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Zusammenfassung
Grundprinzipien, Ansatzpunkte, Aufbau und Ablauf von Qualitätszirkeln im Dienstleistungsbereich, sowie Spannungsfelder und Probleme bei der Implementierung werden dargestellt. Dabei werden die Besonderheiten des Dienstleistungsbereichs, der Dienstleistungsqualität und die Unterschiede zum Produktionsbereich skizziert.
Anhand einer Fallstudie aus dem Gesundheitswesen wird beschrieben, wie über die Qualitätszirkelarbeit ein Einstieg in ein umfassendes Qualitätsmanagement, sowie die Entwicklung eines Qualitätsverständnisses erreicht werden kann.

1 Einleitung

Waren es zunächst nur wenige, "exotische" Unternehmen, die es Ende der 70er wagten, japanische Organisationsmodelle nach Deutschland zu importieren, ist man im Laufe der Jahre dazu übergegangen, eigenständige Gruppenkonzepte zu entwickeln, die sich an der Mentalität einer mitteleuropäischen Firmenkultur orientieren.
Leider kann man wohl auch von einer regelrechten "Gruppenarbeitshysterie", hauptsächlich ausgelöst durch die MIT-Studie, sprechen, wobei nicht alles, was die Bezeichnung Gruppenarbeit trägt, diese auch zurecht "verdient".
Ich werde hier den Namen Qualitätszirkel (QZ) verwenden, obwohl es verschiedene Bezeichnungen dafür gibt: Werkstattkreis, Qualitätsgruppe, Lernstatt, KVP-Gruppe und sogar speziell auf das Unternehmen zugeschnittene Namen (z.B. HERTIEaner-Zirkel).
In den letzten Jahren hat eine Verlagerung von reinen produktionsorientierten QZ bis in die Bereiche der Verwaltung, Büro- und Angestelltenbereiche stattgefunden und dies nicht nur in Dienstleistungsbereichen wie Banken und Versicherungen, sondern auch in Industriebetrieben.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß auch immer mehr Menschen im tertiären Sektor arbeiten, immer weniger in der Produktion. In der deutschen Industrie entfielen 1991 nur noch 30% der ausgeübten Tätigkeiten auf die eigentliche Herstellung, bereits 70% auf die Erbringung von Dienstleistungen (FAZ, 11.06.96)
Auch fand eine Neuorientierung der Gruppenaktivitäten als entscheidender Faktor im Rahmen eines umfassenden TQM-Ansatzes statt. TQM ist eine ganzheitliche Denkweise, in der Kundenwünsche und die Erfordernisse des Marktes Gegenstand aller betrieblichen Aktivitäten werden. Vor allem sind dies: Hohe Qualität, niedrige Kosten, pünktliche Lieferung, keine Fehler, neue Managementmethoden, Mitarbeiterorientierung, Umfeldorientierung, Prozeßdenken.
QZ sind wichtiger Bestandteil dieser neuen Führungsphilosophie, sie tragen dabei zur Sicherung, Messung, Förderung und Verbesserung der Qualität bei.
Ich werde nun kurz das QZ Konzept darstellen, die Unterschiede zwischen Produktions- und Dienstleistungsbereich analysieren, und anschließend Möglichkeiten und Grenzen von QZ im Dienstleistungsbereich diskutieren. Aufgrund meiner Erfahrungen bei der Bernd H. Mühlbauer Unternehmens- und Krankenhausberatung als studentischer Mitarbeiter werde ich das Thema: "QZ im Krankenhaus" abschließend als Fallstudie näher beleuchten.

2 Was ist ein QZ?

2.1 Hintergrund und Ziele

Für dieses soziotechnische Instrument gibt es verschiedenste Bezeichnungen und Formen, die sich teilweise von Betrieb zu Betrieb unterscheiden. Die Grundidee ist recht einfach und banal. Es wird versucht, das Wissen und die Fähigkeiten (=kognitive Ressourcen) der Mitarbeiter für innerbetriebliche Problemstellungen zu nutzen. Da Probleme und Schwachstellen am besten dort erkannt und beseitigt werden können, wo sie auftreten, soll betroffenen Mitarbeitern durch eine Mitgliedschaft in einer Problemlösegruppe (QZ) die Möglichkeit gegeben werden, solche Probleme eigenständig aufzugreifen und zu lösen (Zink, 1984). Das ist sinnvoll, da
- Mitarbeiter aufgrund ihrer alltäglichen Arbeitsausführung die eigentlichen Experten in ihrem Gebiet, also für ihre Arbeit sind,
- Kreativitäts- und Problemlösungspotentiale oft vorhanden, aber ungenutzt sind (was zu Frustration führen kann oder vermehrtem Freizeitengagement),
- die Manager in der Regel überlastet sind, wodurch viele solche Probleme nicht behandelt (oder erkannt) werden ,
- viele kleine Schwachstellen sind zusammengerechnet ein hohes Kosten-, Fehler- und Unzufriedenheitspotential.
Unternehmen erhoffen dadurch die Produktivität und Qualität, aber auch die Zusammenarbeit, Zufriedenheit und die Qualifikation der Mitarbeiter zu verbessern. Die Mitarbeiter können voneinander lernen, flexibler und problembewußter werden, was sich auch auf die Organisation als solches auswirkt: sie kann sich besser Herausforderungen der Zukunft stellen. (Schlagwort lernende Organisation). Neben den ökonomischen Gesichtspunkten (Kosteneinsparung) gibt es also noch andere: Es soll Interesse und Bewußtsein für die Mitverantwortung geweckt werden, die Mitarbeiter sollen veranlaßt werden, nach Lösungen zu suchen, die die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen reibungsloser und hilfreicher gestalten, Arbeitsprozesse sollen transparent gemacht werden, der Arbeits- und Führungsstil soll verbessert werden, Kreativität soll angeregt, sowie eigene Entwicklungsmöglichkeiten erkannt werden.
Durch Gruppenarbeit wird somit Motivation des einzelnen, das allgemeine Betriebklima, die Arbeitsbedingungen und -abläufe, Comitment der Mitarbeiter, alles was man unter sozialer Kompetenz versteht und allgemein die Leistungsergebnisse verbessert, bzw. soll verbessert werden.
Zu Anfang ist es oft ein Mehraufwand an Arbeit, aber dadurch, daß alte Probleme endlich und wirklich bewältigt werden, bleibt bald mehr Zeit für das Angehen neuer Herausforderungen.

2.2 Struktur

QZ sind (nach Bungard und Antoni, 1993)
- kleine Gruppen von Mitarbeitern, in der Regel 5-9,
- aus unteren Hierarchieebenen,
- die sich regelmäßig (1 mal die Woche) auf freiwilliger Grundlage während der Arbeitszeit treffen,
- um selbstgewählte Probleme aus ihrem Arbeitsbereich zu bearbeiten.
Die Teilnehmer können aus einem und, v.a. im Laufe der Zeit aus verschiedenen Arbeitsbereichen und Hierarchien stammen. Das kann die Akzeptanz von Vorschlägen erhöhen und Dialoge ermöglichen, für die gewöhnlich keine Zeit besteht.
Die Treffen werden von ein oder zwei geschulten Moderatoren geleitet, wenn möglich aus einem anderem Bereich, damit Neutralität gewahrt bleibt. Diese organisieren, leiten und vertreten den QZ nach außen und präsentieren Lösungsvorschläge der Steuergruppe, in der die über die Lösungsvorschläge entscheidende Instanz vertreten ist.
Die Steuergruppe setzt sich aus Vertretern der Unternehmensleitung, dem Betriebsrat und den Koordinatoren zusammen. Hier wird über strategische Fragen wie die Einführung, finanzielle und personelle Rahmenbedingungen und über die Lösungsvorschläge entschieden.
Koordinatoren aus dem mittleren Management, der Personal-, Weiterbildungsabteilung oder eines externen Beraters führen die Zirkel ein, betreuen sie und beraten die Moderatoren. Sie sind ein Bindeglied zwischen der regulären Organisation, der Geschäftsführung und den QZ.

2.3 Ablauf

Die Teilnehmer sammeln mit Hilfe des Moderators Themen, gewichten diese der Priorität nach im Themenspeicher und bearbeiten das wichtigste Thema mit Hilfe verschiedener Techniken.
So wird das Thema analysiert, Ursachen ermittelt (z.B. mit dem Ishikawa-Diagramm) und Lösungsvorschläge erarbeitet. QZ haben also nur ein Vorschlagsrecht, die Entscheidung liegt beim Management. Je nach Ablauf des QZ kann es sich auch ergeben, daß Experten zu bestimten Themen eingeladen werden. Gewöhnlich können alle möglichen Themen ausgewählt werden, außer tarifrechtlichen und personellen Aspekten.
Nach der Entscheidung der Steuergruppe über die Umsetzung werden die Lösungsvorschläge auch von den QZ Teilnehmern selbst umgesetzt.
Die Teilnehmer des QZ bestimmen selbst, ob der Zirkel nach erfolgter Präsentation beendet wird, weiter tagt, oder ob Gesprächsrunden in den Arbeitsalltag integriert werden. Das ist das eigentliche Ziel der Einführung: QZ sollen irgendwann zum "Selbstläufer werden", sich selbst organisieren, von der "künstlichen" Gesprächsrunde in eine "natürliche" übergehen.

3 Was ist eine Dienstleistung?

Es gibt verschiedene Definitionsansätze, Unterscheidungen und Besonderheiten, die typisch für eine Dienstleistung sind.
Zunächst eine Kategorisierung und Einteilung nach Branchen:
- wirtschaftsorientierte Dienste (v.a. Beratung, Banken, Versicherungen, Werbung)
- gesellschaftsorientierte, soziale Dienste (Gesundheitswesen, Bildung)
- distributive Dienste (Handel und Transport)
- Haushaltsbezogene oder persönliche Dienste (Gastronomie, Reinigungsbetriebe, Frisöre
Durch institutionelle (welche Branche) und berufliche Kriterien kann man Dienstleistungen untereinander abgrenzen.
Zur funktionalen Abgrenzung zu Sachleistungen ist es hilfreich, auf die charakteristischen Besonderheiten von Dienstleistungen hinzuweisen (M. Bruhn, B. Stauß, 1991):
- Immaterialität
- Unfähigkeit der Lagerung, ergibt sich aus der Immaterilität
- simultane Produktion und Verwertung, keine nachträgliche QC ist möglich
- direkte Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager, am besten zur richtigen Zeit
- Standortgebundenheit
- Individualität, Leistungsverrichtung ist auf Kunden abgestimmt
Ein weiterer, oft genannter Definitionsversuch ist der von Corsten (1988, S. 81f), wobei zwischen Potentialorientierter, Prozeßorientierter und Ergebnisorientierter Dienstleistungsdefinition unterschieden wird.

3.1 Der Dienstleistungsbereich in Deutschland

Der tertiäre Sektor, dazu gehören Handel, Verkehr, Dienstleistungsunternehmen, Staat, private Haushalte und private Organisationen wächst in denn letzten Jahren beträchtlich. So waren 90% der von 1976-1992 gegründeten Unternehmen Dienstleistungsunternehmen. Der Anteil, den der gesamte tertiäre Sektor zur Bruttowertschöpfung beiträgt, ist auf gut 65% gewachsen.
In den USA liegt er allerdings bereits bei 75%, in der Amtszeit vom derzeitigen Präsidenten Clinton wurden mehr als 8 Mio. Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor geschaffen (FAZ, 11.06.96). Diese Zahlen zeigen Entwicklungsperspektiven. Ist es der Beschäftigungsmotor der Zukunft, der Hoffnungsträger für den Standort Deutschland?
Jedoch können Dienstleistungen die Industrie nicht verdrängen, ersetzen, sie brauchen sie, durchdringen und ergänzen sie. Es geht also um eine zukünftige optimale Kombination von Waren, Diensten und Information und eine Dienste-Euphorie sollte besser vermieden werden.
Die Schaffung neuer Dienstleistungsarbeitsplätze geht auch nicht, wie teilweise befürchtet, mit geringeren Verdienstmöglichkeiten einher. Gerade moderne Dienste wie Beratung, Vermögensverwaltung oder im Multimedia-Bereich bieten relativ hohe Löhne.
Der Trend in Richtung Dienstleistungen ist in allen hochentwickelten Marktwirtschaften zu beobachten. Die wichtigsten Gründe sind:
- Bei vermehrtem Wohlstand verschiebt sich die Nachfrage von industriell gefertigten Produkten zu privaten und sozialen Diensten (aufgrund von Sättigung)
- Da ein geringerer internationaler Wettbewerbsdruck besteht, gibt es einen geringeren Rationalisierungsdruck; viele Dienste können nur regional begrenzt angeboten werden. Dabei gibt es keine Hemmnisse durch verschiedene nationale Bestimmungen.
- Durch den technischen Fortschritt erfolgt ein höherer Dienstleistungsanteil in der industriellen Produktion (mehr "Software"); Marketing, Kundenbetreuung, Wartung werden immer wichtiger.

3.2 Dienstleistungsqualität

Ähnlich wie bei Dienstleistungen gibt es viele Versuche zur Bestimmung der Qualität.
Qualität - vom lateinischen "qualitas" abgeleitet - meint so viel wie die Beschaffenheit, Güte oder auch Wert einer Sache.
Die Definition und Messung ist im Bereich industriell gefertigter Güter vergleichsweise einfach, wohingegen die Messung im Dienstleistungsbereich nicht so einfach ist.
Das Deutsche Institut für Normung e.V. hat in der DIN 55350 folgende Definition zugrunde gelegt (M. Bruhn, B. Stauß, 1991):
"Qualität ist die Beschaffenheit einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte oder vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen"
Vereinfacht gesagt ist Qualität die Relation zwischen realisierter und geforderter Beschaffenheit, also zwischen einem IST und SOLL Zustand oder Wert.
Qualität ist ein latentes, mehrdimensionales Konstrukt, das selbst nicht meßbar ist, sondern nur ausschnittsweise über verschiedene Indikatoren (Zillessen, 1994).
Begnügt man sich mit einem groben Maßstab, ist die Messung natürlich bedingt möglich (z.B. Qualitätsbeurteilung der Stiftung Warentest von "sehr gut" bis "mangelhaft").
Bezogen auf den Dienstleistungsbereich gibt es ein Qualtätsmodell von Parasuram et al. (1991/ 1985) (aus M. Bruhn, B. Stauß, 1991). Danach wird die Qualitätswahrnehmung der Kunden von vier Diskrepanzbereichen im Unternehmen beeinflußt.
Dieses sind Diskrepanzen zwischen:
- wahrgenommener Dienstleistungsqualität durch den Kunden und der Wahrnehmung der Kundenerwartung durch das Management
- Wahrnehmung der Kundenerwartung und ihre Umsetzung in Spezifikationen
- Spezifikationen der Dienstleistungsqualität und der tatsächlich erstellten Leistung
Diese Diskrepanzen beschreiben das Verhalten des Dienstleisters. Das Modell beschreibt aber ebenso den Kunden: Der Kunde hat Erwartungen aufgrund
- Mund zu Mund Kommunikation
- individuellen Bedürfnissen
- vergangenen Erfahrungen
Diese Erwartungen wird der Kunde mit der Qualität der Dienstleistung (Soll-Ist Vergleich) vergleichen, die er bei Inanspruchnahme der Dienstleistung wahrnimmt. Dabei können dann auch Diskrepanzen entstehen.
Eigentlich gibt es nur wenige , wirklich "reinrassige" Dienstleistungsunternehmen: Ein Krankenhaus z.B. liefert jedem Patienten die tägliche Verpflegung, was zweifelsfrei ein materielles Produkt ist. Ähnliches gilt für die Gastronomie.
Deshalb sind einige Autoren der Meinung, daß bzgl. Qualitätssicherung für Dienstleistungen prinzipiell die gleichen Grundsätze gelten wie für materielle Produkte (Masing, 1988).
Nach Horovitz (1990) gibt es aber wichtige Unterschiede zwischen Produktion und Dienstleistung, die auf die Qualität und deren Sicherung sowie Verbesserung Einfluß nehmen.
- Das Verhältnis von direkt sichtbaren Merkmalen ist verschieden. Bei einer DL gibt es gut 10 mal so viele sichtbare Parameter wie bei einem industriellem Produkt (Verkäuferin vs. Motorbolzen). Dadurch ist das "Fehlerrisiko" stark erhöht, v.a. bei langem Kontakt.
- Es gibt keine nachträgliche Qualitätskontrolle, einmal begangene Fehler kann man nicht rückgängig machen (z.B. ein mißlungener Haarschnitt).
- Es kann keinen Ausschuß geben, man kann nicht 10% unzufriedene Urlauber wegwerfen.
- Je nach Kultur unterscheidet sich der Qualitätsbegriff der Pünktlichkeit, Aufmerksamkeit, Höflichkeit, Ehrlichkeit, Achtung. Das kann v.a. Dienstleistungen mit internationalen Kunden betreffen.
Dienstleistungen haben also verschiedene Komponenten. Auf der einen Seite eine materielle Komponente wie das Essen, den Transport, das Sparbuch, auf der anderen Seite eine personelle Komponente wie der Service und Umgang mit dem Kunden. Mit Kunde ist (im "TQM-Sinne") natürlich auch jeder Mitarbeiter zu verstehen. Es ist z.B. nicht nur externe Kommunikation wichtig, sondern auch interne (nur ein von seinem Service überzeugter Mitarbeiter kann Kunden überzeugen).
Beide Dimensionen können Ansatz zur Qualitätszirkelarbeit sein, wobei versucht werden kann, Fehler und Probleme zu beseitigen und damit den gegenwärtigen Zustand zu verbessern.
Dabei gibt es bei vielen Dienstleistungsunternehmen Ansatzpunkte zur Verbesserung, da viele keine guten Dienste anbieten. Der Begriff "dienen" wird nicht immer wortwörtlich genommen. Fluglinien, die ständig überbucht sind, Restaurants mit ungeschulten Bedienungen, überarbeitete Krankenschwestern, unfreundliche, patzige Bankangestellte sind nur wenige Beispiele für notorische Mißstände im Dienstleistungssektor, die so verbreitet sind, daß sie kaum noch auffallen (Senge, 1996). Da der personelle Teil der Servicequalität schwer faßbar ist, besteht eine Tendenz, sich auf das greifbare zu konzentrieren. Jedoch erst die personelle Qualität der Dienstleistung macht sie perfekt.

4 QZ im Dienstleistungsbereich

Kann man das QZ Konzept vorbehaltlos auf den Dienstleistungsbereich übertragen?
In der Dienstleistungskultur der USA (Zink, 1984) finden sich QZ in Banken und Versicherungen (z.B. Bank of California), bei Fluggesellschaften (American Airlines), beim Militär (US Air Force, Navy, Army) und bei Behörden (City of Dallas).
Jedoch gibt es Zweifel an der vorbehaltlosen interkulturellen Übertragbarkeit dieses Konzeptes. Selbst innerhalb eines Kulturkreises muß man Struktur und Ablauf der QZ spezifisch an die jeweilige Unternehmenskultur anpassen.
Die Ambivalenz von Dienstleistungen erschwert die Problemauswahl im QZ. Die Konzentration auf materielle Schwächen der Dienstleistung gelingt gut, die Thematisierung eines Dienstleistungsdefizits im persönlichen, immateriellen Bereich bleibt eine Herausforderung an die Gruppe. Hier stellt sich aber auch eine Frage (Blum, 1989): Sind solche Punkte wie die "menschlichen" Aspekte des Servierens, Fragen der sozialen Interaktion, der Kundenorientierung, der "subjektiven" Qualität des Dienens nicht im Zuständigkeitsbereich der betrieblichen Schulung?
Probleme der immateriellen Servicekomponente können eine Gruppe nämlich schnell überfordern. Ein QZ kann nicht Fragen der Corporate Identity des Unternehmens lösen oder bestimmen, wie sich Mitarbeiter gegenüber Kunden zu verhalten haben.
Themen der personellen Servicekomponente sind nur dann lösbar, wenn eine ausgearbeitete Service-Philosophie und Servicestandards bestehen, die auch in diesem Bereich Vorgaben für QZ abgeben (Bluhm, 1989). Sonst sollte man sich auf die materielle Ebene begrenzen.
Es geht also darum, handhabbare Themen auszuwählen. Diese Themen kann man wie jede anderen Probleme bearbeiten (Analysieren, Lösungen entwickeln etc.). Bei Bearbeitung von menschlichen Faktoren sind jedoch manche Problemanalysetechniken nicht einsetzbar, da man solche Faktoren nicht rationalisieren, mechanisieren und beliebig zerlegen kann.
Qualitätsverbesserungen bei Dienstleistungen sind nicht so einfach zu messen, wie im Produktionsbereich. Hier ist man mehr auf empirische Untersuchungen (begleitende Evaluationen) angewiesen, wie z.B. Zufriedenheitsbefragungen der Kunden, Mitarbeiterbefragungen. Sind Verbesserungen gelungen, wird man dies aber auch in der Outputerhöhung bemerken und daß die Leistungen intensiver in Anspruch genommen werden. Außerdem kann sich das Verhältnis zwischen "Dienenden" und "Bedienten" verbessern. Veränderungen auf der Sachebene können so, systemisch gesehen, die Beziehungsebene beeinflussen.
Nach Pepels (1995) soll durch QZ im Dienstleistungsbereich eine Verbesserung der Kundenzufriedenheit durch reaktionsschnellen und effektiven Service, durch unbürokratisches Helfen in Problemfällen, durch Schaffung eindeutiger Ansprechpartner und transparenter organisatorischer Abläufe erreicht werden.
Das Oberziel eine Unternehmens ist nach ihm die Harmonisierung von Ökonomität in allen Arbeitsprozessen. Ein Unterziel dabei ist die Verbesserung der Leistungsfähigkeit einer Organisaitonseinheit durch verstärkte, aktive Einbeziehung aller Mitarbeiter bei der Gestaltung und Kontrolle aller Betriebs- und Arbeitsbedingungen (durch QZ).

4.1 Erfolgsfaktoren

Was muß erfüllt sein, daß QZ erfolgreich werden?
- Das Management muß hinter der QZ Idee stehen, es wollen, Qualität vorleben, Qualität muß in die obersten Betriebsziele mit aufgenommen werden
- Information an alle, alle Prozesse transparent machen, gute Qualifizierung aller Mitarbeiter, v.a. der Moderatoren, Kontinuität der Prozesse
- Jeder muß sich angesprochen fühlen, Erfolge müssen erlebbar gemacht werden
- Schnelle, direkte Rückmeldung bei Lösungsvorschlägen
- Besonderes Gewicht auf Koordination und Unterstützung
- Einbindung in eine umfassende, spezifisch auf die Organisation "zugeschnittene" Organisationsentwicklung, die auf allen Ebenen ansetzt und die Organisation an Veränderungen der Innenwelt und Umwelt frühzeitig anpaßt
- Konstruktiver Umgangston im Unternehmen, eine "hohe Kultur"
- Das Gefühl der MA, daß QZ für sie und das Unternehmen nützlich und wichtig sind
- Wirtschaftlicher Druck
- Delegation von Verantwortung, dadurch mehr Handlungs- und Entscheidungsspielraum
- Der Betriebsrat muß dafür sein, er muß Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammenführen

5 QZ im Krankenhaus

Auch Krankenhäuser sind Dienstleistungsunternehmen, wobei einige Besonderheiten berücksichtigt werden müssen:
- Die Krankenhausleistung ist ein öffentliches Gut und wird der Infrastruktur zugerechnet, für die der Staat zu sorgen hat.
- Es besteht ein Versorgungsauftrag - öffentliche, gemeinwirtschaftliche Güter sind von politischen Entscheidungen abhängig, die Preisgestaltung ist extern vorgegeben.
- Schwere Meßbarkeit der Leistung, als Leistungskennzahl dient häufig die Verweildauer, da hier eine Verbindung zur Nutzleistung besteht. Das hat aber nichts mit Patientenzufriedenheit, der personellen Seite der Dienstleistung zu tun.
- Prozeßqualität ist sehr bedeutend, also wie wird die Behandlung vollbracht.
- Krankenhäuser sind vom Gesetzgeber (GRG, §§ 135-139 SGB 5) zur Qualitätssicherung verpflichtet, wobei die Gesetze aber kein explizites Vorgehen vorschreiben
- Die Krankenhausleitung ist "dreigeteilt" in ärztliche Leitung, Pflegedienstleitung, Verwaltungsleitung mit jeweils getrennten Weisungsbefugnissen und Führungsaufgaben.
- Schnittstellen dabei sind oft Fehler- und Konfliktquellen.
- Besondere Rolle der Ärzte: Sie nehmen für sich teilweise Führungsaufgaben in Anspruch (aber ohne spezielle Ausbildung), können in Notfällen die Hierarchie unterlaufen.
- Besondere Rolle der Kunden: oft bewußtlose Konsumenten, verunsichert, "ausgeliefert", hilflos und haben dazu auch oft noch Schmerzen
Diese Besonderheiten müssen berücksichtigt werden, wenn Krankenhäuser zukunftsfähig gemacht werden sollen. Dies ist durch den wachsenden Kosten- und Reformdruck meist dringend nötig. Es werden diesbezüglich neue Managementkonzepte wie TQM, Lean-Management, Business-Reengineering etc. diskutiert. Nach Kaltenbach (1993) gibt es folgende grobe Schritte zur Orientierung bei der Einführung von Qualitätsmanagement:
- understanding and comany-wide awareness (Info und Kommunikation an alle)
- Top-management-commitment, Quality-policy
- Organisation for quality-planning
- Review and continous improvement
Solche Entwicklungsschritte kann man mit Hilfe von Qualitätszirkeln erfolgreich einleiten. QZ, als "Eisbrecher" können systematisch dabei helfen, Lösungen für die wichtigsten Problemfelder im Krankenhaus zu finden.
Es gibt Projekte, bei denen externe (Arbeitsgruppen, Arbeitsstäbe, Projektgruppen, Klinikvergleiche) und interne Qualitätssicherungsverfahren (QZ, Fort- und Weiterbildung, Patientenbefragungen, Mitarbeiterbefragungen, EDV-Basisdokumentationssysteme etc.) mit Beteiligungsverfahren von Mitarbeitern verknüpft werden.
Bei einem solchen Projekt gibt es z.B. schon über 20 QZ, die jeweils einmal pro Woche zu selbstgewählten Problemstellungen tagen und diese bearbeiten. Über 60 Moderatoren wurden hierzu ausgebildet. Inzwischen wurden schon über 13 Ergebnisse präsentiert und teilweise auch direkt von den QZ Teilnehmern umgesetzt.
Positive Erfahrungen zu Beginn haben diesen Prozeß eine gute Rückendeckung (=interner Multiplikatoreffekt) gegeben, so daß ein großes Interesse auf Seiten der Mitarbeiter an QZ besteht. Dies wurde schnell bekannt, und diejenigen, die nichts über das QZ Ergebnis auf informellem Weg mitbekommen haben, lasen es spätestens im neuen Mitarbeitermagazin des Krankenhauses.
Ein Zirkel konnte sich z.B. bei Umbaumaßnahmen beteiligen und dabei mit den Architekten zusammenarbeiten, um ein Konzept zur Neugestaltung der Räumlichkeiten zu entwickeln.
So gibt es beispielsweise die QZ
* "Aufbau eines Diabetes Zentrums" und
* "Wie kann die Facharztausbildung gewährleistet/ optimiert werden?",
die die Strukturqualität verbessern, sowie die QZ
* "Wie können wir die Arbeitsorganisation in der Immunhämatologie verbessern?",
* "Wie können die Arbeitsabläufe patienten- und mitarbeiterorientiert optimiert werden?",
* "Wie können wir die Zuständigkeiten und Befugnisse zwischen SL/PBL sinnvoll verteilen?"
welche die Prozeßqualität verbessern.
Hier wird Qualität aktiv gefördert, geschaffen und nicht passiv verteidigt. QZ dienen dabei der Entwicklung von Verbesserungsvorschlägen durch die Mitarbeiter und der Entwicklung einer Qualitätskultur.
Eine zweite Mitarbeiterbefragung, die Veränderungsprozesse im Qualitätsverständnis, der Arbeitszufriedenheit und dem Comitment der Mitarbeiter mißt, wird noch folgen, wobei sich ein Trend schon jetzt abzeichnet.
Eine Befragung gezielt zu QZ und bzgl. ihrer Effektivität, Effizienz, Akzeptanz, Auswirkungen etc. wäre sicher interessant, hat aber noch nicht stattgefunden.

6 Diskussion und Schlußbemerkungen

Sind QZ in der Dienstleistung ein spezieller Fall? Auf jeden Fall ist viel allgemeines übertragbar, einige dienstleistungsspezifische Faktoren erschweren jedoch die Entwicklung von Lösungen. Es ist deshalb wichtig, sich der Spezifität von Dienstleistungen bewußt zu sein, z.B. daß aufgrund der immateriellen Seite eine klassische Kosten-Nutzen-Analyse nicht möglich ist. Das kann wiederum zu Akzeptanzproblemen beim Management führen, da hier hauptsächlich Menschen sitzen, die einseitig auf Kostenbetrachtung geschult wurden. Die materiellen Erfolge einer ganzheitlichen Organisationsentwicklung, in die jeden QZ Implementierung eingebunden sein sollte, können mehrere Jahre auf sich warten lassen (bis zu 10 Jahren). Es gilt aber, Unternehmen auf die Zukunft vorzubereiten und nicht nur im hier und jetzt zu denken.
Gruppen können leicht an unlösbaren Aspekten der Dienstleistungen scheitern, die oft schnell erkannt werden. Das liegt nah, da viele Dienstleistungen materiell perfekt, in der Art der persönlichen Präsentation aber häufig verbesserungswürdig sind (z.B. Empathie bei Ärzten).
Deshalb ist eine gezielte Moderatorenschulung notwendig, sowie eine gute fachliche Betreuung, damit sich die Moderatoren fortwährend austauschen können, Rückmeldung bekommen und weiter lernen.
Eine ausreichend sorgfältige Vorbereitung der Zirkeleinführung ist wie gesagt notwendig. Besteht eine mangelnde Einsicht in die Grundvoraussetzungen und Anforderungen (s.o.) des Konzepts, bzw. ein fehlender Reifegrad der Organisation, ist das Scheitern von QZ vorprogrammiert.
Es besteht auch die Gefahr, daß QZ nur als Aushängeschild eines modernen Führungsstils benutzt werden und nur halbherzig eingeführt werden.
Ein Hindernis für Gruppenarbeit ist auch die "gruppenfeindliche" Sozialisation in Deutschland. Wir leben in einer individualisierten "Ellenbogengesellschaft". Beginnend in der Schule wird das Arbeiten und Lernen in Gruppen nicht gefördert.
Zusätzlich habe ich auch das Gefühl, daß viele Deutsche ziemlich unflexibel, spießig sind und voreingenommen gegenüber Erneuerungen. So gibt es oft Hemmnisse gegenüber Veränderungen, sicher auch aufgrund der Angst vor Macht- und Kontrollverlust oder einfach der Angst vor neuem. Dann wird erst etwas getan, bevor oder wenn es zu spät ist.
Zum Bereich Krankenhaus:
Die festgefahrenen, streng hierarchischen Führungsstrukturen im Krankenhaus stehen ebenso der Aufnahme partizipativer Elemente entgegen.
Da Ärzte Ängste vor Fremdbeeinflussung von außen haben, gibt es unter ihnen immer noch viele Vorbehalte gegen Qualitätssicherung oder Qualitätsmanagement. Diskussionen über Kontrolle von außen, nämlich von den Kostenträgern, verstärken solche Ängste noch.
So können schnell Befürchtungen vor "DIN-Behandlung, ISO-Arzt" entstehen, die ernst genommen werden müssen. Qualität sollte nicht nur "geprüft" (=Kontrolle) werden, sondern eher von allen Beteiligten geschaffen und gefördert werden.
Deshalb sollten auch keine externen Qualitätssicherungsverfahren "übergestülpt" werden. Interne QS, mit Qualitätszirkel als Kernelement sollten eher im Vordergrund stehen und durch externe Maßnahmen gefördert werden.
Mit zunehmender Privatisierung und damit steigendem Wettbewerb im Gesundheitswesen wird nachgewiesene Qualität zum Wettbewerbsvorsprung. Deshalb wird Qualitätsmanagement, das externe und interne QS vereint, neuerdings auch im deutschen Krankenhauswesen als ein neues Führungsmodell mit großen Chancen, aber auch großen Anforderungen gesehen.
Bei der Literaturrecherche fiel mir auf, daß es sehr wenig Literatur zu QZ im Dienstleistungsbereich gibt. So gibt es auch wenige Erfahrungsberichte und empirische Untersuchungen auf diesem Gebiet, was wünschenswert wäre.
Zur Analyse und Lösung von Qualitätsproblemen, der Resourcennutzung der Mitarbeiter, und anderen Herausforderungen im Wandel von Organisationen können Methoden und Verfahren der AO-Psychologie eine wertvolle Hilfestellung sein. Zur Entwicklung praktikabler Meßinstrumente für die QS, die interdisziplinär erfolgen sollte, können Grundlagen der psychologischen Diagnostik, Methodenlehre und Evaluationsforschung hilfreich sein. Bei der Implementierung und Betreuung von QZ können Psychologen ebenso beitragen, z.B. können sie das Schulen der Moderatoren in Kommunikationsverhalten und Problemlösetechniken vornehmen.
So gilt es für die Psychologie als Disziplin, sich eine Stellung auf diesen Gebieten zu sichern und darüber aufzuklären, daß Psychologen keine Psychiater im Sinne Freuds sind und mehr können, als Probleme wegzutherapieren. Schließlich gibt es leider noch viel Unwissenheit und Vorurteile über die Gegenstände psychologischer Arbeit und Ausbildung.

7 Literaturverzeichnis


Bluhm, T. (1989): Qualitätsgruppen in der Dienstleistung. In: Investition in die Zukunft: QC; Szenarien 2000 / 7. Deutscher QC-Kongress. Mannheim: Ehrenhof-Verl. S. 149- 152
Bruhn, M; Stauss, B. (1991): Dienstleistungsqualität: Konzepte, Methoden, Erfahrungen. Wiesbaden: Gabler
Bungard, W., Antoni, C.H. (1993): Gruppenorientierte Interventionstechniken. In: Schuler (Hrsg.): Lehrbuch Organisationspsychologie. Bern: Huber, S. 377-404
Gaucher, E.J./ Coffey, R.J. (1993): Total Quality in Health Care. San Francisco: Jossey-Bass Publishers
Geiger, W. (1988): Begriffe. In: Masing, W. (Hrsg.): Handbuch der Qualitätssicherung. München, Wien: Hanser, Kapitel 3
Horovitz, J. (1990): Service entscheidet: im Wettbewerb um den Kunden. Frankfurt/ Main: cam pus
Kaltenbach, T (1993): Qualitätsmanagement im Krankenhaus. 2. Auflage. Melsungen: Biblio med
Lennings, P. (1996): Dienste: Keine 2. Klasse. In: FAZ, Nr. 133, 11.06.1996, Seite B 7
Pepels, Werner (1995): Einführung in das Dienstleistungsmarketing. München: Vahlen
Senge, P, M. (1996): Die fünfte Disziplin: Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Stuttgart: Klett-Cotta
Zilessen, E. (1994): Qualitätssicherung. Zeitschrift für Gastroenterologie (Suppl. 1), 32, 19-32
Zink, K. J. (1984): Qualitätsförderung durch Mitarbeitermotivation/ Problemlösegruppen. München, Wien: Hanser