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,,Der rote Sportwagen"

 

Der Medizinstudent Michael 5. (im folgenden: M ) aus K. ist ein begeisterter Anhänger des

 

Automobuspons. Er selbst ist in seiner Freizeit bereits zahlreiche, vom Allgemeinen Deutschen

Automobil - Club (ADAC) veranstaltete Autorennen gefahren. Da er wegen seiner Vorliebe für schnelle Autos auch auf öffentlichen Straßen nicht auf ein entsprechendes Fahrzeug

verzichten will, entschließt sich M, einen gebrauchten Sportwagen zu kaufen.

 

Nach längerer Suche wird er bei dem gewerblichen Gebrauchtwagenhändler V fündig: M kauft von V einen roten Sportwagen für 15.000 DM ,,gebraucht und unter Ausschluß jeder Gewährleistung". Der Preis entspricht dem Marktwert eines fehlerfreien Fahrzeugs dieser Art. Die Verkaufsverhandlungen hatte auf Weisung des V, der sich selbst gerade auf einer mehrtägigen Geschäftsreise befand, dessen Verkaufsangestellter A geführt. Im Verlauf des Gesprächs hatte sich M bei A nach dem Zustand des Sportwagens, insbesondere nach dessen Verkehrssicherheit, erkundigt. A hatte darauf beruhigend geantwortet: ,,Keine Sorge. Der Wagen befindet sich in einem einwandfreien Zustand." Tatsächlich hatte A das Fahrzeug gar nicht untersucht und über dessen wirklichen Zustand nicht Bescheid gewußt.

 

Sieben Monate nach der Übergabe des Wagens - M weilte in der Zwischenzeit im Rahmen eines Studentenaustausches in Amerika - erleidet der M mit dem Sportwagen auf einer Ausflugsfahrt einen Unfall, bei dem das Fahrzeug völlig zerstört und der M so schwer verletzt wird, daß er drei Wochen im Krankenhaus verbringen muß. M hatte bei regennasser Fahrbahn die bei Nässe zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 55 km/h überschritten und aus dieser stark überhöhten Geschwindigkeit heraus eine Vollbremsung machen müssen, bei der die Bremsen versagten. Wie sich später herausstellt, war das Versagen der Bremsen darauf zurückzuführen, daß der frühere Halter des Wagens die abgenutzten Bremsscheiben und Bremsbeläge aus Kostengründen gegen solche ersetzt hatte, die für den Sportwagen weder zugelassen noch geeignet waren. Dem V war diese unsachgemäße Beschaffenheit der Bremsen und die darauf beruhende Wertminderung des Fahrzeugs von 2.000 DM bekannt, doch hatte er seinem Verkaufsangestellten A davon bewußt nichts gesagt. Zu dem Unfall wäre es nicht gekommen, wenn die Bremsen bei der notwendigen Vollbremsung richtig fünktioniert hätten. Allerdings hätte sich der Unfall auch nicht ereignet, wenn M nicht zu schnell gefahren wäre. Er hätte dann keine Vollbremsung machen müssen und die Bremsen hätten nicht versagt. Als M von den wahren Umständen Kenntnis erlangt, verlangt er von V gegen Herausgabe des Fahrzeugwracks Rückzahlung der als Kaufpreis geleisteten 1 5.000 DM sowie Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, daß er wegen seines Krankenhausaufenthaltes nicht an einer Rennveranstaltung teilnehmen konnte, bei der er große Chancen auf die Siegprämie in höhe von 1.500 DM gehabt hätte. Wahrheitsgemäß gibt M an, daß er auf den Kauf des Sportwagens verzichtet hätte, wenn er über die unsachgemäße Beschaffenheit der Bremsen unterrichtet worden wäre. V verweigert die Rückzahlung. Er meint, er müsse zumindest nicht den vollen Kaufpreis zurückzahlen, da M den Wagen nur noch als unbrauchbares Wrack herausgeben könne, sich jedenfalls aber ein Mitverschulden anrechnen lassen müsse. Zum Ersatz der 1.500 DM sei er nicht verpflichtet, weil nicht feststehe, daß M das Rennen tatsächlich gewonnen hätte.

 

Weil er wissen möchte, welche Ansprüche er gegen V hat und wie er gegen ihn am besten vorgehen kann, sucht M seinen Rechtsanwalt R auf und bittet ihn um ein umfassendes Gutachten über die anstehenden Rechtsfragen.

 

GUTACHTEN

 

 

I. Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz gem. § 463

S.1 BGB

 

1. Kaufvertrag

K und V haben vereinbart, daß der gebrauchte Pkw, ein Opel Ascona, gegen Zahlung von 8.000 DM verkauft werden soll. Sie haben sich also über eine bestimmte Kaufsache sowie den Kaufpreis geeinigt. Gegenstand des Kaufvertrages ist ein Gebrauchtfahrzeug, das in seinem durch Kaufvertrag und Erklärungen beschriebenen Zustand einmalig ist. Deshalb ist zwischen K und V ein Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB über eine Speciessache zustande gekommen.

 

2. Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft

Dem Pkw müßte eine zugesicherte Eigenschaft fehlen. Als fehlende Eigenschaft könnte die Angabe über die Fahrleistung von 50 000 km in Betracht kommen.

 

a) Zugesichert ist eine Eigenschaft, wenn der Verkäufer im Kaufvertrag durch ausdrückliche oder konkludente

( stillschweigende ) Erklärung zu erkennen gibt, daß er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft an der Kaufsache einstehen will. Häufig kann erst durch Vertragsauslegung nach § 157 BGB festgestellt werden, ob eine eigenschaftsbezogene Angabe des Verkäufers nur unverbindliche Beschreibung oder Anpreisung der Kaufsache, vertragliche Sollbeschaffenheit oder Zusicherung ist. Macht der Verkäufer außerhalb der Vertragsurkunde Angaben über die Kaufsache, ist häufig problematisch, ob diese überhaupt Vertragsinhalt werden oder ob nur eine allgemeine Orientierungshilfe für den Käufer vorliegt. Im Zweifel liegt eine Zusicherung vor, wenn der Verkäufer im Vertrag eine Eigenschaft "zusichert" oder "garantiert", oder wenn die vom Verkäufer ganannte Eigenschaft nach der Verkehrsauffassung für den Vertragsentschluß des Verkäufers typischerweise von entscheidender Bedeutung ist bzw. für den Kaufentschluß des Käufers erkennbar "Signalwirkung" hat und der Käufer davon ausgehen kann, daß der Verkäufer für die uneingeschränkte Richtigkeit seiner Angaben einstehen will. Dabei kommt es auf die bei solchen Geschäften typische Interessenslage beider Parteien an. Maßgebend ist der Empfängerhorizont des Käufers. Wenn sich ein Käufer auf die besondere, ihm fehlende Sachkunde des Verkäufers verläßt und der Verkäufer seine Erklärung in Kenntnis dieses Umstandes abgibt, so spricht dies grundsätzlich für eine stillschweigende Zusicherung. Dies gilt insbesondere beim Gebrauchtwagenkauf. Verweist ein zumindest versiert auftretender Gebrauchtwagenhändler bei der Frage, wieviel km der Pkw bereits gefahren sei, auf den Kilometerzähler des Wagens, kann und darf K, an den diese Erklärung gerichtet ist, nach Treu und Glauben

( § 242 BGB ) mit Rücksicht auf die Verkehrssitte davon ausgehen, daß V sich für diese Angaben stark macht, also gem. § 463 S.1 BGB eine entsprechende Eigenschaft zusichern will. Sonach liegt hier eine zugesicherte Eigenschaft vor.

 

b) Fehlen der zugesicherten Eigenschaft zur Zeit des Kaufes gem. § 463 Abs.1.

Gem. § 459 Abs.2 haftet der Verkäufer dem Käufer dafür, daß die verkaufte Sache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nach § 446 Abs.1 BGB die zugesicherten Eigenschaften hat.

Aufgrund der tatsächlichen Fahrleistung von 90 000 km fehlte die zugesicherte Eigenschaft "50 000 km" bereits zur Zeit des Kaufes mit der Folge, daß die Vorraussetzungen des § 463 S.1 BGB erfüllt sind und K von V Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann.

 

3. Vertraglicher Gewährleistungsausschluß durch die AGBG

Der Anspruch aus § 463 S.1 BGB könnte aber wegen der in den AGB des V enthaltenen Klausel, wonach die Haftung für Mängel jeglicher Art ausgeschlossen ist, wirksam ausgeschlossen sein. Diese Klausel könnte jedoch gem.

§ 11 Nr.11 AGBG ausgeschlossen sein.

a) Der Gewährleistungsausschluß ist eine allgemeine Geschäftsbedingung gem. § 1 Abs.1, S.1 AGBG. Da diese dem Vertrag zugrunde lagen, ist davon auszugehen, daß sie auch gem. § 2 AGBG wirksam in den Vertrag zwischen V und K einbezogen worden sind.

b) Da durch die von V verwendete Klausel auch die Haftung von zugesicherten Eigenschaften im Rahmen von Kaufverträgen ausgeschlossen werden soll, liegt ein Verstoß gegen § 11 Nr.11 AGBG vor. Der Sinn und Zweck dieser Vorschrift besteht gerade darin, daß ein Schadensersatzanspruch, soweit er auf einer vertraglichen Zusicherung beruht, weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden darf.

c) Somit ist der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluß im Rahmen von § 463 S.1 BGB wegen Verstoßes gegen § 11 Nr.11 AGBG unwirksam.

 

4. Umfang des nach § 463 S.1 BGB zu ersetzenden Schadens

Nach § 463 S.1 BGB hat der Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, der das volle positive Interesse des Käufers an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Kaufvertrages umfaßt. Danach ist K so zu stellen, wie er stünde, wenn der Pkw die zugesicherte Eigenschaft hätte, also eine Fahrleistung von 50 000 km aufgewiesen hätte. Nach der ständigen Rechtsprechung und der herrschenden Lehre besteht ein Wahlrecht im Rahmen des § 463 S.1 BGB zwischen zwei verschiedenen Berechnungsmethoden, dem "kleinen" und dem "großen" Schadensersatz. a) Beim kleinen Schadensersatz behält der Käufer die Sache und macht als Schaden die Wertdifferenz zwischen mangelfreier und mangelhafter Sache geltend, die sich aus dem Fehlen der zugesicherten Eigenschaft ergibt. Der Schadensersatzanspruch ist auf Ersatz in Geld und nicht auf Beseitigung des Mangels oder Herstellung zugesicherte Eigenschaften gerichtet.

Hiernach ergibt sich folgende Schadensberechnung:

K behält den Opel Ascona und verlangt von K, so gestellt zu werden, als besäße der Pkw die zugesicherte Eigenschaft. Somit kann er von V die Zahlung der Wertdifferenz von 2.000 DM verlangen.

b) Im Rahmen des großen Schadensersatzes kann der Käufer die Kaufsache ohne Nachweis eines fehlenden Interesses am Behalten zurückgeben, die Rückzahlung des Kaufpreises und den durch Nichterfüllung des Kaufvertrages entstandenen Schadens verlangen. Der große Schadensersatz ist also im Ergebnis eine Kombination von Schadensersatz und Wandelung.

Hiernach ergibt sich folgende Schadensberehnung:

K kann von V die Rücknahme des Opel Ascona und im Gegenzug die Erstattung des Kaufpreises von 8.000 DM verlangen, weil dem Pkw die zugesicherte Eigenschaft "50 000 km" fehlte. Von dem Gesamtschaden ist im Wege der Vorteilsausgleichung der Wert der gezogenen Pkw-Nutzungen, der sich hier auf 10 000 km beläuft, abzuziehen. K soll nicht besser dastehen, als er stünde, wenn V ordnungsgemäß erfüllt hätte.

 

5. Mitverschulden

Für ein Mitverschulden des Käufers, das gem. § 254 BGB zu berücksichtigen wäre, bestehen keine Anhaltspunkte.

 

6. Verjährung

Dieser Anspuch verjährt gem. § 477 Abs.1, S.1 BGB in 6 Monaten nach Ablieferung der Kaufsache. Somit kann K keinen Schadensersatz gem. § 463 S.1 BGB verlangen.

 

II. Anspruch des K gegen V gem. § 463 S.2 BGB analog i.V.m. § 463 S.1 BGB

 

K könnte jedoch gem.§ 463 S.2 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn V einen Fehler arglistig verschwiegen hätte. Übe den Wortlaut hinaus kann diese Vorschrift auch Anwendung finden, wenn eine nicht vorhandene Eigenschaft arglistig vorgespiegelt wurde.

 

1.Objektiver / subjektiver Fehlerbegriff

Einen Fehler i.S.d. § 459 Abs.1 BGB stellt nach dem objektiven Fehlerbegriff nur die dem Käufer ungünstige Abweichung von der Normalbeschaffenheit der Sache dar. Nach dem heute absolut vorherrschenden subjektiven oder kokreten Fehlerbegriff ist entscheidend, ob der Ist-Zustand dem vertraglich vorausgesetzen Soll-Zustand entspricht. Istbeschaffenheit ist die tatsächliche Beschaffenheit der Kaufsache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs ( § 446 Abs.1 BGB ). Sollbeschaffenheit ist diejenige, die die Kaufsache nach dem Vetragsinhalt haben soll. Dieser bestimmt sich entweder nach der konkreten Vereinbarung oder nach der Verkehrsauffassung. Es kommt also stets auf die Beschaffenheit an, die der Käufer nach der ihm vom Verkäufer gegebenen oder bestätigten Kennzeichnung oder näheren Beschreibung des Kaufgegenstandes erwarten darf. Nach anderer Auffassung soll eine gelieferte Sache dann fehlerhaft sein, wenn sie nicht die Individualitäts- oder Gattungsmerkmale aufweist.

Im vorliegenden Fall hat V dem K das gekaufte Auto übergeben, so daß die Gefahr gem. $ 446 Abs. 1 BGB auf K übergegangen ist. Laut Kilometerstand sollte der Pkw eine Fahrleistung von 50 000 km haben. Zwar hat V damit nicht garantiert, daß diese Fahrleistung zutrifft, K konnte diese Erklärung aber nur dahin verstehen, daß der Pkw nur diese Fahrleistung aufwies.Sonach war diese Fahrleistung zur Sollbeschaffenheit vereinbart, da mangels gegenteiliger Angaben des Verkäufers der Käufer nach der Verkehrsauffassung davon ausgehen kann. Wie sich jedoch später herausstellt, war das Auto zu diesem Zeitpunkt bereits bis zu 90 000 km gefahren. Somit ist der Opel Ascona aufgrund der erheblichen Abweichungen der tatsächlichen Fahrleistung vom Tachostand gem. § 459 Abs.1 BGB fehlerhaft.

 

2. Arglist

a) Offenbarungspflicht

Ein rechtlich erhebliches Verschweigen setzt die Verletzung einer Offenbarungspflicht voraus. Der Verkäufer hat die Pflicht, alle ihm bekannten Umstände dem Käufer mitzuteilen, die diesen vernünftigerweise vom Kauf überhaupt oder vom Kauf mit dem vereinbarten Inhalt abgehalten hätten. V weiß, daß der Pkw eine Fahrleistung von 90 000 km aufweist und verweist bei Anfrage des K nach dem Kilometerstand auf das manipulierte Tacho. Da die Fahrleistung eines gebrauchten Pkw`s beim Kauf von entscheidender Bedeutung ist, ist V seiner Offenbarungspflicht nicht nachgekommen.

b) Arglistiges Verschweigen

Schließlich muß das Verschweigen arglistig sein. Der Verkäufer handelt dann arglistig, wenn er in Kenntnis des Mangels die Unkenntnis des Käufers bewußt ausnutzt. Dabei reicht bedingter Vorsatz aus. V weiß, daß der Opel Ascona 90 000 km gefahren ist, und rechnet damit, daß ein Käufer, in diesem Fall K, bei dieser Fahrleistung den Kaufpreis von 8.000 DM nicht akzeptiert hätte. Somit hat er arglistig gehandelt.

c) Wegen der gleichen Interessenslage ist dem arglistigen Verschweigen eines Fehlers die arglistige Vorspiegelung einer Eigenschaft gleichzustellen. Demnach hat V den Fehler arglistig verschwiegen, als auch die fehlende Eigenschaft arglistig vorgespiegelt. Damit liegen die Vorraussetzungen des § 463 S.2 BGB analog vor.

 

3. Vertraglicher Gewährleistungsausschluß

a) Wie bereits oben ( I 3 ) ausgeführt worden ist, ist der Gewährleistungsausschluß wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 11 AGBG unwirksam.

b) Der Gewährleistungsausschlß könnte darüberhinaus aber auch gem. § 476 BGB nichtig sein. Nach dieser Vorschrift ist ein vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschluß nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dem Verschweigen von Mängeln i.S.d. § 476 BGB steht das Vorspiegeln von Eigenschaften oder der Abwesenheit von Fehlern gleich. Da V im vorliegenden Fall die nicht vorhandene Eigenschaft "50 000 km" arglistig orgespiegelt hat, bzw. diesen Fehler arglistig verschwiegen hat, ist der Gewährleistungsausschluß des V ferner nach § 476 BGB nichtig.

 

4. Rechtsfolgen

K kann von V Schadensersatz wegen Nichterfüllng verlangen, § 463 S.2 BGB analog. Es wird auf die Ausführungen oben ( I 4 ) verwiesen.

 

5. Verjährung

Die kurze Verjährungsfrist des § 477 BGB greift nicht ein, wenn der Verkäufer den Fehler arglistig verschwiegen hat. Dem arglistigen Verschweigen steht es gleich, wenn eine nicht vorhandene Eigenschaft arglistig vorgespiegelt worden ist. Deshalb verjährt dieser Anspruch gem. § 195 BGB erst in 30 Jahren.

 

III. Anspruch des K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Opel Ascona gem. §§ 459 Abs.1 , 462, 465, 346, 348 BGB

 

1. Wandelung

K hat mit V einen Kaufvertrag geschlossen. Gem. § 462 BGB kann K von V die Rückgängigmachung des Kaufes

( Wandelung ) verlangen, da der Wagen i.S.d. § 459 Abs.1 BGB fehlerhaft ist.

 

2. Ausübung und Durchführung der Wandelung

Gem. § 465 BGB ist die Wandelung vollzogen, wenn sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit ihr einverstanden erklärt. Die Bedeutung dieser Vorschrift ist umstritten.

a) Nach der Vertragstheorie ist zu unterscheiden zwischen dem Anspruch des Käufers auf Wandelungsvollzug einerseits und den Ansprüchen aus vollzogener Wandelung auf Rückzahlung andererseits. Gem. § 462 BGB hat K ( nur ) Anspruch auf Einverständnis des Verkäufers in die Wandelung ( § 465 BGB ) und erst nach Vollzug der Wandelung Ansprüche aus vollzogener Wandelung gem.

§§ 467 S.1, 346 S.1, 348 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache. Diese strenge Theorie hätte zur Konsequenz, daß der Käufer gegen den Verkäufer, der den Mangel bestreitet, zwei Prozesse führen müßte. Um dies zu vermeiden, vertritt die h.M. die "Theorie ds richterlichen Gestaltungsaktes", nach der der Käufer sofort auf Rückzahlung des Kaufpreises klagen kann. Das Urteil über die Kaufpreisklage wirkt zuleich rechtsgestaltend für die Wandelung oder Minderung, indem die fehlende Vollzugserklärun des Verkäufers bereits durch das den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch stattgegebene Urteil ersetzt wird. Es handelt sich um ein "verdecktes Gestaltungsurteil". Der Käufer braucht daher nur den Klageantrag auf Rückzahlung des Kaufpreises zu stellen. Der Vollzug der Wandelung nach § 465 BGB erfolgt in den Urteilsgründen. Diese Auffassung wird auch als "modifizierte Vertragsthorie" bezeichnet.

b) Nach der "Herstellungstheorie" geht dagegen der Anspruch des Käufers von vornherein auf die Hersellung des de Wandelung entsprechenden Zustandes, d.h. auf Rückzahlung des Kaufpreises jweils Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache. Nach dieser Auffassung hat

§ 465 BGB nur die Bedeutung, daß das Wahlrecht des Käufers entfällt, wenn sich der Verkäufer mit der vom Käufer begehrten Wandelung oder Minderung einverstanden erklärt, während der Käufer vor diesem Einverständnis sein Begehren noch ändern kann.

c) Die Rechtsprechung hat sich auf keine der zuvor erörterten Theorien festgelegt. Sie stellt auf die paktischen Bedürfnisse ab und vertritt eine vermittelnde Auffassung ( gemischte Theorie ). Danachist der Käufer ( wie bei der Herstellungstheorie) berechtigt, auch ohne vorherige Zustimmung des Verkäufers direkt und unmittelbar auf Rückzahlung des Kaufpreises klagen.

d) Somit hat K nach einhelliger Auffassung einen sofortigen Anspruch gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw nach

§§ 346, 467, 465,459 Abs. 1, 433 BGB.

e) Fraglich ist, in wieweit K eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen 10 000 km bezahlen muß.

a ) Eine Ansicht hält sich streng an die gesetzlich getroffene Regelung. Danach müßte K gem. §§ 467 S.1, 347, 987 BGB eine Nutzungsentschädigung bezahlen.

b ) Die h.M. stellt darauf ab, daß die strenge Haftung der §§ 347 ff für das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht geschaffen worden sei. Dort müsse jede Vertragspartei mit der Ausübung des Rücktrittsrechts durch die andere Partei rechnen, weshalb diese strenge Haftung gerechtfertigt sei. Beim Kaufvertrag ginge der Käufer jedoch allgemein davon aus, daß er die Kaufsache behalten könne, er sei also gutgläubig. Deshalb seien auf den gutläubigen Käufer die §§ 327 S.2, 818 Abs.3 BGB mit Modifikationen anzuwenden. Zwar gilt § 327 S.2 BGB grundsätzlich nur für §§ 325, 326 BGB, jedoch enthält diese Vorschrift auch nach h.M. einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch auf die Wandelung anwendbar ist. Über den Wortlaut der Norm hinaus ist § 327 BGB entsprechend dahin auszulagen, daß jeder Rücktrittsberechtigte, der den Rücktriitsgrund nicht zu verantworten hat, nur nach Bereicherungsrecht haftet. Hier kann K sich demnach gem. §§ 327 S.2, 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Danach muß er keine Nutzungsentschädigung zahlen. Im Gegenzug kann sich V auch nicht aquf die "Saldotheorie" berufen, wonach bei ihm in gleicher Höhe die Bereicherung weggefallen wäre, da er i.S.d. § 819 Abs.1 BGB bösgläubig ist.

f) Danach hat K gegen V einen Anspruch nach §§ 459 Abs.1, 462, 465, 346, 348 BGB auf Rückzahlung in Höhe von 8.000 DM Zug um Zug gegen Rückgabe des Opel Ascona.

 

IV. Anspruch auf / aus Minderung des Kaufpreises gem. §§ 459 Abs.1, 462, 465, 472 BGB

 

a) Die Minderung muß nach der h.M. ebenfalls gem. § 465 BGB vollzogen werden. ( s.o. III 2 )

b) Gem. § 472 Abs.1 BGB ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert der Sache getsanden haben würde. Für die Berechnung gilt folgende Formel:

X = Wert mit Mangel x vereinbarter Kaufpreis / Wert ohne Mangel

Maßgebend ist der Wert zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.

c) In diesem Fall ergibt sich folgende Rechnung:

X = 6.000 DM x 8.000 DM / 10.000 DM = 4.800 DM

Somit ist der Kaufpreis auf 4.800 DM herabzusetzen.

Wenn K den Opel Ascona behält, kann er von K eine Zahlung von 3.200 DM verlangen.

 

V. Anspruch des K gegen V auf Wandelung oder Minderung wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft gem.

§ 462 BGB i.V.m. § 459 Abs.2 BGB

wie bereits oben ( I 2 ) dargelegt worden ist, sind auch die tatbestandlichen Vorraussetzungen der §§ 462 i.V.m. 459 Abs.2 BGB erfüllt. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zur Ausübung und Durchführung von Wandelung und Minderung wird auf die Ausführungen oben

( III, IV ) verwiesen.

 

VI. Anspruch des K gegen V aus dem vorvertraglichen gesetzlichen Schuldverhältnis der "culpa in comprehendo"

 

K könnte gegen V einen Schadensersatzanspruch aus culpa in conprehendo ( c.i.c. ) zustehen, wenn V bei Vertragsabschluß schuldhaft eine Offenbarungspflicht verletzt hat.

a) Das Rechtsinstitut der c.i.c. ist in Anlehnng an

§§ 122, 179, 307, 463 S.2, 663 BGB entwickelt worden und heute gewohnheitsrechtlich anerkannt.

b) Es ist aber zu beachten, daß das Gesetz für bestimmte Sachverhalte, welche an sich die Voraussetzungen der c.i.c. erfüllen, Sonderregelungen enthält. Bezieht sich das schuldhafte Verhalten auf einen Sachmangel, so ist für einen Anspruch aus c.i.c. kein Raum; denn nach h.M. soll nach dem Willen des Gesetzes ein Schadensersatzanspruch nur in den Fällen des § 463 gegeben sein.

c) Da V dem K die nicht vorhandene Eigenschaft "50 000 km" arglistig vorgespiegelt hat ( vgl. oben II 2 c ) und § 463 BGB insoweit als abschließende Sonderregelung eingreift, besteht keine Regelungslücke mit der Folge, daß das Rechtsinstitut der c.i.c. hier nicht anwendbar ist.

 

VII. Anspruch des K gegen V aus positiver Forderungsverletzung

 

Weiterhin könnte dem K gegen V ein Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung ( p.F.V. )gem. §§ 280, 286, 325, 326 BGB analog zustehen.

a) Auch das Rechtsinstitut der p.F.V. ist mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannt.

b) Fraglich ist aber, ob die p.F.V. im vorliegenden Fall anwendbar ist. Grundsätzlich sind die Regeln der p.F.V. - wie bei der c.i.c. - subsidiär und nur insoweit anwendbar, als eine Regelungslücke besteht.

c) Soweit es um den Ersatz des eigentlichen Mangelschadens geht, enthalten die §§ 459 ff BGB hinsichtlich möglicher Schadensersatzansprüche in § 463 BGB eine abschließende Sonderregelung. Somit besteht keine Regelungslücke, so daß auch das Rechtsinstitut der p.F.V. keine Anwendung findet.

 

VIII. Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz gem. § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 263 Abs.1 StGB

 

Weiterhin könnte K gegen V ein en Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs.2 BGB zustehen, wenn V ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs.2 verletzt hat.

a) § 263 StGB soll jeden einzelnen vor Vermögensnachteilen schützen. Somit ist diese Vorschrift als Schutzgesetz i.S.d. § 823 BGB zu qualifizieren.

b) Fraglich ist, ob V dieses Schutzgesetz verletzt hat. Der Betrug setzt zunächst eine Täuschungshandlung voraus. In dem Vorspiegeln falscher Tatsachen " 50 000 km anstatt 90 000 km" steht die Täuschungshandlung des V. Dadurch wurde bei K der Irrtum erregt, der Pkw habe eine Fahrleistung von tatsächlichen 50 000 km.

b) Weiterhin müßte K infolge des Irrtums eine Vermögensverfügung i.S.d. § 263 StGB getroffen haben, die unmittelbare Einwirkungen auf das Vermögen haben. Durch die Zustimmung in den Kaufvertrag und damit die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises liegt eine Vermögensverfügung.

c) Infolge dieser Vermögensverfügung müßte K einen Vermögensschaden erlitten haben. K hätte für einen vergleichbaren Pkw mit einer Fahrleistung von 90 000 km nur 6.000 DM zahlen müssen, somit hat er einen Minderwert von 2.000 DM, der i.S.d. § 263 StGB einen Vermögensschaden darstellt.

d) Indem V den Tachostand manipuliert beabsichtigt er, einen für ihn vorteilhaften Kaufvertrag abzuschließen. Somit kiegt das für die Absicht erforderliche voluntative Element vor.

e) Ferner muß der erstrebte Vermögensvorteil rechtswidrig sein. Hierbei handelt es sich um ein objektives Tatbestandsmerkmal des § 263 StGB. Da V keinen Anspruch auf den überhöhten Kaufpreis hat, ist der erstrebte Vermögensvorteil auch rechtswidrig.

f) Schließlich müßte V vorsätzlich gehandelt haben. Da die Bereicherungsabsicht als subjektives Tatbestandselement bereits bejaht wurde, ist nur noch fastzustellen, ob der Wille des V vorhanden war, durch den Irrtum des K eine vermögensschädigende Verfügung auszulösen. Man kann davon ausgehen, daß es dem V durch das Verschleiern der wahren Fahrleistung gerade darauf ankam.

g) Somit hat sich V des Betruges gem. § 263 StGB schuldig gemacht und damit ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs.2 BGB verletzt. K kann von V Schadensersatz beanspruchen. Danach sind alle Schäden zu ersetzen, die aus der Verletzung der Rechtsgüter des K entstanden sind. Der Anspruch geht auf das negative Interesse. Zu fragenist, wie K stehen würde, wenn der Betrug nicht erfolgt wäre. K kann entweder den Pkw behalten und den "kleinen" Schadensersatz verlangen, oder er kann Aufhebung des Vertrages und gegen Rückgewähr des Pkw den "großen" Schadensersatz beanspruchen ( s.o. I 4 ).

 

IX. Anspruch des K gegen V gem. § 826 BGB

 

Des weiteren könnte K gegen V einen Anspruch gem. § 826 BGB auf Schadensersatz haben.

a) Vorraussetzung wäre, daß V dem K in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hätte.

b) Im vorliegenden Fall kann man ohne Zweifel davon ausgehen, daß es den guten Sitten widerspricht, den Kilometerzähler zurückzudrehen und unter falschen Vorraussetzungn den Pkw zum Verkauf zu stellen. Berücksichtigt man ferner, daß V als Gebrauchtwagenhändler eine Vertrauensstellung hat und ihn eine Offenbarungspflicht hinsichtlich gravierender Mängel trifft, wird man sein Verhalten als gegen die guten Sitten verstoßend bezeichnen müssen.

c) Wie bereits oben ( VIII f ) dargelegt worden ist, hat V auch vorsätzlich gehandelt.

d) K hat Anspruch auf Ersatz des gesamten Schadens, der durch das sittenwidrige Verhalten des V entstanden ist. Zum Inhalt und Umfang der Schadensersatzpflicht wird auf die Ausführungen oben ( VIII g ) verwiesen.

 

X. Anspruch des K gegen V gem. § 812 Abs.1, S.2, 1.Alt. BGB ( conditio ob causam finitam )

 

Schließlich könnte K gegen V ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs.1, S.1, 1.Alt. BGB zustehen.

a) Dann müßte V "etwas i.S.d. § 812 Abs.1 BGB erlangt haben. V hat Eigentum und Besitz an 8.000 DM, dem Kaufpreis für den Pkw erlangt.

b) Weiterhin müßte dies durch Leistung des K erfolgt sein. K hat den Kaufpreis bewußt und gewollt an V gezahlt, also i.S.d. Bereicherungsrecht geleistet.

c) Da V den K gem. § 123 Abs.1 BGB arglistig getäuscht hat, kann K durch Erklärung gegenüber V binnen Jahresfrist nach Entdeckung des Schadens gem. § 123 Abs.1, 124, 143 Abs.2 BGB anfechten. Mit Zugang der Anfechtungserklärung wird der Kaufvertrag gem. § 142 Abs.1 BGB rückwirkend nichtig. Für den Fall der Anfechtung hat K foldende Ansprüche:

a ) Bei Anfechtung wendet die h.M. § 812 Abs.1, S.2, 1.Alt. BGB an, weil der Kaufvertrag zunächst besteht und erst durch die rückwirkend erklärte Anfechtung wegfällt. Sonach kann K von V gem. § 812 Abs.1, S.2 , 1.Alt. BGB Rückzahlung des Kaufpreises verlangen. Zu Lasten des arglistig getäuschten K ist die Saldotheorie nicht anzuwenden. K braucht daher die Rückgewähr des Pkw nicht Zug um Zug anzubieten.

d) Gem. § 818 Abs.1 BGB kann V von K eine entsprechende Nutzungsvergütung für die gefahrenen km beanspruchen. K könnte sich gem. § 818 Abs.3 BGB darauf berufen, daß bei ihm bis zum Zeitpunkt der Entdeckung des Schadens die Bereicherung weggefallen ist. Da zugunsten des K die Saldotheorie gilt, hat V Zug um Zug den Kaufpreis zurückzuzahlen.

c) Fraglich ist, ob der Rechtsgrund für diese Leistung, die in Erfüllung des Kaufvertrages erfolgt ist, später weggefallen ist. Dies könnte der Fall sein, wenn dem K das Recht zur Anfechtung des Kaufvertrages gem. § 123 Abs.1 BGB wegen arglistiger Täschung zusteht, da das in sich geschlossene System der Gewährleistungsansprüche nach §§ 459 ff BGB dieses Recht ausschließen könnte.

nach h.M. ist das Recht zur Anfechtung nach § 123 BGB neben den Gewährleistungsansprüchen zulässig.

d) Ob die Anfechtung dazu führt, daß der Rechtsgrund von Anfang an nicht mehr besteht ( § 812 Abs.1,S.1, 1.Alt. BGB ) oder ob die Anfechtung den Rechtsgrund erst später wegfallen läßt ( § 812 Abs.1, S.2, 1.Alt.) ist in der Literatur umstritten.