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§;Warum das Thema Rechenstörungen? Diese Frage stellten mir einige meiner
Kollegen. Die Frage ist leicht zu beantworten.
Mir sind in meiner Schulpraxis immer wieder Kinder aufgefallen, die
Schwierigkeiten mit mathematischen Problemen hatten. Ich stand zum Beispiel bei
einem Schüler einer 2. Klasse, der große Probleme hatte, Aufgaben
wie 5 + 7 = zu lösen. Obwohl er mit Material arbeitete, in diesem Fall mit
Rechenwürfeln, konnte er Aufgaben ähnlicher Art nicht oder nur sehr
langsam lösen. Seine Lösungen schauten zum Teil so aus: 5 = 7. Ich
stand ziemlich ratlos daneben und wußte auch nicht so recht, wie ich ihm
helfen konnte.
Der Klassenlehrer vermutete eine Raumorientierungsstörung, da der
Schüler auch sporadisch Rechts-Links-Vertauschungen in der Schreibweise
der Ziffern zeigte. Aber auch er konnte keine genauere Diagnose treffen.
Ähnlich wird es vielleicht vielen Lehrern gehen. Im Unterricht fallen der
Lehrkraft Kinder mit Störungen im mathematischen Denken auf, da sie an
Rechnungen scheitern. Der Lehrer hat durch Beobachtungen im allgemeinen
Unterricht möglicherweise Vermutungen, aber sehr oft bleibt es bei diesen
Vermutungen.
Diese lernschwachen Kinder besuchen den Förderunterricht und durch
zusätzliche Übungen soll das Lerndefizit nachgeholt werden. Es soll
hier den Lehrern das Bemühen nicht abgesprochen werden, aber leider ist
diese Methode sehr oft nicht erfolgreich.
Durch Gespräche mit Studenten und Lehrern konnte ich feststellen,
daß es in vielen Fällen ähnlich abläuft.
Diese Tatsache gab mir den Anlaß, mich mit dem Thema näher
auseinanderzusetzen. Ich stellte bald fest, daß ohne ein Wissen über
mögliche Ursachen einer Rechenschwäche bei einem Kind, ohne
Verständnis für mögliche Fehlstrategien und ohne das
Bereitstellen geeigneter Fördermaßnahmen eine Lernstörung im
Mathematikunterricht nicht behoben werden kann.
Da aber Rechenstörungen sehr vielfältige Ursachen haben,
beschränkte ich mich auf wichtige Bereiche im mathematischen
Lernprozeß. Der erste Teil dieser Arbeit erläutert die verschiedenen
wissenschaftlichen Teilbereiche, die sich mit dem Thema Rechenstörungen
auseinandergesetzt haben. Jede wissenschaftliche Disziplin brachte ihre eigenen
Ergebnisse hervor. In Summe gesehen trugen alle Gebiete zum besseren
Verständnis des Problems Rechenstörungen bei.
Ein nächster Schritt um Rechenstörungen besser zu verstehen, ist die
Frage nach den Voraussetzungen für mathematisches Denken. Hier wird der
Schwerpunkt auf die Bedeutung der visuellen Wahrnehmung, als eine fundamentale
Voraussetzung für mathematisches Denken, auf die Bedeutung der
Zeitwahrnehmung und der Zusammenhang zwischen Mathematik und Sprache, gelegt.
Dadurch, daß viele Kinder Schwierigkeiten mit mathematischen Operationen
haben und auch sehr häufig Störungen im Aufbau und
Verinnerlichungsprozeß auftreten, wird auch diesem Bereich besondere
Beachtung geschenkt.
Und schließlich kann eine sinnvolle Förderung nur dann stattfinden,
wenn vorher der Bereich einer Lernstörung abgegrenzt wird. Alle diese
Schritte sind notwendig um Schüler mit einer Rechenstörung zu
verstehen, ihre Gedankenschritte besser zu kennen, und somit auch sinnvoll ihre
Schwächen zu fördern oder möglicherweise zu beheben.
Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit unterschiedlichen Ansätzen
aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen, die alle versuchen das Problem von
Rechenstörungen zu erfassen.
Die Psychodiagnostik entstand Anfang dieses Jahrhunderts mit dem Ziel,
geeignete Tests für Berufsanwärter zu entwickeln. Das Ziel war die
Auslese zwischen mehreren Kandidaten. In diesem Zusammenhang entstand auch das
Konzept der Intelligenztests. Die vielversprechenden Ergebnisse der
Intelligenzmessung ließen auch Pädagogen auf dieses Instrument
zurückgreifen. In diesem Sinne hat sich das Verfahren bis heute gehalten,
werden diese Tests doch bei fast allen Schullaufbahnentscheidungen mit
einbezogen, wenn auch mit nötiger Vorsicht und größer werdendem
Vorbehalt.[1]
Die Konzeption der Intelligenztests war so angelegt, daß die einzelnen
Faktoren nicht miteinander zusammenhängen (korrelieren). Das bedeutet,
daß die Rechenleistungen von den anderen Faktoren unabhängig sein
müssen. Erst später wurde versucht durch zusätzliche Tests einen
Zusammenhang zu den übrigen Intelligenzfaktoren herzustellen. Es wurden
Beziehungen zwischen der mathematischen Leistung und der Raumanschauung, den
Sprachfaktoren sowie dem Gedächtnis festgestellt.[2]
Weiters ging es der Psychodiagnostik nicht um die Erklärung der
Denkvorgänge beim Lösen der Aufgaben, weder wurde untersucht, wie die
betreffende Person die Rechenaufgabe bearbeitet, noch welche Strategie sie beim
Lösen verwendet. Man blieb bei der Feststellung von Unterschieden stehen,
die sich in den Tests ausdrücken. So ist der didaktische Nutzen eher
gering.[3]
Trotzdem ist es der Psychodiagnostik durch die Aufgliederung der Intelligenz
gelungen, einen differenzierten Blick auf die menschliche Fähigkeit zu
werfen, Probleme zu lösen. Diese Fähigkeit wird als stabil
angenommen, und es wird unterstellt, daß nicht situative Faktoren oder
Anforderungen der Aufgabe den Bearbeitungserfolg mitbedingen und Lernprozesse
die Testergebnisse verändern können.[4]
Auf dem psychodiagnostischen Ansatz aufbauend entwickelte sich innerhalb der
Sonderpädagogik eine Richtung, die sich mit der Frage der Erkennung
lernschwacher Kinder befaßte. Die ältere Sonderpädagogik
unterschied nicht zwischen einer allgemeinen und einer speziellen, nur
Teilbereiche betreffenden Lernbehinderung. Es ging darum, die Gruppe der
Behinderten klar und scharf von den Nichtbehinderten abzugrenzen. Durch diese
Betrachtungsweise wurde lange Zeit der Blick auf die verschiedenen
Erscheinungsbilder von Lernstörungen in der Regelschule verstellt.[5]
Hingegen fassen Autoren wie AYRES (1992) und KEPHART (1977) "die basale,
frühkindliche, insbesondere die motorische und taktil-kinästetische
Erfahrung als wesentliche Determinante des gesamten Lernprozesses auf, die
Grundlage für die Entwicklung der visuellen Wahrnehmung, der Form-, Raum-
und Zeitwahrnehmung bildet. Für die Entstehung von Rechenschwierigkeiten
werden vor allem Faktoren angenommen wie
* Störung des Körperschemas,
* visuo-motorische Integrationsstörung und
* räumlich-visuelle Erfassungs- und Vorstellungsschwäche."
(Lorenz/Radatz, 1993, S. 19)
Diese neurologisch orientierten Ansätze fassen Lernstörungen als
Defekte auf. Der therapeutische Erfolg wird in einer heilpädagogischen
Übungsbehandlung jener Symptome gesucht, die mit den obigen
Fähigkeiten verbunden sind.
An PIAGET orientierte Ansätze legen Wert auf Vergleichshandlungen zwischen
Zahlen, Längen, Gewichten, etc. Hier wird die Sprache als vermittelnde
Instanz zwischen praktischen Handeln und theoretischen Begriffen verwendet.[6]
Um die Jahrhundertwende entwickelte sich, innerhalb der Psychologie, die
Gestaltspsychologie. Die Gestaltspsychologie rückte den Ganzheitsbegriff
bzw. die das Ganze auszeichnende Ordnung in den Mittelpunkt. Der Verdienst der
Gestaltspsychologen besteht darin, daß sie die atomistische
Betrachtungsweise überwanden, ohne dabei das Experiment als methodischen
Zugang aufzugeben.[7]
Wesentlich ist die Methode, durch lautes Denken tiefere Einsichten in die
Denkprozesse beim Lösen mathematischer Aufgaben zu erzielen und die
Erkenntnisse über Wahrnehmungsstrukturierung und deren Umorganisation.
Diese basieren auf Vorstellungen und deren Beziehungen zueinander. Die
kognitiven Prozesse, die dabei stattfinden, werden als raum-zeitliche
Abläufe beschrieben. Der Verarbeitung mit Hilfe innerer Bilder bei
verschiedenartigen Veranschaulichungshilfen und dem verbalen und visuellen
Gedächtnis kommt große Bedeutung zu.[8]
"Es wird davon ausgegangen, daß rechenschwache Schüler nicht
qualitativ anders lernen als ihre Mitschüler, daß aber bei ihnen die
schrittweise Abfolge gerade mathematischer Lernprozesse besonders deutlich
wird. Didaktisch bedeutet dies, daß
* eine genaue Untersuchung der einzelnen Lernschritte aus psychologischer
Sicht notwendig ist und
* die Schülertätigkeit betont werden muß."
(Lorenz/Radatz, 1993, S. 21)
Während andere Schüler innere Bilder ausbilden und aufgrund der
Darbietung der Lehrkraft Strukturen und Schemata ändern und
weiterentwickeln, ist dies rechenschwachen Schülern nicht möglich.
Sie bedürfen einer besonderen didaktischen Anleitung, die großen
Wert auf die Schülerhandlung legt.[9]
Sehr früh wurden Untersuchungen von Neurologen und Psychiatern an
rechengestörten Erwachsenen durchgeführt. Sie erhofften, eben durch
diese Defekte, Aufschluß über die Funktionsweise des Gehirns zu
erhalten. Es schien naheliegend, bei diesen Untersuchungen, in einem ersten
Schritt anzunehmen, daß sich bestimmten motorischen,
wahrnehmungsmäßigen, zum Beispiel optischen, auditiven, Schmerz-,
Druck-, und weiteren Empfindungen aber auch kognitiven Fähigkeiten,
entsprechende Gehirnzonen zuordnen lassen. Auch WEINSCHENK[10] beschäftigte sich eingehender mit diesem Thema und
kam zu dem Schluß, daß mit großer Wahrscheinlichkeit ein
Rechenzentrum im Gehirn liegt, ohne aber sichere Aussagen über den Sitz
und die Art dieses Rechenzentrums machen zu können. Da aber die Suche nach
diesen Zonen, die für die Rechenleistung zuständig sind, nicht
sonderlich erfolgreich waren, versuchten einige Neurologen, die dem Rechnen
zugrundeliegenden Prozesse aufzuhellen. Aufgrund der oft zu beobachtenden
gleichzeitigen Störung der Rechenfähigkeit mit optischen Defekten
wurde die Rolle der bildhaften Vorstellung oder der Visualisierung in den
Prozessen untersucht, die den mathematischen Operationen zugrunde liegen.
Danach beinhaltet jede geistige Repräsentation einer Zahl notwendig eine
visuelle Vorstellung im Raum, das heißt "Zahlen werden als Elemente in
diesem Raum aufgefaßt." (Lorenz/Radatz, 1993, S. 22)
Eine bedeutungshaltige Erfassung einer Zahl ohne "räumliche" Bestimmung
ist demnach nicht möglich. Eine Störung der Rechenfähigkeit ist
somit auf eine Beeinträchtigung des visuellen Gedächtnisses oder auf
ein Defizit in der visuellen Analyse zurückzuführen.[11]
Wiederum andere neurologische Untersuchungen betrachten die sensomotorische
oder konstruktiv-praktische Seite als die wesentlichste beim Lösen
arithmetischer Probleme. Die arithmetischen Operationen werden als Abstraktion
des fundamentalen Hantierens aufgefaßt.
"Objekte werden hinzugefügt, einige werden wieder weggenommen, einige
Male wird die gleiche Menge von Objekten produziert, zum Beispiel hingelegt,
oder eine gegebene Menge wird in gleiche Teile geteilt." (Lorenz, 1992, S.
24)
Trotz der Betonung der konstruktiven, praktischen Natur der arithmetischen
Prozesse, wird auch hier der räumliche Faktor beim Rechnen
hervorgehoben.[12]
Für das Problem der Leistungsminderung interessierten aus neurologischer
Sicht in stärkerem Maße auch solche Störungen kognitiver
Funktionen, die auch ohne nachweisliche Hirnverletzung auftreten, aber im
Erscheinungsbild jener sehr ähnlich sind. Es wurde der Begriff der
"minimalen cerebralen Dysfunktion" (MCD) eingeführt. Der Begriff wurde
sehr populär, da eine Sammelbezeichnung für Störungen der
Wahrnehmung, Vorstellungsfähigkeit, Sprache, des Gedächtnisses und
der Kontrolle der Aufmerksamkeit und des Impulses gefunden zu sein schien. Der
Begriff der MCD ist aber sehr umstritten, weil er nur einen Überbegriff
darstellt und die Störungen eine sehr unterschiedliche und vielgestaltige
Symptomatik aufweisen. Auch JOHSON & MYKLEBUST[13] stellten fest, daß sich der Begriff MCD nur
begrenzt anwenden läßt, weil sich diese Bezeichnung speziell auf
einen Teil des Gehirns bezieht (Kortex). Es schien günstiger, ihn durch
den Begriff Teilleistungsschwäche zu ersetzen, der weniger auf die Ursache
als auf ihr Erscheinungsbild abhebt.[14]
Jetzt galt es, jene kognitiven Fähigkeiten zu beschreiben, die für
Rechenaufgaben erforderlich sind. Die Diagnose richtet sich auf eine
Beschreibung der kindlichen Beeinträchtigung im kognitiven Bereich.
"Unter Teilleistungsstörung, englisch: specific learning disabilities,
wollen wir solche minderentwickelten Fähigkeiten (der Wahrnehmung, der
Speicherung und der Integration von Informationen)[15] verstehen, die im Vergleich zur sonstigen
intellektuellen Entwicklung zurückgeblieben sind. Diese spezifischen
Lernstörungen kommen bei hochintelligenten, durchschnittlich intelligenten
wie minderbegabten Kindern vor."
(Frostig & Müller, 1981, S. 2)
Durch diese neue Sichtweise schien es gelungen zu sein, das Augenmerk auf die
kognitiven Prozesse zu lenken, die für das Lösen von Rechenaufgaben
erforderlich sind. Folgende Faktoren haben sich als wesentlich für die
Rechenleistung ergeben
* "Störungen im taktil-kinästhetischen Bereich,
* Störungen der auditiven Wahrnehmung, Speicherung und
Serialität,
* visuelle Wahrnehmungsstörungen,
* Störungen der Intermodalität." (Lorenz, 1992, S. 27)
Diese Fähigkeiten sind allesamt für die Entwicklung mentaler Bilder
und für das visuelle mentale Operieren von Schülern und somit auch
für das Rechnen überaus wichtig.
Aber eines konnte von der Neuropsychologie nicht geleistet werden, nämlich
bei welchen Lernschritten, bei welchen Darbietungsformen und bei der
Bearbeitung welcher arithmetischer Aufgaben diese allgemeinen kognitiven
Fähigkeiten verlangt werden und wie sich die Störungen zeigen.[16]
Die Fehleranalyse versucht, die kindlichen Lernprozesse inhaltsspezifisch
abzubilden. Dies wird insbesondere dadurch bewirkt, das Schülerfehler
nicht länger als Zufallsprodukte oder als Fehler des Gedächtnisses
oder der Aufmerksamkeit aufgefaßt werden, sondern als Phänomen,
dessen Untersuchung die Theorie erweitern kann.[17]
Fehler im mathematischen Bearbeitungsprozeß sind sehr oft ein Hinweis auf
noch nicht entwickelte Stadien oder auf eine unzureichende Einsicht in
mathematische Zusammenhänge. In einem ersten Schritt, durch Auswertung von
Hausübungen oder Schularbeiten, werden die Fehler beschrieben und
hierfür brauchbare Kategorien entwickelt. Hier zeigen sich bereits zum
Teil interessante Ergebnisse:
* Die Probleme treten nicht nur an den bekannten Schwierigkeiten, wie
Zehnerübergang und schriftliche Division auf, sondern es läßt
sich eine Feinstruktur erkennen. Es ergeben sich beispielsweise deutliche
Schwierigkeiten bei der schriftlichen Subtraktion und Multiplikation mit der 0
und mit der 1, oder die Schüler verwechseln und kehren Rechenoperationen
um.
* Die Fehler sind in jeder Klasse zu beobachten, das heißt die Fehler
sind relativ stabil und unabhängig vom verwendeten Lehrbuch und der von
der Lehrerin bevorzugten Methodik. Einzuschränken wäre hier jedoch,
daß es durch gravierende Mängel in der didaktisch-methodischen
Aufbereitung durchaus zu einer Häufung bestimmter Fehlermuster kommen
kann.
* Die Schülerfehler unterliegen keinem Zufallsprinzip, sondern besitzen
eine gewisse Regelhaftigkeit, sie treten mit großer Konsistenz auf. Sie
sind selten Einzelprodukte im Sinne von Flüchtigkeitsfehlern.[18]
Es scheint bestimmte Umstände im kindlichen Denken zu geben, die spezielle
Fehlertypen bei Rechenaufgaben bewirken. Diese müssen nun in irgendeiner
Form mit dem Unterricht zusammenhängen. In diesem ersten Schritt, der
Auswertung von Aufgabenlösungen, erkennt man in vielen Fällen die
Fehlertechnik. Oft erlauben aber die schriftlichen Lösungen keinen
Rückschluß auf die Fehlstrategie.[19]
Es stellt sich die Frage, ob die Fehler die im Klassenverband auftreten, auch
beim einzelnen Kind in gleicher Weise vorzufinden sind. Und lassen sich Fehler,
die unaufgeklärt sind und nicht in eine bestimmte Kategorie passen, unter
Berücksichtigung der Besonderheiten eines Schülers letztlich
ebenfalls verstehen.?
Hier kann nur in Form von Einzelfalluntersuchungen vorgegangen werden. Jedem
Schüler wird eine Vielzahl von mathematischen Aufgaben vorgelegt, die nach
auftreten der Fehler variiert und angepaßt werden. Es bestätigte
sich, daß die Fehler einer größeren Schülergruppe, auch
im individuellen Einzelfall Geltung besitzen. Aber über die Denkprozesse
der einzelnen Schüler kann nichts Sicheres ausgesagt werden.
Es muß also der Versuch unternommen werden, die zugrundeliegenden
Denkvorgänge bei Fehllösungen zu untersuchen und zu beschreiben.
Hilfreich ist in diesem Falle, daß die Schüler alle ihre Gedanken
beim Problemlöseprozeß äußern, das heißt, sie
denken laut mit.[20]
Bei all diesen Überlegungen stellte sich heraus, daß neben
bestimmten didaktisch-methodischen Fehlkonzepten auch allgemeine Fehlstrategien
der Informationsaufnahme und -verarbeitung die Lösung beeinflussen:
* Mangelndes Sprach- und Textverständnis, daß die Bildung von
mathematischen Begriffen negativ beeinflußt.
* Schwierigkeiten bei der Analyse von Darstellungen und
Veranschaulichungsmittel.
* Durch falsche Assoziationen und Einstellungen, das heißt, daß
erfolgreiche Strategien beibehalten und auf ungeeignete Aufgaben
übertragen werden.
* Falsche Gebundenheit eines mathematischen Begriffs an bestimmte
Darstellungen, wodurch Verallgemeinerungen erschwert werden.
* Nichtberücksichtigung wichtiger Bedingungen und Informationen aufgrund
subjektiver Vorstellungen.[21]
Die Fehleranalyse stellt insgesamt den Versuch dar, zu einem Verständnis
der kognitiven Prozesse der Schüler beim Bearbeiten von mathematischen
Aufgaben zu kommen.
Im Rahmen der Fehleranalyse wird Rechenschwäche definiert als
"kumulierte und durch partielle Förderung nicht behebbare negative
Lernbiographie, wobei die dünne und fehlerhafte Wissensbasis einen
Lernzuwachs durch den alltäglichen Unterricht verhindert."
(Lorenz, 1993, S. 26)
Forschungsgegenstand dieses Modells ist die geistige Aktivität von
Kindern, die versuchen, mathematische Aufgaben zu lösen. Dabei werden
Ausdrücke, wie Prozessor, Speicher, Arbeitseinheit, für
mathematisches Denken verwendet, die aus dem Computerbereich stammen.
Untersucht wird, wie mathematisches Wissen organisiert, repräsentiert,
gespeichert und benutzt wird. Ausgegangen wird allerdings nicht von
fehlerhaften Lösungen, sondern vom sogenannten "Expertenwissen: Wie
würden Erwachsene die arithmetische Aufgabe fehlerfrei und optimal
lösen." (Lorenz/Radatz, 1993, S. 26 f) Dies ist eine
äußerst interessante Frage, denn genau diese Fähigkeit wollen
wir unseren Kindern beibringen.[22]
Es geht darum, die Gedankenprozesse beim Lösen von mathematischen Aufgaben
zu erfassen. Dazu bedarf es einer detaillierten Analyse der einzelnen
Feinschritte beim Lösungsprozeß. Fehllösungen werden mit der
entsprechenden erfolgreichen Methode verglichen und erweisen sich in diesem
Modell als Abweichungen innerhalb der Einzelschritte. Sie sind Defekte bei der
Ausführung der Lösungsprozeduren.[23]
Für Erwachsene wird angenommen, daß sie über zwei Formen
mathematischen Wissens verfügen:
* Über "ein zusammenhängendes Netz arithmetischer Fakten."
(Lorenz/Radatz, 1993, S. 27) Es wird angenommen, daß dieses Wissen
leicht zugänglich ist und durch Vergleiche erlaubt, vorgegebene
Behauptungen als richtig oder falsch zu erkennen. Ein Beispiel wäre: 3 + 2
= 5 ist gespeichertes Faktum, durch Vergleich läßt sich feststellen,
daß 3 + 2 = 6 falsch sein muß.
* Die "Lösungs- oder Bearbeitungsverfahren liegen in Form von Methoden
für solche Aufgaben vor, die keine Erinnerungslösung besitzen."
(Lorenz/Radatz, 1993, S. 27) So etwa die Aufgabe 2 . 2 = ? (Faktenwissen),
hingegen ist für die Aufgabe 14 . 24 = ? keine Lösung gespeichert.
Hier bedarf es einem Verfahren, womit die Lösung berechnet werden kann.[24]
Für die unterschiedlichsten Aufgaben lassen sich Lösungsmethoden
angeben. Zum Beispiel, um die schriftliche Subtraktion auszuführen werden
verschiedene Entscheidungspunkte, wie "Ausborgen, wenn Minuend kleiner ist als
Subtrahend" ect. benötigt.
Vergleicht man nun das Modell des erwachsenen Experten (Lehrer) mit den
Fehllösungen der Schüler, können verschiedene Erklärungen
abgegeben werden, die sich aber alle auf die einzelnen Schritte im
Lösungsablauf beziehen. Fehler sind in diesem Zusammenhang keine
Zufallsprodukte oder Gedächtnisschwächen, sondern dem Kind fehlt ein
wesentlicher Schritt der Lösungsstrategie.[25]
Die Anfänge der Kognitionspsychologie haben sich auf die Ausarbeitung
differenzierter Modelle menschlicher Informationsaufnahme und Verarbeitung
beschränkt. Von kognitionspsychologischer Sicht aus wird
Rechenschwäche aufgefaßt[26]
* "als quantitatives Problem, indem eine Fülle fehlerhafter Algorithmen
in einer Vielzahl von Inhaltsbereichen auftreten und somit zu einer im
Unterricht nicht mehr tolerierbaren Fehlerhäufung führen,
* als qualitativer Defekt im Sinne der Störung einer wesentlichen
kognitiven Einheit, wie Gedächtnis, Steuereinheit ("central processor")
oder auch Anschauung oder Sprache." (Lorenz/Radatz, 1993, S. 2)
Was sind die Folgerungen für den Mathematikunterricht?
Einerseits ist es für den rechenschwachen Schüler bedeutsam das
vorhandene Faktenwissen zu festigen, durch häufiges und intensives
Üben, andererseits sind bei Verfahrensfehlern, die auf ein unzureichendes
Verständnis mathematischer Operationen hinweisen, genaue Analysen
durchzuführen. Vorgeschlagen werden hier, Fehlstrategien durch lautes
Denken zu lösen. Man orientiert sich an den Vorgaben der Fehleranalyse
(vgl. Kap. 2. 5). Auch hier wird das Üben als Festigen in den Vordergrund
gestellt.[27]
Die für rechenschwache Schüler förderliche Unterrichtsgestaltung
verringert zuerst die Informationseinheiten, auf die sich die Aufmerksamkeit
des Schülers richten muß, um sie im Laufe der Unterrichtsarbeit zu
erhöhen.[28]
In diesem Kapitel wurde versucht, die unterschiedlichen Wissenschaftsrichtungen
zu erläutern, die sich mit dem Phänomen Rechenstörungen
beschäftigen.
Der Psychodiagnostik (vgl. 2. 1) ging es vornehmlich darum, die Beziehung
Rechenfähigkeit-Intelligenz, durch geeignete Tests, zu untersuchen. Die
Ursachen von Rechenstörungen blieben weitgehend unberücksichtigt.
Die Sonderpädagogik (vgl. 2. 2) wendete sich der Beziehung
Rechenfähigkeit-Teilleistungsstörung zu. Lernstörungen werden
als neurologische Defekte aufgefaßt. Das Bemühen der
Sonderpädagogen bestand darin, diese Schwächen heilpädagogisch
zu beheben.
Den Ergebnissen dieser ersten beiden Ansätze schlossen sich jene
Psychologen an, vor allem die Gestaltspsychologen (vgl. 2. 3), die sich
Auskunft über Art und Ablauf von Denkvorgängen durch gestörte
Rechenprozesse erhofften. Sie betonten die Funktion der "inneren Bilder", die
zum Lösen von Problemen notwendig sind.
Die Neuropsychologie (vgl. 2. 4) beschäftigte sich vorerst damit, ein
Rechenzentrum im Gehirn zu lokalisieren. Da dieses nicht gefunden wurde,
versuchten sie zu einer Beschreibung der kognitiven Prozesse zu gelangen, wobei
sie die Störungen die Lernschwächen verursachen, auf neuronaler Ebene
zu erklären versuchten.
Die Ansätze aus der Fehleranalyse (vgl. 2. 5) und der
kognitionspsychologische Ansatz
(vgl. 2. 6) rücken die von Schülern vollzogenen kognitiven Prozesse
in den Vordergrund. Wobei auch hier wieder gestörte
Problemlösungsabläufe besondere Bedeutung haben. Es läßt
sich eine eher fachdidaktische Ausrichtung von einer kognitionspsychologischen,
an die Computersprache orientierten Richtung unterscheiden.
Alle Ansätze verbindet das Bemühen, jene kognitiven Fähigkeiten
aufzuklären, die für das Lösen mathematischer Aufgaben von
Bedeutung sind. Es ist festzustellen, daß alle Bereiche teilweise einen
deutlichen Bezug zueinander aufweisen, jedoch unterscheiden sie sich in der
Betonung des diagnostischen und therapeutischen Moments.
Die Aufnahme der Schüler in die Volksschule erfolgt in der Regel mit sechs
Jahren. Von den Schulanfängern wird erwartet, daß sie in der Lage
sind, jetzt das "Rechnen" zu erlernen. Diese Annahme setzt voraus, daß es
so etwas wie ein "Normalkind" gibt, das über bestimmte Lernvoraussetzungen
verfügt. Die Schule hat erkannt, daß es keinen genormten
Schüler gibt, und das der Unterricht individualisiert werden muß.
Dies spiegelt sich auch in der Betonung bzw. der Forderung nach offenen
Unterrichtsformen wieder. Jeder Schüler erwirbt zu unterschiedlichen
Alterszeitpunkten bestimmte Erkenntnisse.[29]
Das, was wir als rechnerische Leistung definieren erfordert beim Kind sehr
komplexe Denkvorgänge. Es ist wichtig zu verstehen, daß
mathematisches Denken, am Ende von vielfältigen Reifungsprozessen steht.
Hat das Kind diese Prozesse durchlaufen, und hat es keine nennenswerten
Beeinträchtigungen gegeben, dann ist die Grundlage für das Rechnen
gelegt. Treten jedoch Probleme dabei auf, müssen wir die Entwicklung
zurückverfolgen und versuchen herauszufinden, wo es bei diesen komplexen
Vorgängen zu Beeinträchtigungen gekommen sein kann.[30]
Es muß davon ausgegangen werden, daß mathematisches Denken in
einzelnen Bereichen andere Fähigkeiten voraussetzt, als sie zum Erlernen
des Lesens und Schreibens notwendig sind. Was aber alle intellektuellen, alle
geistigen Prozesse gemeinsam haben, "ist das Aufnehmen, das Verarbeiten, das
Speichern und das Wiederausdrücken von Information."
(Milz, 1994, S. 11)
In diesem Zusammenhang spricht man auch von der Integration einzelner
Sinnesmodalitäten zu einem funktionierenden System. Zu Beginn unseres
Lebens sind die Voraussetzungen dafür noch sehr unzureichend.[31]
In den ersten sieben Jahren lernt ein Kind seinen Körper und seine Umwelt
zu erfühlen. Das Kind erlernt elementare Fähigkeiten, wie der
Gebrauch von Eßutensilien, der Umgang mit anderen Menschen, usw. Die
Integrationsfunktion der sinnlichen Wahrnehmung verläuft in Stufen, wobei
jedes Kind die gleichen Stufen absolviert. Bei all diesen Entwicklungsschritten
gibt es ein Grundprinzip: Der Prozeß der Organisation, das heißt
die Einordnung von Empfindungen und Eindrücken im gesamten Nervensystem.
Erst dann ist das Kind fähig sinnvoll zu handeln und in weiterer Folge
auch den schulischen Anforderungen gerecht zu werden.
Bereits zu Beginn des Lebens, wirken eine Vielzahl von Eindrücken auf das
Kind (Berührung, Schwerkraft, Sehen, Geräusche, Geruch und
Geschmack). Die Entwicklung setzt sich fort mit der Ausbildung der Augen und
der Nackenmuskulatur, eine Fähigkeit die unter anderem für das
Erlernen des Lesens notwendig ist. Etwa in der Mitte des ersten Lebensjahres
lernt das Kind seine Hände mit dem in Verbindung zu bringen, was es sieht
(Auge-Hand-Koordination). Ein weiterer Entwicklungsschritt ist die Fortbewegung
von einem Ort zum anderen. Das Kind beginnt den Raum zu erfahren. Dieser
Schritt ist besonders wichtig in Hinblick auf mathematisches Denken, denn das
Erlernen des Rechnens setzt räumliches Vorstellen voraus. Gegen Ende des
ersten Lebensjahres finden die wichtigsten Veränderungen im Leben des
Kindes statt. Das Kind beginnt sich aufzurichten und entwickelt die
Fähigkeit die Mittellinie zu überkreuzen, das heißt es greift
eine Hand über die Mittellinie auf die andere Seite des Körpers.
"Es ist ganz sicher, daß ohne all die sensorische Integration, die im
ersten Lebensjahr stattfand, es für das Kind wesentlich schwieriger
wäre, diese Dinge jetzt zu lernen, und entsprechend kann man sagen,
daß ohne die zunehmende Reizverarbeitung, die im zweiten Lebensjahr
erfolgt, die Entwicklung der folgenden Jahre sehr schwierig würde."
(Ayres, 1992, S. 30)
Während der nächsten Jahre, etwa vom dritten bis zum siebten
Lebensjahr, wird das Kind, sensomotorisch betrachtet, ein reifes Wesen. Die
Sinnesorgane sind etwa so reif, wie sie für den Rest des Lebens sein
werden.[32]
"Sieben oder acht Jahre des Sichbewegens und Spielens sind notwendig, um
einem Kind die sensomotorische Fähigkeit zu vermitteln, die als Grundlage
für seine intellektuelle, soziale und persönliche Entwicklung dienen
kann." (Ayres, 1992, S. 35)
So betrachtet, wobei die erwähnten Entwicklungsschritte nur exemplarisch
herausgegriffen wurden, ist das mathematische Denken ein Produkt
vielfältiger Reifungsprozesse. Lesen und Schreiben benötigen zwar
gleiche Voraussetzungen zu ihrer Entwicklung, aber dennoch werden
unterschiedliche neuropsychologische Funktionen beansprucht.
Wie wäre es sonst zu verstehen, daß es die verschiedensten
Störbilder gibt. Wir erleben Kinder mit Lese-Rechtschreibproblemen, die
aber gut in Mathematik sind. Andere wiederum haben eben "nur" Rechenprobleme
und keine im Lesen und Schreiben. Dann gibt es Kinder, bei durchschnittlicher
Begabung, die im Rechnen, Lesen und Schreiben beeinträchtigt sind, von den
vielfältigen Mischformen ganz abgesehen.[33]
Ein Kind hat eben Schwierigkeiten, Rechnen zu lernen, wenn ihm nicht alle seine
sensorischen Systeme behilflich sind, das heißt, es muß lernen sein
Gehirn zu ordnen, so daß es befähigt ist Lesen und Schreiben zu
lernen und noch viele andere Dinge zu tun.[34]
Besondere Bedeutung hat, für mathematisches Denken, die räumliche
Vorstellung. Von der Geometrie ist das ohnehin bekannt. Aber wir sprechen auch
von einem Zahlenraum, zum Beispiel den Zahlenraum des ersten Zehners. Wir
erweitern und überschreiten ihn, gleichzeitig überschreiten wir dabei
aber immer auch Räume. Wir beschäftigen uns mit Eigenschaften von
Gruppen und deren Anordnung und mit Gruppierungsphänomenen. Auch KEPHART
(1977) hat die Bedeutung der räumlichen Vorstellung hervorgehoben.[35]
"Hat ein Kind keine adäquate räumliche Welt entwickelt, so wird es
Schwierigkeiten haben mit Gruppierungsphänomenen umzugehen, da Gruppen nur
im Raum existieren können. Es überrascht daher nicht, daß es so
viele Kinder gibt, die adäquate Schulleistungen nur bis zu dem Zeitpunkt
aufweisen, wo sie mit Zahlenproblemen konfrontiert werden. Hier scheitern sie
kläglich. Die Stabilisierung der räumlichen Welt ist die schwierigste
unserer Fertigkeiten, und sie entwickelt sich in der Reihe dieser Fertigkeiten
zuletzt.... ...Es scheint wahrscheinlich, daß aus dieser Gruppe viele der
Kinder mit spezifischen Rechenschwächen kommen, die wir in unseren Schulen
finden." (Kephart, 1977, S. 126)
Die fundamentalste Form der Raumwahrnehmung liegt für unseren Organismus
im Erkennen und der Interpretation der Richtung der Erdanziehungskraft.
Ausgehend von dieser Interpretation gewinnt man die Erkenntnis, was oben und
unten ist. Hier liegt der Beginn der Erstellung einer "Landkarte" oder ein
Modell, das die Umwelt darstellt. Dieses Modell, also die Wahrnehmung der
Bewegung innerhalb unserer Welt und die der Schwerkraft, sind zentrale Faktoren
für den Ursprung der Raumwahrnehmung. Sobald sich ein Individuum in seiner
Umgebung bewegt, müssen zunehmend Informationen über räumliche
Strukturen im Gehirn integriert werden. Daher ist dieses Schema in erster Linie
visuell, sozusagen eine sich ständig ändernde "Karte" zur Planung und
Durchführung motorischer Handlungen innerhalb der Umwelt.[36]
Ein Großteil der Tätigkeiten in Unterricht beziehen sich auf die
Beziehungen zwischen Objekten im Raum. Fehlen diese Einsichten, so wird die
Arithmetik zu einer Sammlung mechanisch gelernter Fakten. Dieser Schritt, von
der Fähigkeit des Rechnens zum mathematischen Verständnis, ist
häufig davon abhängig, wie weit ein Kind ein stabiles räumliches
System aufgebaut hat.[37]
Eine Rechenschwäche kann auch auf Bedingungen zurückgeführt
werden, wie zum Beispiel eine Teilleistungsschwäche bei der Aufnahme, der
Verarbeitung und der Speicherung visueller Informationen. Bei sehr vielen
Grundschülern, mit Rechenstörungen, lassen sich auch Schwächen
bei der visuellen Anschauung sowie dem Entwickeln von visuellen Vorstellungen
beobachten.[38]
Daher möchte ich mich im nächsten Abschnitt näher mit der
Bedeutung der visuellen Wahrnehmung, als Voraussetzung für mathematisches
Denken, beschäftigen.
Unter dem Begriff der visuellen Wahrnehmung kann man die notwendigen
Fähigkeiten fassen, "die bei der Aufnahme, der Verarbeitung und der
Speicherung visuell dargebotener Informationen erforderlich sind."
(Radatz/Rickmeyer, 1991, S. 128)
Diese Fähigkeiten sind entscheidende Voraussetzungen für den Erfolg
in den verschiedensten Schulfächern (Lesen, Schreiben, Rechnen, etc.).
FROSTIG (1981) bezeichnet die Wahrnehmung als "eine der grundlegendsten
Funktionen des Organismus-wenn nicht tatsächlich als die zentralste
Funktion überhaupt." (Frostig/Müller, 1981, S. 36)
Sehr oft sind bei Schulanfängern die visuellen
Wahrnehmungsfähigkeiten noch nicht ausreichend ausgebildet. Diese
Schüler sind permanent überfordert, sofern diese Schwächen nicht
erkannt werden, und haben erhebliche Schwierigkeiten in den betroffenen
Bereichen ein sicheres mathematisches Können auszubilden.
Raumwahrnehmungsstörungen, Schwierigkeiten im Erfassen von
Größen, Mengen und Längen, Störungen in der
Rechts-Links-Orientierung usw. führen zur Verunsicherung des Kindes,
hemmen sehr oft den Rechenprozeß und verfestigen eine
Rechenschwäche.[39]
Bevor ich einzelne Bereiche der visuellen Wahrnehmung näher beschreibe,
möchte ich kurz die Entwicklung der visuellen Wahrnehmung skizzieren.
Die Wahrnehmung visueller Stimuli kann man bereits kurz nach der Geburt
nachweisen.Die stärkste Entwicklung erfolgt im Alter zwischen dem 4. und
8. Lebensjahr. Während der Kindheit lernt das Kind , durch den Einsatz
seiner Sinne und Bewegungen die Welt zu erkennen und sich auch anzupassen. Nach
den ersten 3 ½ Jahren wird die Umwelt hauptsächlich durch Sehen und
Hören (durch den Einsatz der Entfernungsrezeptoren, der Augen und Ohren)
begriffen und verstanden. Alle unsere körperlichen Aktionen vollziehen
sich in Beziehung zu dem Raum, den wir zur Verfügung haben. AYRES (1992)
bezeichnet den Prozeß der Wahrnehmung im allgemeinen als Fundament aller
Nervenprozesse.
Bei einem normalen Entwicklungsverlauf sind all diese Fähigkeiten im
Bereich der visuellen Wahrnehmung im Repertoire eines sieben-bis
achtjährigen Kindes enthalten. Ausfälle können das schulische
Lernen verzögern.
Im folgenden möchte ich, orientiert an MARIANNE FROSTIGS Unterscheidung,
einzelne Bereiche, die für die Entwicklung des mathematischen Denkens
erforderlich sind, genauer
erörtern. MARIANNE FROSTIG, eine der größten Pioniere auf
diesem Gebiet, entdeckte,daß visuelle Wahrnehmungsstörungen die
häufigsten Symptome bei Lernstörungen darstellen. Sie entwickelte
eine Testbatterie, die das erschloß, was sie als den Haupttyp der
Wahrnehmungsstörung betrachtet. Der FEW (FROTIGS Entwicklungstest der
visuellen Wahrnehmung) umfaßt folgende Bereiche:
* Visuomotorische Koordination
* Figur-Grund-Unterscheidung
* Wahrnehmungskonstanz
* Wahrnehmung der Raumlage
* Wahrnehmung der räumlichen Beziehung[40]
Als visuomotorische Koordination wird die Fähigkeit bezeichnet, Sehen und
Bewegungen des Körpers, auch einzelner Körperteile, miteinander zu
koordinieren. Beispiele: Einen Ball fangen, etwas ausschneiden, mit
geometrischen Formen zu hantieren.
Auf einer niedrigen Entwicklungsstufe ist es die Hand, die Informationen aus
der Umwelt einholt. Diese taktile Wahrnehmung ist am frühesten
funktionsfähig. Später folgt das Auge der Hand und die Informationen
werden mit der Hand koordiniert. Das Auge lernt zu sehen, was die Hand
fühlt. In weiterer Folge übernimmt das Auge schließlich die
Führung. Aber immer wenn wir schwierige Tätigkeiten durchführen,
kehren wir zur Hand zurück, um eine Klärung herbeizuführen. Wir
führen dann mit dem Finger und folgen ihm mit den Augen. Eine gute
Augen-Hand-Koordination bedeutet, "daß Hände und Finger exakt
dorthin gehen, wohin zu gehen die Augen dem Gehirn den Auftrag erteilen."
(Ayres, 1992, S. 92)
Diese Koordination ist ein sehr komplexer Lernprozeß. Es müssen
viele Verbindungen im Zentralnervensystem geknüpft werden. Das Muster
dieser Verbindungen ist von entscheidender Bedeutung für den gesamten
Lernprozeß.[41]
Die Auge-Hand-Koordination ist eigentlich die Grundlage der gesamten visuellen
Wahrnehmung und damit auch die Voraussetzung zum Erfassen und Begreifen
mathematischer Prozesse. Zuerst kennt das Kind seine Umwelt hauptsächlich
durch seine gewohnheitsmäßigen Handlungen, die es braucht, um sich
mit ihr auseinanderzusetzen. Wenn es zum Beispiel eine Menge erfassen soll,
muß es mit den Dingen manipuliert haben. Zu diesem Manipulieren
gehört aber das In-der-Hand-haben und das Sehen. Es handelt also in
Koordination von Auge und Hand und eignet sich über diese enaktive
Erfahrung allmählich eine Vorstellung von dem an, was es tut. Es entsteht
ein geistiges Bild. Nur über diese Vorstellungsbilder, später eine
exakte Vorstellung, kann es auch im Geist manipulieren, wie es für das
Rechnen erforderlich ist, zum Beispiel beim Hinzutun oder Wegnehmen.
Bei all unserem Tun geht es eigentlich um die Auge-Hand-Koordination, auch bei
mathematischem Tun, zum Beispiel beim Ordnen, beim Zuordnen, beim Zählen.
Nehmen wir beispielsweise geometrische Formen. Die Formen werden ERFAHREN mit
den Augen und Händen. Die Merkmale werden dadurch erlernt, erfaßt,
begriffen. Immer sind die Hände und Augen beteiligt. Größer,
kleiner, höher, tiefer, auch der Raum wird unter Zuhilfenahme von Augen
und Händen erfahren.
Es wird deutlich, wie wichtig dieser Wahrnehmungsbereich überhaupt
für unsere Erfahrung ist. Wir erschließen uns damit unsere Umwelt.
Darum spielt auch in der Montessori-Pädagogik die Sinneswahrnehmung eine
große Rolle (Materialien zur "Schulung der Sinne").
Es sollte aber bedacht werden, daß es zu ständigen
Überschneidungen mit anderen Bereichen der visuellen Wahrnehmung kommt und
daß sich die einzelnen Bereiche nach FROSTIG nur theoretisch trennen
lassen. Der Prozeß der visuellen Wahrnehmung muß als ein
ganzheitliches System gesehen werden[42]
Nicht immer verläuft die Entwicklung von der Hand-Auge-Koordination zur
Auge-Hand-Koordination ohne Beeinträchtigungen ab. Diese
Beeinträchtigungen sind manchmal so minimal, daß wir sie nicht
bemerken. Erst in der Schule, wenn es zu Lernproblemen kommt,
machen sie sich bemerkbar. Obwohl auch hier die Diagnose eher schwierig ist.
Manchmal ist bereits die Hand-Auge-Koordination, also die unterste Stufe der
Entwicklung beeinträchtigt. Es treten Schwierigkeiten auf, eine
geschmeidige Handbewegung durchführen zu können. Das Auge kann der
Hand nicht kontinuierlich folgen. Es besteht keine richtige Verbindung zwischen
dem Auge und der Hand. Eine motorisch - sensorische Integration kommt nur
unzureichend zustande. Dadurch kann auch die nächste Entwicklungsstufe,
die Auge-Hand-Koordination beeinträchtigt sein. Die Integration von
Sensorik, die Führung des Auges, und der Motorik, das Folgen der Hand,
sind gestört. Die Erscheinungen sind sehr unterschiedlich, zum Beispiel
die Hand greift neben das Ziel und muß korrigiert werden. Wird so ein
Kind aufgefordert eine geometrische Figur zu zeichnen, so blickt es genau auf
die Bleistiftspitze. Die Bewegungen sind ungeschickt und folgen genau dem Auge.
Das Kind kontrolliert seine Bewegungen visuell, anstatt sie nur visuell zu
überwachen.[43]
Hat ein Kind Schwierigkeiten bei der Auge-Hand-Koordination oder eine schlecht
koordinierte Augenbewegung, dann läßt es eventuell ein Objekt aus
oder zählt es doppelt. Um Ziffern genau zu plazieren ist ebenfalls eine
angemessene Auge-Hand-Koordination wichtig.[44]
Das Problem bei solchen Teilleistungsschwächen ist, daß wir sie
selten erkennen. Das Kind vermeidet solche Tätigkeiten und zeigt
Verhaltensauffälligkeiten um vom eigentlichen Problem abzulenken. Wir
setzen erzieherische Maßnahmen und vergeuden kostbare Zeit, wobei die
Situation für das Kind nur noch schlimmer wird.[45]
Die Figur-Grunddiskrimination ist die Fähigkeit "aus einem komplexen
optischen Hintergrund bzw. einer Gesamtfigur eingebettete Teilfiguren zu
erkennen und zu isolieren." (Radatz/Rickmeyer, 1991, S. 15 f)
Beispiele:
Hauptziel solcher Übungen ist, bei den Kindern die Fähigkeit zu
entwickeln, sich auf die wichtigsten Reize zu konzentrieren. Die Kinder sollen
zum Beispiel geschriebene oder gedruckte Formen und Symbole in der richtigen
Reihenfolge wahrnehmen, ohne sich von anderen Reizen ablenken zu lassen. Die
wesentlichen Aspekte unserer Umwelt müssen zu einer Figur werden,
während andere Aspekte in den Hintergrund zurücktreten, aber nicht,
und das ist eine entscheidende Fähigkeit, aus unserem Bewußtsein
verschwinden. Diese Fähigkeit ist nicht nur für schulisches Lernen
notwendig, sondern für jede zielgerichtete Handlung.[46]
Diese Fähigkeiten setzen aber voraus, daß das Kind in seiner
Entwicklung zuvor Gegenstände taktil erfaßt hat, diese mit den Augen
abtastet, um sie später wiedererkennen zu können. Dabei spielt auch
die Auge-Hand-Koordination in der Entwicklung der Figur-Grund-Differenzierung
eine Bedeutung, genauso wie die Formwahrnehmung (vgl. 3.1.3).
KEPHART (1977) vermutet, daß es die kinästhetische
Figur-Grund-Beziehung ist, die Voraussetzung für die spätere
Figur-Grund-Differenzierung im visuellen und akustischen Bereich darstellt.
"Die Entwicklung der Figur-Grund-Beziehung beginnt vermutlich während
der......motorischen Differenzierung. Wenn die Bewegung eines bestimmten
Körperteils (z.B. der Hände)[47] aus der Masse ausdifferenziert wird und wenn diese nun
absichtsvoll ausgeführt wird, ist die Muskelanstrengung, die für
diesen Körperteil aufgewendet wird, größer als die für die
übrige Muskulatur......Es entsteht dadurch ein Kontrast zwischen der
kinästhetischen Stimulation, die von der absichtsvollen Bewegung
herrührt, und der aller anderen Bewegungen, die somit in den Grund
zurücktreten. Die absichtsvolle Bewegung wird zur Figur vor einem Grund."
(Kephart, 1977, S. 37)
Erst wenn diese Fähigkeit ausreichend entwickelt ist, kann das Kind seine
Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge richten.[48]
Die Figur-Grund-Differenzierung ist eine elementare Voraussetzung aller
Wahrnehmung. Ist im vorangegangenen Abschnitt
(vgl.
3.1.1) die Auge-Hand-Koordination hervorgehoben worden, so kann verstanden
werden, daß Auge und Hand nur das ergreifen und erfassen können, was
sich von der Umgebung abhebt. Ein Beispiel soll das noch näher
verdeutlichen. Stellen wir uns vor, wir fahren bei dichtem Nebel auf einer
Landstraße. Wir müssen uns äußerst konzentrieren, um
Figuren und Objekte herauslösen und Entfernungen abschätzen zu
können. So kann man sich vorstellen, wie es Kindern geht, die in diesem
Bereich der Wahrnehmung Probleme haben.[49]
Die Figur-Grund-Differenzierung wird beansprucht zum Beispiel bei der Erkennung
"von Ziffern in der Anordnung mehrstelliger Zahlen, bei Stellenwert, bei
Reihenfolgen, bei räumlichen Begriffen wie dem Begriff "zwischen" als
einer Sonderform des Umschlossenseins, beim sich Zurechtfinden auf einer
Buchseite." (vgl. Milz, 1994, S. 24)
Ein weiterer Aspekt sollte auch noch bedacht werden, der Blick zur Tafel. Das
Kind muß die Objekte aus dem Tafelbild herausdifferenzieren können
und sich auch im Heft zurechtfinden. Gelinget es nicht, aus zum Beispiel einer
Zeichnung wesentliche Details "herauszusehen", entsteht sehr oft
Verunsicherung. Das Kind muß mehr Konzentration aufwenden, um Aufgaben zu
bewältigen als andere Schüler. Es kommt nicht mehr mit, weil alles zu
schnell geht und ist ständig überfordert.
Es kann sich hierbei jedoch auch um eine Beeinträchtigung des
Sehvermögens handeln. Bei einem derartigen Verdacht muß ein
Augenarzt konsultiert werden.
Ist die Figur-Grund-Differenzierung beeinträchtigt, sind es auch die
Leistungen des Kindes. Das trifft auch in vielfältiger Weise und auf
verschiedenen Ebenen des mathematischen Denkens zu. Kinder mit Problemen in der
Figur-Grund-Differenzierung, haben besondere Schwierigkeiten, wenn sie mit
größeren Zahlen, die aus mehr Ziffern bestehen, rechnen sollen. Sie
neigen dazu, die Stelle zu verlieren und nicht mehr wiederzufinden, an der sie
gerade arbeiten.[50]
Wenn die Gruppierung von Elementen wegen einer Störung der
Figur-Grund-Differenzierung nicht deutlich genug wahrgenommen werden, kann die
Speicherung und Vorstellung dadurch mitbeeinträchtigt sein. In weiterer
Folge wird das Strukturieren und Umgehen mit Mengen erschwert und folglich auch
der Umgang mit Zahlen im ersten Zehner.[51]
Als Wahrnehmungskonstanz wird die Fähigkeit bezeichnet, "Figuren in
verschiedenen Größen, Anordnungen, räumlichen Lagen oder
Färbungen wiederzuerkennen und von anderen Figuren zu
unterscheiden."(Radatz/Rickmeyer, 1991, S. 16)
Beispiele:
Wir Erwachsene sind es gewöhnt, unsere Umwelt als eine Fülle von
unterscheidbaren Objekten und Formen anzusehen, die im Raum bestimmte
Positionen zueinander einnehmen. Diese Wahrnehmung der Umwelt beruht auf einem
sehr langen und komplizierten Lernvorgang.
Dieser Lernvorgang setzt die bereits dargestellten elementaren Fähigkeiten
der visuellen Wahrnehmung: Auge-Hand-Koordination und
Figur-Grund-Differenzierung voraus. Vereinfacht gesagt, waren es zuerst die
Hände, die zum Beispiel die Information "rund" erfahren haben, dann kam
die Erfahrung durch die Augen hinzu.[52]
Das Kind, vermutet man, sieht zunächst nur ein Anzahl schlecht
abgegrenzter Klumpen, die im wesentlichen undifferenziert sind. Dieses
perzeptive Lernen beginnt vermutlich schon in den ersten Lebenstagen.
Allmählich werden aus diesen Klumpen Elemente herausdifferenziert und
erhalten Signaleigenschaft. Dieser Prozeß der Differenzierung
verläuft in Schritten und setzt sich auch im Erwachsenenalter noch fort.
Daraus ergibt sich, das auch im fortgeschrittenen Alter eine Förderung
möglich ist.[53]
Zunächst sind es vermutlich einzelne Elemente, die ausgegliedert werden,
aber noch nicht miteinander zu einem Ganzen integriert sind. Bei einem Quadrat
zum Beispiel werden die Merkmale der Längen, der Seiten und das
Verhältnis der Seiten zueinander isoliert wahrgenommen. Erst langsam
entwickelt sich daraus die Eigenschaft "quadratisch." Die Schüler haben
die Schwierigkeit ein Quadrat als Quadrat zu bezeichnen. Sehr oft sagen sie
Viereck, womit sie durchaus recht haben. Diese Kinder erkennen ein Merkmal,
nämlich die vier Ecken, aber nicht die anderen Merkmale, die miteinander
integriert die Eigenschaft "quadratisch" ergeben.[54]
Konstruktive Formwahrnehmung ist ein sehr komplexer Prozeß, der
ausgedehntes Lernen erfordert. Ist die Wahrnehmungskonstanz erworben, ist es
dem Kind möglich komplexe Formen zu handhaben, die bei schulischen
Aufgaben vorkommen. Die Manipulationen werden sinnvoll und sind mehr als ein
bloßes Aneinanderreihen von Elementen.[55]
Störungen der Wahrnehmungskonstanz wirken sich allgemein auf Lernen und
Verhalten aus. Ein Kind, das keine integrierte Form aufbauen kann, reagiert in
seinem Verhalten mehr auf einzelne Elemente als auf das Insgesamt einer
Situation. Wir tendieren dazu, dieses Kind als impulsiv zu bezeichnen. Wir
dürfen aber nicht übersehen, daß für dieses Kind nicht
dasselbe Datengefüge besteht wie für uns. Für das Kind existiert
nur eine bestimmte Einzelheit, auf die es reagiert. Für
Problemlösungen in bestimmten Fällen, mag es durchaus notwendig sein,
viele Einzelheiten zu beachten. Die Folge ist, das Kind erbringt eine falsche
oder ungenaue Lösung. Wir beschreiben dann das Kind als ablenkbar,
impulsiv oder disziplinlos. Aber sein ganzes Verhalten kann durchaus die Folge
seiner Unfähigkeit sein, eine adäquate Form auszubilden.[56]
Für PIAGET (1977) ist das Phänomen der Konstanz einer Menge, er nennt
es Invarianz, von besonderer Bedeutung für die Entwicklung des
mathematischen Denkens.
"Eine Menge oder eine Gruppe von Gegenständen ist nur vorstellbar, wenn
ihr Gesamtwert unverändert bleibt, gleich welche Veränderungen in den
Verhältnissen der Elemente eintreten mögen. Eine Zahl ist nur in dem
Maße verständlich, wie sie mit sich selbst gleich bleibt,
unabhängig von der Disposition der Einheiten, aus denen sie
zusammengesetzt ist. Überall und immer setzt der Geist die Erhaltung von
irgendetwas als notwendige Bedingung für jedes mathematisches
Verständnis voraus." (Piaget, 1975, S. 15 f)
Die Fähigkeit zur Wahrnehmungskonstanz erlaubt, zum Beispiel Quadrate von
Parallelogrammen und Rechtecken zu unterscheiden, auch wenn sie in
verschiedenen Lagen zueinander stehen. Die Tätigkeit ist
hauptsächlich visueller Art, indem ähnliche Figuren
zusammengefaßt werden, unterschiedliche getrennt und eingekreist werden.
Dadurch haben die Kinder keinerlei Hilfen taktil-kinästhetischer Art, so
daß Teilleistungsstörungen in diesem Bereich das Lösen solcher
Aufgaben verhindert.[57]
Beispiele:
Die Wahrnehmung der Raumlage kann definiert werden "als die Wahrnehmung der
Beziehung eines Gegenstandes zum Beobachter. Zumindest räumlich gesehen
ist der Mensch immer der Mittelpunkt seiner eigenen Welt, und er nimmt die
Gegenstände als hinter-, vor-, über-, unter oder neben sich
wahr." (Frostig/Müller, 1981, S. 81)
Diese räumlichen Beziehungen benötigen ein Koordinatensystem. Die
Koordinaten des Raumes, auf die sich die Beziehungen einer Form aufbauen,
müssen erlernt werden. Das Kleinkind erreicht die Raumstruktur im Verlauf
eines Entwicklungsprozesses. [58]
Bereits im Mutterleib hatten wir aufgrund der Schwerkraftempfindung eine
Vorstellung des Raumes. Im Mutterleib informierten uns die
Schwerkraftrezeptoren, wo oben und unten war. Mit dem Augenblick der Geburt
stand plötzlich wesentlich mehr Raum zur Verfügung, in den wir uns
hineinbewegen konnten.
Die Dinge, die nun wahrgenommen werden, bekommen aber erst dann einen Sinn,
wenn unser Gehirn darüber informiert ist, wo sich die Erde befindet.[59]Beispiel:
Das Bezugssystem für alle Richtungen und Orientierungen im Raum ist
bestimmt durch die Richtung der Schwerkraft. Haben wir zu dieser Richtung keine
Beziehung, können wir uns nicht in unserer Umwelt orientieren. Das Kind
lernt dies, indem es aus seinen Lernerfahrungen mit Gleichgewicht, Haltung und
Körperschema Art und Angriffspunkt der Schwerkraft abstrahiert.
Allmählich entwickelt sich aus diesen Erfahrungen das innere
Bewußtsein von zwei Körperhälften und ihren Unterschieden. Mit
zunehmender neurologischer Reifung führt dieser Lernprozeß zur
Entwicklung der Seitigkeit und zur Bevorzugung einer Hand. Hat das Kind die
Bezugsrichtung zur Schwerkraft, die vertikale Dimension, mittels seines
Gleichgewichtsmechanismus erworben, mit Hilfe der Rechts-Links-Achse, die
Horizontale Dimension, und durch Reize für die Tiefe des Raumes, die
Vorne-Hinten-Dimension, besitzt es ein Bezugssystem für die
räumlichen Relationen und für alle seine Entdeckungen in der
Umwelt.
Das System hat sich generalisiert, und ermöglicht dem Kind nicht nur mit
konkreten Objekten seiner Umgebung umzugehen, sondern auch mit Erinnerungen und
Erfahrungen, mit abstrakten Gedanken und Begriffen in diesem räumlichen
System zu manipulieren.[60]
Die Bedeutung einer stabilen, räumlichen Welt läßt sich kaum
überschätzen. Wir können zwei Objekte nicht vergleichen, wenn
wir nicht über einen adäquaten Raum verfügen, in den wir sie
während des Vergleichs setzen.
Die Wahrnehmung der Raumlage ist eng verbunden mit den Fähigkeiten des
Rechnens, Schreibens und des Lesens. Insbesonders mit der Unterscheidung von
Druckbuchstaben, zum Beispiel p und q, der Zahlen 24 und 42. Kinder mit solchen
Störungen zeigen im Unterricht der Volksschule häufig Drehungen der
Zahlen. Es fällt ihnen schwer, mehrstellige Zahlen (153) zu lesen und zu
schreiben.[61]
Aber auch zur Raumdimension rechts-links haben viele Grundschüler noch
ungenügende Erfahrungen gesammelt. Diese Fähigkeit ist oft bis zum
Ende der Volksschule recht unsicher. Diese Rechts-Links-Unterscheidung ist aber
für viele Arbeitsmittel (Hundertertafel, Zahlenstrahl, Stellenwerttafel)
eine grundlegende Voraussetzung des Verstehens und Anwendens.[62]
Die Wahrnehmung räumlicher Beziehungen bezeichnet die Fähigkeit
"zur Analyse einfacher Formen und Muster, die Stellung von Linien und
Geraden zueinander." (Lorenz, 1984, In: Lernschwierigkeiten: Forschung und
Praxis, S. 83)
Beispiele:
Die Wahrnehmung räumlicher Beziehungen beinhaltet mehr als nur das
Orten von Objekten innerhalb eines Koordinatensystems (Wir verwenden das
euklidische Koordinatensystem, mit den drei Dimensionen: senkrecht, waagrecht
und vorne-hinten). Die Wahrnehmungsfähigkeit für räumliche
Beziehungen ist wahrscheinlich für das Erlernen der Mathematik die
Wesentlichste. KEPHART (1977) vermutet, daß der Raumbegriff ein Konzept
ist, welches im Gehirn entwickelt wird. In unserer Umwelt gibt es keine direkte
Information über räumliche Beziehungen. Alle Informationen über
räumliche Beziehungen erhalten wir durch Reize, die interpretiert werden
müssen, um uns ein räumliches Konzept liefern zu können.[63]
"Die direkteste Information stammt aus dem kinästhetischen Bereich, d.
h. von dem Sinn, der uns den Spannungszustand der Muskeln anzeigt. Durch die
kinästhetische Wahrnehmung können wir das Ausmaß einer
Muskelbewegung und damit den Abstand zu einem Objekt abschätzen. Nur durch
Translationsbewegungen (z. B.: Drehung)[64]im Raum erhalten wir Kenntnis über den Abstand zu
einem Objekt. Das gleiche gilt für alle anderen Raumbegriffe. Wir
übersetzen Wissen aus anderen Bereichen in Wissen über den Raum. Wir
eichen Veränderungen in anderen sensorischen Bereichen zu
Maßstäben, mit denen wir den Abstand zu einem Objekt oder den
Abstand zwischen zwei Objekten messen.......Obwohl wir den Raum und die
Raumwelt als eine substanzielle, existierende Realität auffassen und
obwohl wir uns so verhalten, als hätten wir direkte Informationen
darüber, mußten wir diese Welt tatsächlich erst aus der
Interpretation der Vielzahl sensorischer Daten aufbauen, deren keine mit dem
Raum selbst direkt verknüpft war." (Kephart, 1977, S. 124)
Eine intakte Wahrnehmung der Raumlage ist zum Beispiel auch eine wichtige
Voraussetzung für das Lesen, insbesonders längerer Worte, und
für das Rechnen (Wahrnehmung der Anordnung von Ziffern in einer
mehrstelligen Zahl, sowie der Mengenerfassung).
Diese Voraussetzung ist auch im Bereich der Wahrnehmung der Raumlage von
Bedeutung und somit kann ersehen werden, wie eng diese beiden Bereiche
miteinander verknüpft sind. Die Wahrnehmung räumlicher Beziehungen
setzt jedoch eine größere Differenzierung und Strukturierung der
visuellen Perzeption voraus und damit auch eine größere
Gedächtnisleistung. Bei der Figur-Grund-Differenzierung ist die
Wahrnehmung in zwei Teile geteilt, ein vorherrschender Teil, der die
Aufmerksamkeit erfordert (Figur) und ein zurücktretender Teil (der Grund).
Bei der Wahrnehmung räumlicher Beziehungen werden eine beliebige Zahl
verschiedener Teile in Verbindung zueinander gesetzt und erhalten ungefähr
die gleiche Aufmerksamkeit.[65]
Beziehungen werden in der Mathematik Relationen genannt. Damit wird das
Verhältnis von Objekten oder Mengen zueinander bestimmt. Störungen in
diesem Bereich ziehen Schwierigkeiten im Erkennen von Längen- und
Größenunterschieden nach sich und verhindern den Aufbau von
Ordnungsrelationen, die durch den Vergleich zweier oder mehrerer Objekte
entstehen. Darüber hinaus gelingt die Mengenerfassung und letztlich die
1-1 Zuordnung nicht, die eine fundamentale Voraussetzung für den Erwerb
des Zahlenbegriffs darstellt.[66]
Eine wesentliche räumliche Beziehung ist die der räumlichen
Aufeinanderfolge, deren Elemente dann ihrerseits die Relationen der Symmetrie
bilden können. Die Reihenfolge der Zahlen spielt in der Arithmetik eine
große Rolle.
"Ein Kind muß lernen, daß es die Zeichen nicht in beliebiger
Anordnung hinschreiben kann, sondern daß sie eine ganz spezifische
Reihenfolge einhalten müssen, um sinnvoll zu sein......In der Mathematik
sind die Möglichkeiten des Zahlenaufbaus noch komplexer, weil nicht nur
rechts und links, sondern auch oben und unten als Positionen wichtig sind. Wenn
ein Kind Zahlen nach Diktat schreibt, dann arbeitet es von links nach rechts;
doch wenn es mit ihnen rechnet, oft von rechts nach Links. Soll es die Aufgabe
4 + 5 schreiben, kann es die Zahlen von links nach rechts anordnen oder sie
untereinander schreiben."
(Johson/Myklebust, 1976, S. 320)
Noch komplizierter wird es beim schriftlichen Malnehmen und Teilen und beim
Untereinanderschreiben mehrstelliger Zahlen. Ist das Verständnis unsicher,
fehlt die strukturelle Basis für schriftliche mathematische Operationen.
Folglich ist es leicht vorstellbar, warum Richtungsunsicherheiten das
Verständnis für Veranschaulichungsmittel mathematischer Vorgänge
beeinträchtigen können, wie zum Beispiel die Arbeit am Zahlenstrahl,
wo die Addition nach rechts und die Subtraktion nach links durchgeführt
wird. Hinzu kommt die Sprechweise von zweistelligen Zahlen in der deutschen
Sprache, bei der die zeitliche Reihenfolge eine andere ist als beim Schreiben.
Hier kommt es manchmal zu Fehlern, daß die Einer und Zehner vertauscht
werden.
Wenn das Erfassen räumlicher Beziehungen gestört ist, ist auch der
Umgang mit Objekten oder Mengen, bei der Beschäftigung mit mathematischen
Aufgaben mitbeeinträchtigt.[67]
Anhand von MARIANNE FROSTIGS Unterscheidung wurde versucht die einzelnen
Bereiche der visuellen Wahrnehmung näher darzustellen. Es muß
nochmals betont werden, daß sich die einzelnen Bereiche
(Auge-Hand-Koordination, Figur-Grund-Differenzierung, Wahrnehmungskonstanz,
Wahrnehmung der Raumlage, Wahrnehmung der räumlichen Beziehungen) nur
theoretisch trennen lassen. Unser ganzes visuelles System muß als eine
Einheit funktionieren, damit wir die Eindrücke und Erfahrungen unserer
Umwelt bewältigen, und in weiterer Folge auch die schulischen
Anforderungen. Im speziellen wurde auf die Bedeutung der visuellen Wahrnehmung
für die Entwicklung des mathematischen Denkens eingegangen.
Nach FROSTIG entwickeln sich diese Fähigkeiten im Alter von 3 bis 7
Jahren. Jedoch gibt es in jeder Volksschulklasse Kinder, die noch
auffällige Schwächen in der visuellen Wahrnehmung zeigen bis hin zu
Wahrnehmungsstörungen. Bei sehr vielen Kindern sind die Ursachen in
mangelnder Anregung oder Übung zu suchen, somit tritt eine
Verzögerung der Fähigkeitsentwicklung ein. Hier liegt sicher eine
zentrale Aufgabe des Volksschullehrers: Die frühzeitige Erkennung
solcher Schwierigkeiten im visuellen Bereich. Solche Schwächen wirken
sich nicht nur im Mathematikunterricht aus, sondern es können auch
Probleme im Lesen und Schreiben auftreten. Außerdem sollte auch die
psychische Situation der Kinder nicht vergessen werden, erleben sie doch
wesentlich häufiger das Gefühl des "Nichtkönnens."
Über das Wahrnehmen hinaus geht die Fähigkeit des visuellen
Speicherns, wobei visuelle Informationen aufgenommen, verarbeitet und im
visuellen Gedächtnis, einen bestimmten Zeitraum, gespeichert werden
müssen. Derartige Anforderungen sind im Mathematikunterricht recht
zahlreich. Die Schüler müssen bildliche Darstellungen speichern,
gesehene Ziffern, mathematische Zeichen oder ganze Aufgaben im Kopf behalten.
Auch diese Fähigkeit entwickelt sich nicht ohne Anregung und Übung.
Alle die in diesem Kapitel beschriebenen visuell-räumlichen
Fähigkeiten bilden notwendige Voraussetzungen eines räumlichen
Vorstellungsvermögens und damit auch die Voraussetzung für das
Erlernen mathematischer Fähigkeiten.
Das vorangegangene Kapitel (vgl. Kap. 3) hat die Bedeutung des Raumes
hervorgehoben. Zum Bezugssystem des mathematischen Denkens gehört der Raum
mit seinen drei Dimensionen (euklidisches Koordinatensystem) und mit dem Raum
auch die Zeit als vierte Dimension.
"Ehe das Kind die Beziehungen in seiner Umwelt systematisieren kann, braucht
es zusätzlich zu den drei räumlichen Dimensionen auch noch die
Zeitdimension. Die Beziehungen, aus denen sich unsere Welt aufbaut, existieren
in vier Dimensionen, nicht in drei allein."
(Kephart, 1977, S. 144)
Die Zeit bildet also mit dem Raum ein unlösliches Ganzes. Für PIAGET
(1974) ist die Zeit die Koordination der Bewegung:
"ob es sich um räumliche Verschiebungen oder Bewegungen handelt oder um
innere Bewegungen, wie es die nur geplanten, antizipierten oder
gedächtnismäßig rekonstruierten Handlungen darstellen, die in
der Ausführung ja auch räumlich sind, immer wieder spielt hier die
Zeit dieselbe Rolle wie der Raum in Bezug auf die unbewegten Dinge. Genauer
gesagt, für die Koordination simultaner Stellungen genügt der Raum,
sobald aber Verschiebungen eintreten, ergeben sich aus den räumlichen
Veränderungen ebenso viele verschiedene, also aufeinanderfolgende
Raumzustände, und die Koordination dieser Zustände ist nichts anderes
als die Zeit. Der Raum ist eine Momentaufnahme der Zeit, und die Zeit ist der
Raum in Bewegung; beide bilden die Gesamtheit der Beziehungen der
Einschachtelungen und der Ordnung, die Gegenstände und ihre
Raumänderungen charakterisieren."
(Piaget, 1974, S. 14)
Blickt man noch einmal auf die einzelnen Bereiche der visuellen Wahrnehmung
zurück, kann man die enge Verknüpfung von Wahrnehmung und Bewegung
erkennen. Immer ist Bewegung daran beteiligt, und damit wird die Wahrnehmung
ein Vorgang in der Zeit. Für die Bedeutung des mathematischen Denkens
sowie für das Lernen und Verhalten allgemein, beinhaltet sie
Gleichzeitigkeit, Rhythmus, Tempo und schließlich die
räumlich-zeitliche Übersetzung, also die Integration von
räumlicher und zeitlicher Wahrnehmung.
Die Zeitwahrnehmung entwickelt sich, vergleicht man sie mit anderen
Wahrnehmungs-
fähigkeiten, relativ spät und ist abhängig vom bewußten
Erleben. Ein kleines Kind empfindet Zeit zunächst zwischen einem
Bedürfnis (Hunger) und dessen Befriedigung. Es lebt also im Augenblick.
Erst mit fortschreitender Entwicklung erweitern sich diese Augenblicke zu einem
Zeitraum, mit Vergangenheit und Zukunft. Die Gegenwart ist der Bereich, der
zwischen diesen Abschnitten liegt. Im Erleben ist er mehr oder weniger
ausgedehnt, strukturell betrachtet ein Punkt, der Zeitpunkt, in dem sich
Vergangenes und Zukünftiges berühren. Man kann auch hier, wie bei
einem Koordinatensystem, von einem Nullpunkt sprechen.[68]
"Der Nullpunkt der Zeitdimension ist die Gleichzeitigkeit. Wir können
eine Zeitspanne nicht wahrnehmen, wenn wir nicht Gleichzeitigkeit wahrnehmen
können. d. h. Ereignisse, zwischen denen das Zeitintervall Null besteht.
Deshalb ist der Nullpunkt der Zeitdimension der Punkt der Gleichzeitigkeit, so
wie der Nullpunkt des räumlichen Bezugssystems der Schwerpunkt
war."
(Kephart, 1977, S. 147)
Gleichzeitigkeit wird auch hier wieder zunächst motorisch erfahren. Viele
Aktivitäten des Kindes werden gleichzeitig durchgeführt. Wenn es zum
Beispiel im Bett liegt, bewegen sich beide Arme oder Beine gleichzeitig. Erst
später beginnt es seine Bewegungen zu unterscheiden, und erfährt den
Unterschied zwischen gleichzeitiger und alternierender Bewegung, indem es zum
Beispiel abwechselnd mit den Händen auf den Tisch schlägt. Damit wird
der Grundstein zu einer Zeitdimension gelegt.
Viele Kinder haben Schwierigkeiten, eine wirkliche Gleichzeitigkeit zu
entwickeln. Springen sie mit beiden Füßen ab, so berührt beim
Aufkommen ein Fuß vor dem anderen den Boden.
Auch hier haben wir es wieder, ähnlich der visuellen Wahrnehmung, mit
Differenzierung und Koordinierung zu tun. Unterschiede wahrzunehmen, einen
Gegensatz zu spüren erfordert integrative Prozesse der Sensorik und
Motorik. Diese Fähigkeiten müssen erst im Laufe der kindlichen
Entwicklung heranreifen [69]
Der Rhythmus ist die Einheit für einen Zeitabschnitt auf einer Zeitskala,
genau wie die Einheiten cm oder m, die wegen ihrer gleichen Länge als
Einheiten von räumlichen Skalen dienen. Es geht dabei um zeitlich
gleichbleibende Intervalle bei sich wiederholenden Bewegungsabläufen.
Rhythmus spielt in vielen Lern- und Verhaltensweisen eine Rolle.
Viele Kinder mit Lernschwierigkeiten besitzen kein gleichbleibendes
rhythmisches Muster. Klopft man zum Beispiel mit konstantem Takt auf einen
Tisch, können sie das Vorgegebene Muster nicht einhalten.[70]
KEPHART (1977) unterscheidet die folgenden Begriffe:
1. Motorischer Rhythmus
2. Akustischer Rhythmus
3. Visueller Rhythmus
1. "Motorischer Rhythmus ist die Fähigkeit, eine Bewegung oder
eine Abfolge von Bewegungen mit einem konsistenten Zeitintervall
auszuführen." (Kephart, 1977, S. 149)
Hier spielen sowohl die rhythmische Bewegung (Laufen, Gehen), als auch die
rhythmische Koordination mehrerer Gliedmaßen eine Rolle.
Bei vielen Kindern zeigen sich Probleme mit dem Rhythmus in einem Mangel an
Koordination. Beim "Hampelmann" stimmt die Bewegung der Arme und Beine nicht
überein. Bei diesen Kindern ist die Zeiteinheit schlecht definiert und die
Zeitskala besitzt keine Konsistenz.
2. Der akustische Rhythmus bedeutet " das Erkennen von gleichen
Zeitintervallen bei akustischen Stimuli. Die besondere Bedeutung des
akustischen Stimuli liegt darin, daß das Gehör der Abstandsrezeptor
der Zeitwahrnehmung ist, so wie das Gehen der Abstansrezeptor der
räumlichen Wahrnehmung ist." (Kephart, 1977, S. 149)
Überall, wo zeitliche Beziehungen von vorrangiger Bedeutung sind, ist das
Gehör die Hauptinformationsquelle.
3. Der visuelle Rhythmus beinhaltet "die systematische Exploration
einer visuellen Umgebung, die zu ausgedehnt ist, als daß sie durch das
visuelle Feld einer einzigen Fixierung erfaßt werden könnte. Durch
den Rhythmus werden die verschiedenen, für eine solche Exploration
notwendigen Fixationen organisiert, so daß sie zu einem einzigen
visuellen Eindruck integriert werden können." (Kephart, 1977, S. 149
f)
Diese drei Typen müssen existieren und jeweils in sich konsistent sein.
Bei dysrhythmischen visuellen Erfassen können zum Beispiel Probleme im
Lesen, im Aufnehmen und Speichern eines Wortbildes, sowie in der
Mengenerfassung entstehen.
Rhythmus wahrzunehmen und zu reproduzieren, ist eine vielschichtige
neuropsychologische Leistung, die relativ spät entwickelt wird. Wir
erleben Rhythmus mit Atmung und Herzschlag, den Wechsel der Jahreszeiten, das
bedeutet aber noch nicht, Rhythmus auch wahrzunehmen. Durch Nachklatschen eines
einfachen Rhythmus, kann man feststellen, ob und wie Kinder dazu in der Lage
sind.[71]
Zeitliche Einheiten müssen konsistent sein. Darüber hinaus
müssen aber auch Zeiteinheiten verschiedener Länge zur Verfügung
stehen. Es gibt kurze aber auch lange Zeitintervalle, genau so wie es für
räumliche Aufgaben kurze Einheiten (cm) und lange (km) Einheiten gibt.
Eine Veränderung dieser Beziehungen wird durch das Tempo bewirkt. Manchen
Kindern fällt es schwer ein bestimmtes Tempo einzuhalten, es fällt
ihnen schwer das Tempo zu variieren. Jede Tätigkeit die sie
durchführen, wird in einem Standardtempo getan. Alles wird ohne
Rücksicht auf die Natur der Aufgabe in das Standardtempo
übertragen.[72]
Eine interessante Vermutung stellt MILZ (1994) an. Sie vermutet, daß
innerhalb des Bereichs der Zeitwahrnehmung auch so etwas wie eine
Figur-Grund-Differenzierung im körperlichen Bereich besteht. Sie glaubt,
"daß es neben einer individuellen Grundspannung, einem Grundtempo,
eine vorübergehende Veränderung, ein Arbeitstempo gibt, daß
sich dieses Arbeitstempo im Empfinden abhebt und wahrnehmbar und damit
bewußt wird."
(Milz, 1994, S. 44)
Ist also das Grundtempo langsam, wird vermutlich das Arbeitstempo auch langsam
sein, und sich eben nicht deutlich genug als Figur von einem Hintergrund
abheben.
Möglicherweise sind die Propriozeptoren an den Muskeln und Gelenken daran
beteiligt, die Informationen nicht nur über den Raum, sondern auch
über zeitliche Abläufe geben.[73]
Der Rhythmus hat eine Zeitskala mit konsistenten Einheiten hervorgebracht. Nun
müssen die Ereignisse auf dieser Skala so organisiert werden, daß
die zeitliche Beziehung bewahrt bleibt. Diese Organisation wird durch die
Reihenfolge bewirkt. Reihenfolge ist "die Anordnung von Ereignissen auf
einer Zeitskala, so daß ihre zeitliche Beziehung und Abfolge offenbar
wird." (Kephart, 1977, S. 151)
Die Zeit läßt sich eben nur im Ablauf von bestimmten Ereignissen
erleben: Zuerst-dann-zuletzt. Menschen die ihre Handlungen nicht in eine
Reihenfolge bringen können, werden als dyspraktisch bezeichnet.
Kinder müssen den Ablauf einer Handlung zuerst erlernen.
Zuerst-dann-zuletzt ist ein Element jeglichen Handelns und somit auch
des mathematischen Tuns als Voraussetzung des mathematischen Denkens. Die
Reihenfolge ist für die Organisation der Zeitdimension verantwortlich,
genauso wie die Raumstruktur die Organisation in den räumlichen
Dimensionen bewirkt.
Für die Entwicklung des mathematischen Denkens sind solche serialen
Leistungen nötig. Denkt man zum Beispiel an das Nacheinanderausführen
von Rechenschritten beim Überschreiten des Zehners. Zunächst
muß bis zur Zehnergrenze gedacht werden, damit der Rest des zerlegten
Summanden den nächsten Zehner belegen kann, aber auch die Umkehroperation,
das schriftliche Malnehmen und Teilen, immer müssen diese gedachten oder
auszuführenden Handlungen der Reihe nach geschehen. Kann ein Kind diese
Abfolge: zuerst-dann-zuletzt nicht erkennen und durchführen, wird
es im Mathematikunterricht Probleme haben.[74]
"Die Zeitdimension muß für das Kind eine echte vierte Dimension
des Raumes werden. Es muß mit Ereignissen umgehen und Probleme
lösen, die sowohl räumliche wie zeitliche Erstreckung haben. Es
entsteht ständige Verwirrung, wenn diese beiden Dimensionstypen nicht so
korreliert werden können , daß die Ereignisse in beiden Systemen
dieselbe Bedeutung haben, und wenn nicht von dem einen in den anderen
Dimensionstyp ohne Schwierigkeiten übersetzt werden kann." (Kephart,
1977, S. 152)
Folgendes Beispiel soll dieses Problem verdeutlichen. Wenn ein Kind ein Bild
betrachtet, so hat es eine räumliche Struktur vor sich. Die Anzahl der
Elemente des Bildes sind auf den drei Raumdimensionen organisiert, werden aber
zur gleichen Zeit dargeboten. Stellt man nun dem Kind die Aufgabe, das Bild
sorgfältiger zu betrachten, so muß es seine Aufmerksamkeit
nacheinander auf die verschiedenen Details richten. Dieser Prozeß
verläuft so, daß es von einem Detail zum anderen geht. Dadurch
konstruiert es eine zeitliche Folge von Ereignissen. Diese zeitliche Abfolge
darf jedoch nicht von der grundlegenden Tatsache der simultanen Darbietung
abgelöst werden. Passiert das, so verliert das Kind in dem Labyrinth der
Ereignisse die Bedeutung des Bildes. Nur wenn diese Zeitdimension eine echte
vierte Dimension der räumlichen Struktur ist, kann es die Details im
Zusammenhang des gesamten Bildes betrachten und so durch Konzentration auf
Details den Gesamtzusammenhang ausgestalten und vertiefen. Es hat aus der Zeit
in den Raum übersetzt.
Die beiden großen Realitäten Raum und Zeit sind in der Umwelt des
Kindes sehr eng miteinander verflochten. Sehr viele Aufgaben im Unterricht
verlangen vom Kind, daß es vom Raum in die Zeit, aber auch umgekehrt
übersetzt.[75]
Besonders in der ersten Klasse der Volksschule wird aufgrund der geringen
Leseleistung der Schüler auf die ikonische Arbeitsanweisung
zurückgegriffen. Diese Anweisungen haben eine räumlich-zeitliche
Struktur, die "gelesen" werden muß.[76]
Die Reihenfolge der Zeichen spielt hier eine wesentliche Rolle, Abänderung
der Anordnung bewirken, daß eine Bedeutungsveränderung eintritt. Ist
die Zeit für das Kind eine vierte Dimension, so fallen solche
Übersetzungen leicht. Wenn aber die beiden Dimensionen der Wirklichkeit
getrennt sind oder eine von ihnen schlecht ausgebildet, so ist ein Kind
blockiert und kann bestenfalls alles in den Bereich übersetzen, in dem es
kompetent ist, und dann darin operieren.
Sehr oft wird die Sprache als fundamentale Bedeutung für den Ablauf von
Denkprozessen beim Rechnen unterschätzt. Rechenoperationen sind
mathematische Ausdrucksformen, die sachliche Relationen ausdrücken. Die
Sprache ist ein Instrument des Intellekts zu gleichem Zwecke. Sie bildet
darüber hinaus in ihrer Verbindung zum Denken die Basis für
mathematisch logische Verknüpfungen. Bevor nämlich zum Beispiel
Subtraktions-und Additionsverfahren ablaufen können, bedarf es der
begrifflich-sprachlichen Klärung von "Mehr" und "Weniger." Die
Intelligenzidee die diesen Operationen zugrunde liegt, entspringt somit der
begrifflich-sprachlichen Ebene und wird erst im nächsten
Abstraktionsschritt umgesetzt in logisch-mathematische Ausdrucksformen.[77]
Werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf die Entwicklung der Sprache.
Die Entwicklung der gesprochenen Sprache ist abhängig von der
neurologischen Organisation des Zentralnervensystems und dem Zusammenspiel von
Reifen und Lernen. Sprache entwickelt sich relativ spät. Das ist durchaus
verständlich, denn es handelt sich um ein kompliziertes funktionelles
System, das auf anderen Systemen aufbaut und diese integriert, um die Aufnahme,
die Verarbeitung und den Ausdruck verbaler Informationen zu ermöglichen.
Diese komplizierten Vorgänge sind in mancherlei Hinsicht störbar. Das
System der Sprachverarbeitung ist in unserem Gehirn doppelseitig angelegt. Die
Endverarbeitung geschieht im Kleinkindalter zunächst gleichwertig auf
beiden Hirnhemisphären. Erst allmählich kommt es zur Bevorzugung
einer Hirnhälfte für verbale Sprache. Bei den meisten Menschen, auch
bei Linkshändern, ist das die Linke. Es kommt zu einer Dominanz in den
dafür zuständigen corticalen Spracharealen und mit Ausreifung eines
Balkens, der die Verbindung zu beiden Hirnhälften herstellt, zu einem
Transfer von einer Seite zur anderen. Sprachverständnis und
Sprachbenutzung sind hauptsächlich in der linken Hirnhälfte zu
lokalisieren.[78]
Eine Beeinträchtigung der Sprache kann sich im Mathematikunterricht in
verschiedenen Gebieten zeigen. Neben einer allgemeinen Differenzierungs- und
Strukturierungsschwäche ist die Einsichtgewinnung in mathematische
Zusammenhänge grundsätzlich erschwert. Diese Schwächen wirken
sich aus von der Mengengliederung über das Verständnis der
Grundrechnungsarten bis hin zu den Textaufgaben, deren Lösung die
Differenzierungs- und Strukturierungsschwäche besonders deutlich
wiederspiegelt. Textaufgaben bereiten dem Schüler vier voneinander
getrennte, jedoch eng aufeinander bezogene Schwierigkeiten, bei deren
Bewältigung das Sprachverständnis und der Sprachgebrauch in
Zusammenhang mit Sachstrukturen und mathematischer Logik im Mittelpunkt
stehen.[79]
* "Die gedankliche Rekonstruktion eines konkreten Sachverhalts aus dem
Medium Sprache durch ein sinnentnehmendes Lesen der Texte,
* die Forderung nach gedanklichen Aufdeckung und Durchdringung
verbalsprachlichen dargelegter Funktionszusammenhänge,
* die Transformation sprachlich dargestellter Funktionszusammenhänge in
adäquate Rechenoperationen und
* auf intellektueller Einsicht beruhender operationeller Umgang mit
Rechenverfahren." (Mückenhoff, 1980, S. 37)
Sprache ist in diesem Zusammenhang sowohl Informationsquelle als auch
Kommunikations- und Denkmittel. Mathematische Probleme werden vor der
numerischen Lösung sprachlich vorgestellt, und so ist es nicht
verwunderlich, daß Kinder mit Problemen im sprachlichen Bereich bei
solchen Aufgaben scheitern.
Dieses Beispiel macht deutlich, daß die Hinführung zum
mathematischen Denken auch weitgehend an eine intensive Sprachschulung gebunden
ist, sowie an die Herstellung einer Beziehung zwischen sprachlichem Ausdruck
und sachbezogenen Rechenoperationen. Jedem rechnerisch-praktischen Handeln mit
Gegenständen, gefolgt von den daraus abgeleiteten Rechenoperationen,
sollte möglichst eine Vielzahl sprachlicher Begriffe beigeordnet werden,
da diese Begriffe mit steigendem Alter der Kinder das praktische Tun ersetzen.
Die Erziehung zu einem differenzierten Sprachverständnis und zu einer
exakten Sprachbenutzung bekommt damit einen besonderen Stellenwert und wird zu
einer wichtigen Aufgabe im Schulbereich.[80]3
In der bisherigen Betrachtung der Voraussetzungen für mathematisches
Denken ist besonders auf die Bedeutung von Raum, Zeit und Sprache Wert gelegt
worden. Dies sind die Grundlagen, auf denen sowohl das geometrische, wie auch
das numerische Denken und Vorstellen aufbaut. Für PIAGET sind es die
sensumotorischen Erfahrungen, aus denen sich diese Fähigkeiten herleiten.
Seine These ist, daß es intelligente Auseinandersetzungen mit der Umwelt
gibt, bevor Denken im Sinne des inneren Operierens mit Vorstellungen, Symbolen
oder sprachlichen Zeichen möglich ist. Denken ist für PIAGET
"verinnerlichtes Handeln." Die Grundlage für diesen Prozeß der
Verinnerlichung bilden eben diese frühkindlichen Erfahrungen der
sensomotorischen Phase. Aber auch später wirken die sensomotorischen
Leistungen über die Wahrnehmung, über die Motorik und andere
Verhaltensbereiche in die Entwicklung des Denkens[81]
Im Zusammenhang mit dem Thema "Rechenstörungen" möchte ich mich im
wesentlichen mit Beeinträchtigungen im Aufbau-und
Verinnerlichungsprozeß, sowie mit der Anwendung mathematischer
Operationen beschäftigen. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung und
dem Verständnis von Grundoperationen und deren Anwendung.
Die bisherigen Ausführungen haben sich mit den neuropsychologischen
Voraussetzungen beschäftigt, die zum Aufbau des mathematischen Denkens
notwendig sind. Nun soll dargestellt werden, wie die Entwicklung des
mathematischen Denkens beim Kinde vor sich geht.
Die Entwicklung des mathematischen Denkens vollzieht sich in drei voneinander
abhängigen Bereichen: der Klassenbildung, der Schaffung von asymmetrischen
Relationen und den Zahlen. Das Kind der anschaulichen Phase kann
Gegenstände nach deren Ähnlichkeit vereinen oder bei Fehlen von
Ähnlichkeiten trennen, es ist aber noch nicht in der Lage, die
Gegenstände nach mehreren Merkmalen unterschiedlichen Klassen zuzuordnen.
Kinder in dieser Phase sind zwar in der Lage bei Gegenständen wachsender
Größe Paare zu bilden, zu Beispiel Puppen oder Stäbe der
Größe nach einander zuzuordnen. Eine Reihenbildung von nach
Größe zu ordnenden Gegenständen gelingt noch nicht.
Das Verständnis einer Zahl erfordert eine noch höhere
Abstraktionsleistung. Mengen mit unterschiedlicher Anordnung, mit
unterschiedlicher räumlicher Ausdehnung, müssen mit der gleichen Zahl
belegt werden. Diese Bildung der Zahl geht aus Handlungen hervor, wie denen der
Klassenbildung und des Ordnens. Während diese Koordination von Handlungen
zunächst der Gegenstände bedarf, wird sie allmählich immer mehr
verinnerlicht. Die Bildung der Zahl ist die Assimilation (die Anpassung der
Realität an verinnerlichte Schemata) der Wirklichkeit an den Geist. Daraus
folgt die Ablösung von der unmittelbaren Handlung und von der
Realität. Die dazugehörige Akkommodation (gedanklich ausgeführte
Handlungen) muß vorausschauend sein, die Handlung muß sich jeden
beliebigen Gegenstand anpassen.
Das anschauliche mathematische Denken baut auf Handlungen der sensomotorischen
Phase auf. Diese Handlungen werden in Vorstellungen übersetzt, das
heißt es werden verinnerlichte Handlungen möglich. Sind diese
Handlungen innerlich gut nachvollziehbar, werden Vorwegnahme und Rekonstruktion
möglich. Und alles, was zuvor konkretes Handeln und Planen war, ist nun in
der Vorstellung, im Geist möglich. Schließlich kommt es am Ende
dieser Phase zu den Abstraktionsleistungen der Klassifikation, der
Reihenbildung und der Bildung des Zahlbegriffs.[82]
Man kann sich leicht vorstellen, daß Störungen in der frühen
Entwicklungsphase, die folgenden, darauf aufbauenden Leistungen
beeinträchtigen können.
Bevor ich mich mit den Stufen im Aufbau und Verinnerlichungsprozeß
mathematischer Operationen beschäftige, ist noch folgende Frage zu
klären. Was beinhaltet der Begriff "mathematische Operationen?"
Wenn zum Beispiel ein kleines Kind Bausteine in eine Schachtel legt, zuerst
einen Stein, dann noch einen und so weiter, bis es schließlich alle
hineingelegt hat, dann hat es eine Handlung ausgeführt, in der es um eine
Menge ging, eben um eine Menge von Bausteinen. Wenn nun von dieser Handlung
alles konkrete, alles Sichtbare abgestreift wird, dann erhalten wir eine
quantitative Ordnung oder Struktur. Diese Ordnung ist mit Hilfe einer Handlung
entstanden, und sie sieht so aus: 1 + 1 +1+ 1 usw. Letztendlich haben wir es
hier mit der mathematischen Operation einer Addition zu tun.
All das geschieht im konkreten Tun, mit wirklichen Gegenständen. Die
Strukturen zu erkennen, zu verinnerlichen, vorzustellen, mit dieser Struktur zu
manipulieren, das muß ein Kind im Laufe seiner Entwicklung erst lernen.
Es muß immer mehr von dem abstreifen, was sichtbar, was konkret ist, im
höheren Sinn der Mathematik schließlich sogar ablegen, was
vorstellbar ist.[83]
Neben der quantitativen Struktur einer mathematischen Operation erwirbt das
Kind auch eine räumliche Ordnung und diese ebenfalls über das Tun,
das Handhaben von Gegenständen. Es müssen die Dinge in die Hand
genommen werden, wenn man erfahren und verstehen will, was klein oder
groß, dick oder dünn, rund oder eckig, offen oder geschlossen ist.
Nur diese gehandhabten Erfahrungen führen zum Erkennen von Abbildungen im
zweidimensionalen Raum, also auf einem Blatt Papier. Für alles ist das Tun
die Voraussetzung, die Hand nötig, also das Handeln.[84]
Wie geht man in der Schule vor, um das Verständnis mathematischer
Operationen zu entwickeln?
Es gibt hier mehrere didaktische Ansätze, wie beispielsweise den von
BRUNER. Er untersuchte den Erwerb und die innere Darstellung von
Umwelterfahrungen, sowie deren Organisation für die Weiterverwendung.
Diese Erfahrungen werden in drei Formen gemacht:
" Zuerst kennt das Kind seine Umwelt hauptsächlich durch die
gewohnheitsmäßigen Handlungen, die es braucht, um sich mit ihr
auseinanderzusetzen. Mit der Zeit kommt dazu eine Methode der Darstellung in
Bildern, die relativ unabhängig vom Handeln ist. Allmählich kommt
dann eine neue und wirksame Methode hinzu, die sowohl Handlung wie Bild in die
Sprache übersetzt, woraus sich ein drittes Darstellungssystem ergibt.
Jeder dieser drei Darstellungsmethoden, die handlungsmäßige
(enaktive), die bildhafte (ikonische) und die symbolische (durch Zeichen und
Sprache) hat ihre eigene Art, Vorgänge zu repräsentieren. Jede
trägt das geistige Leben des Menschen in verschiedenen Altersstufen, und
die Wechselwirkung ihrer Anwendungen bleibt ein Hauptmerkmal des
intellektuellen Lebens des Erwachsenen."
(Arbeitsberichte:Zentrum für Schulversuche, Schulentwicklung, 1976, I/24
S. 33; "zit. nach Bruner, o. J., S. 21)
Genau diesen drei Stufen entsprechen auch im wesentlichen den von AEBLI
beschriebenen Phasen des Aufbaus und des Verinnerlichungsprozesses
mathematischer Operationen. Es handelt sich um
* die Phase der Handlungen an konkreten Materialien
* die Phase der bildhaften Darstellung
* die Phase der symbolischen Darstellung und
* die Phase der Automatisierung
Daneben kann hier noch gesondert das Sachrechnen als relevanten und aus
Schülersicht meist schwierigsten Bereich genannt werden.[85]
In der Grundschule kann man davon ausgehen, daß eine Einführung
einer neuen Rechenart immer handelnd durchgeführt wird. Diese Tatsache
wird auch von seitens der Didaktiker immer wieder hervorgehoben und betont. Die
Einführung erfolgt über Gegenstände, zum Beispiel über
Rechenplättchen oder Rechenstäben[86] aber auch anderen didaktischen Materialien (Rechenkette,
Steckwürfel, Montessori Perlen etc.). Das Material soll hier variieren.
Zahlen sind ein universelles Kennzeichen. Es gibt x Auto auf der Straße,
x Kinder in der Schule, es gibt einen Geburtstagskuchen mit 7 Kerzen, und 8
Kinder möchten ihn essen. Sie brauchen 8 Teller und 8 Servietten. Genau so
gut eignen sich Zündhölzer, Strohhalme, Büroklammern,
Nüsse, Geldmünzen, usw. In jedem Falle werden durch konkrete
Handlungen mathematische Probleme analysiert.
In einem nächsten Schritt gehen wir über zu zeichnerischen
Abbildungen. Es werden nun zeichnerische Darstellungen verwendet, um das
eigentliche Tun, beispielsweise das Hinzufügen und Wegnehmen, mit Zeichen
zu deuten.
Beispiele:
Schließlich benennen wir unser Tun. Wir sprechen "plus" und "minus"
und "gleich." Vergleicht man diese Sprechweise mit der Handlung, dann ist das
ein großer Schritt hin zur Abstraktion. Das Kind muß an den Zeichen
erkennen, welche Operation es durchführen muß.
Betrachten wir die Gleichung 5 + 3 = 8. Das Kind muß diese symbolische
Darstellung für sich wieder umsetzen in etwas Vorstellbares,
Anschauliches. Bei der Handlung geht der Weg von der konkreten
Durchführung hin zur Abstraktion. Bei dieser Gleichung ist es genau die
umgekehrte Richtung, vom Abstrakten zum Konkreten. Um dies zu bewältigen,
müssen die vorherigen Handlungen gut verinnerlicht sein, damit diese
Übertragung leicht und beweglich gelingen. Erst im weiteren
Abstraktionsprozeß kann allmählich auf diese Übertragungen
verzichtet werden. Es erfolgt nur mehr ein Manipulieren mit Symbolen.[87]
Beim Mathematikunterricht muß die Wechselwirkung im Umgang mit Objekten,
Material und Sprache kontinuierlich sein. Die Bedeutung der Mathematik kann
nicht erfaßt werden, ohne daß Mathematik auf viele reale und
mögliche Situationen angewendet wird. Die Sprache wird dazu benutzt, um
diese Prozesse zu vermitteln. Beim praktischen Üben von mathematischen
Fakten müssen die Aufgaben in Worte gefaßt werden, die das Handeln
veranschaulichen.[88]
Erst, wenn diese drei Stufen
1. Das konkrete Handeln mit Gegenständen,
2. die bildliche Darstellung mit graphischen Zeichen und
Markierungshilfen,
3. die Darstellung und Umsetzung mathematischer Operationen mit Hilfe von
Ziffern und Zeichen (Zifferngleichung); durch sorgfältigen Unterricht
erreicht sind,
kommt es zur
4. Automatisierung und Anwendung mathematischer Operationen.
(Milz, 1994, S. 52)
Eine Automatisierung der Operationen sollte erst dann einsetzen, wenn eine
entsprechende Anschauungs- und Verständnisgrundlage durch ausreichenden
Umgang mit Handlungen und zeichnerischen Darstellungen aufgebaut worden ist.
Der Aufbau strukturell adäquater Vorstellungsbilder ist eine wesentliche
Voraussetzung für die mathematische Begriffsbildung. So kommt gerade den
im Anfangsunterricht eingesetzten Veranschaulichungsmitteln eine sehr wichtige
Funktion zu.[89]
Dieser Lernvorgang sollte bei der Einführung aller mathematischer
Operationen stattfinden. Jedoch verläuft dieser Abstraktionsprozeß
nicht immer ohne Störungen. Die Störmöglichkeiten sollen im
folgenden Abschnitt zu dem eben genannten Aufbau und
Verinnerlichungsprozeß mathematischer Operationen näher betrachtet
werden.
Die Einführung der arithmetischen Operationen beginnt normalerweise, auch
unabhängig von der jeweiligen Schulstufe, mit Handlungen an konkreten
Material. Ziel ist, durch den Vollzug einer Handlung, in der mathematische
Operationen enthalten sind, "Verinnerlichungsansätze"[90] zu bewirken. Plättchen werden
zusammengelegt (Addition) oder entfernt (Subtraktion), Handlungen werden
mehrmals durchgeführt (Multiplikation), es wird auf-oder verteilt
(Division).
Konkrete Mengen werden miteinander verglichen (Eins-zu-eins-Zuordnung,
Ergänzung, Subtraktion), aber auch die geometrischen Einführungen
bedienen sich der Handlung: Quadrate, Rechtecke und Kreise werden gezeichnet,
Spiegelbilder gehen aus der Tätigkeit des Faltens hervor, und Objekte mit
geforderten Eigenschaften werden gebaut.[91]
Es sind die anschaulich praktischen Fähigkeiten, die auf dieser Stufe
besonders gefordert werden. Das bedeutet, das Kind muß eine Anzahl von
Gegenständen mit den Händen und Augen erfassen können, wobei es
das zuerst nur mit den Händen tut. Das Nur-Erfassen mit den Augen ist
schon ein weiterer Entwicklungsschritt.
Wir machen uns im allgemeinen keinen Begriff davon, wie kompliziert dieser
Prozeß eigentlich ist. Das ein Kind zählen lernt, wird als
Selbstverständlichkeit angenommen. Ob es etwas mit der Zahl verbindet, ob
es eine Vorstellung davon hat, was das Zahlwort bedeutet, diese Frage stellen
wir uns sehr oft nicht.[92]
Die fundamentalste Rechenschwäche ist eben die Zählschwäche bzw.
die Zahlenbegriffsschwäche. "Grundlage der operativen Gesamtentwicklung
ist die elementare Operation des Zählens und der
Mächtigkeitsbestimmung von Mengen." (Grissemann, In:
Lernschwierigkeiten: Forschung und Praxis, 1984, S. 172)
Werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf die Entwicklung des
Zahlenbegriffs. Bereits vor Schulbeginn besitzen sehr viele Kinder eine Reihe
von mathematischen Kenntnissen, insbesondere zu den Zahlen und den Umgang mit
ihnen. Für den Lehrer besteht eine wesentliche Aufgabe darin, diese
Vorkenntnisse und Erfahrungen der Kinder zu erkennen.
Man kann annehmen, daß das Kind die verschiedenen Zahlbedeutungen einzeln
erwirbt, das heißt in dem jeweiligen subjektiven Erfahrungsbereich. Der
Erwerb der Zahlwortreihe beginnt schon im Alter von zwei bis drei Jahren und
ist in der Regel im Alter von fünf bis sieben Jahren abgeschlossen.[93]
Was passiert, wenn ein Kind eine Menge von 4 Einheiten auszählt?
1. Es müssen die Einzelgegenstände aus dem Ganzen herausgesehen
werden, ohne daß dieses Ganze dabei verloren geht. Das Kind zählt,
möglicherweise an den Fingern 1 - 2 - 3 - 4, aber die Gesamtheit, die
Finger der ganzen Hand, bleibt erhalten. Oder es zählt, zum Beispiel aus
einer Menge Nüsse ab, und gruppiert sie und erkennt, daß es vier
sind. Es hat dann vier Elemente aus den gesamten Nüssen erkannt.
2. Das Kind muß einzelne Glieder einer Mengengestalt mit Zahlwörtern
benennen können. Es erfolgt eine Zuordnung von Bewegung, dem Hinfassen und
dem Sprechen. Hier treten sehr oft auffällige Schwächen bei
Vorschulkindern und Kindern im ersten Schuljahr auf. Hier stimmt die
rhythmische Zuordnung nicht. Das Kind zählt richtig, ordnet aber
bewegungsmäßig nicht richtig zu.
3. Es muß jeder Gegenstand der mit einem Zahlwort benannt worden ist, als
der jeweilige letzte verstanden und auch seine Stellung angegeben werden.
4. Schließlich muß die zuletzt benannte Zahl oder der zuletzt
genannte Gegenstand zu einer neuen Einheit gedacht werden. Das Zahlwort gibt
dann die Anzahl der Einheiten an (Kardinalzahl-Prinzip).[94]
Wenn Kinder zu rechnen beginnen, tun sie das eine ganze Weile mit den Fingern.
Grundsätzlich ist das Zählen mit den Fingern eine gute Sache, solange
sie beim Zählen die Gruppierungen beachten. Hier treten aber gerade
Schwierigkeiten auf. Sie bleiben beim Abzählen, zum Beispiel 4 + 3, dann
zählen sie 1 - 2 - 3 - 4 und dann noch einmal 1 - 2 - 3, und fangen
nochmals von vorne an und zählen 1 - 2 -3 - 4 - 5 - 6 - 7 und kommen so
auf das Ergebnis. Für den Erwerb einer Vorstellung, für die
nächsthöhere Entwicklungsstufe, wird es damit schwierig. Das Ergebnis
ist auch nur schwer als neue Einheit zu erfassen.
Beim Zählprozeß mit den Fingern kommt zur visuellen Wahrnehmung noch
die taktil-kinästhetische dazu. Das Kind arbeitet dabei mit zwei
Wahrnehmungskanälen und das ist für manches Kind eine Hilfe. Nur
sollte das Kind die abgezählten Elemente als Ganzheit betrachten.
Eine Hilfe zum verstehen der Zahleigenschaft einer Menge in ihrer Gesamtheit
ist zum Beispiel das goldene Perlenmaterial von MONTESSORI. Das Kind nimmt hier
eine Menge in der Gesamtheit war und kann vor allen Dingen die Anzahl der
Perlen erkennen, aus denen sich die einzelnen Einheiten zusammensetzen.
Wesentlich ist, daß der Lehrer hilfreiche Maßnahmen für
betroffene Kinder findet, damit die Kinder in sinnvoller Weise üben
können. Das Ziel im arithmetischen Anfangsunterricht ist, zu erkennen wo
wir bei den einzelnen Kindern ansetzen müssen, um eine Grundlage zu
schaffen, für den Aufbau und den Verinnerlichungsprozeß
mathematischer Operationen.[95]
JOHNSON/MYKLEBUST (1976) listen noch folgende Symptome einer
Zählschwäche auf:
1. Die Unfähigkeit, eine Eins-zu-Eins Entsprechung zu erfassen. Hierbei
kommt es darauf an, Elemente paarweise zusammenzufügen, zum Beispiel
können Kinder mit solchen Schwierigkeiten nicht die Anzahl der Kinder in
einem Raum mit der Zahl der Sessel in Zusammenhang bringen.
Beispiel: "Welche Menge hat mehr bzw. weniger Elemente?"
Hier ist vor allem auch die Figur-Grund-Unterscheidung am Gelingen einer
solchen Aufgabe beteiligt.[96]
2. Symptome einer Zählschwäche zeigen sich auch in der
Unfähigkeit, das System der Kardinal- und Ordinalzahlen zu erfassen. Und
sie zeigen sich in der Unfähigkeit oder Unsicherheit, die Mengenkonstanz
zu erkennen, das bedeutet, das Kinder gleichmächtige Mengen je nach
ihrer räumlichen Anordnung oder Verteilung unterschiedlich wahrnehmen.
PIAGET (1975) vermutet, daß Kinder, ehe sie den Zahlenbegriff entwickeln,
das Prinzip der Invarianz begreifen müssen.
"Eine Menge oder eine Gruppe von Gegenständen ist nur vorstellbar, wenn
ihr Gesamtwert unverändert bleibt, gleich welche Veränderungen in den
Verhältnissen der Elemente eintreten mögen......Ebenso ist eine Zahl
nur in dem Maße verständlich, wie sie mit sich selbst gleichbleibt,
unabhängig von der Disposition der Einheiten, aus denen sie
zusammengesetzt ist: das ist die sogenannte Invarianz des
Zahlbegriffs."(Piaget, 1975, S. 15 f)
Durch seine Untersuchungen an Kindern, hat er gezeigt, daß die
kontinuierlichen Quantitäten nicht von vornehinein als konstant betrachtet
werden, sondern die Invarianz allmählich nach einem bestimmten
intellektuellen Mechanismus herausgebildet wird. Er unterscheidet drei
aufeinanderfolgende Stadien, wobei das letzte Stadium erst mit dem Alter von
sechs bis sieben Jahren erreicht wird.
Mit diesem Alter kommen die Kinder in die Grundschule und man kann nicht
voraussetzen, daß alle Kinder das Verständnis der Mengenkonstanz
entwickelt haben. Wie aber soll
mathematisches Verständnis da sein, wenn die grundlegenden Voraussetzungen
dafür fehlen![97]
3. Ein weiterer Störfaktor ist die "mangelnde Einsicht in das
dekadische Positionssystem der Zahlendarstellung und in die
Operationsdarstellung im Zahlenraum als besondere Bedingung der mangelhaften
Beherrschung von Voraussetzungsoperationen."
(Grissemann, In: Lernschwierigkeiten: Forschung und Praxis, 1984, S. 173)
Es kommt hierbei auf die Einsicht in das dekadische Positionssystem an, auf den
Wert, den eine Ziffer je nach Stellung einnimmt. Immer wieder gibt es
Schüler die damit ihre Probleme haben. Für manche Kinder bilden die
Zahlen 11 und 12 eine Barriere. Das kann an der Sprechweise liegen, denn wenn
es mit drei-zehn, dem höheren Zehner weitergeht, geht es auch mit dem
Zählen voran.
Kinder, denen es an der Einsicht in das Stellenwertsystem mangelt, haben
möglicherweise nicht lange genug mit geeigneten Materialien hantieren
dürfen. Das konkrete Handeln mit diesen Materialien ist hier
unumgänglich, zum Beispiel mit Zählstreifen, Hunderterbrettern,
Spielgeld, am besten zuerst mit dreidimensionalen Material wie den
Mehrsystemblöcken des Zehnersystems oder dem goldenen Perlenmaterial von
MONTESSORI.
Möglicherweise sind diese Materialien vorhanden, aber nicht lange genug
zum Einsatz gekommen.
Wir befinden uns noch immer auf der Stufe der konkreten Operationen, auf der
untersten schulischen Voraussetzung des mathematischen Denkens. Das bedeutet,
daß Kinder mit
einer Schwäche im quantitativ-räumlichen Denken nicht früh genug
beginnen können, diese Schwächen auszugleichen. [98]
Wenn wir Versäumnisse auch nicht rückgängig machen können,
so müssen wir, "sobald wir Teilleistungsstörungen in diesem
Bereich feststellen, dem Aufbau beeinträchtigter Funktionen unsere ganze
Aufmerksamkeit schenken. Wo immer es die Zeit erlaubt und sich die Gelegenheit
dazu ergibt, muß das Kind mit dreidimensionalen Material arbeiten
dürfen. Die Grundlage für alles mathematische Denken ist, die
visuelle, räumliche, zeitliche Wahrnehmung, das Sprachverständnis und
die Erfahrung durch Tun, durch den Umgang mit Gegenständen." (Milz,
1994, S. 59)
4. Ähnlich verhält es sich mit der Beherrschung "der Operationen,
die zum Aufbau der neuen
erforderlich sind." (Grissemann, In: Lernschwierigkeiten: Forschung und
Praxis, 1984,
S. 173)
Wenn ein Kind nicht dazuzählen und nicht abziehen kann, wenn Mengen und
Zahlen nicht zerlegt werden können, wenn es nicht weiß, wie man
ergänzt oder umtauscht von einer Kategorie in eine andere, dann bestehen
in einigen Bereichen vielleicht Drillmechanismen, Splitterfertigkeiten, aber es
fehlt die grundlegende Einsicht dahinter. Diese Operationen stehen nicht als
bewegliche Elemente zur Verfügung, sondern laufen ohne Verständnis ab
und sind nicht übertragbar.
Häufig finden wir bei Rechenversagen als Hauptursache eine mangelhafte
Beherrschung von elementaren Operationen aufgrund unterschiedlicher Lücken
in den ersten Schuljahren. Krankheit, Wohnortwechsel, vorübergehende
psychische Belastung (Todesfall), Schulschwänzen, ungenügende
Lernkontrolle und Förderung, Papier-und Buchunterricht ohne Ableitung der
Operationen aus dem Handeln, all das können Gründe sein, die den
Erwerb der elementaren Rechenoperationen beeinträchtigen.
Schließlich stellen sich Schwierigkeiten ein, die vom Lehrer und den
Eltern und auch vom Kind selber voller Resignation als Lernschwäche
gedeutet werden.
Diese mißerfolgängstlichen Schüler verschlechtern sehr oft
unter Zeitdruck ihre Leistungen. Dabei wäre es ohne weiteres möglich,
einem Schüler zeitweise eine Sonderregelung einzuräumen. Man kann ihm
entweder mehr Zeit geben, oder er bekommt von jeder Aufgabenart weniger, damit
in Ruhe gearbeitet werden kann und der Zeitdruck wegfällt. Vor allem aber
sollte auch der Leistungsvergleich vermieden werden. Auf jeden Fall ist es
möglich, mit dem nötigen Verständnis, einen Weg zu finden der
dem Kind hilft und auch seinen Schwierigkeiten angepaßt ist.[99]
Folgende Aspekte haben auch noch eine wesentliche Bedeutung für den Aufbau
der arithmetischen Grundoperationen. Der Handlungsvollzug mit konkreten
Materialien bedarf einmal der Fähigkeit zur motorischen Ausführung.
Darüber hinaus muß ein Kind zu einer
visuellen Vorwegnahme der Teilschritte in der Lage sein, damit es die
Handlungen durchführen kann. Schließlich muß sich das Kind an
die bereits vollzogenen Teilschritte des Handlungsablaufes visuell erinnern
können. Auch nachdem die manipulierten Gegenstände aus der Hand
gelegt wurden, soll der Schüler auf seine Handlungen zurückblicken,
sie in seine visuelle Vorstellung zurückholen können.[100]
Schwierigkeiten treten in dieser Phase durch eine Störung in der
Rechts-Links-Unterscheidung und eine dadurch bedingte Beeinträchtigung der
Erinnerungsbilder von raum-zeitlichen Prozessen auf. Häufig beruhen diese
auf frühkindlichen Störungen des motorischen oder
taktil-kinästhetischen Bereichs.
Unter taktil-kinästhetischer Wahrnehmung versteht man "das Wahrnehmen
mit dem Tastsinn und Registrieren von Bewegungen in Verbindung mit der
Entwicklung des Körperschemas und der Orientierung im Raum." (Lorenz,
1992, S. 87)
Handlungen ohne taktil-kinästhetische Wahrnehmung erscheinen nicht
möglich, aber eben gerade diese Handlungen stellen die Grundlage für
vorgestellte Operationen dar.
Kinder mit solchen Störungen fallen bei Schuleintritt oft durch
Schwierigkeiten in der Links-Rechts-Unterscheidung auf und haben dadurch auch
Probleme im Mathematikunterricht. Die Ursache dürfte eine Störung der
Körperkoordination und des Körperschemas sein, die eine Entwicklung
der Raumvorstellungsfähigkeit und des Operierens mit visuell-vorgestellten
Bildern behindert. Wenn einfache Raumzuordnungen am eigenen Körper nicht
funktionieren, dann ist es unmöglich, sie in erweiterten Dimensionen zu
beherrschen. Diese Erfahrungen werden aber hauptsächlich durch
taktil-kinästhetische Eindrücke gemacht. Diese Fähigkeit zur
Raumvorstellung wird den Kindern in dieser Phase insofern abverlangt, weil sie
sich an die durchgeführten Handlungen als raum-zeitlichen Prozeß
erinnern und zurückblicken müssen. Das ist ohne eine Strukturierung
des vorgestellten Raumes und des zeitlichen Ablaufs nicht möglich.[101]
Eine mangelnde Figur-Grund-Diskrimination erschwert es, einzelne, für die
Handlung notwendige Materialien von ähnlichen auszusondern (das rote,
dicke Quadrat aus den Geomatplättchen). Eine Beeinträchtigung der
Wahrnehmungskonstanz verhindert ähnliche Figuren voneinander zu
unterscheiden (Quadrate von Rechtecken).
Nicht zu unterschätzen sind die Anforderungen der sprachlichen Kompetenz,
die sich in feinen Unterschieden des arithmetischen Unterrichts zeigen. Dort
werden Beziehungen (nah-fern, kurz-lang), vergleichende und
räumlich-zeitliche Bestimmungen (auf, über, an, bei, in vorher,
nachher, um, vor, zwischen, etc.) gefördert und ein-oder
ausschließende Beziehungen (alle, manche, keiner, alle außer,
weder...noch). Sprachverständnisstörungen führen zu einer
falschen Ausführung einer Handlung und damit auch die Ausbildung falscher
innerer Bilder.[102]
Abschießend kann festgestellt werden, daß in der Phase des
konkreten Handelns besonders auf Störungen der visuellen Wahrnehmung und
des Sprachverständnisses zu
achten ist.
Neben den handelnden Umgang mit Materialien, dieser wird jedoch allmählich
verdrängt, kommt nun die bildhafte Darstellung hinzu. Hier gewinnt vor
allem das Schulbuch als didaktisches Mittel zusehends an Bedeutung. Die
Operationen werden nicht mehr selbsttätig ausgeführt, sondern an
deren Stelle tritt eine zeichnerische Abbildung der Mengen mit der
dazugehörigen Andeutung der jeweils verlangten Operation durch graphische
Zeichen (Pfeile, Durchstreichungen).
Beispiele:
Angenommen wird dabei, daß die Verminderung der wirklichen,
drei-dimensionalen Gegenstände auf zweidimensionale repräsentierte
einen weiteren Schritt in Richtung Verinnerlichung bewirkt. Die Darbietung des
Sachverhalts und die angedeutete Operation muß sich der Schüler nun
vorstellen, muß sie in ein inneres Bild der Handlung übersetzen.
Wesentlich ist auch, daß in dieser Phase neben der
zwei-dimensionalen-bildhaften Darstellung eine dazugehörige
ziffernmäßige tritt. Die Mengen des Bildes sind durch Zahlen zu
charakterisieren, die Operationen werden durch entsprechende Symbole
angegeben.[103]
Beispiel:
Die bildhafte Darstellung der mathematischen Operationen und die
dazugehörende ziffernmäßige Begleitung verlangt von den Kindern
neben der motorischen Ausführung des Schreibens, sich trotz der statischen
Darstellung der Bilder und der graphischen Zeichen den Operationsaufbau visuell
vorzustellen. Die Kinder müssen sich, mit einem "visuo-motorischen
Gedächtnis" an den Vorgang erinnern, der mit der Operation verknüpft
war. Zudem müssen die Kinder, die in verschiedenen Zeichnungen und Bildern
dargestellten arithmetischen Operationen, als ein visuelles Schema für
ähnliche Darstellungern verfügbar haben.
Vor dem inneren Auge des Kindes muß nun zum Beispiel beim Sehen des
Plus-oder Minuszeichens der Vorgang des Hinzufügens oder des Wegnehmens
ablaufen.
Es wird in dieser methodischen Phase versucht, die konkrete anhaftende
Anschauung als Mittel der Aufgabenlösung zu überschreiten. Die
dafür notwendige Transformation der statischen optischen Bilder in eine
visuelle Vorstellung "bedarf der Ausbildung visueller Schemata."
(Lorenz, 1992, S. 96)
Dabei kommt noch eine weitere Anforderung hinzu: Die Ziffern als Symbole
für die Zahlen. Dies stellt für den Schüler eine neue
Schwierigkeit dar, denn die Ziffern sind willkürlich und undurchschaubar,
es liegen ihnen keine vom Schüler erkennbare Logik zugrunde. Die Symbole
müssen als Konventionen gelernt werden.
Die Grammatik, der die Zeichen unterliegen, ergibt sich aber nicht aus den
Handlungen oder der visuellen Anordnung der Gegenstände, sie ist von
diesen abgehoben. Dies zeigt sich an Beispielen von Grundschulbüchern
(Abbildung 11), in denen
viele Kinder den Fehler des Ziffernzusammenziehens (5 + 3 = 53) nur dadurch entgehen, da sie das Zeichen 53 nicht kennen und somit auch nicht verwenden. Aber bereits in der 2. Klasse kann man auf Fehler dieser Art treffen.[104]
Mögliche Störungen können bereits bei der Analyse der bildlichen
Darstellung auftreten. Der Schüler muß, will er den Zeichnungen
einen Sinn entnehmen, auch hier über die Fähigkeit der
Figur-Grund-Wahrnehmung verfügen (Abbildung 12). Er muß
versteckte, eingebettete Figuren und Gegenstände erkennen und auch
isolieren können. Diese Fähigkeit ist notwendig, bevor der
Schüler ungeordneten Mengen von Zahlen und bildlichen Darstellungen eine
Struktur aufprägen kann. Sie müssen sich auf einen Teil des
Gesamtbildes konzentrieren, müssen es isoliert betrachten.
Beispiel:
Eine weitere mögliche Störung liegt im Bereich der
Wahrnehmungskonstanz. Durch die zunehmende ikonische Darstellung
(Abbildung 13), wird von den Kindern verlangt, daß sie
Rechtecke von Parallelogrammen und Quadraten, Kreise von Ellipsen
unterscheiden, auch wenn sie in verschiedenen Lagen zueinander stehen.
Beispiele:
Die Arbeitsanweisung, wie auch die Tätigkeit selbst ist vornehmlich
visueller Art, indem ähnliche Figuren zusammengefaßt,
unterschiedliche hingegen abgetrennt und ausgesondert werden. Hier
entfällt die Hilfe durch Erfahrungen taktil-kinästhetische Art, so
daß die Kinder bei Störungen dieser Fähigkeit solche Aufgaben
nicht bearbeiten können.[105]
In dieser Phase kommt als Anforderung noch das zwei-dimensionale Sehen hinzu.
Diese Fähigkeit ist für das Interpretieren flächig dargestellter
Figuren und Sachverhalte notwendig.
Das zwei-dimensionale Sehen bzw. das Interpretieren zwei-dimensional
dargestellter Figuren enthält gesonderte Probleme.
"Die Fähigkeit, zweidimensionale, auf Papier dargestellte Symbole und
Bilder richtig zu erkennen, entwickelt sich bei Kindern, nachdem sie gelernt
haben, dreidimensionale Gegenstände und ihre Beziehungen zueinander
wahrzunehmen."
(Lorenz, 1992, S 101, "zit. nach Reinhartz/Reinhartz, 1974, S. 16")
Diese Erkenntnisleistung ist keineswegs selbstverständlich, sondern
unterliegt ausgebildeten Vereinbarungen, die im Mathematikunterricht erst
gelernt werden müssen. Kinder erkennen zwar die Darstellung eines
Würfels, würden ihn aber selbst nicht so zeichnen. Für andere
Figuren gibt es nicht immer eine strenge Übereinkunft, wie sie zu
interpretieren, zu sehen sind.[106]
Ein weiterer Störbereich kann im Bereich der Intermodalität
liegen. Unter intermodaler
Wahrnehmung "wird die Verknüpfung von Empfindungen verschiedener
Sinneskanäle zu
einer neuen, umfassenderen Empfindung verstanden." (Lorenz, 1992, S.
109)
Erst durch die Koordination verschiedener Eindrücke entstehen
wirklichkeitsnahe Wahrnehmungen, die eine Basis für Begriffe bilden.
Informationen werden in den seltensten Fällen einkanalig, etwa nur auditiv
oder visuell aufgenommen, sondern der sprachliche Begriff und das visuelle Bild
werden gleichzeitig abgespeichert. Eine Störung in diesem Bereich
verhindert die Übersetzung von einer Sinnesmodalität in eine andere.
Auch mathematische Aufgabenstellungen erfordern eine Intermodalität, eine
Übersetzung sprachlicher Begriffe in visuelle Bilder oder von bildlichen
Vorstellungen in verbale, zum Beispiel arithmetische Formen. Die Bewirkung
eines vorstellungsmäßigen Bildes durch eine sprachliche
Äußerung ist bei der Bearbeitung mathematischer Probleme nicht nur
hilfreich, sondern sehr oft auch notwendig, und dies nicht nur bei Text-und
Sachaufgaben, sondern auch beim schlichten Lösen arithmetischer
Operationen.[107]
Auf dieser Stufe geht es im wesentlichen um die Darstellung der konkret
vollzogenen Handlung in Form einer zeichnerischen Abbildung und um die
bildliche Darstellung im Zusammenhang mit graphischen Zeichen und Symbolen.
Alles das, was auf der ersten Stufe des Verinnerlichungsprozesses
mathematischer Operationen konkret stattfand, muß nun vorgestellt werden.
Wo dieser Transfer nicht gelingt oder wo schon im konkreten Handeln
Beeinträchtigungen vorlagen, gibt es jetzt Schwierigkeiten. Hauptursache
könnte eine beeinträchtigte visuelle Wahrnehmungsverarbeitung sein.
Denn, was nicht richtig verarbeitet wurde, kann auch nicht richtig gespeichert
werden. Es gibt immer wieder Kinder, die in diesem Bereich Schwierigkeiten
haben, die nicht auf Anhieb wissen, was sie mit Symbolen für plus oder
minus anfangen sollen. Diese Schwäche wirkt sich auch auf die nächste
Stufe aus.[108]
Wurde zuvor den Mengenbildern die Zahleigenschaft in Form von Ziffern
zugeordnet und die konkrete Handlung durch ein Symbol (+ ; -) angedeutet, so
wird das konkrete nun gänzlich abgestreift, und es wird nur noch die
mathematische Struktur einer Handlung beachtet. Die Ziffern und ihre Verbindung
in Gleichungen werden zur strukturellen, logischen Bedeutungsträgern.[109] "Übrig bleiben soll eine
logisch-unanschauliche Struktur im Denken, die ihre Kraft dadurch erfährt,
daß sie "leichtläufig, beweglich und leicht übertragbar"
sei."
(Lorenz, 1992, S. 112, "zit. nach Grissemann/Weber, 1982, S. 43)
Die Betonung der ziffernmäßigen Darstellung und das
Zurücktreten der visuellen Bedeutung heißt nun keineswegs, daß
die kindliche Anschauung ausgeschaltet wird, vielmehr findet eine Verschiebung
des Schwergewichtes statt. Der Schüler ist immer noch angehalten, visuelle
Vorstellungen der Operationen an anschaulichen Handlungen zu bilden. Dieses
konkrete Handeln soll allerdings nur noch begleitend erfolgen.[110]
Dem Kind gelingt die operative Abstraktion nicht, es bleibt in seiner
Vorstellung immer noch an der konkreten Manipulation von Gegenständen und
Dingen hängen. Diese Schwäche zeigt sich im Unterricht dann, wenn das
Kind auch am Ende des ersten Schuljahres noch Gegenstände zum
Ausführen der Handlungen benötigt, oder es offen oder verdeckt mit
den Fingern rechnet. Der Schüler ist nicht in der Lage, die dafür
notwendigen visuellen Bilder zu entwickeln.[111]
Weiters gibt es individuelle Unterschiede beim Bestimmen räumlicher
Beziehungen und beim Operieren mit ihnen. Diese Schwierigkeiten können
auch mit den Besonderheiten des bildlichen Gedächtnisses
zusammenhängen. Schüler die im Unterricht erfolgreich räumliche
Relationen erfassen, haben meist keine Probleme, räumliche Bilder zu
entwickeln und sie vor allem auch im Gedächtnis zu behalten. Sie "sehen"
dieses Vorstellungsbild und können damit in Gedanken operieren, ohne auf
Gegenstände zurückzugreifen zu müssen. Sie können die
geschaffenen Bilder festhalten und umformen.
Diejenigen Schüler, die jedoch große Schwierigkeiten bei der
Entwicklung einer Vorstellung haben, müssen auf die anschaulichen
Handlungen zurückgreifen, die ihnen helfen, die entstandene Vorstellung zu
fixieren und sie im Gedächtnis wiederzubeleben.[112]
Die Ursachen dieser Verständnisprobleme können darin liegen,
daß der Unterbau der Basisfähigkeiten (Zählen,
Mächtigkeitsbestimmungen) nicht fest genug gegründet war. Somit ist
keine Sicherheit vorhanden. Es kann aber auch eine allgemeine Schwäche zu
abstrahieren vorliegen. Das Kind bleibt dem Konkreten verhaftet und braucht
weiterhin den Umgang mit wirklichen Gegenständen, und seien es die Finger.
Und schließlich kann auch hier, die mangelnde Einsicht in das dekadische
Positionssystem der Zahlendarstellung (vgl. S. 53/3.)den Denkprozeß
behindern.[113]
Als letzter Schritt wird die Automatisierung im Zeichenbereich angestrebt, die
allgemein durch die Unterrichtsphase der Übung realisiert wird. Dies
scheint notwendig, um eine Entlastung des kindlichen
Kurzzeit-Gedächtnisses zu erreichen. Die späteren, komplexen Aufgaben
verlangen eine solche Automatisierung der einzelnen Teilschritte, aus denen sie
aufgebaut sind. Es werden beispielsweise der Zahlenraum bis 20 für die
Addition und Subtraktion automatisiert, genau so wie das Kleine 1
. 1. Es handelt sich hier um ein festverankertes Wissen,
das neben der geforderten Geschwindigkeit auch fehlerfrei ablaufen soll. Denn
bei Aufgaben in einem größeren Zahlenraum (1000) können die
Rechnungen nicht mehr auf anschauliche Repräsentanten, auf Teilschritte
oder Zahlenzerlegungen zurückgeführt werden, weil der Schüler
sonst bei der Gesamtberechnung überlastet ist. Solche Schüler
scheitern sehr oft bei Aufgaben an der zur Verfügung stehenden Zeit und
begehen mehr Fehler. Die Lösung der Aufgabe 8 + 7 oder 6 .
4 sollte "gespeichert" sein und nicht erst berechnet werden
müssen.
Aber mit diesem Automatisieren ist keineswegs ein mechanisches Einschleifen
gemeint, das ohne Sinnbezug herstellbar ist. Gemeint ist hier, daß die
nun automatisierten Handlungen bzw. kognitiven Operationen auf frühere,
durchschaubare Zusammenhänge bedeutungsvoll übertragen werden
können, auf die in Problemsituationen zurückgegriffen werden kann.
Ansonsten gelingt keine Anwendung.[114]
Das Vorhandensein dieser Fähigkeiten bewirkt beim Erwachsenen, der das
Kleine 1 . 1 beherrscht, daß es ihm unwahrscheinlich
ist, auch nur Teile davon zu vergessen. Treten solche Störungen auf, ist
es unmöglich komplexere Formen arithmetischer Aufgaben zu lösen.
Im Grundschulbereich kann man immer wieder auf Kinder treffen, die Aufgaben
"bildlos", ohne Anschauungsbeziehung erfolgreich lösen, in dem sie mit
Hilfe von Kompensationsstrategien (Auswendiglernen) ihren Mitschülern
durchaus ebenbürtig sind. Doch fallen in der Regel, spätestens in der
3. Schulstufe (Zahlenraum 1000), Schüler mit Rechenstörungen gerade
wegen ihrer geringen Beherrschung der automatisierten Algorithmen und des
Faktenwissens gegenüber Mitschülern ab. Sie müssen jeden
einzelnen Zahlensatz isoliert auswendig lernen und können nicht auf
räumlich vorgestellte Strukturen als Orientierungshilfe
zurückgreifen.[115]
Auch bei den schriftlichen Rechenverfahren werden solche Automatismen verlangt.
Diese beziehen sich auf Algorithmen, die es möglich machen auch
langwierige Operationen durchzuführen, deren Lösung nicht auswendig
gewußt wird und die auch nicht im "Arbeitsspeicher" ausgeführt
werden können. Es handelt sich hier um die Ausführung einer
Ausführungssequenz, die sich auf den Zeichenbereich bezieht und nicht mehr
notwendig mit einer entsprechenden Handlung, einer Manipulation konkreter oder
vorgestellter Objekte gekoppelt ist.
Verlangt wird hier die Fähigkeit visuelle Eindrücke in ihrer
seriellen Abfolge zu analysieren und abzuspeichern, denn die Reihenfolge ist
nicht umkehrbar oder austauschbar. Ferner wird eine ungestörte
Raumorientierung verlangt, da sonst aufgrund eines verdrehten
Vorstellungsbildes die Operation in umgekehrter und somit falscher Reihenfolge
ausgeführt wird.[116]
Mögliche Störbereiche innerhalb dieser Phase können auftreten
durch einen Mangel der Assoziationsfähigkeit, des
Langzeitgedächtnisses, des auditiven
Kurzzeit-Gedächtnisses und der kognitiven Stützfunktionen
wie Ausdauer, Konzentration.
In dieser Phase wird das Kind durch Defizite in seinen Stützfunktionen
beeinträchtigt, falls eine Festigung, also der Übergang in das
Langzeitgedächtnis nicht gelingt. Bei schwerwiegenden Störungen des
Gedächtnisses, die meist einen neurogenen Ursprung haben, ist die Prognose
für das Lernen insgesamt, nicht nur für den arithmetischen Bereich,
ungünstig. Das kindliche Wissen kann nur sehr schwer erweitert werden,
Sachverhalte und Zusammenhänge müssen jeweils neu abgeleitet
werden.
Im Unterricht fallen diese Kinder sehr oft dadurch auf, daß sie am Ende
der ersten Klasse den Zahlenraum bis 10 noch nicht automatisiert haben,
Zehnerergänzungen jeweils neu berechnen und komplementäre Zahlen
(1-9, 2-8, 3-7) nicht kennen. Der Zehnerübergang als erste Hürde, die
die Automatisierung der Zahlzerlegung im 10-er Raum verlangt, bereitet ihnen
Schwierigkeiten. Im zweiten Schuljahr versagen sie beim 1 . 1
oder produzieren Assoziationsfehler (4 . 4 = 14). Sie
müssen bei Zahlenraumerweiterung die basalen Rechnungen (30 + 40, 300 +
400) langwierig durchführen, da sie die Analogien nicht verstanden haben.
Außerdem scheitern sie an der Rechnung im Zehnerbereich (3 + 4 ).[117]
Ein weiterer Bereich von Rechenstörungen sei hier noch erwähnt. Es
handelt sich um Teilleistungsschwächen im Erkennen der Raumlage (vgl.
3.1.4) und der Raumbeziehungen. Störungen der Raumlage sind auch im
Bereich des Deutschunterrichts bekannt. Es handelt sich hier um
Lese-Rechtschreibschwächen. Sie sind charakterisiert durch Verdrehungen
und Vertauschungen wie zum Beispiel bei 6 und 9, 3 und E, b und d, g und b.
Störungen der Raumbeziehungen zeigen sich im Rechnen vor allem beim
Zahlenlesen und Schreiben zweistelliger Zahlen. Hinzu kommt noch die der
Schreibrichtung entgegengesetzte Sprechweise. Wir sprechen die Zahl 42 von
rechts nach links, wir schreiben sie aber von links nach rechts. Die Lage im
Raum und die Beziehung zu benachbarten Zahlen ist auch bedeutsam beim Schreiben
mehrstelliger Zahlen, beim schriftlichen Addieren und Subtrahieren, wie
überhaupt beim schriftlichen Rechnen. Zeichen wie größer >
und kleiner <, mal x und geteilt :, wie vereint und geschnitten und
Fließdiagramme, können Kinder mit Teilleistungsschwächen im
Bereich der Raumwahrnehmung erheblich verwirren. Aber auch so einfache Dinge,
wie das Abschreiben von der Tafel oder einem Buch, kann den Kindern
schwerfallen. Sie verlieren die Stelle und haben Schwierigkeiten sie
wiederzufinden. Daran können auch graphomotorische Probleme oder
Beeinträchtigungen des visuellen Apparates schuld sein.[118]
Der Vollständigkeit halber sei auch noch erwähnt, daß einige
Autoren (Lorenz/Radatz, 1993; Lorenz, 1992) die Nebenphase des
Sachrechnens behandeln. Das Sachrechnen kann hier insofern angeführt
werden, da es sich um die Anwendung der gelernten Begriffe handelt und parallel
zu jeder der angeführten Phase verläuft. Die kognitiven Anforderungen
sind andere (vgl.3.3). Zum einen muß der Schüler über eine
genügende Leseleistung verfügen, da ansonsten die Sinnentnahme nicht
möglich ist, zum anderen wird die Übersetzung sprachlicher
Beschreibungen in Vorstellungsbilder verlangt. Außerdem stellen
Textaufgaben insofern eine Schwierigkeit dar, da im Gegensatz zu schlichten
Rechenaufgaben die Entscheidung über die auszuführende Operation
verlangt wird.
Nicht alle Rechenschwächen gleichen sich. Der Lehrer sollte die
Fähigkeiten, aber auch die Art der Störung seiner Schüler kennen
um gezielte Maßnahmen ergreifen zu können. Dazu können
Leistungstests, die Auskunft über die Rechen-wie auch Denkfähigkeit
geben, verwendet werden werden, aber auch, eine genaue Beobachtung der
Schüler und ihrer Denkprozesse ist not wendig um sich ein Bild von der Art
der Rechenschwäche zu machen.
Folgende Defekte mit unterschiedlichen Schweregrad können vorkommen:[119]
1. Die Unfähigkeit, eine Eins-zu-Eins Entsprechung zu erfassen, zum
Beispiel kann nicht angegeben werden, wieviele Gabeln man für ein Essen
von vier Personen aufdecken muß.
2. Die Unfähigkeit, sinnvoll zu zählen. Obwohl Zahlen nach der Reihe
mechanisch aufgesagt werden können, besteht kein Zusammenhang zwischen dem
Symbol und der Menge.
3. Die Unfähigkeit, die auditiven und die visuellen Symbole zu
assoziieren. Es besteht die Fähigkeit, mündlich zu zählen, aber
die Zahlen können visuell nicht identifiziert werden.
4. Die Unfähigkeit, das System der Kardinal-und Ordinalzahlen zu
erfassen.
5. Die Unfähigkeit, sich eine Gruppe von Dingen aus einer Anhäufung
von Gegenständen bildlich vorzustellen. Jeder einzelne Gegenstand
muß für sich gezählt werden.
6. Die Unfähigkeit, sich das Prinzip der Erhaltung einer quantitativen
Größe vorzustellen. Manche Kinder können nicht verstehen,
daß es immer ein Schilling ist, ob er nun aus zwei
Fünfziggroschenstücken, zehn Zehngroschenstücken besteht. oder
das ein halbes Kilo Butter dasselbe ist wie zwei viertel Kilo Butter.
7. Die Unfähigkeit, arithmetische Aufgaben zu lösen.
8. Die Unfähigkeit, die mathematischen Zeichen zu verstehen. Häufig
ist dies auf eine Wahrnehmungsschwäche zurückzuführen
(Unfähigkeit, zwischen Additions- und Multiplikationszeichen zu
unterscheiden). Gravierender ist das Versagen, die Bedeutung der Zeichen zu
verstehen.
9. Die Unfähigkeit, die Anordnung der Zahlen auf einer Seite zu erfassen.
Kinder, die lesen lernen, müssen begreifen, daß die Reihenfolge der
Buchstaben innerhalb eines Wortes von Bedeutung ist. Diejenigen, die Rechnen
lernen, müssen wissen, daß auch die bestimmte Anordnung von Zahlen
einen Sinn hat. Bei visuell-räumlichen Auffassungsstörungen ist
häufig auch die Rechenfähigkeit beeinträchtigt.
10. Die Unfähigkeit, eine Reihenfolge von Schritten für die
Lösung verschiedener Aufgaben einzuhalten und zu behalten.
11. Die Unfähigkeit , die Grundregeln des Messens zu verstehen.
12. Die Unfähigkeit, Karten und graphische Darstellungen zu lesen.
13. Die Unfähigkeit, die Methoden und Regeln zur Lösung bestimmter
Aufgaben auszuwählen. Das Kind mit einer Rechenstörung kann die
Wörter lesen und die Aufgabe lösen, wenn man ihm das Prinzip
erklärt, addieren, subtrahieren, multiplizieren usw., aber ohne Hilfe kann
es nicht entscheiden, welche Rechenart es anzuwenden hat.
Mit den Beeinträchtigungen auf den vier Stufen im
Verinnerlichungsprozeß mathematischer Operationen und den aufgelisteten
Schwächen von JOHSON/MYKLEBUST sind noch längst nicht alle
Störmöglichkeiten erfaßt. Es sollte aber auf die grundlegenden
Faktoren zum Aufbau von Rechenfertigkeiten hingewiesen werden, damit die
Kenntnis dieser stufenweisen Entwicklung dazu beitragen kann, auf
Teilleistungsschwächen aufmerksam zu werden, und rechschwachen Kindern
sinnvoll zu helfen. Die hier aufgeführten Störmöglichkeiten im
Aufbau des mathematischen Denkens mögen in vielen Fällen
genügen, um Anregungen für geeignete Fördermöglichkeiten zu
geben. Andernfalls ist eine gründliche diagnostische Abklärung auf
Teilleistungsschwächen notwendig.
Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit Möglichkeiten der Diagnose von
Rechenstörungen in der täglichen Unterrichtsarbeit. Eine
psychologische Diagnostik mit Hilfe psychometrischer Tests ist für die
tägliche Unterrichtsarbeit unrealistisch und meiner Meinung auch nicht
Aufgabe des Volksschullehrers. Die Eingrenzung der Ausprägungen einer
Teilleistungsschwäche im mathematischen Denken muß in der Regel von
außerschulischen Einrichtungen geleistet werden.
Für die tägliche Arbeit mit Kindern ist es von fundamentaler
Bedeutung, "im Detail mathematische Kenntnisse der Kinder zu erfassen."
(Nolte, In: Mathematische Unterrichtspraxis Heft 4, S. 21)
Die Lernausgangslage, die Schwächen eines Kindes werden zuerst von der
Lehrerin im Mathematikunterricht festgestellt. Viele Vermutungen über die
Verursachung der Rechenschwäche eines Schülers werden während
des Lehr-Lern-Prozesses gebildet und machen erst dann den gezielten Einsatz
diagnostischer Verfahren notwendig.
Das rechtzeitige Erkennen von Rechenschwierigkeiten ist also Aufgabe der
Grundschullehrer, weil auch die Eltern die durchaus erkennbaren Hinweise nicht
zu deuten mögen, oder sie als Eigenheiten der Kinder interpretieren.
Für Kinder mit Lernschwierigkeiten sollte der Mathematikunterricht nicht
begrenzt werden auf das Einüben elementarer Fertigkeiten beim Rechnen.
"Bevor man einem Kind in der Klasse mehr Übungsaufgaben "verschreibt"
oder mit ihm in Förderstunden den Schulstoff wiederholt, muß die Art
der Schwierigkeiten erfaßt werden."
(Schmassmann, In: Grundschule, Heft 6, 1993, S. 33)
Ausgehend von einer Analyse des jeweiligen Rechenversagens, wozu neben der
Analyse der Fehler und eine Überprüfung der
Lernausgangslage für die jeweilige Klasse auch eine
Verhaltensbeobachtung gehört, sollte auch die
Lebensgeschichte des Kindes erfragt werden. Sie kann Hinweise auf die
körperliche, kognitive und emotionale Entwicklung des Kindes geben.
Schülerfehlern im Mathematikunterricht liegt sehr oft eine Strategie oder
Regelhaftigkeit zugrunde, die nachvollziehbar und auch für den
Schüler selbst sinnvoll sind (vgl.2.5). Schülerfehler sind die Bilder
individueller Schwierigkeiten; sie zeigen, daß der Schüler bestimmte
mathematische Begriffe nicht verstanden hat. Für den Lehrer stellt die
Fehleranalyse eine hilfreiche Methode dar, Lernschwierigkeiten zu erkennen und
Hinweise auf Hilfsmaßnahmen zu gewinnen.
Beispielsweise möchte ich hier Fehlstrategien beim nichtschriftlichen
Subtrahieren anführen. Die Fehler können sehr vielfältig sein,
daher werde ich einige häufig beobachtbare Fehllösungen
beschreiben.[120]
Nur selten sind nämlich falsche Aufgabenlösungen zufällige
Flüchtigkeitsfehler. Vielmehr zeigen sie, daß ein Kind Begriffe und
Zusammenhänge mißverstanden und Fehlstrategien
entwickelt hat.[121]
Addition Subtraktion
82 + 7 = 88 96 - 8 = 89
Die Lernausgangslage eines Kindes zu überprüfen bedeutet
"festzustellen, welche Kenntnisse, Lerninhalte bei ihm als gesichert gelten
können, wo es noch im Aneignungsprozeß ist und welche Defizite
vorliegen." (Milz, 1994, S. 103)
Zu wissen, was wir als gelernt voraussetzen können ermöglicht es uns,
solche Aufgaben anzubieten, die das Kind beim augenblicklichen Stand seines
Lernprozesses auch bewältigen kann. Es können hier zumindest bei
einigen Kindern sekundäre Lernstörungen aufgrund von
Mißerfolgserlebnissen vermieden werden. Die Überprüfung ist
nicht als Test gedacht, sondern soll helfen im Sinne einer
Förderdiagnostik den verschiedenen Stufen des mathematischen Lernens,
besonders auch zu Beginn des Mathematikunterrichts, Beachtung zu schenken.
Die Überprüfung der Lernausgangslage gibt zunächst nur
Rückschlüsse auf Defizite in der Aneignung oder der Anwendung
mathematischer Inhalte. Neben dem richtigen bzw. falschen Ergebnis ist der Weg,
den das Kind wählt, um eine Lösung zu bekommen, ein wichtiges
Kriterium der Beobachtung. Ähnlich der Fehleranalyse kann auch hier der
Rechenweg durch lautes Sprechen begleitet werden. Es läßt einerseits
Schlüsse über falsch gelernte Rechenstrategien zu, andererseits kann
es Aufschluß darüber geben, ob allgemeine Schwierigkeiten
(Sprachverständnis, Konzentration, Arbeitshaltung) den Rechenvorgang
beeinträchtigen. Denn neben Ursachen, die ihren Ursprung in
Versäumnissen des Unterrichts haben, können auch andere Gründe,
die im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt werden, zum Tragen kommen, wie
soziokulturell-familiäre, sprachliche oder neurotisch-psychogene.[123]
Einige mögliche Bereiche, die Lernausgangslage zu überprüfen:
1. Schuljahr - Zahlenraum 20[124]
1. Erkennen von Eigenschaften von Elementen
Material: logische Blöcke (verschiedenfarbig, verschieden
große Dreiecke, Quadrate, Rechtecke, Kreise)
Ziel 1: Das Kind versteht Eigenschaftswörter und kann sie auch
richtig anwenden.
Beispiel: "Halte etwas Rotes hoch!"
"Zeige etwas Spitzes!"
Ziel 2: Das Kind kann die Elemente nach Eigenschaften sortieren
Beispiel: "Lege alle roten Figuren auf den Tisch!"
"Bringe mir alle blauen und großen Teile!"
Ziel 3: Das Kind kann die Eigenschaftswörter auf Dinge in seiner
Umwelt anwenden.
2. Eins-zu-Eins-Zuordnung
Material: Rechenplättchen, Würfel o. ä. in verschiedenen
Farben und Größen
Ziel: Das Kind kann bei einer vorgegebenen, linear angeordneten Menge
jedem dieser Elemente ein anderes Element zuordnen.
a) die zuzuordnenden Elemente sind gleich groß;
b) die zuzuordnenden Elemente sollen unterschiedlich groß sein;
Beispiel: LehrerIn legt eine Reihe von 8 Plättchen: "Lege gleichviel
Plättchen daneben.
3. Invarianz
Material: wie oben
Ziel 1: Das Kind kann bei Mengen die Begriffe "gleich", "weniger",
"mehr" anwenden
a) die Mengen sind ungeordnet
b) die Mengen sind geordnet
Folgende Fragen können gestellt werden:
"Wo sind jetzt mehr Steine? Wo sind es weniger? Oder sind es gleich viele?"
Eine Steigerung der Anforderung kann erreicht werden, wenn nur eine Menge
sichtbar ist, oder wenn die Menge um 1 oder 2 Gegenstände verändert
wird.
Ziel 2: Das Kind kann bei Mengen, trotz unterschiedlicher
räumlicher Anordnung der Elemente, die Elemente als gleich erkennen.
Beispiel: Zwei gleich große Mengen werden linear gelegt. Durch
Zusammenschieben oder Auseinanderlegen wird das Erscheinungsbild
verändert. Es werden die selben Fragen gestellt wie bei der ersten
Aufgabe.
4. Seriation
Material: Mengenkarten von 1 bis 10, eventuell bis 20 in gleicher
Darstellungsform, zum Beispiel als Punktmenge, Papier in gleicher
Größe wie die Mengenkarten, Stift.
Ziel: Das Kind kann in einer Folge fehlende Mengendarstellungen finden
und ergänzen.
Beispiel: LehrerIn legt die Mengenbilder 1, 3, 4, 6, 7, 8, 10
nebeneinander aus. Das Kind erkennt, daß die Mengen 2, 5, 9 fehlen, malt
sie auf und legt sie an die richtige Stelle.
5. Teilmengen
Material: Steine, Murmeln, o. ä., 2 gleich große Teller,
Tabletts
Ziel 1: Das Kind kann die auf einem Teller liegende Teilmenge zu der auf
dem anderen Teller vorgegebenen Gesamtmenge ergänzen.
Beispiel: Lehrerin legt auf ihren Teller 3 Murmeln, auf den des Kindes 1
Murmel.
Impuls: " Lege noch soviel Murmeln auf deinen Teller, daß wir beide
gleichviel
haben."
Die gleiche Übung kann mit größeren Mengen im Zahlenraum bis
20, zuerst ohne Zehnerüberschreitung, dann mit Zehnerüberschreitung,
durchgeführt werden.
Ziel 2: Das Kind kann die auf einem Teller liegende Gesamtmenge auf die,
auf den anderen Teller liegende Restmenge vermindern.
Beispiel: Lehrerin legt auf ihren Teller 2 Murmeln, auf die des Kindes
4. Impuls: "Nimm so viele Murmeln von deinem Teller weg, daß wir beide
gleichviel haben."
Auch hier kann der gleiche Vorgang mit größeren Mengen, mit
Zehnerüberschreitung, ohne Zehnerüberschreitung, durchgeführt
werden.
6. Zählen
Material: Steine, Holzwürfel, o. ä.
Ziel 1: Das Kind kann die Anzahl einer Elementenmenge bestimmen durch
Zählen (richtige Zuordnung von Antippen, Element und Begriff).
Beispiel: Lehrerin legt dem Kind eine bestimmte Anzahl von
Holzwürfeln (4, 7, 15) vor und läßt sie zählen.
Ziel 2: Das Kind kann eine genannte Menge legen.
Beispiel: Lehrerin fordert das Kind auf, 3, 8, 14, etc. Holzwürfel
auf den Tisch zu legen.
Ziel 3. Das Kind kann beim Zählen Ordnungsstrategien anwenden.
Beispiel: Das Kind ordnet die zu zählenden Elemente als
Zweiergruppen, als Würfelbild.
7. Ziffern lesen, Ziffern schreiben
Material: Ziffernkarten von 0 bis 10 bzw. 20
Ziel 1: Das Kind kann in ungeordneter Reihenfolge vorgelegt
Ziffernkarten lesen.
Beispiel: Lehrerin legt dem Kind die Ziffernkarten in der Reihenfolge 1
- 4 - 3 - 5 - 2 - 0 - 7 - 6 - 9 - 10 vor. Das Kind liest die Ziffern vor
. Hier ist besonders auf Verdrehungen zu achten.
Material: Papier mit großen Rechenkästchen, Stift
Ziel 2: Das Kind kann in ungeordneter Reihenfolge diktierte Zahlen
schreiben.
Beispiel: Lehrerin diktiert die Zahlen 2 - 5 - 8 - 1 - 4 - 6 - 10 - 3 -
0 - 7 - 9.
Das Kind schreibt die Ziffern. Auch hier ist auf Verdrehungen zu achten.
8: Operationen
Material: Holzwürfel, o. ä., Stift, Papier
Ziel 1: Das Kind kann im Zahlenraum 10 bzw. bis 20
a) eine verbal genannte Aufgabe,
b) eine schriftliche Aufgabe,
als eine Operation mit Material durchführen und das Ergebnis benennen;
als eine Operation mit Material durchführen und Operation bzw. Ergebnis
mit Zeichen und Ziffern schreiben;
ohne Hilfsmittel rechnen und aufschreiben;
Beispiel: Die Aufgaben sollten so gestaltet sein, daß
zunächst Plusaufgaben im Zahlenraum bis 5, dann bis 10, dann im Zahlenraum
bis 20 erst ohne, dann mit Zehnerüberschreitung gegeben werden. Das
gleiche gilt für Ergänzungsaufgaben. Von jedem Aufgabentypus sollten
2 bis 3 Aufgaben gestellt werden, das heißt im Bereich der
Plusaufgaben:
3 + 1, 2 + 2, 1 + 4, 5 + 2, 4 + 5, 2 + 7
13 + 6, 4 + 9, 6 + 5.
Mögliche Impulse:
"Ich sage dir eine Aufgabe. Lege sie mit Würfeln und sage mit das
Ergebnis."
"Ich sage dir eine Aufgabe. Rechne sie im Kopf und sage mir das Ergebnis."
"Ich sage dir eine Aufgabe. Schreibe sie auf und rechne sie aus."
Ziel 2: Das Kind kann einer demonstrierten Operation mit
Gegenständen eine rechnerische Operation zuordnen.
a) verbal
b) schriftlich
Lehrerin legt beispielsweise erst 3 Würfel hin, dann einen daneben,
zuletzt schiebt sie die Steine zusammen.
Frage: "Wie heißt die Aufgabe zu dem, was ich eben gemacht habe?"
Eine andere Möglichkeit ist, die Handlung dem Kind selbst
durchzuführen zu lassen.
"Lege erst 3 Würfel - dann legst du einen dazu. Wieviel Würfel hast
du jetzt? Wie heißt die Aufgabe, die du eben gerechnet hast?"
Das Kind sollte die Operation zunächst benennen, später dann (nur
noch) mit Ziffern und Zeichen aufschreiben.
9. Anwendung mathematischer Kenntnisse in Rechengeschichten.
Ziel: Das Kind kann die mathematische Aufgabenstellung in einer Geschichte
erkennen und die Lösung auf die Geschichte anwenden.
Diese Beispiele lassen sich im Unterricht relativ einfach durchführen. Ich
möchte hier auf Möglichkeiten in der Freiarbeit und im
Förderunterricht hinweisen. Man kann sich hier einzelne Schüler
herausgreifen und mit ihnen einzelne dieser diagnostischen Aufgabenstellungen
durchführen. Die Situation sollte für den Schüler nicht eine
Testsituation sein, sondern in einer gelösten Atmosphäre stattfinden.
Durch die Ergebnisse in den einzelnen Bereichen lassen sich erste
Rückschlüsse ziehen, in welchen Bereichen Schwierigkeiten auftreten.
Es kann anschließend Fördermaterial sinnvoll eingesetzt werden. Bei
Verdacht auf Teilleistungsstörungen im Bereich des mathematischen Denkens
sollte eine genauere Diagnose, mit Hilfe genormter Testverfahren,
durchgeführt werden.
Bei der folgenden Betrachtung einzelner diagnostischer Testverfahren, auch hier
möchte ich mich auf die erste Klasse beziehen, geht es nicht um die
Vorstellung einzelner Tests, sonder um grundlegende Möglichkeiten für
den Lehrer einzelne Bereiche genauer zu untersuchen. Die Durchführung und
die Auswertung solcher Testverfahren sind in der Regel den beiliegenden
Begleitheften zu entnehmen.
Für den Bereich der visuellen Wahrnehmung bietet sich der FEW (FROSTIGS
Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung) an (vgl. 3.1). Es ist ein
Gruppentest, dessen Durchführung und Auswertung schnell zu erlernen ist.
Überprüft werden die visuo-motorische Koordination, die
Figur-Grund-Diskrimination, die Wahrnehmungskonstanz, die Wahrnehmung der
Raumlage, die Wahrnehmung von räumlichen Beziehungen.
Der FEW kann auch für Schüler, die älter als acht Jahre sind
angewendet werden, jedoch sollten sie in allen Untertests die höchsten
Werte haben. Ist dies nicht der Fall, ist das immer ein Hinweis auf eine
Schwäche der visuellen Wahrnehmung.[125]
Sind im Bereich der visuellen Wahrnehmung keine Auffälligkeiten
festgestellt worden, kann der Bereich der auditiven Wahrnehmung
überprüft werden. Eine einfache Möglichkeit ist, die
Flüsterprobe durchzuführen, zuerst mit beiden Ohren und dann mit
jedem Ohr einzeln. Als nächster Schritt bietet sich der Bremer
Lautdiskriminationstest und der Bremer Artikulationstest an. Beide Tests sind
auch schnell und einfach durchzuführen und geben Hinweise im auditiven
oder im sprechmotorischen Bereich. Schließlich kann auch ein Audiogramm
beim Ohrenarzt Hinweise auf Hörbeeinträchtigungen geben. [126]
Um den Stand der motorischen Entwicklung zu überprüfen empfiehlt sich
der KTK (Körperkoordinationstest von KIPHART und SCHILLING, 1974). In
diesem Test werden 4 Bereiche untersucht: Das Balancieren, das einbeinige
Überhüpfen, das seitliche Hin- und Herspringen und das seitliche
Umsetzen von Brettchen.
Das Balancieren zeigt unter anderem, wie differenziert die
Körpermittelsenkrechte wahrgenommen wird. Das einbeinige
Überhüpfen betrifft Kraft, Raumwahrnehmung und Koordination und kann
auf die Ausprägung der Füßigkeit hinweisen. Das seitliche
Hin-und Herspringen verlangt das ständige Verlagern der
Körpermittelsenkrechten, und das seitliche Umsetzen gibt Anhaltspunkte
für die Fähigkeit zur Hintereinanderausführung einzelner
Handlungsfolgen. Es zeigt weiter, in welchem Ausmaß das Kind in der Lage
ist, die Körpermittellinie zu überkreuzen.[127]
Auch diese Methoden können vom Lehrer zur Feststellung von
Teilleistungsschwächen leicht und ohne großen Zeitaufwand
durchgeführt werden. Immer wird man sich fragen müssen, wie sind die
visuelle und die auditive Aufnahme und Verarbeitung von Informationen, wie sind
die motorischen Reaktionen. Ist das Kind zu serialen Leistungen, also zur
Hintereinanderausführung von Denk- und Handlungsabläufen fähig?
Und nicht zuletzt wird man sich fragen müssen: Wie ist das seelische
Befinden? Die persönlichen Erfahrungen aus Beobachtungen im allgemeinen
Unterricht ergänzen und vervollständigen die Beurteilung.[128]
Der traditionelle Mathematikunterricht in der Grundschule besitzt einen
strengen curricularen Aufbau. Wer einen Schritt nicht mitgegangen ist, ihn
nicht verstanden hat, nicht bewältigt hat, kann den nächsten Schritt
nicht mit Erfolg gehen, weil fast alles Vorhergegangene, Grundvoraussetzung
für das Folgende ist. Dieser Sachverhalt zeigt sich in den ersten zwei
Grundschuljahren am deutlichsten. Wer den Zahlenraum bis 10 nicht ohne
Zählen bewältigt, kann auch die Operationen im Zahlenraum bis 100
nicht verstehen, geschweige denn durchführen.[129]
Im herkömmlichen Förderunterricht wird versucht, lernschwachen
Schülern den nicht bewältigten Stoff der vorangegangenen Einheiten so
nahezubringen, daß ihre Defizite verschwinden und sie erfolgreich
mitlernen können. In der Regel findet eine Wiederholung des nicht
Verstandenen mit gleichen Medien, gleicher Methode statt. Das hat bei Kindern
Erfolg, deren Defizite nicht zu groß sind, die einige Stunden
versäumt haben, und bei denen, die in der Kleingruppe überhaupt
leichter und besser lernen können. Für wirklich lernschwache
Schüler ist diese Form der Förderung wenig erfolgreich[130]
Den Schülern mit ihren sehr unterschiedlichen Lernvoraussetzungen kann man
auch innerhalb des Klassenunterrichts kaum durch die Verbesserung einzelner
Differenzierungstechniken
(z. B. eine feinere Stufung der Schwierigkeiten bei mathematischen Aufgaben)
oder durch oberflächliche Motivation (z. B. kopierte Arbeitsblätter
zum Ausmalen und Ausschneiden) gerecht werden. [131]
Die Folgerung aus diesen beiden Aspekten ist, daß einerseits
Lernbedingungen geschaffen werden müssen die den unterschiedlichen
Lernvoraussetzungen gerecht werden, andererseits müssen LehrerInnen darum
bemüht sein, einen Zugang zu der Lerngeschichte und zu den Denkweisen der
Kinder zu erhalten. Dies ist nur möglich, wenn die Kinder ihre
Lernaktivitäten frei entfalten. Diese freie Entfaltung ist nur
möglich im Rahmen eines offenen Unterrichts. Gerade diese Öffnung des
Unterrichts erlaubt, auf individuell sehr unterschiedliche Voraussetzungen,
Fähigkeiten und Interessen angemessen durch eine vielfältige
Differenzierung zu reagieren.[132]
Dieses Konzept ist jedoch umfassender und beinhaltet neben der
didaktisch-methodischen Offenheit des Unterrichts (Freiarbeit, Wochenplan,
selbständig-entdeckendes Lernen), auch die Öffnung der Schule
(institutionelle Offenheit für Integration). Nicht zuletzt darf der Lehrer
vergessen werden, denn offener Unterricht ist nur dann möglich, wenn auch
der Lehrer in seiner Grundeinstellung von diesem Konzept überzeugt ist.
In diesem Kapitel möchte ich mich im wesentlichen auf einen Aspekt, der
für rechenschwache Kinder von besonderer Bedeutung ist,
beschränken:
* die besondere Bedeutung geometrischer Erfahrungen und Förderungen gerade
für Rechenschwache Schüler.
Bei der Entwicklung des Zahlbegriffs, bei der Erweiterung des Zahlenraums,
sowie bei der Erarbeitung der Rechenoperationen sollen die Schüler die
Schüler begreifen (handelnder Umgang mit vielfältigen
Arbeitsmaterialien), sie sollen einsehen (über Darstellungen, Ikonisierung
und Veranschaulichungsmittel) und von ihnen wird ferner erwartet, daß sie
sich mathematische Beziehungen und Operationen vorstellen können.
Nur fallen gerade die meisten Grundschüler mit Lernschwierigkeiten im
Mathematikunterricht auf durch Schwächen, Defizite oder auch
Störungen im visuell-geometrischen Bereich.[133]
Zunächst möchte ich Anregungen vorstellen , die als informelle
Diagnose zum Erfassen der Lernausgangslage, zugleich aber Übungen und
Fördermaßnahmen sein können.
-Visuelles Differenzieren (Figur-Gund-Differenzierung)
Wo ist der Mond in der folgenden Abbildung? Zeichne ihn nach!
Wie viele Perlen sind in diesen Ketten?
Hier wird neben der visuellen Wahrnehmung auch noch eine gefestigte
Zählstrategie verlangt.
-Bilder betrachten und beschreiben: Hier geht es vor allem um die
Wahrnehmung der Raumlage (Links-Rechts-Unterscheidung, oben-unten,
gegenüber, vor-hinter).
-Übungen zur Rechts-Links-Orientierung
Gerade zur Raumdimension rechts- links haben viele Volksschüler noch keine
ausreichenden Erfahrungen gesammelt. Die Fähigkeit zur Unterscheidung ist
oft bis zum Ende der Grundschulzeit recht unsicher. Eine sichere Unterscheidung
ist aber gerade für viele didaktische Modelle und Arbeitsmittel von
Bedeutung (Zahlenstrahl, Hundertertafel, Stellenwerttafel). Wie soll sich ein
Schüler am Zahlenstrahl zurechtfinden, wenn er unsicher ist, wo links und
rechts ist?[134]
Einige Übungsanregungen:
* Rechts-Links-Unterscheidung am eigenen Körper:
-Hebe die rechte Hand, den linken Fuß.
-Zeige mit dem Zeigefinger der linken Hand auf dein rechtes Ohr.
-Hüpfe dreimal auf dem rechten Fuß.
usw.
* Bewegungen und Orientierungen auf Anweisungen:
-Gehe drei Schritte vorwärts, rechts um, vier Schritte vor, links um, drei
Schritte zurück. Anschließend kann der Weg auf Karopapier
aufgezeichnet werden (visuelles Erinnern!).
* Rechts-links von anderen Gegenständen:
Gut sichtbar für alle Schüler werden verschiedene Körper
aufgebaut, zum Beispiel:
Was liegt rechts neben der Kugel? Was liegt links neben dem Quader?
Die Lage der Gegenstände kann verändert werden und die Übung
kann wiederholt werden.
-Speichern visueller Informationen/visuelles Gedächtnis
Eine notwendige Fähigkeit gerade für das "Sehen" mathematischer
Beziehungen und die gedächtnismäßige Durchführung
arithmetischer Grundoperationen ist das visuelle Erinnern der im Unterricht
durchgeführten Handlung mit verschiedenen Arbeitsmaterialien und die
darauf abgestimmten Darstellungen an der Tafel oder im Schulbuch.
Kinder mit Schwächen in diesem Bereich spielen ungern Memory, sie
vermeiden das Zusammensetzen komplexer Puzzle, es fällt ihnen schwer ihr
Zimmer "im Kopf" zu beschreiben, sie verlieren sich auf einer Schulbuchseite
und finden nicht wieder zurück.
Folgende Übungen verbinden diagnostische Aspekte und
Fördermöglichkeiten.[135]
* Man zeigt dem Schüler eine geometrische Figur und läßt sie in
Ruhe betrachten. Nach kurzer Zeit wird eine Menge mit verwandten Figuren
gezeigt, aus denen die Schüler die erste wiedererkennen sollen.
In diesen Bereich fallen auch alle Memory-Spiele.
-Räumliche Vorstellungsübungen (Kopfgeometrie)
Störungen im Umfeld der Raumwahrnehmung, Raumorientierung und
Raumvorstellung, wirken sich vor allem im Rechnen aus und beeinträchtigen
auch die Entwicklung des Denkens.
Die Kinder sollten Lagebeziehungen zwischen und an Gegenständen sowie
geometrische Grundformen an Gegenständen erkennen. Ferner sollten sie sich
diese Gegenstände vorstellen und beschreiben können.[136]
-Übungen zur Raumorientierung
* Die Kinder schließen die Augen. "Was hängt rechts an der Wand in
unserem Klassenzimmer? Was steht vorne links in der Ecke?"...
* "Ich sehe etwas, was du nicht siehst und das ist rund (und hoch)...."
* Wir suchen im Kopf nach geometrischen Grundformen in unserem Klassenzimmer:
"Augen zu! Wo gibt es in unserem Klassenzimmer quadratische (runde, eckige,
...) Formen?"
* Die Lehrerin zeigt zum Beispiel einen Quader und läßt die
Schüler die Lage von Ecken beschreiben. "Die Ecke ist oben vorn
rechts,...."
Dies stellt nur eine kleine Auswahl der möglichen Übungen dar.
Weitere Anregungen finden sich RADATZ/RICKMEYER, 1991, S. 146 ff und
LORENZ/RADATZ, 1993, S. 108 f.
-Bestimmen/Zählen nicht sichtbarer Elemente
-Nachbauen von Würfelvorlagen
-Übungen zur Auge-Hand-Koordination
Zur Förderung der Auge-Hand-Koordination sind alle Spielsituationen von
Bedeutung, die ein Zusammenwirken von Augenbewegung und Handbewegung erfordern.
Eigentlich gibt es kaum eine Tätigkeit ohne diese Wahrnehmungsleistung.
Schon zum Aufnehmen eines Spielgegenstandes wird diese Fähigkeit
benötigt. Das Auge fixiert den Gegenstand, die Hand wird mit Hilfe des
Auges hingeführt.
Grundsätzlich eignen sich alle Ballspiele zur Förderung dieser
Fähigkeit.
* Statische Ziele treffen: Zielwerfen in einen Eimer. Der Ball wird
aufgenommen, das Ziel wird von den Augen anvisiert und die Hand wirft den Ball
in die entsprechende Richtung.
* Bewegliche Ziele treffen: Hierbei muß der Gegenstand mit den Augen
verfolgt und die Hand dem bewegten Gegenstand angepaßt werden.
Luftballons eignen sich für die Übung sehr gut, da sie relativ
langsam fliegen und so genügend Zeit bleibt für die
Koordinationsleistung.[137]
-Übungen zur Formkonstanzbetrachtung
Die Beschäftigung mit der Wahrnehmungskonstanz dient dazu,
Größe, Farben und Formen zu Unterscheiden.
* Aus einem Sack gleiche Sachen herausfinden
* Bildpaare finden, die denselben Gegenstand aus unterschiedlichen Perspektiven
darstellen.
Sehr viele Anregungen und Angebote auf dieser Ebene sind in Arbeitsheften von
Marianne FROSTIG zu finden.[138]
Beispiele Aus dem Marianne FROSTIG Programm:
Die beschriebenen Möglichkeiten zur Förderung und Diagnose von
Schwächen in der visuellen Wahrnehmung stellt nur eine Auswahl dar.
Zahlreiche weitere Fördermöglichkeiten werden in RADATZ/RICKMEYER,
1991, S. 128 ff und in LORENZ/RADATZ, 1993, S. 83 ff angeboten.
Zahlreich weitere Anregungen für die Vorschule und Grundschule geben
folgende Programme:[139]
* Förderprogramm von Marianne FROSTIG
Es werden in diesem Programm Spiel-und Übungsanregungen sowie
Arbeitsblättter zu folgenden Fähigkeiten angeboten.
-visuo-motorische Kordination,
-Figur-Grund-Diskrimination,
-Wahrnehmungskonstanz,
-Wahrnehmung der Raumlage,
-Wahrnehmung von räumlichen Beziehungen.
* Optisches Differenzierung-und Konzentrationstraining (Müller
1982)
Dieses Programm besteht aus 256 Kopiervorlagen und einem Informationshandbuch
dazu. Angeboten werden zahlreiche Übungen zum Anmalen, Ausschneiden,
Ankreuzen, Kleben,...
Folgende Bereiche werden gefördert:
-geometrische Lagebeziehungen,
-Qualitätsbegriffe,
-die Mengenerfassung,
-die visuelle Differenzierung,
-die Figur-Grund-Wahrnehmung, u. a.
In sehr vielen Bereichen des Denkens, nicht nur im mathematischen Denken,
spielt die visuelle Anforderung eine sehr große Rolle. Daher ist die
Förderung der visuellen Wahrnehmung ein zentraler Faktor im gesamten
kognitiven Fähigkeitsbereich.
In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt in der Darstellung, wie die Entwicklung
des Raumes mit Hilfe der Arbeit am und mit dem Körper zu fördern
ist.
Auch die drei Dimensionen des euklidischen Raumes sind angesprochen: vertikal,
horizontal, Vorne-hinten. Erfahrungen mit Haltung, Gleichgewicht und
Körperschema stehen im Mittelpunkt. Der Raum wird am und mit Hilfe des
eigenen Körpers erlebt. Alle uns umgebenden Objekte werden in Beziehung zu
unserem Körper gesehen und die Orientierung im Raum wird bezüglich
unseres Körpers bestimmt. Aus diesem Grunde ist es wichtig, daß ein
klares, genaues und vollständiges Bild des Körpers und seiner
Orientierung im Raum erworben wird.[140]
Übungen zur Orientierung am eigenen Körper
* Wo sitzt die Fliege?
Man steht dazu mit geschlossenen Augen im Raum und benennt diejenigen Stellen
an denen man vom Partner berührt wird.
* Spiegelbilder
Spiegelgleiche Bewegungen. Zwei Partner stehen einander gegenüber. Ein
Partner beginnt, sich langsam zu bewegen, der andere macht ihm diese Bewegungen
spiegelgleich nach. Es erfordert schon eine gewisse Abstraktionsleistung, denn
es muß recht und links vom Gegenüber auf die eigene Person
übertragen werden.
Übungen zur Größeneinschätzung
* Raum ausmessen
Wie oft passe ich mit meinem Körper in die Zimmerlänge?
Mit wievielen Personen kann man eine vorgegebene Strecke oder eine vorgegebenen
Raum auslegen?
Es geht hier um Begriffe länger-kürzer, größer-kleiner.
* Messen mit Körperteilen
Wie oft paßt meine Handfläche, mein Fuß in eine vorher
festgelegte Strecke?
Hier wird auch der Aufbau einer Größenrelation gefördert
(Messen mit willkürlichen Maßeinheiten).
Übungen zur Raumerfahrung
* Entdeckungsreise
Den Raum mit geschlossenen Augen erkunden. Die unterschiedlichen Formen,
Kanten, Rundungen, die Länge, die Breite wahrnehmen. Dieses Ertasten des
Raumes mit geschlossenen Augen vermittelt über die Haut, die Tastorgane
und die
Kinästhesie, eine vertiefte Erfahrung.
* Plätze wechseln
Den Raum mit geöffneten Augen wahrnehmen, auf sich wirken lassen. Was
verändert sich, wenn ich einen anderen Standort einnehme. Die Unterschiede
sollen verbalisiert werden.
Raumlinien
* Senkrechte, waagrechte, schräge Linien im Raum zeigen
Diese Raumlinien sollen körperlich erfahren werden, zum Beispiel eine
schiefe Ebene hinunterrollen; Sprossenwand hochklettern (Senkrechte); den
Körper waagrecht zur Wand auf den Boden legen .
Einen Ball in den verschiedenen Richtungen rollen oder werfen.
* Diagonale
Die Diagonale im Raum durchschreiten, sie als Laufsteg benutzen.
Eine Reifen diagonal durch den Raum rollen und ihm nachlaufen.
Übungen zur Raumlage
Hier werden vor allem die Begriffe vor, hinter, neben, über, unter,
körperlich erfahren.
* Kinderkette
Mehrere Kinder bilden eine Kette und gehen oder laufen durch den Raum. Sie
gehen über etwas, unter etwas hindurch, u. ä. m.
Hier werden vor allem Begriffe wie unter, über, oben, unten
benötigt.
* Fortbewegungsarten
Eine Parcours in verschiedenen Körperhaltungen überqueren. Als
Frosch, als Spinne. Einmal gehe ich vorwärts ein mal gehe ich
rückwärts.[141]
Alle diese Übungen können ergänzend aber auch zur gezielten
Förderung der Raumanschauung eingesetzt werden. Vor allen Dingen sind
diese Übungsformen sehr motivierend. Da ein enger Zusammenhang zwischen
Rechenoperationen und räumlichen Vorstellungs-und Begriffsvermögen
besteht, ist diese Arbeit am "Raumerleben" für Kinder mit
Rechenstörungen von grundlegender Bedeutung.[142]
Die vorliegende Arbeit ging von dem Problem aus, daß es in der
Grundschule immer wieder Kinder gibt, die erhebliche Schwierigkeiten im
Mathematikunterricht haben.
Deshalb erscheint es wichtig, als Lehrer und Lehrerin jene Faktoren zu kennen,
die das Lernen arithmetischer Inhalte wesentlich beeinflussen. Der
Grundschullehrer hat Informationen über den einzelnen Schüler auch
aus jenen Bereichen die weit weg sind von Zahlen und Zahlenoperationen. Er
sieht seine Schüler im Umgang mit Größen, wie Längen,
Flächen, Raummaßen und Gewichten.
Ergänzt der Lehrer seine Beobachtungen noch durch gezielte diagnostische
Verfahren, hat er eine sehr gute Grundlage ein Föderprogramm
zusammenzustellen. Jedoch bedarf es auch hier des nötigen Wissens
über die Zusammenhänge und Voraussetzungen für mathematisches
Denken, da ansonsten die Bemühungen wenig fruchten. Vor allem auf die
Bedeutung der visuellen Wahrnehmung möchte ich nochmals hinweisen, da
dieser Bereich einer der wichtigsten im Bereich des mathematischen Denkens ist.
Aber auch andere Bereiche, in dieser Arbeit nicht angesprochen, wie die
Bedeutung des sozialen Umfeldes, der Motivation, haben eine Bedeutung für
das Erlernen mathematischer Fähigkeiten. Und nicht zuletzt haben auch die
verschiedenen Anschauungsmittel, wie der Zahlenstrahl, die
Mehr-System-Blöcke, wesentlichen Einfluß auf den Erfolg der
Schüler im Mathematikunterricht.
Ich möchte auch hier noch anführen, daß sich meine praktischen
Erfahrungen mit rechenschwachen Schülern im wesentlichen auf zwei
Schüler beschränken, die von mir außerhalb der Schule betreut
werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind jedoch ist jedoch noch nicht so weit
fortgeschritten, daß eine ausführliche Behandlung im Rahmen dieser
Arbeit möglich ist.
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21-22
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Unterricht und Kunst, Hrsg. Arbeitsberichte I/24 Klagenfurt 1976
[1] vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 18
[2]vgl. Lorenz/Radatz, S. 18 f
[3]vgl. Lorenz, 1992, S. 16
[4]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 18
[5]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 19; Lorenz,
1992, S. 17
[6]vgl. Lorenz, 1992, S. 18 ff
[7]vgl. Lorenz, 1992, S. 20 f
[8]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 20 f
[9]vgl. Lorenz, 1992, S. 22 f
[10]vgl. Weinschenk, 1975, S. 125 ff
[11]vgl. Lorenz, 1992, S. 23 ff;
Lorenz/Radatz, 1993, S. 21 f
[12]vgl. Lorenz/Radatz, S. 22 f
[13]vgl. Johnson/Myklebust, 1976, S. 24
[14]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 22 f; Lorenz,
1992, S. 25 ff
[15]Ergänzung: Lorenz, 1992, S. 26
[16]vgl. Lorenz, 1992, S. 27 f; Lorenz/Radatz,
1993, S. 22 f
[17]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 24
[18]vgl. Lorenz, 1992, S. 29
[19]Lorenz/Radatz, 1993, S. 24 f
[20]vgl. ebda, S. 24 f
[21]vgl. Radatz/Schipper, 1983, S. 212
[22]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 26 f
[23]vgl. Lorenz, 1992, S. 33
[24]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 27; Lorenz,
1992, S. 33 f
[25]vgl. Lorenz, 1992, S. 34 ff
[26]vgl. Lorenz, 1992, S. 27
[27]vgl. Lorenz, 1992, S. 36
[28]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 28
[29]vgl. Schmitz, In: Grundschule 1993, Heft
6, S. 23
[30]vgl. Milz, 1994, S. 10 f
[31]vgl. Milz, 1994, S. 11 f
[32]vgl. Ayres, 1992, S. 16 ff
[33]vgl. Milz, 1994, S. 11
[34]vgl. Ayres, 1992, S. 61 ff
[35]vgl. Milz, 1994, S. 11 f
[36]vgl. Ayres, 1979, S. 148 f
[37]vgl. Milz, 1994, S. 11 ff; Kephart, 1977,
S. 124 ff
[38]vgl. Hendrik Radatz, In: Grundschule.
1993, Heft 6. S. 10
[39]vgl. Radatz/Rickmeyer, 1991, S. 128 f;
Wendt, In: Grundschule, 1993, Heft 6, S. 21 f
[40]vgl. Frostig/Müller, 1981, S. 58
ff
[41]vgl. Kephart, 1977, S. 33 ff; Milz, 1994,
S. 18 f
[42]vgl. Milz, 1994, S. 19 f
[43]vgl. Milz, 1994, S. 20 f; Kephart, 19977,
S. 33 ff
[44]vgl. Frostig/Maslow, 1978, S. 265
[45]vgl. Milz, 1994, S. 20 f; Kephart, 1977,
S. 33 ff
[46]vgl. Grissemann/Weber, 1990. S. 95;
Kephart, 1977, S. 37
[47]eigene Anmerkung
[48]vgl. Milz, 1994, S. 21 ff
[49]vgl. Milz, 1994, S. 24
[50]vgl. Frostig/Maslow, 1978, S. 265 ff
[51]vgl. Milz, 1994, S. 24 f
[52]vgl. Kephart, 1977, S. 110 f; Milz, 1994,
S. 25
[53]vgl. Kephart, 1977, S. 111 ff
[54]vgl. Milz, 1994, S. 25 ff
[55]vgl. Kephart, 1977, S. 115
[56]vgl. Kephart, 1977, S. 117 f
[57]vgl. Lorenz, 1984, In:
Lernschwierigkeiten: Forschung und Praxis, S. 82
[58]vgl. Milz, 1994, S. 31
[59]vgl. Ayres, 1992, S. 163 f
[60]vgl. Kephart, 1977, S. 138 ff; Milz, 1994,
S. 31 f
[61]vgl. Frostig/Müller, 1981, S. 83 f
[62]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 109
[63]vgl. Kephart, 1977, S. 124; Milz, 1994, S.
33
[64]eigene Ergänzung
[65]vgl. Frostig/Müller, 1981, S. 84
[66]Lorenz, 1987, S. 64
[67]vgl. Milz, 1994, S. 34 f
[68]vgl. Milz, 1994, S. 41 f
[69]Kephart, 1977, S. 147 f
[70]vgl. Kephart, 1977, S. 148 f
[71]vgl. Milz, 1994, S. 43
[72]vgl. Kephart, 1977, S. 150 f
[73]vgl. Milz, 1994, S. 44
[74]vgl. Milz, 1994, S. 44 f
[75]vgl. Kephart, 1977, S. 152
[76]vgl. Lorenz, 1984, In:
Lernschwierigkeiten: Forschung und Praxis, S. 85 ff
[77]vgl. Mückenhoff, 1980, S. 21 ff
[78]vgl. Milz, 1994, S. 48 f; Ayres, 1992, S.
170 ff
[79]vgl. Mückenhoff, 1980, S. 35 ff
[80]vgl. Mückenhoff, 1980, S. 35 ff
[81]vgl. Milz, 1994, S. 50; Oerter/Montada,
1982, S. 376 ff
[82]vgl. Schmitz/Scharlau, 1985, S. 23 ff
[83]vgl. Milz, 1994, S. 50 f
[84]vgl. Milz, 1994, S. 51
[85]vgl. Lorenz, 1992, S. 85
[86]vgl. Radatz/Schipper, 1983, S. 53 ff
[87]vgl. Milz, 1994, S. 52
[88]vgl Frostig/Maslow, 1978, s. 250
[89]vgl. Bönig, In: Grundschule 1993,
Heft 6, S. 31
[90]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 30, "zit.
nach aebli, 1976, o. S. a.
[91]vgl. Lorenz, 1992, S. 86
[92]vgl. Milz, 1994, S. 53 f
[93]vgl. Radatz/Schipper, 1983, S. 48 ff
[94]vgl. Milz, 1994, S. 54; Radatz/Schipper,
1983, S. 50 f
[95]vgl. Milz, 1994, S. 55 ff
[96]vgl. Johnson/Myklebust, 1976, S.301; Milz,
1994, S. 56
[97]vgl. Piaget/Szeminska, 1975, S. 15 ff
[98]vgl. Milz, 1994, S. 58 f
[99]vgl. Grissemann, In: Lernschwierigkeiten:
Forschung und Praxis, 1984, S. 173 f; Milz, 1994, S. 59 f
[100]vgl. Lorenz, 1992, S. 86 f
[101]vgl. Lorenz, 1992, S. 87
[102]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 30 f
[103]vgl. Lorenz, 1992, S. 96
[104]vgl. Lorenz, 1992, S. 57 ff
[105]vgl Lorenz, 1992, S. 100 f;
Lorenz/Radatz, 1993, S. 31 f
[106]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 31
[107]vgl. Lorenz, 1992, S. 110
[108]vgl. Milz, 1994, S. 61
[109]vgl. Milz, 1994, S. 61
[110]vgl. Lorenz, 1992, S. 112 f
[111]vgl. Lorenz, 1992, S. 113
[112]vgl. Lorenz, 1992, S. 113 ff
[113]vgl. Milz, 1994, S. 61 f
[114]vgl. Lorenz, 1992, S. 118; Milz, 1994,
S. 62 ff
[115]vgl. Lorenz, 1992, S. 120
[116]vgl. Lorenz, 1992, S. 120
[117]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 33 f
[118]vgl. Milz, 1994, S. 62 ff
[119]vgl. Johnson/Myklebust, 1976, S. 301
f
[120]vgl. Radatz/Schipper, 1983, S. 210
ff
[121]vgl. Radatz/SChipper, 1983, S. 77
[122]vgl. Radatz/Schipper, 1983, S. 213 f
[123]vgl. Milz, 1994, S. 103 ff
[124]vgl. Milz, 1994, S. 104 ff
[125]vgl. Milz, In:
Teilleistungsschwächen bei Kindern und Jugendlichen, 1989, S. 164
[126]vgl. Milz, In:
Teilleistungsschwächen bei Kindern und Jugendlichen, 1989, S. 166
[127]vgl. Milz, In:
Teilleistungsschwächen bei Kindern und Jugendlichen, 1989, S. 166 ff
[128]vgl. Milz, In:
Teilleistungsschwächen bei Kindern und Jugendlichen, 1989, S. 172 f
[129]vgl. Guder, In: Grundschule, Heft 6,
1993, S. 12 f
[130]vgl. Guder, In: Grundschule, Heft 6,
1993, S. 12 f
[131]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S.81
[132]vgl. Schadewaldt, In: Grundschule, Heft
6, 1993, S. 19
[133]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 104 f
[134]vgl. Lorenz/Radatz, 1993, S. 109
[135]vgl. Radatz/Rickmeyer, 1991, S. 131
[136]vgl. Radatz/Rickmeyer, 1991, S. 144
f
[137]vgl. Milz, 1994, S. 146 ff
[138]vgl. Frostig, 1972, S. 1 ff
[139]vgl. Radatz/Rickmeyer, 1991, S. 140
[140]vgl. Milz, 1994, S. 127 ff
[141]vgl. Milz, 1994, S. 131 ff
[142]vgl. Milz, 1994, S. 139