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Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung
Wie ist Metaphysik als Wissenschaft möglich?
Synthetische und analytische Urteile
Transzendentale Ästhetik
Transzendentale Analytik
Transzendentale Deduktion
Die Einheit des "Ich"
Transzendentale Dialektik
Die 3. Antinomie
Literaturverzeichnis

Vorbemerkung
Eine oder vielleicht die Frage, die Kant mit der "Kritik der reinen Vernunft" beantworten möchte ist die, wie sich Kausalität der Natur und Freiheit des Menschen zusammen denken lassen. Er untersucht in seinem Werk die Bedingungen, die im Menschen bestehen, die Dinge nicht als bloßen Naturablauf ansehen zu müssen, sondern die die Möglichkeit geben, eine Handlungsfreiheit denkbar zu machen. Es geht Kant darum, eine neue Form des freiheitlich in der Welt Seins aufzuzeigen.
Die Lösung des Widerspruchs zwischen Kausalität und Freiheit beruht auf der Unterscheidung zwischen Erscheinung und Ding an sich. Denn "wäre [diese Unterscheidung] gar nicht gemacht, so müßte der Grundsatz der Kausalität und mithin der Naturmechanismus in Bestimmung derselben durchaus von allen Dingen überhaupt als wirkenden Ursachen gelten" (BXXVII)[1] und dann wäre der Mensch als bloßes Produkt der Natur nach deren Regeln determiniert. Unsere Vernunft geriete jedoch in Schwierigkeiten, wenn alle Erkenntnis auf Erscheinungen beruhen würde, z.B. dann, wenn es um Dinge wie das Unbedingte oder andere Fragen der Metaphysik ginge, die alle unsere Erfahrung übersteigen. Kant vollzieht daher die sogenannte "Kopernikanische Wende", indem er annimmt, daß sich die Gegenstände nach der Beschaffenheit unseres Erkenntnisvermögens richten. So ist es auch möglich, daß Erkenntnisse vor aller Erfahrung im Gemüt bereitliegen, welche die Bedingungen der Möglichkeit im Hinblick auf Erfahrung sind. Über die Dinge an sich, die dem Menschen nie zur Verfügung stehen werden, kann man nichts aussagen. Wir können nur so von ihnen etwas aussagen, wie sie von unserem Verstand zur Erscheinung gebracht werden.
Durch die Trennung des Bereiches der Dinge an sich von dem der Erscheinungen wird die Freiheit des Menschen denkbar. Denn dadurch ist der Mensch nur als Erscheinung in die raumzeitliche Kausalität eingebunden ist, als Ding an sich aber, d.h. dadurch, daß´er sich ideel betrachten kann, besitzt er das Vermögen Begebenheiten von selbst anzufangen, d.h. er besitzt Kausalität aus Freiheit.
Ich werde im folgenden versuchen darzulegen wie Kant zu dieser Antwort gelangen konnte und folge dazu dem Konzept der "Kritik der reinen Vernunft".

Wie ist Metaphysik als Wissenschaft möglich?
Die Frage nach der Freiheit des Menschen ist eine Frage, mit der sich die Metaphysik beschäftigt. Kant muß also untersuchen, inwieweit die Metaphysik als Wissenschaft Bestand haben kann. Subjektiv ist Methaphysik wirklich, denn jeder Mensch hat metaphysische Ideen, weil die Vernunft durch reine Beschäftigung mit sich selbst zu "Objekten" wie Gott, Seele, Welt gelangt, ohne auf Erfahrung zurückzugreifen. Aber wie ist Metaphysik als Wissenschaft objektiv möglich? Kant findet zu Beginn seiner Arbeit zwei philosophische Richtungen vor, die gegensätzliche Aussagen zu diesem Problem machen. Da ist zum einen der Empirismus der behauptet, daß nur das erkannt werden kann, was auch als Gegenstand der sinnlichen Erfahrung gegeben ist. Die Gegenstände der Metaphysik (Gott, Seele, Freiheit) sind nicht sinnlich erfahrbar und daher ist Metaphysik als Wissenschaft für den Empirismus nicht möglich. Für den Empiristen sind alle Urteile, die der Mensch fällen kann, synthetisch und aposteriori, d.h. erst nach Erfahrung möglich.
Einen gegensätzlichen Standpunkt vertritt der Rationalismus, dessen Lehre besagt, daß allein durch die Vernunft wahre Aussagen zu treffen sind. Die sinnlichen Eindrücke sind weder Grundlagen noch Grenzen der Erkenntnis. Durch die Vernunft ist der Mensch in der Lage zu wahren Erkenntnissen der "übersinnlichen" Welt zu gelangen und somit ist Metaphysik für den Rationalismus wirklich. Für den Rationalisten sind alle Urteile analytisch und damit apriori.
Kant ist der Meinung, daß der Rationalismus zu viel und der Empirismus zu wenig behauptet. Er möchte in der "Kritik der reinen Vernunft" eine Synthese beider Standpunkte finden. Dazu untersucht er die Bedingungen, d.h. die apriorischen Prinzipen der Möglichkeiten der menschlichen Erkenntnis. Sein Untersuchungsgegenstand ist hierbei das Gemüt, aus dem durch die Kritik die reine Vernunft freigelegt werden soll, denn diese ist "das Vermögen, welches die Prinzipen der Erkenntnis a priori an die Hand gibt" (B 24). Zugleich sind die Aufgaben der reinen Vernunft Gott, Freiheit und Unsterblichkeit (B 7), so daß Kant mit der Untersuchung der Vernunft zugleich die Möglichkeit der Beantwortung dieser Fragen untersucht.
Dem Gemüt entspringen "zwei Stämme der menschlichen Erkenntnis [...], nämlich Sinnlichkeit und Verstand, durch deren ersteren uns Gegenstände gegeben, durch den zweiten aber gedacht werden" (B 29). Entsprechend dieser Zweiteilung der Erkenntnis hat Kant auch die Transzendentale Elementarlehre zweigeteilt, nämlich in die Transzendendale Ästhetik und die Transzendentale Logik. Um zu Erkenntnissen zu gelangen ist der Verstand auf die Sinnlichkeit angewiesen und umgekehrt. Kant verdeutlicht das doppelte Erkenntnisvermögen auch mit folgendem Zitat: "Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind." (B 75).
Zu jeder Erkenntnis gehört eine Materie und eine Form. Die Materie wird uns als Empfindung durch die Sinnlichkeit gegeben und vermittels der Form der Anschauung zu Gegenständen der Erfahrung. Erst dadurch, daß wir die Materie formen, wird Erkenntnis möglich. Kant setzt dabei voraus, daß es etwas außer uns gibt, durch das unsere Sinnlichkeit affiziert wird. Dieses "Etwas" nennt er Ding an sich.
Die Formen, die die Materie erst zur Erkenntnis machen, sind die der Sinnlichkeit und die des Verstandes. Da durch sie Erkenntnisse erst möglich werden, müssen sie vor aller Erfahrung schon in uns liegen, d.h. apriori sein.

Synthetische und analytische Urteile
Zu Erkenntnissen gelangt man über Urteile. Kant unterscheidet zwei Arten von Urteilen, die analytischen und die synthetischen. In analytischen Urteilen werden Verstandesbegriffe zergliedert. Die im Begriff vorhandenen Merkmale werden herausgelöst und mit dem Begriff verbunden, z.B. "Die Kugel ist rund". Das analytische Urteil läßt sich unabhängig von der Erfahrung bilden, d.h. es kann apriori genannt werden. Analytische Urteile sind aufgrund ihrer Apriorität allgemein und notwendig. Sie bringen aber keine neuen Erkenntnisse, sondern dienen nur der Verdeutlichung von Begriffen.
Synthetische Urteile sind Urteile, bei denen dem Verstandesbegriff etwas Neues hinzugefügt wird. Dieses Neue stammt aus der Sinnlichkeit, d.h. aus der Erfahrung und daher sind synthetische Urteile aposteriori zu nennen. Synthetische Urteile erweitern die menschliche Kenntnisse, sind aber auf Erfahrung angewiesen.
"Die eigentliche Aufgabe der reinen Vernunft ist nun in der Frage enthalten: Wie sind synthetische Urteile apriori möglich?" (B 19), schreibt Kant in der Einleitung der "Kritik der reinen Vernunft". Ohne synthetische Urteile apriori könnte der Mensch seine Kenntnisse nur dadurch erweitern, daß er etwas aus der Empirie hinzunimmt. Eine so gewonnnene Erkenntnis kann aber nicht allgemein und notwendig sein und darauf kommt es Kant an. Würde es keine synthetische Urteile apriori geben, könnte man auch die Kenntnisse der reinen Vernunft bezüglich ihrer Fragen weder erweitern oder sicher beschränken. Man könnte sich dann jede weitere Untersuchung sparen. Da Kant dieser Untersuchung der Vernunft jedoch sein ganzes Werk gewidmet hat, liegt es auf der Hand, daß er die Frage nach synthetischen Urteilen apriori mit "Ja" beantwortet. Er findet nämlich sowohl in den Sinnen (Transzendentale Ästhetik) als auch im Verstand (Transzendentale Logik) Formen, die vor aller Erfahrung vorhanden sind. Durch Verknüpfung dieser apriorischen Formen besteht die Möglichkeit synthetische Urteile apriori zu bilden, welche allgemein und notwendig sind.

Transzendentale Ästhetik
In diesem Kapitel untersucht Kant die apriorischen Formen der Sinnlichkeit. Dazu isoliert er zuerst die Sinnlichkeit in der Erkenntnis, indem er alles absondert, was der Verstand durch seine Begriffe hinzudenkt. Übrig bleibt die sinnliche Anschauung. Da deren Formen apriorisch sind, d.h. allgemeingültig und notwendig, muß auch noch alles Zufällige, alles was durch Empfindungen zu einer Erkenntnis gehört, weggedacht werden. Ist dieses geschehen, "wird sich finden, daß es zwei reine Formen sinnlicher Anschauung, als Prinzipien der Erkenntnis apriori gebe, nämlich Raum und Zeit" (B 36). Raum und Zeit sind keine realen Dinge außer uns, sondern apriorische Formen in uns. "Was es für eine Bewandtnis mit den Gegenständen an sich und abgesondert von aller dieser Rezeptivität unserer Sinnlichkeit haben möge, bleibt uns gänzlich unbekannt" (B 59). Wir können also nicht sagen, daß die Dinge an sich in Raum und Zeit sind, sondern nur, daß die Erscheinungen notwendig und allgemein in Raum und Zeit sind.
In der Transzendendtentalen Ästhetik hat Kant erklärt, wie wir anhand der apriorischen Formen der Sinnlichkeit zu Anschauungen gelangen. Aber "Anschauungen ohne Begriffe sind leer". Daher untersucht er nun in der Transzendentalen Analytik die Formen des Verstandes, denn der Verstand ist das Vermögen der Begriffe (B 199). Wie kann er aber überhaupt auf einen Verstand schließen, wo dieser doch physiologisch gar nicht nachweisbar ist? Es muß im Menschen ein Vermögen geben, das die sinnlichen Wahrnehmungen verknüpft und ergänzt, weil jeder Mensch Feststellungen trifft, die über die bloße Wahrnehmungsfähigkeit hinaus gehen, die also nicht nur aus den Sinnen herrühren können. Solche Feststellung sind z.B. die der der Kausalität oder der Relation.

Transzendentale Analytik
In dieser Analytik zergliedert Kant das Verstandesvermögen, um so die Möglichkeit der Begriffe a priori zu erkennen. Diese Denkformen müssen folgende Bedingungen erfüllen:
* Sie dürfen nichts Empirisches bei sich haben, d.h. frei von aller Erfahrung sein.
* Sie dürfen nicht zur Sinnlichkeit gehören.
* Sie sollen weder zusammengesetzt noch abgeleitet sein.
* Sie müssen vollständig erfaßbar sein.
Wie kann man nun diese Formen finden? Der Verstand ist ein aktives Vermögen, er ist nicht rezeptiv, sondern spontan. Er verknüpft die Anschauungen zu Begriffen und die Begriffe zu Urteilen. Gefunden werden müssen also die reinen Formen der Synthesis. Zuerst diejenigen, welche die sinnlichen Merkmale zu Begriffen verknüpfen, denn so gelangt man zu den Grundformen des Denkens. Kant nennt diese Grundformen "Kategorien". Durch die Kategorien werden Erfahrungen erst möglich, d.h. sie müssen apriori vorhanden sein. Unmöglich kann man jedoch alle empirischen Begriffe auf ihre Verknüfpungen hin untersuchen. Daher muß ein anderer Weg gefunden werden, zu den Kategorien zu gelangen.
Kant findet folgende Lösung: "Wir können aber alle Handlungen des Verstandes auf Urteile zurückführen, so daß der Verstand überhaupt als ein Vermögen zu urteilen vorgestellt werden kann. [...] Die Funktionen des Verstandes können also insgesamt gefunden werden, wenn man die Funktionen der Einheit in den Urteilen vollständig darstellen kann." (B 94). Urteilen bedeutet, daß Subjekt und Prädikat miteinander verbunden werden. Diese Verbindung kann nun nach vier Gesichtspunken erfolgen. Nach der Quantität, nach der Qualität nach der Relation und nach der Modalität. Jeder dieser Gesichtspunkt gliedert sich in drei Urteilsarten, so daß es insgesamt 12 gibt. Diese sind unter der

* Quantität:: Allgemeines Urteil, Besonderes Urteil, Einzelnes Urteil
* Qualität: Bejahendes Urteil, Verneinendes Urteil, Unendliches Urteil
* Relation: Kategorisches Urteil, Hypothetisches Urteil, Disjunktives Urteil
* Modalität:: Problematisches Urteil, Assertorisches Urteil, Apodiktisches Urteil

Für Kant sind dieses die vollständigen Formen des Urteils. Diesen Urteilsformen müssen apriorische Begriffe zugrunde liegen, nämlich die gesuchten Kategorien, die reinen Begriffe der Synthesis. Er stellte folgende Kategorientafel auf: Unter der
* Quantität: Einheit, Vielheit, Allheit
* Qualität: Realität, Negation, Limitation
* Relation: Substanz und Akzidenz, Kausalität und Dependenz, Gemeinschaft
* Modalität: Möglichkeit und Unmöglichkeit, Dasein und Nichtsein, Notwendigkeit und Zufälligkeit.

Durch diese Kategorien ist es nun erst möglich "etwas bei dem Mannigfaltigen der Anschauung [zu] verstehen, d.i. ein Objekt derselben [zu] denken" (B 106). So wie Raum und Zeit liegen sie nicht in den Dingen an sich, sondern diese werden durch den Verstand erst an die Dinge herangebracht. Durch Raum und Zeit wird die Materie als Anschauung unmittelbar gegeben, durch die Kategorien werden die Anschauungen zu Begriffen verknüpft.
Hier spricht Kant erstmals von der "Spontaneität unseres Denkens"
(B 102). Im Gegensatz zur Rezeptivität der Sinnlichkeit besitzt der Verstand Spontanität, d.h. er besitzt die Eigenständigkeit Begriffe zu bilden und anzuwenden. Und diese Fähigkeit ist vor aller Erfahrung vorhanden, denn durch sie wird ja Erfahrung erst möglich. Durch die Spontanität des Verstandes, die im Widerspruch zur Determination steht, taucht hier für den Menschen erstmals die Möglichkeit auf, nicht nur bestimmt zu sein. Durch die Spontanität des Verstandes wird die Naturgesetzlichkeit problematisiert, da die Natur sich als ein bloßer Entwurf des Verstandes darstellt. In der Transzendentalen Deduktion und später in der Transzendentalen Dialektik erläutert Kant diese Möglichkeit näher.

Transzendentale Deduktion
Nachdem Kant die Kategorien entdeckt hat, will er sie in der Transzendentalen Deduktion rechtfertigen und klären, wie es möglich ist, daß sich die Kategorien, die ja apriori vorhanden sind, in den Erfahrungsgegenständen wiederfinden, bzw. wie sie sich auf diese beziehen können. Es soll bewiesen werden, daß die Kategorien objektive Gültigkeit für alle Gegenstände mögliche Erfahrung besitzen.
Durch die Kategorien erkenne ich die Gegenstände und "erkennen" bedeutet, daß Gegenstand und Begriff übereinstimmen. Nun könnte man es als Glück oder Zufall annehmen, daß die apriorischen Begriffe mit den Gegenständen der Erfahrung übereinstimmen. Aber das ist natürlich nicht der Fall, denn die Übereinstimmung ist notwendig und allgemein, weil die Gegenstände der Erfahrung erst durch die Kategorien zustandekommen.
Kant stellt sich die Frage am Beispiel der Kausalität. Die Kategorie "Kausalität" ist eine subjektive Bedingung des Denkens, soll aber in der Erscheinungswelt objektive Erfahrung haben (B 122). Er beantwortet die Frage damit, daß "die objektive Gültigkeit der Kategorien, als Begriffe aprioi, darauf beruhen, daß durch sie allein Erfahrung (der Form des Denkens nach) möglich sei. Denn alsdann beziehen sie sich notwendigerweise und apriori auf Gegenstände der Erfahrung, weil nur vermittels ihrer überhaupt irgendein Gegenstand der Erfahrung gedacht werden kann." (B 126). Das Verhältnis von Ursache und Wirkung besteht also nicht zwischen den Dingen an sich, aber es besteht zwischen ihren Erscheinungen. Und hier besteht es mit Notwendigkeit und Allgemeinheit.
Nimmt man an, daß man die Dinge an sich erkennen könnte, dann wäre es in der Tat nicht zu erklären, wie sich die Begriffe des Verstandes auf die Gegenstände beziehen sollten, denn dann bestünde gar keine Beziehung zwischen ihnen. Wenn man aber annimmt, daß man nicht das Ding an sich, sondern ihre Erscheinungen wahrnimmt, d.h. unsere Vorstellung von den Dingen an sich, dann wird klar, daß man die Formen unseres Verstandes in ihnen wiederfinden, denn dadurch wurden die Erscheinungen ja erst denkbar. Hier kommt die "Kopernikanische Wende", die Kant in der Vorrede der "Kritik der reinen Vernunft" erwähnte, zur Anwendung: Statt der Annahme, daß es Kategorien gibt, weil es Gegenstände gibt, lautet Kants These, daß es die Gegenstände gibt, weil es die Kategorien gibt.
Erkenntnis in der Form des Denkens, ist also die Verbindung von Mannigfaltigem durch die Kategorien des Verstandes. Der Verstand bringt die Synthesis durch seine Spontanität zustande, d.h. die Verbindung ist ein Akt der Selbsttätigkeit. Diese Selbsttätigkeit, die Einzelnes verbindet, bedarf der Vorstellung einer Einheit, d.h. daß die Fähigkeit zur Verbindung des Mannigfaltigen ist erst dadurch gegeben ist, daß man weiß, wozu man verbinden soll, nämlich zu einer Einheit. Diese Vorstellung einer Einheit ist damit Bedingung für die Synthese, sie geht dieser apriori voraus. Nach Kant muß der Einheit, die die Anschauungen zu Begriffen verbindet, eine höhere Einheit zugrunde liegen, nämlich diejenige, welche "den Grund der Einheit verschiedener Begriffe in Urteilen, mithin der Möglichkeit des Verstandes, sogar in seinem logischen Gebrauche, enthält" (B 131).

Die Einheit des "Ich"
Was ist nun diese Einheit, die das Denken erst möglich macht? Es ist das "Ich denke", daß alle Vorstellungen begleitet können muß (B 132). Erst ein denkendes und damit einheitsstiftendes Subjekt macht aus unmittelbaren Wahrnehmungen, wie sie die Sinnlichkeit leistet, Erfahrungen, die sich aus der begrifflich urteilenden Synthese von Wahrnehmungen ergeben. Kant nennt diese Erfahrungen "Apperzeption". Für ihn ist das "Ich" der Beziehungspunkt, auf den die Apperzeption ausgerichtet ist. Dadurch, daß ein Subjekt seine Erfahrungen durch ein beständiges "Ich denke" begleitet, d.h. die Erfahrungen in einem Bewußtsein verbindet, werden diese erst zu "objektiven" Erfahrungen bzw. Erkentnissen. "Ich denke" setzt voraus, daß das Subjekt sich als Einheit erkennt, unter der die Mannigfaltikeit der Vorstellungen gefaßt werden. Diese bewußte Einheit nennt Kannt auch Selbstbewußtsein oder Identiät (B 133/34).
Somit bedingt das Selbstbewußtsein oder die transzendentale Einheit der Apperzeption sowohl die subjektive Identität als auch die Objektivität. Denn es ist als ursprünglichste Einheit Bedingung für Erfahrungen, d.h. für Objektives, denn ein Objekt ist für Kant das, "in dessen Begriff das Mannigfaltige einer gegebenen Anschauung vereinigt ist" (B 137) und Vereinigung erfordert Einheit des Bewußtseins. Gleichzeitig bin ich mir auch meiner Identität erst dadurch bewußt, das ich alle Vorstellungen "insgesamt meine Vorstellungen nenne" (B 135). Identität entsteht also aus der Einheit der Vorstellungen im Sinne einer synthetischen Apperzeption.
Das Selbstbewußtsein ist für Kant also Bedingung für Objektivität und Subjektivität, es ist selbst aber unbedingt. Und mit dieser Unbedingtheit des Selbstbewußtseins hat Kant nach der Darlegung der Eigentätigkeit des Verstandes einen zweiten wichtiger Schritt getan, der ihn zu einer Lösung des Widerspruchs zwischen menschlicher Freiheit und Naturnotwendigkeit führt. Mit dem "Ich denke" als Bedingung für Erkenntnis, setzt Kant das Subjektive vor die Objektivität. Natur, d.h. die Welt, wie wir sie erkennen, wird dadurch zu einem bloßen Entwurf des Subjekts. Das subjektive Selbstbewußtsein entwirft die Natur, ist aber selbst nicht involviert. Das "Ich" ist also nicht in der Erfahrungswelt, sondern das einheitsstiftende Prinzip der Erfahrungserkenntnis selbst. Dadurch besteht die Möglichkeit den Wirkungskreis der Naturdetermination einzuschränken, nämlich nur auf die Objekte und nicht auf die Dinge an sich. Diese Zweiteilung von Ding an sich und objektiver Erscheinung findet sich auch beim Menschen. "Ich, als Intelligenz und denkend Subjekt, erkenne mich selbst als gedachtes Objekt" (B 155). Wir erkennen also "unser eigenes Subjekt nur als Erscheinung, nicht aber nach dem, was es an sich selbst ist" (B 156). Der Mensch muß sich nicht als Naturwesen sehen, sondern kann sich ins Nicht-Anschauliche transformieren. Notwendige Kausalität, also Unfreiheit, findet sich nur in den Erscheinungen, der Mensch als Ding an sich hättte demzufolge die Möglichkeit von Freiheit.
In der Transzendentalen Analytik hat Kant das Vermögen des Verstandes untersucht und gezeigt, wie er die Welt der Erscheinungen aus sich heraus produziert. Der Verstand ist damit der Gesetzgeber der Natur und die Wissenschaften haben daher ihre Gültigkeit nur im Bereich der Verstandesgrenzen, d.h. nur in der raum-zeitlichen Erscheinungswelt. Die metaphysiche Fragen übersteigen jedoch diese Grenzen des Verstandes und damit ist die von Kant gestellte Frage, ob eine Metaphysik als Wissenschaft möglich sei, zu verneinen. Der Mensch gibt sich damit jedoch nicht zufrieden, sondern versucht trotzdem weiter zu Erkenntnissen über die metaphysischen Fragen zu gelangen. Warum er das tut und inwieweit er damit erfolgreich sein kann, das untersucht Kant in dem Kapitel der Transzendentalen Dialektik.

Transzendentale Dialektik
Aufgrund seiner Untersuchung des Verstandesvermögen kann Kant sagen, daß wir nur die empirischen Dinge erkennen und daß keine Aussagen über Dinge jenseits dieser empirischen Grenze getroffen werden können. Die Ansicht der Rationalisten, die meinten sichere Aussagen über die Fragen der Metaphysik treffen zu können, hat sich also als unhaltbar erwiesen. Wahrheiten, die wir über metaphysische Fragen zu kennen meinen, erweisen sich damit als bloße Scheinwahrheiten. Der Sitz dieses Scheins ist für Kant die Vernunft und diese untersucht er in der Transzendentalen Dialektik.
Die Vernunft ist ein dem Verstand übergeordnetes Vermögen. So wie der Verstand die Mannigfaltigkeit der Anschauungen nach Regeln unter Begriffe geordnet hat, so ordnet jetzt die Vernunft die Mannigfaltigkeit der Begriffe nach Prinzipen. Dieses Ordnen nach Prinzipen nennt man auch "schließen". Die Vernunft schließt, indem sie Urteile und Begriffe des Verstandes nach Prinzipien zu Schlüssen verbindet. Durch das Verknüpfen der Urteile zu Schlüssen gelingt es dem Menschen, einen Zusammenhang zwischen seinen Erkenntnissen herzustellen. Die Vernunft treibt die Suche nach Einheit der Erkenntnis, die der Verstand mittels seiner Kategorien angefangen hat, weiter voran. Aber alle Einheit, die die Vernunft durch Verknüpfung von Urteilen zu Schlüssen erreicht, ist bedingt. Bedingt z.B. dadurch, daß die Urteile des Verstandes der Kategorie der Kausalität unterliegen, welche besagt, daß jede Erscheinung durch eine Ursache bedingt sein muß. Die Vernunft gibt sich damit aber nicht zufrieden. Sie strebt nach der Unbedingtheit, die es ermöglicht, die Reihe der Bedingungen zu vollenden, sie zur Einheit zu bringen Es liegt in der Natur der Vernunft über den Erfahrungsgebrauch hinauszugehen, da die von ihr angestrebte unbedingte Einheit in der Welt der Erscheinungen nicht zu finden ist. Sie muß sich daher ihre eigenen Entwürfe konstruieren, mittels derer sie die Unbedingtheit denken kann.. Dazu löst sie die Kategorien von der Anschauung und wendet sie ins Absolute. Diese Vernunfentwürfe nennt Kant Ideen. So wie Kant die Kategorien als Verstandesbegriffe einführte, welche die Anschauungen zu Begriffen verknüpften, so sind die Ideen als Vernunftbegriffe zu verstehen. Sie verknüpfen die Verstandeserkenntnis auf drei verschiedenen Ebenen zu Einheiten, d.h. es gibt drei Ideen:
* Die psychologische Idee verlangt "die absolute (unbedingte) Einheit des denkenden Subjekts" (B 391), d.h. den Zusammenhang der inneren Erscheinungen. Diese Einheit wäre in der Unsterblichkeit der Seele zu finden.
* Die kosmologische Idee verlangt "die absolute Einheit der Reihe der Bedingungen der Erscheinung" (B 391),.d.h. die Welt wird als ein Kosmos gedacht.
* Die theologische Idee verlangt "die absolute Einheit der Bedingung aller Gegenstände des Denkens überhaupt" (B 391), d.h. den Zusammenhang von allem, was es überhaupt gibt. Diese absolute Einheit wäre in Gott zu finden.
Die Frage dieser Hausarbeit, ob der Mensch die Möglichkeit der Freiheit besitzt oder voll und ganz der Naturkausalität unterworfen ist, ist Thema der kosmologischen Idee. Daher werde ich mich im folgenden auch nur mit dieser Idee beschäftigen.
Diese Idee entsteht aus dem Verlangen der Vernunft, eine Einheit in die Reihe der Bedingungen zu bringen, indem sie etwas sucht, was keiner Bedingung unterworfen ist. Diese Einheit wäre z.B. durch die Freiheit gegeben, d.h. durch die Möglichkeit "eine Reihe von Erscheinungen, die nach Naturgesetzen läuft, von selbst anzufangen" (B 474). Diese Wirkung ohne Ursache widerspricht jedoch dem Kausalitätsgesetzt. Die Vernunft gerät in scheinbar unvermeidliche Widersprüche, wenn wie versucht Naturkausalität und Freiheit zugleich zu denken. Kant nennt diesen Widerspruch "Antinomie". Es gibt in der kosmologischen Idee vier Antinomien in die die Vernunft gerät, wenn sie versucht das Unbedingte in der Welt zu denken. Kant beschreibt den Widerspruch zwischen Naturkausalität und Freiheit und einen Ausweg daraus in der 3. Antinomie der kosmologischen Idee.[2]

Die 3. Antinomie
Die sich auf den ersten Blick widersprechenden Thesen sind folgende:
These: Es gibt in der Welt Ursachen durch Freiheit, d.h. es gibt freie Handlungen.
Antithese: Es gibt keine Freiheit, sondern alles geschieht nach Gesetzten der Natur.
Vor Kant war dieser Widerspruch nicht aufzulösen. Durch Kants Trennung von Ding an sich und Erscheinung ist es jetzt jedoch möglich, sowohl These als auch Antithese gelten zu lassen.
Die Aussage der Antithese, daß es nur Naturkausalität gibt wird wahr, wenn man sie auf die Welt der Erscheinungen bezieht. Denn in dieser Welt herrscht das Gesetzt der Kausalität deshalb, weil die Kausalität eine Kategorie des Verstandes ist und durch die Kategorien des Verstandes entsteht die Welt der Erscheinungen, also die Natur, überhaupt erst. Der Verstand schreibt der Natur ihre Gesetze, auch das der Kausalität, notwendig vor. In der Erscheinungswelt muß jede Wirkung eine Ursache haben, d.h. hier gibt es keine Freiheit. Würde es nur die Ebene der Erscheinungswelt geben, dann würde die These im unauflösbaren Widerspruch zur Antithese stehen.
Nun gibt es aber noch den Bereich der Dinge an sich, über welche wir nichts weiter aussagen können, außer daß es sie gibt. Der Mensch ist sich selber als Erscheinung und durch sein Vernunfvermögen als Ding an sich gegeben. Kant drückt das folgendermaßen aus: "Allein der Mensch, der die ganze Natur sonst lediglich nur durch Sinne kennt, erkennt sich selbst auch durch bloße Apperzeption, und zwar in Handlungen und inneren Bestimmungen, die er gar nicht zum Eindrucke der Sinne zählen kann, und ist sich selbst feilich einesteils Phänomen, andererseits aber, nämlich in Ansehung gewisser Vermögen, ein bloß intelligibler Gegenstand, weil die Handlung desselben gar nicht zur Rezeptivität der Sinnlichkeit gezählt werden kann." (B 574 f.). Für den Bereich der Dinge an sich gilt das Kausalitätsgesetz nicht. Daher kann der Mensch durch seine Vernunft, die weder Gesetzen noch raum-zeitlichen Bestimmungen unterworfen ist, Ideen entwickeln, die frei von der Bedingtheit der Erscheinungswelt sind, die nicht von der Sinnlichkeit bestimmt werden. Diese Ideen können unbedingte Ursache von Wirkungen sein. Die Ursache als Ding an sich ist dann nicht an subjektive und zeitliche Bedingungen geknüpft, d.h. auch nicht an die Naturkausalität. In der Ursache als Ding an sich wird Freiheit denkbar, die daraus folgenden Wirkungen sind dann in der Welt der Erscheinungen wieder dem Kausalitätsgesetz unterworfen.
Da Kant jedoch erläutert hatte, daß man über die Dinge an sich gar nichts aussagen kann, kann man die Freiheit nicht beweisen. Man kann sie jedoch auch nicht widerlegen und dadurch ist es wenigstens möglich geworden, sie ohne Widerspruch zur Naturkausalität zu denken. Ob nun eine Handlung, die als Wirkung in der Welt der Erscheinung sichtbar wird, tatsächlich aus dem freien Willen des Subjeks entsprungen oder ob sie vielleicht doch durch Naturkausalität bedingt ist, das können wir nicht aufklären. Denkbar ist beides.
Indem es denkbar ist, daß Menschen Naturvorgänge durch spontane Aktionen unterbrechen, wird die Gefahr des Fatalismus abgewendet, die aus einer totalen Determination durch die Naturgesetze folgen würde. Der Mensch ist durch Kants Konstruktion eines spontanen Subjekts ideel als Handelnder vorstellbar.

Literaturverzeichnis
Döring, Woldemar Oskar: Das Lebenswerk Immanuel Kants
Hamburger Kulturverlag, Hamburg 1947
Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft
Nach der ersten und zweiten Original-Ausgabe
hrsg. von Raymund Schmidt,
Felix Meiner Verlag , Hamburg 1990
Kant, Immanuel: Prolegomena zu einer jeden künftigen
Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten
können
, hrsg. von Karl Vorländer,
Felix Meiner Verlag, Hamburg1993
Ludwig, Ralf: Kant für Anfänger: Die Kritik der reinen
Vernunft, Eine Lese-Einführung,

Deutscher Taschenbuch Verlag,
München 1995


[1] Alle Zitate aus: Immanuel Kant, "Kritik der reinen Vernunft"
[2] Die anderen Antinomien lauten:
1. Die Welt hat der Zeit und dem Raum nach einen Anfang (Grenze) - oder - Die Welt
ist der Zeit und dem Raume nach unendlich.
2. Alles in der Welt besteht aus dem Einfachen - oder - Es ist nichts Einfaches, sondern
alles ist zusammengesetzt.
4. In der Reihe der Weltursachen ist irgendein notwendiges Wesen. - oder - Es ist in ihr
nichts notwendig, sondern in dieser Reihe ist alles zufallig.
(zitiert aus: "Prologomena zu einer jeden künftigen Metaphysik", § 51)