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TW-Proseminar II
Gegenspieler und Intriganten



Sommersemester 1992
Kursleiterin: Dr. E. Kun


Gegenspieler in
Georg Büchners >>Dantons Tod<<



(Seminararbeit)


1. September 1992
Bearbeiter: Alexander Huber
M.A.: EL (NDL, TW)
Email: alhuber@cip.fak14.uni-muenchen.de
WWW: http://www.fak14.uni-muenchen.de/~alhuber/


Inhalt


Einleitung

Das dem Drama ureigene, seit seiner Entstehung erprobte Gegenspielermotiv tritt in der Theaterliteratur auf vielfache Art in rivalisierenden Personen oder Gruppen, aber auch, meist gleichzeitig, im Wechselspiel in einer Person oder Gruppe verankert auf. Georg Büchners Geschichtsdrama der Französischen Revolution >>Dantons Tod<< (1835) verbindet beide Aspekte auf komplexe Weise.

Diese Arbeit versucht die Gestaltung des Gegenspielermotivs, die ,,Reste der klassizistischen >>Held-Gegenspieler-Konstellation<<``,[+] sowie den Bruch, den Büchners nachklassizistisches Erstlingswerk in der Darstellung des Gegenspielermotivs in Hinblick auf die Beeinflußbarkeit des Geschehens durch das Individuum vollzieht, darzustellen.

In diesem Einleitungskapitel werden zunächst einige theoretische Grundlagen zum Autor, seinem Werk und seiner Zeit gelegt, die anschließend auf den näheren Kontext der Konzeption und des Stoffs von >>Dantons Tod<< hinführen, bevor schließlich im Hauptteil das Gegenspielermotiv des Stücks detailierter entfaltet wird.

Georg Büchner: Leben und Werk

Da bereits an anderer Stelle auf Büchners Leben und Werk eingegangen wurde (für eine tabellarische Übersicht zu Leben und Werk Georg Büchners siehe auch Anhang B (S. [*]ff.) S. 1, Abschnitte 1. und 2., und vor allem [11] MAYER (1979)), beschränkt sich die Darstellung hier auf Ansatzpunkte, die später eine teilweise biographisch-historische Analyse erlauben sollen.

Büchner beschäftigt sich schon während seiner Schulzeit am Gymnasium in Darmstadt mit der Französischen Revolution. Bereits dort läßt er in seiner Rede über den ,,Helden-Tod der 400 Pforzheimer`` und seiner Rezension ,,Über den Selbstmord`` Interesse an Themen wie ,,Heldentod`` und Todesnähe erkennen. Diese Themen beeinflußten später in abgewandelter Form auch die Entstehungsgeschichte von >>Dantons Tod<<.

Als er 1833 sein Studium der Medizin, das er 1831 in Straßburg begonnen hatte, mit den Nebenfächern Geschichte und Philosophie ergänzt, in Gießen fortsetzt, ist sein politisches Engagement schon voll entbrannt. Er nimmt verstärkt an Veranstaltungen der radikal-politischen Freiheitsbewegung teil und begründet 1834 seine geheime >>Gesellschaft für Menschenrechte<<. In diesem konspirativen Geheimbund entwickelt sich die Revolutionsabsicht gegen die drückend reaktionären gesellschaftlichen Verhältnisse im Großherzogtum Hessen.

Während sich die Gruppe für die Revolution rüstet, liefert Büchner mit der sozialistischen Kampfschrift >>Hessischer Landbote<< den theoretischen Unterbau, mit dem die Bauern gegen die Machthabenden aufgewiegelt werden sollen:

In der Erkenntnis der materiellen Grundlagen des Daseins berühren sich Drama [i.e. >>Dantons Tod<<] und Flugschrift [i.e. >>Hessischer Landbote<<] aufs engste. Diese Gemeinsamkeit der Argumentationsbasis belegt nicht nur den nahtlosen Anschluß der literarischen Produktion Büchners an die politische Praxis, sondern auch den ungebrochenen Verlauf seiner Biographie. Die agitatorische Wirkabsicht des >>Hessischen Landboten<< setzt bei der ungleichen Verteilung der Güter an und möchte das latente Einspruchspotential der Bauern mobilisieren. Ganz entsprechend sind lange Strecken des Dramas vom Verweis auf das materielle Elend und den gerade unter der Oberfläche gärenden Fanatismus [...] der Pariser Bürger getragen.[+]

Zur Revolution kommt es jedoch nicht: der Geheimbund wird von einem Vertrauten verraten, mehrere Mitglieder werden festgenommen. Um sich der Verhaftung zu entziehen, flüchtet Büchner aus Gießen nach Darmstadt ins Elternhaus. Dort ,,verschrieb er sich dem Studium der Geschichte, was ihm gleichbedeutend war mit dem Studium der Geschichte der menschlichen Freiheit, mit dem Studium der Französischen Revolution.``:[+]

Büchner leitet die Bestimmung der Freiheit nicht aus einer Idee, sondern aus seinem Begriff des Lebens ab; er verknüpft im Verlauf seiner Entwicklung die Freiheit unmittelbar mit den materiellen und sozialen Lebensverhältnissen. Unter diesem Gesichtspunkt wurde Büchner zum glühenden Anhänger der Französischen Revolution, die er als Akt der politischen Befreiung sowohl des Individuums [...] als auch der Gesellschaft als einer Nation [...] auffaßte.[+]

Vor diesem Hintergrund und nach zwei Vorladungen als Zeuge in Prozessen gegen Mitglieder seines Geheimbundes in ständiger Angst vor Verhaftung, ,,tut [der Revolutionär] das Naheliegende und schreibt ein Revolutionsstück``,[+] i.e. >>Dantons Tod<< im Frühjahr 1835.

Büchner und das Theater seiner Zeit

  Büchner definierte seine Rolle als Dramatiker als die eines ,,Geschichtsschreiber[s], [der] [...] aber über letzterem [steht] dadurch, daß er uns die Geschichte zum zweiten Mal erschafft und uns gleich unmittelbar [...] in das Leben der Zeit hineinversetzt [...]. Seine höchste Aufgabe ist, der Geschichte, wie sie sich wirklich begeben, so nahe als möglich zu kommen.``[+] Die dokumentarische Absicht, die Büchner für sein Hauptwerk >>Dantons Tod<< in Anspruch nahm, grenzt ihn stark vom Theater seiner Zeit ab.

Die von Büchner vielfach formulierte Ablehnung der >>Idealdichter<<, i.e. der Dichter des Idealismus, allen voran Schiller, läßt >>Dantons Tod<< ,,[i]nnerhalb der deutschen Dramatik seiner Zeit [...] [als] eine einzigartige dichterische Leistung``[+] erscheinen.

Für die Bühne blieb das Stück dennoch tabu: ,,kein deutsches Hoftheater hätte ein Stück zur Aufführung bringen dürfen, in dem zur Revolution aufgerufen wurde.``[+] Obwohl eine genaue Lektüre des Texts einen unmittelbaren Revolutionsaufruf nur indirekt erkennen läßt, besteht vor dem schon beschriebenen Entstehungshintergrund an der Absicht Büchners die Zuschauer ,,zu revolutionären Absichten zu bewegen, zumindest jedoch zu einer positiv zustimmenden Haltung``[+] anzuregen, kein Zweifel.

Stärker jedoch wirkte noch, daß das ,,Menschenbild, das in Dantons Tod entworfen wird, [...] in allen wichtigen Punkten eklatant den Forderungen [widerspricht], welche das zeitgenössische Publikum an seine dramatischen Helden erhob: an die Stelle der Bestätigung seines Selbst durch die Geschichte setzt Büchner seine Auflösung, an die der je besonderen einmaligen Persönlichkeit die immer gleiche physische Natur des Menschen.``[+] In Verbindung mit der ,,an die Dramen der Sturm-und-Drang-Periode erinnernde offene Form``[+] und einer völlig neuen, anti-idealistischen Geschichtskonzeption, die sich von bisher verwendeten Ansätzen distanziert, war >>Dantons Tod<< für die Bühne der Zeit unbrauchbar:

Geschichte ist bei Büchner nicht mehr, wie im Drama des Klassizismus, in eine transzendentale Ordnung eingebunden, noch erscheint sie als grandioses Kräftespiel der Leidenschaften, als schicksalhafter Zusammenprall des Einzelwillens mit abstrakten Gesetzmäßigkeiten. Zentralproblem des Dramas ist die Geschichte selbst: die Zwanghaftigkeit ihres Ablaufs, und damit notwendig verbunden, ihre Auswirkung auf den Menschen.[+]
Diese Erkenntnis der Zwanghaftigkeit der Geschichte, die er durch das Studium der Geschichte der Französischen Revolution gewann und selbst >>Fatalismus der Geschichte<< nannte, weckte in Büchner die Ablehnung des Idealismus.

Dies führt uns jedoch bereits zum näheren Kontext der Konzeption und des historischen Stoffs von >>Dantons Tod<<.


Das Stück >>Dantons Tod<<

Kontext 

Zur Konzeption des Stücks

Büchners Geschichtsdrama zeichnet einen zweiwöchigen Ausschnitt aus der entfremdeten Spätphase der Französischen Revolution vom 24. März bis 5. April 1794 nach. Büchner versucht getreu seiner später formulierten Vorstellungen über die Aufgabe des Dramatikers kein durchschaubares, und somit leicht als Propagandastück ablehnbares Tendenzstück zu schreiben, sondern mit einem getreuen Bild der Umstände der Revolution, Zustimmung zu Reformen bei seinen Lesern bzw. Zuschauern zu finden.

Exzerptions- und Montageverfahren

Büchner lehnt sich zu diesem Zweck eng an historische Quellen zur Französischen Revolution an.[+] Sein oft angewandtes Verfahren der Adaption und Collage läßt ihn einzelne Worte aber auch ganze Reden Robespierres oder Dantons wörtlich in das Drama übernehmen: ,,etwa ein Sechstel des Textes [...] [ist] aus den genannten historischen Quellen montiert [...].``[+] Mit diesem Exzerptions- und Montageverfahren (,,Versatzstücktechnik``) erreicht Büchner zweierlei:[+]

Einmal stellt er durch das Wort- bzw. Satzsignal [i.e. die Anspielung auf die dem Publikum durchaus vertrauten Quellen] [...] den Anschluß der jeweiligen Szene an das >>große<< historische Geschehen her. Zum anderen verschafft er seiner Eigenschöpfung dadurch eine >>Beglaubigung<<, die [...] auf den impliziten Realitätsanspruch des Texts abzielt.
Der große Einfluß der Quellen auf die Entstehung von >>Dantons Tod<< spiegelt sich auch in zwei Tendenzen der Quellen:
  1. Die Quellen vertreten eine grundsätzlich revolutionsbejahende, wenn auch die terreur ablehnende Tendenz, und
  2. sie enthalten Dantons Charakterzug der Willensschwäche, welchen Büchner aus seiner neu gewonnenen Erkenntnis des >>Fatalismus der Geschichte<< erklärt.
>>Fatalismus der Geschichte<<  

Im Studium der Geschichte der Französischen Revolution suchte Büchner nach der Zerschlagung seiner Gießener ,Gesellschaft für Menschenrechte` (1834) moralische Unterstützung für seine eigenen Revolutionspläne. Doch er findet im Gegenteil eine skeptische Geschichtsauffassung, die die heldischen Vorbilder als ,,Paradegäule und Ecksteher der Weltgeschichte``[+] erscheinen ließ, und einer Absage an individuelles Heldentum[+] und an den Glauben an die Veränderbarkeit des unaufhaltsamen Fortgangs der Geschichte, gleichkam:

So wählt er [i.e. Büchner] unter allen großen Gestalten der Revolution wohl die einzige, die sich nicht zum Helden eignet -- Georges Danton. An dessen Beispiel zeichnet er seinen eigenen, inneren Entwicklungsgang, die Gießener Krisis [i.e. Krise nach der Auflösung seiner , Gesellschaft`] nach. Aus diesem inneren Grund ist Dantons Tod autobiographisch [...].[+]
Die Einsicht in die Unveränderbarkeit der Geschichte selbst durch Revolution, drückt sich in einer amoralischen Lebensweise und schließlich im nihilistischen Wunsch nach Vergänglichkeit aus. Büchner entwickelt beide Züge während des gesamten Stücks an der Figur des Danton.

Das Resultat ist Dantons Amoralität und pessimistische Passivität, die in engem Zusammenhang mit einem Postulat aus Nietzsches Moralkritik steht, die der Büchners ähnelt: >>Die Erkenntnis tötet das Handeln, zum Handeln gehört das Umschleiertsein durch die Illusion.<<[+]

Die Französische Revolution

Die politischen Ziele der Französischen Revolution (für eine tabellarische Übersicht zur Französischen Revolution siehe auch Anhang B (S. [*]ff.) S. 2, Abschnitt 3.2) sind zu Beginn der Spielhandlung von >>Dantons Tod<< (24. März 1794) bereits erreicht. Im Mittelpunkt steht nun die Verwirklichung der >>sozialen Revolution<<, i.e. der gerechten Güterverteilung und allgemeinen Verbesserung der katastrophalen Lebensumstände der Massen.

Dantons große Auftritte in der Revolution, der Sturm auf den Königspalast, die >>Septembermorde<< an den Adligen von Paris und die dadurch bestärkt erreichte Niederschlagung der dem König Ludwig XVI. zu Hilfe eilenden Preußen und Österreicher (1792), hatten viel zum Gelingen der politischen Revolution beigetragen. ,,Er also hatte genug getan, um der Dankbarkeit Frankreichs sicher zu sein. Danton und seine Freunde strebten jetzt, nachdem sich das Blutvergießen des Septembers so glänzend gerechtfertigt hatte [i.e. mit dem Resultat der Absetzung der Monarchie], Versöhnung an, innerpolitischen Frieden durch Mäßigung ihrer Forderungen.``[+]

Doch obwohl die Vollendung der politischen Revolution fast zwei Jahre zurückliegt, haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht merklich verbessert. Büchner zeigt in >>Dantons Tod<< ,,den Zeitpunkt, wo alle bourgeoisen Fraktionen besiegt sind und mit der vollendeten Herrschaft Robespierres das Prinzip der Egalität und die Herrschaft des Volkes durchgesetzt sind.``[+] Robespierre hält an der Fortsetzung der Revolution fest, während die ,,leidenden Massen`` mit großen Erwartungen auf Besserungen hoffen. Seit 1793 gibt es um Robespierre und seine linke Hand St. Just den ,,1793-Kult``, der sie zu >>Märtyrern<< um die soziale Freiheit macht und bei den Massen hohes Ansehen genießen läßt.

So stellen sich der Stand der Revolution und die Ausgangspositionen der beiden Kontrahenten zu Beginn des Stücks dar.

Gegenspieler und Intriganten

  Büchner beschreibt die politische Grundkonstellation und zentrale Aussage von >>Dantons Tod<< so:
Die ganze Revolution hat sich schon in Liberalisten und Absolutisten getheilt und muß von der ungebildeten [i.e. nicht bourgeoisen[+]] und armen Klasse aufgefressen werden.[+]
Der zentrale Konfliktpunkt, der die Revolutionäre in verschiedene Lager teilt, ist die Auseinandersetzung, ob die Revolution, die dabei ist sich in ihr Gegenteil, eine selbstmörderische Diktatur, zu verkehren,[+] beendet und die Republik des status quo reorganisiert werden soll, oder ob die Revolution bis zur Vollendung der >>sozialen Revolution<<, der absoluten materiellen Gleichheit, mit allen Mitteln weitergeführt werden soll. Zur ,,Diskussion`` dieser Frage nimmt Büchner aus den verschiedenen Strömungen der Revolution drei, nach Voraussetzungen und Zielen unterscheidbare ,,Gruppen``, nämlich Danton und seine Mitstreiter, Robespierre und die Jakobiner, und das Volk, und stellt sie einander gegenüber.

Die Parteien

Zur Vereinfachung der Argumentation erscheint es sinnvoll, die grundsätzlichen Positionen der rivalisierenden Gruppen abzuklären, um ein differenzierteres Bild der Auseinandersetzung zwischen den Gegenspielern und Intriganten zu erhalten:

Die Auseinandersetzung

Die ,,Auseinandersetzung`` der Gegenspieler vollzieht sich in diesem sehr handlungsarmen Stück vornehmlich in den langen Dialogen der Charaktere innerhalb ihrer Gruppen, in denen die Oppositionen zu anderen Strömungen deutlich werden. So treten die herausragenden Gegenspieler nur in wenigen Szenen auf, und Robespierre und Danton stehen sich nur einmal während des gesamten Stücks in I,6 gegenüber. Die Gespräche innerhalb der jeweiligen Gruppen stehen in der Mehrzahl der Szenen im Zentrum der Darstellung und bilden dabei die jeweiligen Positionen der Gruppen ab.

Szenisch stehen Danton und die Dantonisten im Vordergrund, die in über der Hälfte der Szenen anwesend sind. Ihre Privatsphäre steht im Mittelpunkt des Stücks, nur in den, erst in den letzten beiden Akten häufigeren, Auftritten und Öffnungen nach außen entstehen die Kontaktpunkte in offener Diskussion mit den Gegenspielern und dem Volk. Umgekehrt wird die Privatsphäre der Robespierristen größtenteils ausgespart, sie treten hauptsächlich in der Öffentlichkeit auf und stehen daher vor allem in Kontakt zu Volk bzw. Publikum.

Der Konflikt

,,Danton selbst ist zwar Exponent seines Lagers, im Drama hat er allerdings jeden Impuls zum politischen Handeln verloren``,[+] er hat seine politischen Aktivitäten bereits vor Beginn der Spielhandlung eingestellt. Eben diese Inaktivität nicht nur in politischer Hinsicht kontrastiert ihn deutlich von Robespierre, der den Dantonisten vor allem zwei Vorwürfe macht, die das Zentrum des Konflikts der Gegenspieler im Stück darstellen:

  1. Ihre Lasterhaftigkeit, und
  2. die Mäßigung ihrer Forderungen.
ad 1. >>Laster und Tugend<<

Die Inaktivität und Amoralität Dantons ist in der im Fatalismus-Gedanken wurzelnden Konzeption der Danton-Figur begründet. Dantons zynische Einsicht in die eigene Lasterhaftigkeit, i.e. sein asoziales Verhalten, ist bereits im ersten Akt voll entwickelt. Die Szenen I,1 und I,5 in denen sich Danton im Bordell aufhält umrahmen bezeichnenderweise die Szenen I,2, in der die Not des Volks beschrieben wird, und I,3, in der Robespierre den Stand der Revolution und den politischen Konflikt thematisiert. Danton flüchtet sich in eine gänzlich auf Sinnenfreude und in I,5 auf eine Glücksutopie bauende Haltung, die die Sinnlosigkeit allen Handelns verdeutlicht und in scharfen Kontrast zur Geschäftigkeit Robespierres tritt:

Dantons Trägheit resultiert unmittelbar aus der Erfahrung der Sinnlosigkeit allen Seins, die jedes Handeln politischer oder anderer Art jedes Sinnes beraubt. Dadurch wird Danton zum Gegenspieler jeder Perspektive, die von vorneherein der Absurdität überführt ist und daher auch a priori Ideologie und tendenziell terroristisch ist: Was Danton im Innersten lähmt und ihn zum Scheitern verurteilte, der Blick in die Absurdität der Existenz, das steht in geheimer Relation zum blinden Aktivismus der ,Erlösung` bei seinem Gegenspieler. Demgegenüber ist Robespierre in seinem Glauben an eine Perspektive notwendig verbohrt: Robespierre präsentiert sich uns als unbeirrbarer nach festen Prinzipien und Überzeugungen Handelnder, ein Mann eifernder Tugendlehre und erbarmungsloser revolutionärer Tat - ein Doktrinär, mit sich selbst im Reinen und seiner Ziele und Motive gleichermaßen sicher.[+]
Robespierres Vorwurf der Lasterhaftigkeit (,,Das Laster ist das Kainszeichen der Aristokratie`` (I,3)) an Danton ist deswegen so zentral und bedeutsam, da sich darin die von den Massen unterstützte Tugendlehre Robespierres ausdrückt, gegen die die Dantonisten verstoßen:
Der Begriff der ,,Tugend`` reflektiert das Selbstbewußtsein des Bürgertums gegenüber dem verhaßten Feudalabsolutismus und stellt nach Montesquieu sogar die Basis der Republik dar, wie die Ehre und der Ruhm die des Feudalismus. Zudem grenzt die Tugend das Bürgertum gegen die höfische Frivolität, die Danton zur Schau stellt,[+] ab und ist, wie bereits erwähnt, auf der politischen Ebene angesetzt, i.e. Tugend bezeichnet Verantwortungsbewußtsein gegenüber dem Staat und somit den Menschen.

Deshalb sehen Robespierre und das Volk die Lasterhaftigkeit der Dantonisten als Bild der Infektion ihrer bürgerlichen Revolution mit dem Ancien Régime,[+] die durch die Vernichtung der Krankheitsträger, i.e. Dantonisten, geheilt werden muß.

Dantons Freunde, die sich der Radikalität Robespierres bewußter sind als Danton, sehen daß das Unheil unausweichlich ist, wenn Danton seine Inaktivität fortsetzt. Es gelingt ihnen Danton zu überreden, in die entscheidende Konfrontation mit Robespierre in I,6 zu gehen. Doch Danton erkennt bald, daß er einen erbarmungslosen Gegenspieler hat, der seinen Argumenten unzugänglich ist. Dennoch sieht Danton aber die Notwendigkeit und den Sinn des Handelns nicht, er hat sich mit der Tatsache, daß er verloren ist zu Beginn des zweiten Akts bereits abgefunden.

Sein leitmotivisch verwendetes ,,Sie werden's nicht wagen¡`, das er noch kurz vor seiner Verhaftung gebraucht (II,5), baut zwar noch auf dem Ruhm seines Namens aus der politischen Revolution auf, letztlich dient es ihm jedoch nur der Beschwichtigung seiner Mitstreiter, die vor der nahenden Katastrophe warnen, und der Rechtfertigung seiner eigenen Inaktivität vor seinem Gewissen. In seiner Inaktivität verharrend, wird Danton, nach der von Robespierre und St. Just in II,7 verschärft formulierten Forderung der Ausschaltung der Dantonisten, mit seinen Gefährten verhaftet.

ad 2. >>Mäßigung vs. Terror<<

In Szene III,10, die in überspitzter Geschwindigkeit die Abwendung des Volks von Danton zeigt, wird der Grund, den das Volk und Robespierre für Dantons Politik der Mäßigung sehen, deutlich. Die Dantonisten sind die Revolutionsgewinnler, die den Glauben an die Revolution verloren haben und durch ihre Mäßigung gegenüber den Oberschichten Verrat am Volk begehen, um sich so ein Leben als Müßiggänger leisten zu können.

Vor dem Revolutionstribunal soll dies in den Verhören Dantons vor Publikum zum Vorschein gebracht werden. Vor dem Hintergrund der negativen Charakterzeichnungen aller am Prozeß gegen Danton beteiligten Personen, erscheint Danton jedoch im Gegenteil zum ersten Mal im Stück als Identifikationsfigur als Abhebung zur terreur gegen ihn. Zumindest in seinen Reden vor dem Tribunal, legt er seine auf den Fatalismus fixierte Inaktivität ab. Die Absicht, die Büchner damit verfolgt, ist die Maschinerie zu entlarven, die in der entfremdeten und scheinheiligen Spätphase der Französischen Revolution tonangebend und schließlich auch für das Scheitern der Revolution verantwortlich war. Die Verteidigungsreden Dantons laufen auf dieselbe Erkenntnis hinaus:

Die Tragik Dantons liegt im Drama in der Eingleisigkeit seiner an sich richtigen Erkenntnis begründet, daß die terreur nicht das geeignete Mittel zur materiellen Sanierung des Volkes darstellt. Insofern gelangt er tatsächlich am nächsten zu einer politischen Aussage, wenn er am dritten Verhandlungstag vor dem Revolutionstribunal den Zuhörern entgegenschreit: >>Ihr wollt Brot, und sie werfen euch Köpfe hin! Ihr durstet, und sie machen euch das Blut von den Stufen der Guillotine lecken!<<[+]
Doch er wird damit gleichzeitig ,,unbewußt und vielleicht wider Willen, zum Sprecher der Revolutionsnutznießer und Konterrevolutionäre``,[+] deren Verhängnis Robespierre und die Massen zu besiegeln gewillt sind.

Mit geringerwerdender Chance auf Rettung vor dem Tod, nimmt die Todessehnsucht und der Nihilismus bei den Dantonisten zu. ,,Danton stirbt, >>ohne den Teufelskreis der Verzweiflung durchbrochen zu haben<< [...]. Verzweiflung bedeutet für ihn: der radikale Zweifel an einem früher anerkannten Geschichts- und Weltbild.``[+]

Danton weiß, daß die ganze Anstrengung der Revolution umsonst ist. Sein Leidensprozeß löst sich schließlich in reinen Metaphysikdiskussionen um die Unzulänglichkeit der Schöpfung, die ein leidfreies Leben nicht zuläßt (III,1), und dem Nichts als seinem ,,Asyl`` (III,4) und den ,,zu gebärende[n] Weltgott`` (IV,5) auf. ,,Das politische Handeln oder Nichthandeln der beiden Protagonisten bleibt für den Fortgang der Geschichte folgenlos [...]. [...] [D]ie Geschichte [geht] über den einzelnen hinweg [...] und [vernichtet] ihn in seinem individuellen Selbst [...], indem sie ihn als ihr Instrument handeln läßt.`` Danton beschreibt seine Erkenntnis in II,5: ,,Puppen sind wir, von unbekannten Gewalten am Draht gezogen; nichts, nichts wir selbst¡`

Zusammenfassung

Die Auseinandersetzung zwischen den Dantonisten und Robespierre ist die zwischen dem bürgerlichen Prinzip des Egoismus und Individualismus, das Ausdruck des Privateigentums ist, und dem Prinzip der Egalität, der Brüderlichkeit und des Mutualismus -- genau die Auseinandersetzung [wie Büchner wußte], die in [der politischen Phase] der Französischen Revolution den Kampf zwischen [...] allen Oberschichten [und dem Volk] bestimmte.[+]
Büchners Dramaturgie weist also die Dantonisten und Robespierristen den zwei großen Lagern der Revolution zu, erstere dem der Ausbeuter, letztere dem der Ausgebeuteten: Weder Danton, noch Robespierre ist aber in der Lage die Kluft zwischen beiden Seiten zu schmälern: ,,An der Unmöglichkeit, die materiellen Voraussetzungen für ihre jeweilige Programmatik zu schaffen, zerbrechen [...] [beide]. Die Not des Volkes von Paris ist somit der letzte und einzige Maßstab, an dem die Thesen der Revolutionäre gemessen werden können.``[+] Es dominiert schließlich Büchners letzte politische Erkenntnis, die er in die Worte faßt:
- soll jemals die Revolution auf durchgreifende Art durchgeführt werden, so kann und darf das bloß durch die große Masse des Volks geschehen [...].[+]

Variationen des Gegenspielermotivs

Neben der bereits beschriebenen Besonderheit der Einmaligkeit des Zusammentreffens der beiden Rivalen Danton und Robespierre in I,6, gibt es eine zweite Besonderheit, nämlich daß Robespierre nach II,7, also bereits bei Hälfte des Dramas, abgeht und nicht wieder auftritt. Somit tritt in den ersten beiden Akten ein Danton auf, der durch seine Willenslähmung nicht als wirklicher Gegenspieler erscheint, und in den letzten beiden Akten zumindest in den Reden vor dem Revolutionstribunal ein Gegenspieler Danton aber nicht mehr sein Rivale Robespierre. Letzterer Umstand ist mit für den besonderen Stellenwert der Nebenfiguren auf beiden Seiten im Drama verantwortlich. Ihnen kommt auf seiten der Dantonisten durchgehend und auf seiten der Robespierristen in den letzten beiden Akten große Bedeutung zu.

Der Kreis der Nebenfiguren um Danton, vor allem seine engsten Vertrauten Camille, Lacroix und Hérault, tritt hauptsächlich in der Formulierung der Positionen der Dantonisten hervor und in der Beschwörung Dantons, der seine Aktivitäten bereits eingestellt hat, doch noch zu handeln und sich zu wehren. Camille stellt als rechte Hand Dantons und als Jugendfreund Robespierres zwar ein Verbindungsglied zwischen den beiden Lagern dar, er wird in seiner Haltung des Erbarmens jedoch im zweiten Teil durch die Grausamkeit von Robespierres Vertreter St. Just scharf kontrastiert. Die Dantonisten, die stets zu Danton halten, werden schließlich nach ihrer Verhaftung vor Ende von Akt II mit Danton in die Sinnlosigkeitsproblematik hineingezogen, die sie in den Philosophiegesprächen im dritten und vierten Akt entwickeln (III,1 mit anderen Nebenfiguren: Atheismus, III,7 und IV,5) und deren Tenor die Ablehnung einer Gottesfigur, oder sonstiger zur Sinnstiftung herangezogener Wertesysteme ist: ,,Die Welt ist das Chaos. Das Nichts ist der zu gebärende Weltgott.`` (IV,5).

Auf seiten der Robespierristen setzt der Stellvertreter Robespierres, St. Just, die Opposition im Hintergrund gegen die Dantonisten fort. St. Just ist ein skrupelloser Vertreter der Staatsraison und entpuppt sich durch seine menschenverachtende Rede in II,7 und im dritten Akt wie Barère als blutleerer, besessener Fanatiker ohne Selbstzweifel. Er wird somit zum verschärften Ersatz und sogar Kontrast für die Gegenspielerschaft Robespierres, bei dem sich Selbstzweifel zeigen. St. Just sorgt für die unfaire Verfahrensweise beim Prozeß gegen die Dantonisten und weist seine Vertrauten Barère, Collot und Billaud an kurzen Prozeß zu machen, als Danton in den Konventsreden zu erfolgreich zu werden droht. St. Just wird also mit den Vorsitzenden der Ausschüsse und Mitgliedern des Wohlfahrtsausschusses zu Intriganten gegen die festgesetzten Dantonisten mit dem Ziel ihrer Ausschaltung.

Büchner, der die terreur entschieden ablehnte und diese Haltung auch in seinen Quellen fand, zielt, auch wenn er die politischen Positionen ablehnt, auf eine Sympathiesteuerung zugunsten der Dantonisten gegen die Darstellung der terreur:

Im Gegensatz zur Gruppe der Dantonisten, deren Mitglieder als mehr oder minder klare Identifikationsangebote angelegt sind, [...] [ist es] [i]m Hinblick auf Büchners Beurteilung der terreur [...] nicht ohne Bedeutung, daß keiner der Anhänger Robespierres und St. Justs die Sympathie des Zuschauers erweckt [...].[+]

Resümee

Die Arbeit hat versucht zu zeigen, wie Büchner das Gegenspielermotiv in >>Dantons Tod<< entfaltet und variiert. Es dient im Stück vor allem der Klärung des Scheiterns der Revolution von 1789 durch die Analyse der objektiven Bedingungen der Revolution und Umstände der Zeit, und der Konzentration auf die Darstellung des subjektiven Erlebens der Figuren.[+]

Der Ideenkonflikt, den die Robespierristen und Dantonisten in >>Dantons Tod<< austragen, ist der Mehrzahl der Bevölkerung entfremdet und für sie rein akademischer Art. Die einfachen Notwendigkeiten materieller Bedürfnisbefriedigung des Volks, spielen sowohl für Danton wie auch für Robespierre, die beide der ,,leidenden Masse`` nicht angehören, nicht die entscheidende Rolle. Im Mittelpunkt steht für beide die Behauptung eines kompromißlosen Standpunktes, einer Idee ohne ein dafür vorhandenes Fundament, i.e. ohne die Einsicht der Massen in den Konflikt. ,,Programme gerinnen zur Parole, an Stelle des Handelns tritt mehr und mehr die Pose. Revolution, die nicht mehr weiter weiß, spielt Theater.``[+] Die von Büchner postulierte Unmöglichkeit der Beherrschung einmal in Gang gesetzter Prozesse ist auch der Grund für das letztendliche Scheitern beider Gruppen.


Literatur

1
Büchner, Georg: Dantons Tod. Ein Drama. Stuttgart: Reclam, 1988.

2
Bohn, V.: ,, ,Bei diesem genialen Cynismus wird dem Leser zuletzt ganz krankhaft pestartig zu Muthe`. Überlegungen zur Früh- und Spätrezeption von Dantons Tod``. Arnold, H. L. (Hg.), Georg Büchner III. München: o. V., 1981,  104-130.

3
Georg Büchner Ausstellung GmbH (Hg.): Georg Büchner - Der Katalog. Darmstadt: o. V., 1987.

4
Fischer-Lichte, Erika: Geschichte des Dramas, 2 Bde. Tübingen: Francke, 1990.

5
Goltschnigg, D. (Hg.): Materialien zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte Georg Büchners. Kronberg/Ts.: o. V., 1974.

6
Hinderer, W.: Büchner-Kommentar zum Dichterischen Werk. München: o. V., 1977.

7
Jancke, G.: Georg Büchner. Genese und Aktualität seines Werks. Einführung in das Gesamtwerk. Kronberg/Ts.: o. V., 1975.

8
Johann, E.: Büchner. Hamburg: o. V., 1958.

9
Kluge, Manfred und Rudolf Radler (Hg.): Hauptwerke der deutschen Literatur. Einzeldarstellungen und Interpretationen. München: Kindler, 1974.

10
Knapp, G. P.: Georg Büchner. Stuttgart: o. V., 1984.

11
Mayer, T. M.: ,,Georg Büchner. Eine kurze Chronik zu Leben und Werk``. Arnold, H. L. (Hg.), Georg Büchner I/II. München: o. V., 1979,  357-425.

12
Viehweg, W.: Georg Büchners Dantons Tod auf dem deutschen Theater. München: o. V., 1964.

ANHANG A

Videovorführung

Filmfassung und Bühnenfassung

Im Anschluß an das Referat erfolgte eine ausschnitthafte Videovorführung einer s/w-Filmfassung von 1964 und einer Aufzeichnung des Stücks aus dem Hamburger Schauspielhaus von 1986. Dem Kurs wurde die Konfrontationsszene des Stücks zwischen Danton und Robespierre (I,6) aus beiden Fassungen, sowie die Szene I,1 der Dantonisten im Palais Royal in der Bühnenfassung vorgeführt.

Beobachtungen

Obwohl die beiden Inszenierungen des Stücks nur etwa 20 Jahre auseinanderliegen, können daran die Entwicklungen, die sich in der Darstellung der Gegenspieler vollzogen haben, aufgezeigt werden. Als wesentliches Fazit der Vorführung und ihrer Besprechung kann festgehalten werden:

  1. Filmfassung (I,6):

    Die frühere Filmfassung stellt Danton, wie bereits erwähnt ganz entgegen der Absicht Büchners, als ,,Heldenopfer`` eines besessenen, uneinsichtigen ,,Schurken`` Robespierre dar. Ein jüngerer Darsteller des Danton stand dabei einem wesentlich älteren Darsteller des Robespierre gegenüber.

    In Abgrenzung zur stark negativen Charakterzeichnung eines verbitterten, radikalen Robespierre, erscheint Danton als vernünftiger und weitsichtiger Held, der für seine Überzeugungen schließlich den ,,Heldentod`` stirbt.

    Der Ausschnitt aus der Filmfassung unterstrich die intendierte Charakterzeichnung vor allem durch die Licht- und Dunkelzeichnung beim Schnitt von Danton zu Robespierre. Die Darstellung Robespierres im Schatten und Dantons im Licht unterstützt die beabsichtigte Symathiesteuerung beim Publikum zugunsten Dantons.

    Die Darstellung des Monologs von Robespierre nach dem Abgang Dantons, läßt zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel an der Absicht Robespierres entstehen, Danton nur aus eigenem Kalkül und nicht primär aus Gründen der Fortführung der Revolution aus dem Weg zu räumen.

  2. Bühnenfassung (I,1 und I,6):

    In Szene I,1 der späteren Bühnenfassung wird das Milieu der Bordelle des Palais Royal, in dem Danton und die Dantonisten verkehren, als verrucht aber gleichzeitig von den ,,niederen Problemen der Außenwelt`` abgegrenzt dargestellt. Die Dekadenz der rauchverhangenen Atmosphäre des Zimmers assoziiert beim Zuschauer die verschwenderische Lebensweise und Lasterhaftigkeit der Aristokratie. Der dargestellte Lebensgenuß tritt so in scharfen Kontrast zur sich direkt anschließenden Szene I,2 auf der Straße, die das Leiden des Volks in der Verknüpfung zur Prostitution in I,1 darstellt.

    In der Konfrontationszene (I,6) steht ein vergleichsweise älterer Danton einem immer noch wesentlich älteren Robespierre gegenüber. Der nihilistische Zug steht bei Danton hier im Vordergrund. Die Sympathielenkung ist nun, wenn auch nicht völlig so doch fast, umgekehrt.

    Ein egoistisch denkender, betrunkener und lasterhafter Danton begegnet einem auf das Gemeinwohl bedachten, pflichtbewußt tugendhaften und im Vergleich zu Danton positiv erscheinenden Robespierre.

    Im angeschlossenen Monolog erfahren die Beweggründe Robespierres sich für die Vernichtung Dantons auszusprechen eine in der Filmfassung nicht vorhandene Motivation. Robespierre, der geschäftig am Schreibtisch arbeitet, stellt das Scheitern der Revolution durch den Revolutionsgewinnler Danton, dem Gemeinwohl der Massen gegenüber und trifft nach Abwägung die Entscheidung zugunsten der Revolution und des Volks.

Der bereits beschriebene Wandel vom Revolutionshelden und Intrigenopfer zum Revolutionsgewinnler und Nihilisten Danton, der die soziale Revolution verloren gibt und die Früchte der politischen Revolution erntet, ist im Vergleich der Szenen aus beiden Fassungen gut abzulesen.

ANHANG B

Referatblätter

  Auf den letzten vier Seiten des Anhangs ist das handout, das der Verfasser in der Sitzung des Referats am 17. 06. 1992 im Kurs verteilt hat, und auf das im Text mehrfach verwiesen wurde, mit einigen wenigen Ergänzungen abgezogen.

Gegenspieler in
Georg Büchners Dantons Tod (1835)


Referent: Alexander Huber

1. Kurzbiographie Georg Büchner:

1813 geb. am 17. 10. in Goddelau b. Darmstadt, Arztsohn
1831 Studium der Medizin und Naturwissenschaften in Straßburg
Verlobung mit Wilhelmine Jaegle
1833 Fortsetzung des Studiums, dazu Geschichte und Philosophie, in Gießen
Teilnahme an der radikal-polit. Freiheitsbewegung
1834 Begründer der geheimen ,Gesellschaft für Menschenrechte`
Revolutionsabsicht geg. die drückend reaktionären gesell. Verhältnisse in Hessen
durch Aufwiegelung der Massen mit Flugschriften:
Verfasser der sozialist. Kampfschrift ,Hessischer Landbote`
Polizeiaktion gegen Büchners ,Gesellschaft`, Rückzug ins Elternhaus
1835 Dantons Tod entsteht im Winter 1834/35
Flucht vor Gerichtsverhandlung nach Straßburg, Rückzug von der Politik
Fortsetzung des Studiums, Promotion, Habilitation als Priv. Doz.
1837 gest. nach kurzem Typhusleiden am 19. 02. in Zürich

Bedeutendster deutscher Dramatiker zwischen Romantik und Realismus, der die klassizistische Formtradition durchbricht und naturalistische und expressionistische Elemente in seinem Werk vorwegnimmt.

2. Hauptwerke Büchners:

Dantons Tod (Drama, entst. 1834/35, ersch. 1835, Urauff. 1902 in Berlin)
Lenz (Novellenfragment, entst. 1836, ersch. 1842)
Leonce und Lena (Komödie, entst. 1836, ersch. 1842, Urauff. 1885 in München)
Wojzeck (Dramenfragment, entst. 1836, ersch. 1879, Urauff. 1913 in München)

3. Kontext:

3.1 Zum Stück

Historisches Drama in vier Akten über die Ereignisse in der Französischen Revolution (1789-95) vom 24. 03. - 05. 04. 1794. Kein polit. Tendenzstück, da Büchner sich eng an hist. Gegebenheiten und polit. Äußerungen hält.
Hilfen zum Verständnis des Stücks:

3.2 Historischer Kontext: Französische Revolution 1789-94

 17.06.1789 Gründung der Nationalversammlung
 14.07.1789 Sturm auf die Bastille
 20.06.1791 Flucht und Gefangennahme Ludwig XVI.
Der König stimmt unter Zwang der neuen Verfassung zu
 10.08.1792 Sturm des Königspalastes org. durch Danton, Gefangennahme Ludwigs
 21.09.1792 Proklamation der Republik
September: Massenhinrichtungen von Adligen in Paris
Niederschlagung der Preußen und Österreicher unter der Führung Dantons
 21.01.1793 Hinrichtung Ludwigs XVI.
April Gründung des Revolutionstribunals durch Danton
 02.06.1793 Zerschlagung der gemäß. Girondisten und Machtergreifung der Jakobiner
unter der Führung Robespierres
 05.09.1793 Massenexekutionen beginnen
Oktober Gründung des Wohlfahrtsausschusses
 05.04.1794 Hinrichtung Dantons und seiner Mitstreiter
 27.07.1794 Zerschlagung des Ausschusses und Hinrichtung Robespierres

Im Zeitraum der Spielhandung, geht es nach der polit. Revolution um die Verwirklichung der sozialen Revolution, i.e. der Verteilung der Güter der Wohlhabenden und allgemein der Verbesserung der Lebensumstände.

4. Gegenspieler und Intriganten:

Politische Grundkonstellation: ,,Die ganze Revolution hat sich schon in Liberalisten und Absolutisten getheilt und muß von der ungebildeten und armen Klasse aufgefressen werden.``

4.1 Die Parteien

4.2 Gegenspieler Robespierre - Volk - Danton 4.3 Variation des Gegenspielermotivs durch Nebenfiguren 5. Literatur:

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...>>Held-Gegenspieler-Konstellation<<``,
In [10] KNAPP (1984), S. 62f.
...getragen.``
In [10] KNAPP (1984), S. 61f.
...auffaßte.``
In [7] JANCKE (1975), S. 159.
...Revolution.``:
In [8] JOHANN (1958), S. 86.
...Revolutionsstück``,
In [8] JOHANN (1958), S. 88.
...Menschen.``
In [10] KNAPP (1984), S. 57.
...kommen.``
Rechtfertigung Büchners in einem Brief an die Eltern vom 28. Juli 1835 aus seinem Zufluchtsort Straßburg, nach dem Erscheinen von >>Dantons Tod<<. Zit. n. [8] JOHANN (1958), S. 111.
...Leistung``
In [9] KLUGE/RADLER (1974), S. 318.
...wurde.``
In [4] FISCHER-LICHTE (1990), Bd. 2 S. 74.
...Haltung``
In [4] FISCHER-LICHTE (1990), Bd. 2 S. 74.
...Menschen.``
In [4] FISCHER-LICHTE (1990), Bd. 2 S. 81.
...Form``
Aus der Nachbemerkung zu [1] BüCHNERS >>Dantons Tod<<.
...[...].``
In [8] JOHANN (1958), S. 88.
...an.
Darunter vor allem:
- C. Strahlheim, Unsere Zeit, Stuttgart 1826-1830,
- L. A. Thiers, Histoire de la Révolution Française, Paris 1823-1827,
- L. S. Mercier, Le nouveau Paris, Paris 1799 und
- F. A. Mignet, Histoire de la Révolution française, depuis 1789 jusqu'en 1814, Paris 21824.
In [10] KNAPP (1984), S. 49f.
...[...].``
In [10] KNAPP (1984), S. 50.
...zweierlei:
In [10] KNAPP (1984), S. 52/53.
...Weltgeschichte``
In einem nicht näher datierten Brief an seine Verlobte. Zit. n. [8] JOHANN (1958), S. 86.
...Heldentum
In [9] KLUGE/RADLER (1974), S. 317.
...Illusion.<<
In und zit. n. [9] KLUGE/RADLER (1974), S. 318.
...Forderungen.``
In [8] JOHANN (1958), S. 90.
...sind.``
In [7] JANCKE (1975), S. 183.
...bourgeoisen
``Büchner uses the terms ,gebildet` and , ungebildet` not to contrast personal tendencies, but to designate economic disparities and social antagonism [...]. ,Bildung` is seen as an aspect of bourgeois class identity or [...] simply as a rather contemptible item of bourgeois private property [...].'' In T. M. Holmes, The Ideology of the Moderates in Büchner's , Dantons Tod`. Zit. n. [7] JANCKE (1975), S. 192f.
...werden.``
In [3] GEORGCHNER AUSSTELLUNG KATALOG (1987), Kapitel >>Dantons Tod<<.
...verkehren,
In [9] KLUGE/RADLER (1974), S. 317.
...überschreitet.
In [7] JANCKE (1975), S. 211.
...fest.
In [7] JANCKE (1974), S. 211.
...sicher.``
In [7] JANCKE (1975), S. 156.
...lecken!<<``
In [10] KNAPP (1984), S. 69. Zitat aus [1] BüCHNERS >>Dantons Tod<<, III,9.
...bestimmte.``
In [2] BOHN (1981), S. 109.
...machen``
In einem Brief an die Eltern vom 28. Juli 1835 als Verteidigung gegen den Vorwurf der Unsittlichkeit seines Stücks. Zit. n. [8] JOHANN (1958), S. 111.
...Vernichtung.
In [3] GEORGCHNER AUSSTELLUNG KATALOG (1987), Kapitel >>Dantons Tod<< und [5] GOLTSCHNIGG (1974), S. 300ff.
...[...].``
In und zit. n. [5] GOLTSCHNIGG (1974), S. 313.
...verloren``,
In [10] KNAPP (1984), S. 68.
...stellt,
In und zit. n. [7] JANCKE (1975), S. 184.
...Régime,
In [3] GEORGCHNER AUSSTELLUNG K ATALOG (1987), Kapitel >>Dantons Tod<<.
...Konterrevolutionäre``,
In [7] JANCKE (1975), S. 157.
...Weltbild.``
In [10] KNAPP (1984), S. 75.
...können.``
In [10] KNAPP (1984), S. 70.
...[...].``
In [10] KNAPP (1984), S. 64.
...Figuren.
In und zit. n. [10] KNAPP (1984), S. 59.
...Theater.``
In [10] KNAPP (1984), S. 61.
 

Alexander Huber
Thu Dec 12 12:02:01 MET 1996