Umweltzerstörung aus dem Fehlverhalten einzelner Personen oder Personengruppen. Eine Grundüberlegung ist hierbei, daß soziale Systeme dem Handeln der Individuen durch ihre politischen und/oder ökonomischen Strukturen einerseits und/oder durch ihre soziokulturellen andererseits auferlegen.

Welche handlungslenkenden Strukturen und wirtschaftlichen Anreize jedoch zur tendenziellen Überbeanspruchung natürlicher Ressourcen und Umweltzerstörung führen kann mit diesem Ansatz nicht beantwortet werden.

c) Als Gegensatz zum individualistischen Reduktionismus kann der soziologische Reduktionismus verstanden werden, der die globale Umweltzerstörung zu einem wesentlichen Teil mit dem autodestruktiven Charakter des vorherrschenden Zivilisationsmodells erklärt. Zur Unterminierung einer zivilisationskritischen Diagnose fehlen bislang aber die Nachweise, wie ökonomische Strukturen Umweltzerstörung bedingen und folglich welche Handlungsdirektiven sich daraus ableiten lassen.

d) Der ökonomische Reduktionismus geht von "subjektiven Nutzenschätzungen und Handlungkalkülen der ökonomischen Akteure"aus. Der aus Neo-Klassik entlehnte Begriff des "homo oeconomicus" (mit seiner Nutzfunktion) reduziert in gewisser Hinsicht Umweltzerstörung auf individuelles Fehlverhalten. Hierbei korreliert das umweltzerstörende Verhalten mit der stetig wachsenden Größe und Zahl der Nutzergruppen natürlicher Ressourcen. Ferner reduziert das Modell den Erkenntnishorizont auf die ökonomische Dimension strategischen Handelns - der 'erste umweltzerstörende Mensch' ist aber eine Fiktion.

e) Der politische Reduktionismus vernachlässigte aufgrund der Vorstellung, daß umweltpolitisches Handeln müsse umgehend initiert werden müsse, sowohl die globale Verteilung der Handlungskompetenzen als auch die Ursachen. Dadurch reduzierten sich die Akteure auf eine Ebene der globalen Symbolpolitik. Verstärkt wurde dies ebenfalls durch fehlende theoretisch unterstütze praktische Konzepte , denn außer Partialkonzepten gab es in der 'frühzeitigen Umweltdebatte' häufig nur abstrakte und universale Modelle, die normativ und verhaltensbezogen eine vollständige Lösung versprachen. Auch das Spekulieren auf eine Interessengemeinschaft auf Basis des Umweltschutzes, wie es zum Beispiel der Brundtland-Bericht tat, scheiterte an den realen Interessengegensätzen zwischen Nord und Süd.

3.2. Umweltzerstörung als Nord-Süd-Problem

Aufgrund politisch und wissenschaftlich geprägter, ideologischer Verblendung entstehen bei der für die Ursachendeutung der Umweltzerstörung entscheidenden Analyse des Nord-Süd-Beziehungsgeflechts entscheidende Schwierigkeiten. Ein Teil der Ursachendebatte sollte deshalb mit dem Versuch geführt werden, die ökonomischen, ökologischen und sozialen Gemeinsamkeiten der südlichen Länder zu rekonstruieren. Damit könnte von den Entwicklungsländern ein erster Schritt zu einer gemeinsamen Argumentationslinie getan werden.

Auf Seiten der Industrienationen erkennt man an, daß die Umweltzerstörung in den Ländern der südlichen Hemisphäre - und somit Zerstörung der globalen Lebensgrundlagen - nicht gesondert von den determinierenden Einflüssen der Industrieländer verstanden werden darf. "..Moralisierende Schuldzuweisungen an die dritte Welt .." lenken ".. davon ab, daß die Produktions- und Konsumtionsweisen in den Industrieländern maßgeblich für die Entstehung und Verschärfung der Umweltprobleme in den Ländern der Dritten Welt verantwortlich sind..."

Hier scheint die umweltpolitische Debatte scheint einen Punkt erreicht zu haben, an dem die Zurechnung hauptsächlicher Verursachung und Verantwortung den Industrieländern zufällt. Den Industrienationen fällt auf Regierungs- und Nichtregierungsebene die Schlüsselrolle in der internationalen Umweltpolitik zu - auch bezüglich der Umweltpolitik des Südens.

Eine konventionelle Deutung der ökonomischen und sozialen Situation in Entwicklungsländern versteht Umweltzerstörung als entwicklungsbedingt. Demnach ist die Ressourcenkrise der Entwicklungsländer erst durch die Abhängigkeit von der globalen kapitalistischen Ökonomie bedingt. Mit dieser eingeengt ökonomischen Darstellung werden aber weder Ursachenzusammenhänge, noch Lösungsstrategien sichtbar. Die folgenden Ergänzungen zeigen die Notwendigkeit eines komplexeren Argumentationsmusters.

a) Die meisten Entwicklungsländer liegen in den tropisch geprägten Klimazonen. Die besondere ökosystemische Fragilität macht die Tropen für falsche Bearbeitungsweisen, Monokulturen und hochintensive Landwirtschaft besonders anfällig. Zumal das landwirtschaftliche Produktionspotential im Vergleich zu nichttropischen Klimazonen schon geringer ist, schadet die extensive Nutzung der natürlichen Ressourcen.

b) Im Rahmen einer ökologischen Charakterisierung wird zuweilen immer noch auf nicht-urban und ländlich geprägte Ökosysteme bezug genommen. Diese Reduzierung auf agrar- und forstwirtschaftliche Aspekte verkennt die besondere und stetig steigende Bedeutung städtischer Umweltprobleme. Die Umweltprobleme überproportional wachsender "Mega-cities" erreichen durch fehlende Kanalisationen, Abwasser- und Regenwasserableitung und Slumbildung ebenfalls den Status einer "globalen Diskussionswürdigkeit".

c) Die Annahme, daß die Übernahme des "modernen Lebensstandardmodells" europäisch - amerikanischen Musters und entsprechender Produktionsweisen durch die Entwicklungsländern die dortige anthropogene Umweltnutzung und somit auch die Umweltzerstörung beschleunigt hat, kennzeichnet eine summarische Beschreibung der Umweltschäden.

"Bevölkerungsvermehrung sowie Erhöhung von Produktion und Konsum führen zu extensiver Landnutzung, zur verstärkten Ausbeutung von Industrien und damit verbunden zur erhöhten Belastung von Luft, Wasser und Boden".

Aus dieser summarischen Darstellung von Umweltproblemen lassen sich drei zusammenhängende, "ideologieverdächtige" Argumentationslinien extrapolieren : "Umweltzerstörung durch Unterentwicklung", "armutsbedingte Umweltzerstörung" und "Umweltzerstörung durch Bevölkerungswachstum". Desweiteren könnten aus diesen drei Argumentationslinien besondere Interessen des Nordens interpretiert werden.

d) Ein weiteres Ursachenbündel stellen die Interdependenzerscheinungen in Entwicklungsgesellschaften, die in einem höherem Stadium der Industrialisierung keine Rolle mehr spielen. So kann z.B. das aufgrund nicht vorhandener Kanalisation in einen Fluß geleitete Abwasser die Trinkwasserversorgung einer von diesem Fluß abhängigen Gemeinde gefährden. Extern vermittelte technologische und wirtschaftliche Entwicklungsbeschleunigung bergen in diesem Zusammenhang Gefahren durch noch ungeklärte Effekte einer Systemtransplantation.

e) Die Formel der "armutsbedingten Umweltzerstörung ist im entwicklungspolitischen Diskurs von zunehmender Bedeutung. Die unvermittelte Ursachenzusammenlegung von wirtschaftlicher Not und Umweltzerstörung hebt den Aspekt der Notwendigkeit der Umweltzerstörung zum Zwecke der Existenzgründung und -erhalts hervor. So ist die ländliche Bevölkerung aus Mangel an Alternativen gezwungen Ressourcen umweltschädigend zu nutzen ( Abholzung der Wälder, Übernutzung von Weideland u.s.w.). Damit ist zum einen ein Unterschied zu dem umweltschädigendem Verhalten der Länder des Nordens angespielt ( ländliche Armut ), da in Entwicklungsländern nach wie vor die ländlichen Bevölkerungen in der Überzahl sind.

Zum anderen leben die städtischen Bevölkerungen in ihrer Abhängigkeit außerhalb der Geld-, Kredit-, Waren- und Marktsysteme, aber "ihre" Dimension der unkontrollierbar expandierenden Riesenstädte kommt als Aspekt der Umweltzerstörung nicht zu tragen.

f) Ein anderes, mit dem aus Armut resultierenden Handlungszwang argumentierendes Erklärungsmodell setzt Umweltzerstörung und Bevölkerungswachstum so in Zusammenhang, daß aus Hunger und Fehlernährung resultierendes Bevölkerungswachstum zur Übernutzung natürlicher Ressourcen und progressiver Destruktion führen.

Durch die Einebnung biologischer, sozialer, politischer und ökonomischer Zusammenhänge kann diese Argumentation nicht als sozialwissenschaftliches Modell dienen. Ferner wird mit der besonderen Akzentuierung der Bedeutung des Bevölkerungswachstums von umweltzerstörerisch relevanten Aspekten wie Kriegen, Migrationsbewegungen, Wirtschaftspolitik der Industrieländer, Minderheitenverfolgung und Bürgerkriegen ein stückweit abgelenkt. Statt dessen wäre eine Umweltzerstörung in ihrem gesellschaftlichen Kontext zu analysieren.

 

4.0 Entwicklung als ökonomischer Prozeß

4.1 Ideengeschichte des Entwicklungsbegriffs

Der Begriff der "Entwicklung" ersetzt seit der Epoche des Hochkapitalismus den des Fortschritts. Zuvor herrschte der durch die industrielle Revolution verstärkte Glaube an den technischen Fortschritt als Motor der gesellschaftlichen Weiterentwicklung. Die mit dem Ende der Kolonialisierung beginnende politische Selbständigkeit der jeweiligen Staaten verlief jedoch nicht parallel zu einer ökonomischen Entkoppelung zu den "Mutterländern". Entwicklung bezog sich nun auf die Aufrechterhaltung und Beschleunigung eines ökonomischen Bereicherungsprozesses. Da die Trägergruppen dieses Prozeß auf Seiten der Entwicklungsländer kulturell eher den fernen Industrieländern als zu ihren eigenen Gesellschaften Ethnien zuzurechnen sind, spricht man in diesem Zusammenhang auch von einer "disembedded economy". Der Entwicklungsbegriff hat im Gegensatz zum Fortschrittsbegriff eine stärkere ökonomische Akzentuierung. Über einen entwickelten Aufholprozeß sollten die ökonomischen und kulturellen Charakteristika der Industrieländer auf die Länder des Südens übertragen werden. Die u.a. durch die Illusion des universal erreichbaren und übertragbaren ökonomischen Reichtums geprägte Vorstellung ließ jedoch unter anderem die politisch und entwicklungstheoretische Frage nach der Kompatibilität sozialer, ökonomischer und ökologischen Prozesse außer Acht.

4.2 Modernisierungs- und dependenztheoretische Entwicklungsmodelle - Ursprung und Genese

Die aus Modernisierungs- und Dependenztheorie hervorgegangenen ökonomischen Entwicklungstrategien stehen in direktem Zusammenhang mit heutigen Formen der Umweltzerstörung. Gemeinsam ist diesen Entwicklungstrategien der Kerngedanke, ökonomische Entwicklung als Initialentwicklung zu verstehen.

Grundlage ökonomischer Analysen wurde ein lineares Entwicklungsmodell, dessen Ursprünge in der positivistischen Ideologie des sozialen Evolutionismus angelegt sind. Entsprechend wurden auf gehobenem Abstraktionsniveau die entwicklungspolitischen und -theoretischen Rahmenbedingungen auf die Situation der zu entwickelnden Länder transplantiert. Ein Großteil der politischen und ökonomischen Entwicklungspolitik richtete sich auch gegen diese Form der implizit enthaltenen "Transplantation eines Gesellschaftssystems".

Zwei Theorievarianten entwickelten ich im Laufe der Zeit aus der Leitwissenschaft Entwicklungsökonomie. Beide Ansätze deuten die gesellschaftlichen Kernprozesse Wachstum, Modernisierung und Industrialisierung mit dem Ziel maximal günstigster Entwicklung.

In den Modernisierungstheorien wurde der Entwicklungsprozeß lediglich so verstanden, wie er sich in Europa bereits zuvor abgespielt hatte. Der europäische Entwicklungsweg wurde als "Universalmodell" auf den Süden übertragen. Die traditionellen Gesellschaftsformen des Südens wurden genauso wie ebensolche zuvor in Europa als Hemmnisse des Modernisierungsprozesses gesehen. Modernisierung wurde als welthistorischer, alle Gesellschaften früher oder später erfassender Prozeß verstanden, wobei technologischer und wirtschaftlicher Wandel parallel zu politischem und sozialem Wandel verläuft. Entsprechend sollten die vorgefundenen politischen Strukturen, Herrschafts- und Gesellschaftsformen langsam nach westlichem Vorbild transformiert werden. Der Zentralprozeß der Modernisierungstheorie ist der - auf Wachstum reduzierbare - ökonomische Prozeß, dem zugleich eine Initialfunktion zukommt. Die fehlende Entwicklungsdynamik oder -schwäche der Gesellschaften sollte von außen durch entsprechende Mittel gefördert werden.

Unter dem Stichwort der abhängigen Entwicklung wurde Anfang der sechziger Jahren ein Modell formuliert, daß im Gegensatz zur Modernisierungstheorie nicht interne, sondern externe, außenwirtschaftlich-weltmarkbezogene Faktoren für die Unterentwicklung verantwortlich machten. Verantwortlich ist hierfür die mit der Kolonialisierung eingeleitete, äußere gesellschaftliche Deformation der ´Dritten Welt´, deren Wirkungsmechanismen bis in die heutige Zeit fortwirken. Nach der politischen Unabhängigkeit war nicht mehr die direkte Beherrschung durch die Kolonialmächte, sondern die zunehmende Integration in den Weltmarkt Ursache von Unterentwicklung und Abhängigkeit.

Trotz unterschiedlicher Ausgangs-Paradigma zeigen beide Theorieansätze gewisse Gemeinsamkeiten :

a) Das Subjekt ihrer Analyse sind nicht die Weltmarktbedingungen, sondern die Staaten mit ihren unterschiedlichen gesellschaftlich-tradierten Systemen, d.h. höchst unterschiedliche Nationalstaaten mit vielen unterschiedlichen Facetten.

b) Wirtschaftliches Wachstum wurde als Mittel zum Ziel, jedoch nicht als Ziel verstanden. Für die Durchsetzung und das gelingen der Modernisierung ist die Verfügung und das Einsetzen politischer Macht entscheidend. Die mangelnde Unterscheidung zwischen politischer und ökonomischer Macht bildet jedoch nur eine unzulängliche theoretische Grundlage, da die einzelnen Mechanismen nur schwerlich rekonstruierbar sind.

c) ´Systemisches Analysieren´ verschließt sich aufgrund der kaum vorhandenen Verknüpfung sozialer, wirtschaftlicher und politischer Systeme, sowohl Modernisierungs-, als auch den Dependenztheorien. Aus unterschiedlichen Ideologien und Erkenntnisinteressen wird nicht nach den Voraussetzungen und Widersprüchen kapitalistischer Entwicklung gefragt, sondern vielmehr nach Begründungen für die Vorteile des jeweiligen Entwicklungsprozesses unter entsprechenden Weltmarktbedingungen gesucht.

Als Mitte der Sechziger Jahre die ´Herrschaft´ der Modernisierungstheorien Konkurrenz durch die Dependenztheorien bekam, bedeutete dies einen theoretischen Fortschritt insofern, als nun wieder vermehrt die Systembeziehungen des Weltmarkts in die Analyse zurückgeholt wurden, die in den Modernisierungstheorien nur als neutrale Rahmenbedingung der nationalen Entwicklung verstanden wurde. Seit Anfang der achtziger Jahre scheint der große theoretische Diskurs versiegt zu sein - keine der beiden Theorien konnte aufgrund des hohen Abstraktionsgrades einerseits und den spezifischen nationalen Rahmenbedingungen andererseits mehr als eine grobe Orientierungshilfe bieten. Die aus den Theorien jeweils abgeleiteten Entwicklungs- und Wirtschaftsstrategien sind zwar weitgehend gescheitert, aber andere Alternativen gibt es bislang noch nicht.

 

5.0 Entwicklungsmodelle der Weltmarktintegration und der Abkoppelung

Im folgenden sollen die Wirkungen dissoziativer und assoziativer Orientierungen auf nationale Wirtschaftspolitik sowie soziale und ökonomische Prozesse diskutiert werden. Die beiden Orientierungen entwickelten sich aus dependenz-, bzw. modernisierungstheoretischen Ansätzen als Entwicklungstrategien für die Länder des Südens.

5.1 Bedeutung internationalen Handels

Zwei übergeordnete Standpunkte lassen sich aus dependenz- bzw. modernisierungstheoretischen Ansätzen extrapolieren. Zum einen wird angenommen, daß eine Weltmarktintegration nationaler Wirtschaftssysteme positive Effekte für Struktur und Entwicklung hat. Zum anderen wird die Befürchtung gesehen, daß durch eine Weltmarktintegration die Chancen für eine erfolgreiche Entwicklung bedroht werden - was eher eine Weltmarktabkoppelung favorisiert.

Aus diesen beiden Annahmen läßt sich die Hypothese ableiten, daß soziale und ökonomische Entwicklungen in jedem Fall durch (außenwirtschaftliche Orientierungen beeinflußt werden. Um außenwirtschaftliche Orientierung hinsichtlich ihrer Wirkungen auf soziale und ökonomische Entwicklung beurteilen zu können sind einige Überlegungen zu der prinzipiellen Motivation außenwirtschaftlichen Handels sinnvoll.

Grundsätzlich wird aus drei Gründen Welthandel betrieben:

- Preisdivergenzen : Wenn die Produktion eines Gutes von einer Volkswirtschaft in einer anderen Volkswirtschaft günstiger erfolgen kann, entsteht Handel

- Nichtverfügbarkeit : Von einer Volkswirtschaft nicht erstellbare Güter müssen von anderen Volkswirtschaften eingeführt werden.

- Produktdivergenzen : Mit steigendem Pro-Kopf-Einkommen steigt der Außenhandel. Da Güter gleicher Produktgruppen ausgetauscht werden führt eine durch steigende individuelle Einkommen bedingte Differenzierung der Bedürfnisse zu einer Nachfrage.

Ein großer Anteil des Welthandels und damit der internationalen Arbeitsteilung ergibt sich aus komparativen Kostenvorteilen. Diese bedingen, daß sich jedes Land auf die Erzeugung eines Gutes spezialisiert, in dessen Produktion es einen komparativen Vorteil gegenüber anderen Ländern besitzt. Die" Überschüsse " tauscht es gegen Güter, die es nur mit komparativen Nachteilen produzieren könnte. Somit verfügt eine Volkswirtschaft mit dem Außenhandel im Idealfall über ein Instrument zur Senkung der Opportunitätskosten.

Allgemein ist Außenhandel immer dann sinnvoll, wenn relative Kostendifferenzen zwischen zwei Volkswirtschaften bei der Produktion eines Gutes bestehen. Aus den so erwirtschafteten Handels- und Spezialisierungsgewinne ergibt sich eine Wohlstandstandssteigerung gegenüber einem wirtschaftlich autarken Zustand. Desweiteren folgen hieraus Wirkungen auf die Art und Geschwindigkeit nationalökonomischer Entwicklung.

" Außenwirtschaftliche Beziehungen können unter dem Aspekt betrachtet werden, daß ihre Aufgabe in der Unterstützung der Entwicklung der Volkswirtschaft besteht. Insoweit sind sie supplementär"

Die Frage, ob eine Nationalökonomie sich am internationalen Handel beteiligen soll, ist geklärt. Auf Dauer kann es sich keine Volkswirtschaft leisten sich den durch Handel implizierten positiven Effekten einer Weltmarktintegration zu verschließen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch, unter welchen theoretischen Prämissen und darauf basierend mit welchen Prioritäten außenwirtschaftliche Beziehungen gestaltet sein müssen. Wirtschaftspolitische Entscheidungen über Ausmaß und Struktur von Importen und Exporten, Kapital- und Technologietransfer sowie sektorale Prioritäten sind wichtige Rahmenpunkte für eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Entwicklung.

5.2.1 Importsubstitution als dependenztheoretische Entwicklungs- strategie

"Importsubstitution meint im Grundsatz die Aufnahme der Produktion bisher importierter Güter bei gleichzeitigem Importverbot bzw. Importerschwernissen für die betreffende Gütergruppe." Per definitionem ist mit Importsubstitution eine Beschränkung des Freihandels verbunden, wenn auch nur zeitlich begrenzt. Mit der temporären Marktabschottung soll der heimischen Industrie eine Lernphase eingeräumt werden, in der sich Unternehmen in Marktsegmenten ansiedeln können, in denen schon z.B. Nachfrageverhältnisse bekannt sind. Es handelt sich also um eine Strategie, die eine Industrialisierung erst einmal in Gang bringt, und dann eine Reintegration in den Weltmarkt mit verbesserter Ausgangssituation ermöglichen soll. Desweiteren muß mittelfristig versucht werden, statisch-komparative in dynamisch-komparative Kostenvorteile umzuwandeln.

Überdurchschnittliche Wachstumsimpulse sind aufgrund der Binnenmarktorientierung der Industrie zeitlich begrenzt, da nach einer Binnenmarktsättigung die Wachstumsraten an die Bevölkerungs- und Einkommensentwicklung gekoppelt sind.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Importsubstituierung sind :

- Ein großer und entwicklungsfähiger Binnenmarkt

- Aufgrund mangelnder internationaler Konkurrenz dürfen keine Monopolunternehmen entstehen

- Protektionen dürfen nicht dauerhaft bestehen. Vielmehr muß versucht werden, statisch-komparative Kostenvorteile in dynamisch-komparative umzuwandeln.

- Es sollten beim Aufbau der Industrie möglichst Produktionstechniken verwendet werden, die arbeitsintensiv sind.

Die zum Aufbau einer Industrie notwendigen Devisen werden in der Regel über Agrar- und Ressourcenexporte aufgebracht. Für einen auf Importsubstituierung basierenden industriellen Aufbau sind stabile Preise und sichere Absatzmärkte für Rohstoffe notwendig.( Terms of Trade, externe Abhängigkeit). Traditionelle exportorientierte Entwicklungstheorien schreiben die Spezialisierung der Entwicklungsländer auf den Export von Rohstoffen fest.

Aber mit den sich ständig verschlechternden 'Terms of Trade' werden Entwicklungsländer unaufhaltsam zur Außenverschuldung und dadurch wiederum zur extensiven Ressourcenwirtschaft, "...zum Raubbau an ihren Natur- (und Billiglohn) Potentialen und zu ökologischen Zerstörungen..." gezwungen.

5.2.2 Exportdiversifizierung als modernisierungstheoretische Entwicklungsstrategie

Mit Exportdiversifizierung ist eine Politik gemeint, die "Wachstumsimpulse für die Volkswirtschaft über eine Zunahme der Exporte bei gleichzeitiger Produkt- und Absatzmarktdiversifizierung vorsieht, um das Angebot an Exportgütern besser an die Nachfrage ausländischer Märkte anzupassen.". Effekt soll ebenso wie bei der Importsubsituierung eine beschleunigte ökonomische Entwicklung sein. Besondere Aufmerksamkeit gilt hierbei dem industriellen Sektor, wodurch nicht zuletzt auch qualifiziertere Arbeitsplätze geschaffen werden sollen.

Die Bedingungen für einen möglichst erfolgreichen Einsatz einer exportorientierten Industriealisierungsstrategie lassen sich wie folgt einteilen :

Interne :

- International konkurrenzfähiges Güterangebot, d.h. für Entwicklungsländer eine Konzentration auf arbeits- und rohstoffintensive Produktbereiche.

- Die Exportorientierung muß durch eine entsprechende Infrastruktur unterstützt werden.

- Der Binnenmarkt muß eine gewisse Größe aufweisen. Zum einen können für den Export bestimmte Produkte zunächst auf dem heimischen Markt getestet werden, zum anderen schützt eine entsprechende Inlandsmarktgröße die exportorientierte Industrie vor wie auch immer bedingten Nachfrageschwankungen.

Externe :

- Gesicherter Absatz auf externen Märkten.

- Freie Marktzugänge

Durch Umstellung der heimischen Industrie auf eine Exportorientierung nahezu zwangsläufige strukturelle Anpassungenverstärken die Wettbewerbsfähigkeit der betreffenden Volkswirtschaft. Kurzfristig entstehende nachteilige Folgen einer Binnenmarktöffnung werden jedoch mittel- bis langfristig durch die Erzielung höherer Erträge wettgemacht.

Die im Rahmen einer unter exportdiversivizierten Industrialisierungsstrategie erlangbaren Vorteile sind u.a.:

- Eine verbesserte Humankapitalausstattung,

- eine durch Wettbewerb bedingte intensivere Kostenkontrolle,

- ein effizienterer Einsatz der Produktionsfaktoren und

- der Abbau der Rohstofflastigkeit der Produktions- und Exportstruktur.

Im Idealfall entwickelt die heimische Industrie aufgrund des internationale Konkurrenzdrucks und den Weltmarktanforderungen immer höherwertige Güter und Dienstleistungen. Daraus resultieren ein höherer Grad an nationaler Weiterverarbeitung in Landwirtschaft und Industrie, ein sinkender Ressourcenanteil am Export und somit der 'Spielraum' die finanziellen und strukturellen Bedingungen zur Einführung umweltschonender und energiesparender Technologien zu verwenden.

Eine ökonomisch und ökologisch erfolgreiche Entwicklung ist ohne entsprechende Unterstützung durch die entwickelten Länder und kaum möglich.

Die Strategie der Exportdiversifizierung sollte im allgemeinen einer Strategie der Importsubstituierung folgen. Für kleinere Länder, d.h. mit kleinerem Binnenmarkt, besteht im Rahmen eines Industrialisierungsprozesses jedoch kaum eine Möglichkeit mit einer importsubstituiven Strategie zu beginnen, da das 'Marktpotential' zur Entwicklung weltmarktkonkurrenzfähiger Produkte nicht ausreicht. In diesem Fall sollte von Anbeginn die Exportstrategie gewählt werden.

 

6.0 Umweltzerstörung im ökonomischen Diskurs

Das bisher vorgestellte Modell basiert auf dem Paradigma des wirtschaftlichen Wachstums als Initialfaktor für eine aufholende Entwicklung. Zum einen impliziert dies eine Entwicklung westlicher Fasson, andererseits darf und kann weder der westliche Modernisierungs- und Industrialisierungsweg noch Konsumverhalten oder Ressourcenverbrauch als Maßstab gelten. In dem momentanen Zustand der extensiven Nutzung natürlicher Ressourcen und fortschreitender Umweltzerstörung setzt sich die Erkenntnis durch, daß die Lebens- und Entwicklungsform des Nordens nicht in dergleichen Form auf die Länder des Südens übertragbar ist.

Das in dem neoklassischen modelltheoretischem Konstrukt des ´homo oeconomicus´ verwischt und homogenisiert durch den starren bezug auf individuelle Handlungsmuster unterschiedliche soziale Strukturen und Systeme. Umweltverschmutzung entsteht nach neoklassischen Deutungsmuster dadurch, daß die Nutzung der Umwelt nicht über den marktbezogenen Knappheitskalkül reguliert wird. Die Kosten der Umweltnutzung können somit von dem Akteur aus seiner eigenen, rationalen Kostenrechnung externalisiert werden. Um die Umweltschädigung in berechenbare Termini und somit durch Preise dem Knappheitskalkül des Marktes subsumieren zu können, bedarf es jedoch völliger informatieller Zugänglichkeit, "..dessen Zerlegbarkeit in individuell genutzte Segmente sowie deren Zuordnungsmöglichkeit zu individuellen Präferenzen und deren Übersetzung in Markt-'preise". Neben solchen abstrakten Ansätzen bietet die neoklassische Umweltökonomie keinen praktikablen Ansatz zur Vermeidung von Umweltzerstörung.

Unrealistisch ist die herrschende neoklassische Meinung, daß umweltschädigende Produktionsweisen im Zuge des technischen Fortschritts durch umweltschonende Produktionsweisen substituiert werden können. Preissteigerungen sich verknappender Ressourcen bewirken zwar Suchprozesse nach Ausweichprodukten, führen aber nicht zwangsläufig zu ökologisch nachhaltigen Formen des Wirtschaftens, denn auch die Substitute sind nur an Preiskriterien orientiert.

Desweiteren greift die neoklassisch orientierte Umweltökonomie in ihrem reduktionistisch behafteten Deutungsmuster auf Motive reichtums- und armutsbedingter Umweltzerstörung zurück. Reichtumsbedingte Umweltzerstörung ist eine solche, die den Regeln ökonomischen Wirtschaftens folgt und alle Akteure nach dem Knappheitskalkül handeln. Armutsbedingte Umweltzerstörung fällt jedoch aus dem Rahmen der reinen Ökonomie heraus, da sie in Gesellschaften stattfindet, die keine homogene Volkswirtschaft im westlichen Sinne haben und in der höchstens einzelne Sektoren entwickelt sind. Die Mitglieder dieser Gesellschaften müssen sich aufgrund mangelnden Kapitals an "freien Gütern" zum Zwecke des Überlebens bedienen und haben im Gegensatz zu den reichen Konsumenten keine Wahlfreiheit.

Die ökonomischen Begriffe und Größen sind auf ein System bezogen, daß in den Entwicklungsländern nicht oder nur unvollkommen funktioniert. Zum weiteren Verständnis von Umwelt und Ökologie muß die Ökonomie mit ihren Dimensionen verlassen und (zumindest) mit weitergehenden Analysen erweitert werden.

 

7.0 "Sustainable Development"

Mit dem Begriff der nachhaltigen oder dauerhaften Entwicklung wurde durch den Brundtland-Bericht eine Entwicklungsabsicht formuliert, die entgegen vorheriger Konzepte (siehe Kap.5) nicht eine aufholende Entwicklung in Form wirtschaftlichem Wachstums in den Vordergrund darstellte, sondern die Erhaltung der ökologischen Ressourcen anstrebte. Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung verstand unter dauerhafter Entwicklung eine "Entwicklung, die den gegenwärtigen Bedarf zu decken vermag, ohne gleichzeitig späteren Generationen die Möglichkeit zur Deckung des ihren zu verbauen." Der Bericht geht von einem globalen Zusammenhang regionaler Krisen aus, wobei zwischen Artenschwund, Energieverbrauch, Industrialisierung und Bevölkerungszunahme ein systemischer Zusammenhang gesehen wurde.

Die Erkenntnis, daß es neben einer reichtums- auch eine armutsbedingte Umweltzerstörung gibt, verdeutlichte zum einen die Entwicklungsnotwendigkeit der Dritten Welt, zum anderen die 'Fehlentwickeltheit' der Ersten Welt. Stop des Bevölkerungswachstums, Befriedigung der Grundbedürfnisse, dauerhafte Nahrungsmittelversorgung, Erhaltung der genetischen Vielfalt und umweltschonende Technikgenese sind nach dem Kommissionsbericht die Eckpfeiler eine dauerhaften Entwicklung.

Mit der Einführung des Entwicklungsbegriffs "sustainable development" wurde weder auf eine Abkoppelung vom Weltmarkt, noch auf eine nachholende Entwicklung im Sinne westlicher Industrialisierung abgezielt. Im Gegensatz zu den Modernisierungstheorien wurde erkannt, daß nachholende Entwicklung eher in eine nachholende Umweltverschmutzung mündet. Der Entwicklungsweg der Industrieländer wurde als Entwicklungssackgasse und u.a. auch deswegen als nicht von den Entwicklungsländern zu kopierender Weg gesehen. Zugleich wurde aber zu Kenntnis genommen, daß Länder, die eine abgekoppelte Entwicklung im Sinne dependenztheoretischer Ansätze verfolgten, überdurchschnittlich stark unter weltweiten Krisen und Umbrüchen zu leiden haben.

Ein unter den Prämissen der dauerhaften und nachhaltigen Entwicklung konzipierte Entwicklungsstrategie müßte vereinfacht nach Karl Bruckmeier mindestens folgende Zielgrößen umfassen :

- Ein ökologischer Umbau der Industriegesellschaften müßte weitergehend als bisher diskutiert werden.

- Umwelt- und ressourcenschonendes Wachstum der Industrien in den Entwick- lungsländern

- Die Armut ist in den Entwicklungsgesellschaften zu bekämpfen

- Neben einer Demokratisierung der binnenstaatlichen Strukturen müssen auch die Nord-Süd Beziehungen demokratisiert werden.

8.0 Systemtheoretischer Diskussionsansatz

In vielen Entwicklungsländern funktioniert die Interaktion zwischen Ökonomie und Ökologie aufgrund immer stärkeren Auflösungstendenzender dortigen staatlichen Entscheidungsstrukturen nur noch unzureichend. Die daraus entstehenden Disfunktionalitäten und Handlungsdefizite (z.B. mangelnde Kontroll- und Steuerungsressourcen) erfordern neue Analysen der Beziehungen zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren in der internationalen Umweltpolitik.

Die politische Ökonomie nimmt eine Analyse der Strukturen und Entwicklungen des kapitalistischen Wirtschaftssystems als Rahmenbedingung globaler Umweltzerstörung vor und versucht diese nicht alleine mit individuellen Konsummustern ( neoklassische Ökonomie ) oder mangelnder Internalisierung externer Effekte zu erklären. Statt dessen sieht sie im gesamten Funktionsmechanismus des globalen kapitalistischen Systems eine umweltzerstörende Wirkung. Eine Entwicklung im Sinne von Aufholen - mit entsprechender Transferierung westlicher Wert-, Konsumvorstellungen - ist demnach unmöglich. Zum einen handelte es sich dann lediglich um eine 'aufholende Umweltzerstörung', zum anderen gibt es strukturelle Gründe innerhalb der kapitalistischen Weltwirtschaft, die Reichtum nicht für alle bieten kann. Statt dessen müssen Entwicklungsprozesse in beiden Hemisphären verändert werden.

Die ökologische Ökonomie schuf zuerst die Voraussetzungen für eine Analyse von Umweltzerstörung, die nicht mit Internalisierung externer Effekte gelöst werden sollte, sondern vor deren Bewertung auf die Notwendigkeit von Strukturveränderungen der ökonomischen Systeme aufmerksam machte. Diese resultiert aus der mangelnden Eigenkorrektur des umweltzerstörenden Handelns kapitalistischer Wirtschaftsweise, die bisher durch kollektive Normen und Regeln des sozialen Handelns sowie durch Ordnungskräfte der Gesellschaft reguliert wurde. Um jedoch die Inkohärenz von Ökonomie und Ökologie zu überwinden bedarf es systemischer Veränderungen. Für die politökonomische und ökologisch-ökonomische Systemanalyse lassen sich nach Karl Bruckmeier u.a. die folgenden Punkte einer Interaktion zwischen kapitalistischem Wirtschaftssystem und globalem Ökosystem vereinfacht herausheben:

a) Die ökonomische Systemgrenze enthält mit der begrenzten Zahlungsfähigkeit wirtschaftlicher Akteure eine monetäre Budgetrestriktion, die ebenfalls die Grenze zur Internalisierung von Umweltkosten stellt.

b) Es müßten intersystemischen Kohärenzbedingungen in der Interaktion zwischen Ökonomie, Politik und Ökologie analysiert und formuliert werden, um so "...die Entwicklung zu einer nachhaltigen Wirtschaft theoretisch, empirisch und von den politischen Strategien her ausarbeiten zu können."

c) Eine einfache Übertragung abendländischer Entwicklungsmodelle ist ohne entsprechende kulturelle und institutionelle Rahmenstruktur nicht möglich, so daß Industrialisierung in Entwicklungsländern weitgehend erfolglos bleibt.

 

9.0 Fazit und Ausblick

Aus den bisherigen Kapitel wird klar, daß effektive Umwelterhaltung und somit Rettung unseres Planeten Veränderungen auf mehreren Ebenen bedarf. Im folgenden sollen noch einige zu kurz gekommene Punkte angesprochen und Perspektiven aufgezeigt werden.

Ein grundlegender Erfolg war der Erdgipfels von Rio, wo mit Beschluß der Klimakonvention ein internationales Umweltregime gebildet wurde. Von vielen wurde die eigentliche Bedeutung der Verhandlungen nicht in den unmittelbaren Maßnahmen zu Schutz des Globus gesehen, sondern in den neuen institutionalisierten zwischenstaatlichen Arrangements. Bislang waren die politischen Systeme der westlichen Demokratien scheinbar unfähig, die ökologische Krise über bisherige Mechanismen in den Griff zu bekommen. Die Bedienung von Partikularinteressen, kapitalistisch-internationaler Konkurrenzdruck und mangelnder Mut zum Umbau der Gesellschaft dürften in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielen. Durch Regime hat sich die Wahrscheinlichkeit der Durchsetzung wirksamer Umweltpolitik erheblich gesteigert, zumal sich Staaten nur unter erheblichen politischen Kosten den Zwängen eines Regimes entziehen könnten. Nationale Interessen bzw. Egoismen werden den Entscheidungen der internationalen Regime unterworfen und somit im Idealfall eine sachdienliche Politik betrieben, die nicht auf Kosten der Umwelt für Wirtschaftswachstum und Konsumverhalten bisheriger Fasson plädiert.

Mit steigender Anzahl von Regimen könnte im Laufe der Zeit ein reelles Gegengewicht zu den nationalstaatlichen Politiken entstehen, die sich bislang in bezug auf Umweltschutz nur durch Schwerfälligkeit und halbherzige Entscheidungen auszeichneten.

Trotz der allgemeinen und unbestrittenen Erkenntnis, daß die bisherigen Wirtschafts- und dazugehörigen Gesellschaftsformen der westlichen Welt so nicht weitergeführt geschweige denn auf den Süden übertragen werden können, dienen die hochindustrialisierten Länder des Okzidents als "Vorbild". Die aus Modernisierungs- und Dependenztheorie entstandenen Entwicklungsmodelle zeigen tragen zum einen diesem Bestreben der Entwicklungsländer Rechnung, zum anderen zeigen sie die langjährige Blindheit der "entwickelten Länder" für die kulturellen und ökologischen Besonderheiten. Das aus der Modernisierungstheorie entstandene Modell der aktiven Weltmarktintegration zum Zwecke der aufholenden Industrialisierung überformt eben genau diese Besonderheiten ökonomisch und setzt einfach voraus, daß westlicher Lebensstandard und -form problemlos übertragbar sind. Neben den kulturellen Übertragungsproblemen eines westlichen Modells ist ein Weg der nachholenden Entwicklung ist global-ökologisch nicht vertragbar. Ergebnis wäre letztendlich eine nachholende Umweltverschmutzung. Das dependenztheoretische Modell der Weltmarktabkoppelung und autozentrierten Entwicklung läßt sich auf Dauer nicht durchhalten, da sich die Entwicklungskluft zu den kapitalistischen Industrienationen noch weiter öffnen würde, statt sich zu schließen. Doch gerade höher entwickelte Länder können durch Einsatz verbesserter Technologien den Schadstoffausstoß in Relation zum Endprodukt reduzieren. Die sektorale Unterentwicklung in den Entwicklungsländern, die aufgrund veralteter Technologien noch verhältnismäßig stark nicht-erneuerbare Ressourcen nutzen, ist in diesen Ländern mit ein Grund für die Umweltverschmutzung.

Der mit dem Brundtlandt-Report geprägte Entwicklungsbegriff des "Sustainable Development" könnte ein Ausweg aus diesem "Entwicklungsdilemma" sein. "Sustainable Development" versucht nicht Umweltzerstörung besser über entsprechende Preisbildung zu verhindern, auch nicht den kürzesten Weg zu westlicher Lebensqualität zu beschreiben, sondern fordert etwas Grundsätzliches : Einen Umbau der Gesellschaft und somit auch der Formen des Wirtschaftens. Entscheidend ist hierbei zum einen die Erkenntnis, daß das Streben nach Reichtum und Konsum einer dauerhaft umweltverträglichen Entwicklung untergeordnet werden muß. Dabei haben sich diesem "Entwicklungsgrundsatz" sowohl ärmere als auch reiche Gesellschaften zu unterwerfen. Zum anderen wird die ernsthafte Umsetzung einer dauerhaften und nachhaltigen Entwicklung neue Dimensionen der internationalen Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd bedingen.

Zur tatsächlichen Umsetzung neuer Entwicklungsstrategien und entsprechender internationaler Zusammenarbeit ist noch ein weiter Weg. Solange die mächtigen Wirtschaftsnationen des Nordens nicht bereit sind ihren Überfluß zu teilen, wird die internationale Zusammenarbeit auch weiterhin vom Egoismus diktiert. Das Scheitern der bisher dominierenden Entwicklungsstrategien muß jedoch nicht das Ende der Dritten Welt bedeuten, da jedes Ende zumeist auch ein Anfang ist. Jedoch muß schnell reagiert werden, denn die Konflikte, die aufgrund der Knappheit an erneuerbaren Ressourcen entstehen, werden auch heute schon nicht mehr gewaltlos ausgetragen "...- insbesondere dort, wo bereits jetzt eine rapide wachsende Bevölkerung unter Mangel an Wasser, Wäldern und vor allem fruchtbarem Land leidet"

 

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