#!/usr/bin/perl print qq§Content-Type: text/html §; Historische Entwicklung der Zukunftsforschung

Die Zukunftswerkstatt beschreibt ein aus der Zukunftsforschung entstandenes Modell zur Entwicklung einer humanen Zukunftsgestaltung. Erste Ansätze lieferten in den frühen 40er Jahren dieses Jahrhunderts die "Denkfabriken" der Amerikanischen Streitkräfte", in ihnen wurden erstmals künftige strategische Möglichkeiten auf Grund ihrer Anforderungen studiert und beeinflußt. Hauptvertreter dieser Studien war Hermann Kahn, der diese in der

Rand Corporation der US Airforce veröffentlichte. Die Bestrebungen dieser frühen Zukunftsplaner zielten in erster Linie auf die Steigerung menschlichen Wissens und Könnens ab. Technische Großleistungen wie die Weltraumforschung und Computertechnologie standen hierbei im Vordergrund.

Mitte der 50er Jahre entwickelten Gaston Berger und Bertrand de Jouvenel eine zunehmend sozialkritisch, humanistisch und ökologisch orientierte Zukunftsforschung. Diese gewann jedoch erst unter dem Eindruck der Studentenbewegung (1967-68) und der Ölkrise (1974) an Einfluß. Im Gegensatz zu den frühen Ansätzen geht diese Zukunftsforschung nicht von zunehmendem Wachstum und Reichtum sondern vielmehr von steigender Verknappung und Armut aus. Lösungsansätze sind hier entsprechend in einem anderen Bezug der Erwartungshaltungen zu entwickeln. Das heißt, Verantwortung, Förderung der Menschen sowie der Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Umwelt müssen im Mittelpunkt der modernen Zukunftsforschung stehen. Um diese Ziele zu erreichen stellt das Model der Zukunftswerkstatt nicht die Frage der Zukunftserwartungen, sondern die der Zukunftswünsche.
 

Anfänge der Zukunftswerkstatt

Etwa Mitte der 60er Jahre wurde die erste Zukunftswerkstatt durchgeführt, gemäß der Annahme, daß die Wunschkräfte der Menschen derzeit weitgehend ungenutzt bleiben, wurde der Versuch unternommen, diese freizulegen, um Visionen und auch Lösungsansätze für zukünftige Entwicklungen festzulegen. Probleme bereitete hierbei zunächst das Schweigen bzw. Aufsagen allgemein bekannter Ansätze durch die Teilnehmer. Die Phantasiefeindlichkeit der gesellschaftlichen Umwelt  führte nach Ansicht von Robert Jungk (dem Initiator der ersten Zukunftswerkstatt) zu einer Passivität der Bürger. Erst Fragen zur Erziehung und dem familiären und gesellschaftlichen  Umfeld führten zu persönlichen Berichten und einer Auflockerung der anfänglich "steifen" Atmosphäre. Die biographische Prägung der ersten Zukuftswerkstätten mußte sich im weiteren Verlauf noch zu Gruppenutopien entwickeln, der erste Schritt einer sich frei entfaltenden sozialen Phantasie war allerdings schon getan.

 
Psychologische Ansätze in der Zukunftsforschung

Die Erkenntnisse der modernen Psychologie spiegeln sich in den theoretischen Ansätzen  und bei der Durchführung der Zukunftswerkstatt wieder. Die Verdrängung der Wünsche des Einzelnen bewirkt das Ausschalten individueller Phantasie, mit entsprechenden Auswirkungen auf die gesamte Entwicklung der Gesellschaft, daraus entstehen Planungsvorrechte für quantitativ kleine Gesellschaftsschichten (Planungskommissionen, Architekten, Stadtplaner etc.).

In der Zukunftswerkstatt sollen, um diesen Mißstand zu beseitigen, große Gesellschaftsschichten ermutigt werden, selbst aktiv zu sein, damit praktikablere Lösungen entstehen, die den eigentlichen Nutzern zugute kommen. Um diese Ermutigung zum Erfolg zu führen, werden besonders in den ersten beiden Phasen und in der Einführung der Zukunftswerkstatt, Mittel der modernen Psychologie eingesetzt, auf die im weiteren Verlauf noch einzugehen ist. Ziel ist es, eine Atmosphäre zu schaffen in der die Teilnehmer sich frei entfalten können, d.h. erlernte, aufdoktruierte oder natürliche Hemmnisse auf verschiedene Weise abzubauen, um so spontanen, produktiven Einfällen Raum zu geben und die streng zielbewußte Herbeiführung dieser zu verhindern.
 

Vorbereitung und Phasen der Zukunftswerkstatt Vorbereitungsphase

Bei der Vorbereitung einer Zukunftswerkstatt gilt es besonders entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, da selbst vermeintliche Kleinigkeiten die Arbeitsathmosphäre stark beeinträchtigen können. So ist zum Beispiel auf großzügig bemessene Räumlichkeiten in ruhiger abgeschlossener Lage zu achten. Außerdem ist es sinnvoll sowohl Gruppenräume als auch Ruheräume zur Verfügung zu haben. Für Verpflegung und Getränke sollte gesorgt sein.  Sind diese räumlichen Voraussetzungen erfüllt, so sind folgende Materialien für den erfolgreichen Ablauf der Zukunftswerkstatt erforderlich: Zum festhalten der Gruppenbeiträge werden große Papierbögen, die an Stellwänden bzw. freien nutzbaren Wandfächen, aufgehängt werden. Ebenso werden verschieden große und verschiedenfarbige Papierblätter, mindestens ein dicker Filzstift pro Teilnehmen, Klebeband, Klebestifte und zu Bewertungszwecken Klebepunkte, benötigt. Um alle Einwürfe und Kommentare zu erfassen können auch Kassettenrecorder, Video o.ä. Anwendung finden. Die Erfahrungen haben gezeigt, daß eine Gruppengröße von 15 - 25 Personen die offene Artikulierung und Entfaltung der einzelnen Teilnehmer gewährleistet. Höheren Teilnehmerzahlen sollte mit der Bildung von Parallelgruppen begegnet werden. Geringere Teilnehmerzahlen führen oft nur zu dürftigen Impulsen bei der Lösung der anstehenden Fragestellung. Auch in der Zukunftswerkstatt ist ein Moderator unerläßlich, er sollte gut mit der Methodik und den Varianten der Zukunftswerkstatt vertraut sein. Zu seiner Aufgabe gehört es, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen und zum entsprechenden Zeitpunkt die Arbeitsmaterialien zur Verfügung zu halten. Er soll motivieren, anregen und bei Bedarf auch helfen. Nur bei Verletzung wichtiger Spielregeln, nutzt er seine Autorität und Leiterfunktion.

Der Anfang der Zukunftswerkstatt dient auch dem gegenseitigen Kennenlernen der Teilnehmer. In dieser Phase wird gemeinsam der Raum hergerichtet, dabei entsteht zwangsläufig ein erster persönlicher Kontakt der Teilnehmer, der durch ein späteres gegenseitiges Vorstellen noch vertieft wird. Diese Phase nimmt etwa 30 Minuten in Anspruch, danach findet eine Einführung in den Ablauf der Zukunftswerkstatt und ihres Themas statt. Im Anschluß an diese Einführung ist ein gemeinsamer Zeitplan aufzustellen, dieser kann verhältnismäßig frei gestaltet werden, richtet sich jedoch nach dem Gesamtzeitraum der Zukunftswerkstatt. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, am häufigsten werden Tageswerkstätten durchgeführt, sinnvoll ist hierbei die Einteilung in jeweils zweistündige Phasen.

Eine weitere Möglichkeit stellt die verkürzte Wochenendwerkstatt dar, die Phasen dauern hierbei jeweils einen Vormittag bzw. einen Nachmittag. Eine bessere Form bietet die normale Wochenendwerkstatt, da hierbei der Freitagabend zum Kennenlernen zum Beispiel bei einem gemeinsamen Abendessen genutzt werden kann, der sonstige Ablauf aber der verkürzten Wochenendwerkstatt entspricht. Eine ideale Lösung stellt die Dreitagewerkstatt dar, da für jede Phase ein ganzer Tag zur Verfügung steht. In Form eines Bildungsurlaubes kann ein Fünftagewerkstatt durchgeführt werden, wobei der erste Tag als Informationsphase dienen kann und der letzt Tag für Vertiefungen genutzt werden kann. Ungewöhnlich, aber durchaus sinnvoll erscheint die Einstundenwerkstatt, sie bietet die Möglichkeit einer Ideenreichen Aussprache bei verschiedenartigen Versammlungen.

 
Beschwerde- und Kritikphase

Das Vorgehen in dieser Phase verdeutlicht am besten den oben genannten psychologischen Einfluß auf die Zukunftswerkstatt. Der Moderator nimmt hier eine dem Psychoanalytiker ähnliche Rolle an. Er fordert die Teilnehmer zur öffentlichen Äußerung ihres Ärgers ihrer Einwände und ihrer Beschwerden auf. Diese Kritik wird nicht zum Selbstzweck geäußert, sondern soll produktiver Antrieb für den weiteren verlauf sein. Ähnlich der Vorgehensweise beim Brainstorming, sollte auf Diskussionen verzichtet werden die Kritik nur in Stichworten geäußert und der Themenbezug stets im Auge behalten werden. Außerdem kann die Kritik auf den vorhandenen Papierbögen groß und lesbar festgehalten werden. Der Moderator hat auf die Einhaltung dieser Regeln zu achten und sollte gegebenenfalls lenkend eingreifen. Ein Teilnehmer übernimmt die Aufgabe des Protokollführers, er ordnet die Beschwerden und die Kritik auf das Wandpapier. Durch die ständige Sichtbarkeit dieser wird der Ideenfluß in der Gruppe noch verstärkt, so daß schon nach kurzer Zeit eine umfangreich Kritiksammlung entsteht. Da es nicht möglich ist auf alle genannten Punkte einzugehen, kann nun eine Kritikauswahl durch Punktvergabe durchgeführt werden. Das Ergebnis ist die Grundlage für die Fortsetzung der laufenden Phase.

Durch die Ordnung der Beschwerden nach übergreifenden Gesichtspunkten entstehen Kritikthemenkreise, die nun als ganzes weiterbehandelt werden können. Es ist außerdem möglich die entstandenen Kritikthemenkreise vorübergehend in Kleingruppen zu diskutieren und Thesen aus ihnen zu bilden. Zur Vertiefung bestimmter Themenbereiche kann auch eine Rubrizierung vorgenommen werden, die den Vorteil eines noch tieferen Einstieg in die jeweilige Materie zu bekommen. Die den Teilnehmern am wichtigsten erscheinenden Kritikaussagen werden nun ausgewählt, wobei der Umfang des Ausgewählten der zu Verfügung stehenden Zeit angepaßt werden muß. Das bisher formulierte und erarbeitete Konzept bietet nun die Ausgangsbasis für den Schritt in die nächste Phase.
 

Phantasie- und Utopiephase

In dieser Phase kommt es in erster Linie darauf an, das Undenkbare zu Denken, daß heißt :

- sowohl experimentierfreudig als auch neugierig zu sein
- sich unangepaßt und wandlungsfähig zu verhalten
- auch eventuell Irrationalem gegenüber aufgeschlossen zu sein
- Fehler und Scheitern zu riskieren
- Phantasie statt Perfektionismus zu nutzen
- sich unvoreingenommen gegenüber allen vorgebrachten Ideen zu verhalten

Nach dem wir in der vorangegagenen unsere Kritik formuliert haben, müssen wir nun mit Hilfe unserer Phantasie nach Lösungen suchen. Im Unterschied zu Experten, die teilweise durch ihr Vorwissen in Ihrer Sichtweise eingeengt sind, können Teilnehmer einer Zukunftswerkstatt, vor allen Dingen praktische Alltagserfahrungen in die Lösung mit einbeziehen. Die Phantasie kann mit Hilfe verschiedener Methoden, wie Brainstorming und dem Entwickeln von Utopien, angeregt werden. Gerade in dieser Phase wird die Notwendigkeit der Lösung von Hemmungen deutlich. Die Gruppe muß vom Moderator zum Beispiel unter Zunahme von Spielen geistiger und körperlicher Art in eine lockere und freundlich Athmosphäre geführt werden. Auch in dieser Phase begnügen wir uns in der Regel mit dem Gebrauch von Stichworten und ihrer Visualisierung.

Die Arbeitsweise entspricht in weiten Teilen der des Brainstormings, daß heißt:

- jede, auch nicht realisierbare Idee ist zugelassen
- die Quantität der Vorschläge ist vorrangig
- jede vorgebracht Idee darf von anderen ergänzt werden
- Kritik und Diskussionen sind unerwünscht
- die Teilnehmer haben sich kurz zu fassen (max. 30sec pro Äußerung)
- alle Ideen müssen visualisiert werden
- eine Punktvergabe entscheidet über die weiter zu bearbeitenden Themen
- diese Themen werden in Phantasiestichworte oder Rubriken zusammen gefaßt und Phantasiethemenkeise bzw. Rubrikenauswahlen geschaffen

Nachdem diese Auswahlen getroffen wurden gehen diese als Ausgangsbasis in die Verwirklichungsphase mit ein.
 

Verwirklichungs- und Praxisphase

Die Ergebnisse der vorangegangenen Phasen müssen nun mit der realen Umwelt zusammengebracht werden, wobei nun auch auf deren Durchsetzungchancen geachtet werden muß. Das heißt, daß die Euphorie der erseten beiden Phasen auf ein normales Maß zurückkehren muß. Der Moderator sollte deshalb auf den Bezug zum Thema achten, sowie den Sinn und Zweck der Verwirklichungsphase erläutern, in dem er das Projekt als angestrebtes Ziel bzw. Ergebnis mit mittel- oder langfristiger Wirkung darstellt. Außerdem sollte für diese Phase ein Zeitplan aufgestellt werden und letztendlich angemessene Schritte zur Verwirklichung vorgeschlagen werden.

Um dies zu gewährleisten wird die Verwirklichungsphase in Verwirklichungsschritte aufgeteilt:

- Zunächst unterzieht man die teilweise utopischen Ideen einer einer Realisierbarkeitsprüfung, wobei eine bereits vorhandene Realisierung der Ansätze (im weitesten Sinne) mit herangezogen werden sollte.

Außerdem sind nun auch Beurteilungen von Fachleuten mit einzubeziehen.

- Zur Verwirklichung der nun noch vorhandenen Ansätze wird eine Strategie ausgearbeitet, sie legt die wichtigsten Ziele und die Vorgehensweise so fest, daß möglichst viele Aspekte der Ideen erhalten bleiben. Desweiteren prüft man die politischen und ökonomischen Voraussetzungen und das Vorhandensein von Bündnispartnern. Wichtig ist die Frage nach offenem Vorgehen (Publizierung ) oder dem weiteren Vorgehen in einer geschlossenen Gruppe.

- Der letzte Schritt wäre die Aktion, sie sollte jedoch nur durchgeführt werden wenn wirklich realisierbare Projekte erdacht wurden. Die Aktion muß finanziell abgesichert werden und bedarf auch sonst einer genauen Planung im Bezug auf Publizität, Einsatz der Teilnehmer, Vermeidung von Repressalien

Auch in der Verwirklichungs- und Praxisphase werden Gruppenentscheidungen durch Punktvergabe Vorgenommen, es spielen aber immer auch die Fragen der Prüfung, Strategie und Aktion eine meinungsbildende Rolle. Die Strategieüberlegung ,die auch erste Schritte der Verwirklichung beinhaltet, führt zum Werkstattergebnis. Diesem kann sich noch das Aufstellen eines Forderungskataloges (Publizierung), sowie ein Projektvorschlag für die Weiterarbeit und das Auswerten der Protokolle in einem erneuten Treffen, anschließen. Aus diesem letzten Schritt der Zukunftswerkstatt kann eine permanente Werkstatt erwachsen um ein Projekt zu verwirklichen.