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Soziologie im Dritten Reich

 

 

"Alles politische Denken steht vor dem Hintergrund seiner Zeit, es wird von den Verhältnissen und Entwicklungen beeinflußt und wirkt vielfach auf sie ein."(Hans Fenske "Politisches Denken im 20. Jahrhundert" in "Politisches Denken von der Antike bis zur Gegenwart", Bonn 1993, S.657)

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis:

 

I. Einleitung..............................................................................................................1

II. Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie ( DGS ) 2

III. Kölner Soziologie im Dritten Reich 7

IV. Zusammenfassung 9

V. Literatur 10

 

I. Einleitung

 

Die Bearbeitung des Themas "Soziologie im Dritten Reich" wird durch die kontroverse Diskussion innerhalb des Gebietes der Soziologie erschwert. Viele divergierende Meinungen sorgen fast schon für Unübersichtlichkeit, so gingen zum Beispiel in der Vergangenheit einige Autoren von der Nichtexistenz der Soziologie im Dritten Reich aus, andere stellten die These auf, sie sei zu dieser Zeit völlig bedeutungslos gewesen. Weitere Autoren sprechen wiederum von der Unwissenschaftlichkeit oder Irrationalität dieser Wissenschaft zur maßgeblichen Zeit.

Ziel dieser Arbeit soll es sein, anhand von zwei Beispielen sozialwissenschaftlicher Institutionen die Entwicklung und Probleme unter dem Einfluß des Nationalsozialismus allgemein zu beschreiben und wie versucht wurde durch Selbstgleichschaltung Einfluß auf die Entwicklungen zu nehmen.

In den 30er Jahren, insbesondere nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus emigrierten zahlreiche Soziologen, darunter vor allem die im Umfeld marxistischer oder sozialdemokratischer Ideen oder Bewegungen angesiedelten oder jene jüdischer Abstammung. Allerdings wurde die Soziologie unter dem NS-Regime nicht vollkommen ausgemerzt, wie es aufgrund der Ausklammerung dieser Zeit aus der üblichen Darstellung der Soziologiegeschichte scheinen könnte. Immerhin blieb eine Anzahl von Soziologen in Nazi-Deutschland, wenn sie als Nicht-Juden und Nicht-Sozialisten nicht unmittelbar bedroht waren. Einige Soziologen, wie zum Beispiel Willy Gierlich, bekannten sich auch zumindest zeitweise zum Nationalsozialismus. Der stand der Soziologie und allen ihren Spielarten nicht grundsätzlich feindlich gegenüber, sondern nur jenen gesellschaftstheoretisch kritischen Einstellungen: "Den sich befehdenden Parteien ging es jeweils um die Frage, welche Rolle die um jüdische und politisch mißliebige Kollegen dezimierte Soziologie spielen sollte." Andererseits hatte gerade ein System wie das nationalsozialistische Deutschland einen großen Bedarf an sozialtechnologisch orientierter Wissenschaft und an empirischer Forschung, wie sie zum Beispiel im Soziographischen Institut an der Universität Frankfurt am Main betrieben wurde, und konnte daher Sozialwissenschaftlern durchaus Arbeits- und Forschungsmöglichkeiten bieten.

Die dieser Ausarbeitung zugrunde liegende Untersuchung von Prof. Dr. Carsten Klingemann (im Folgenden Klingemann) "Soziologie im dritten Reich" unternimmt in diesem Zusammenhang den Versuch, eine verengte Perspektive zu überwinden, "die als Untersuchungsgegenstand vornehmlich nur wissenschaftsinterne Strukturen und Ausdifferenzierungsprozesse gelten läßt". Klingemann begründet seine Strategie damit, daß er in früheren Publikationen fälschlicherweise davon ausgegangen sei, "Soziologie als ein soziales System zu fassen, dessen Eigenlogik in Konfrontation mit nationalsozialistischer Realität nicht grundsätzlich zersetzt wird (...)."

 

 

II. Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie ( DGS )

 

Schon vor der Machtübernahme 1933 gab es zwischen den Vertretern liberaler Soziologie und denen "volksnaher" Soziologie Auseinandersetzungen. Zu dieser Zeit waren Ferdinand Tönnies, Präsident der DGS und Schriftführer Leopold von Wiese mit der Organisation des Achten Deutschen Soziologentages, bereits für den September 1932 in Kiel geplant, beschäftigt und achteten scheinbar mehr auf die Vorbereitung, denn auf die politischen Ereignisse die schließlich zu einer mehrmaligen Verschiebung der Tagung, zuletzt auf den Herbst 1933, führten. Zur Klärung der durch die häufigen Verschiebungen entstandenen Mißverständnisse um den geplanten Soziologentag und des Schicksals der DGS allgemein schlug von Wiese im Juni 1933 in einem Rundschreiben an die Ratsmitglieder eine außerordentliche Ratssitzung in Lübeck vor, die er für den 3. August datierte.

Hier entflammte die offene Konfrontation innerhalb der beiden Lager der Soziologie: In einem Brief des Jenaer Soziologie Professors Franz Wilhelm Jerusalem, der nicht dem Rat der Gesellschaft angehörte, warf dieser von Wiese vor, er "habe die "universalistische oder kollektivistische Soziologie (...) bislang unterdrückt." Im Folgenden unterrichtete F.W. Jerusalem von Wiese darüber, daß er für den Oktober des Jahres eine Tagung der DGS in Jena plane, auf der Ernst Krieck und Hans Freyer Vorträge halten würden.

Er schrieb weiter: "Ich bitte mich nicht mißzuverstehen. Was wir, die wir nicht der liberalistischen Richtung angehören, verlangen, ist lediglich die gleichmäßige Berücksichtigung aller soziologischen Methoden und Lehrmeinungen." Von Wiese bezeichnete dies als "Vorstoß der Gleichschaltung der DGS", es macht auf jeden Fall deutlich, daß sich mittlerweile um F.W. Jerusalem mit dem Regime sympathisierende Soziologen gruppiert hatten, die die politische Situation für sich nutzbar machen wollten. Diese hielten aufgrund der politischen Verhältnisse die Gleichschaltung der Gesellschaft für unumgänglich: "Öffentlich mit irgend einem Erfolg auftreten, könnte gerade unsere Gesellschaft nur nach völliger Gleichschaltung." Dieser Forderung entgegnete von Wiese daraufhin mit dem plausiblen Einwand, es gäbe nicht genug Parteimitglieder in der Gesellschaft, um einen gleichgeschalteten Vorstand zu bilden.

Von einem Plan Tönnies, die Gesellschaft dadurch zu retten, indem man den bisherigen Vorstand auflöse, wurde inzwischen Abstand genommen, vielmehr wollte man auf der außerordentlichen Ratssitzung, zu der sich am 3.August in Lübeck zwölf Mitglieder versammelten, die Voraussetzungen für eine Selbstgleichschaltung schaffen. Man wollte die unausweichlich scheinende Gleichschaltung der DGS in Eigenregie durchführen, da sich auf der Sitzung ebenfalls herausgestellt hatte, "daß der angebliche "Vertrauensmanne der Nationalsozialisten", Hans Freyer, - so von Wiese 1959 – in Briefen an von Wiese und Theodor Geiger mitgeteilt hatte, daß der Plan für einen Gegen-Soziologentag in Jena allein von Franz Jerusalem ausgegangen sei."

So sah man vor, durch eine Erweiterung des Mitgliederbestandes und einer strukturellen Anpassung der Gesellschaft an den neuen Staat eine Verbindung zur Nationalsozialistischen Bewegung und zur Regierung zu erleichtern. Tönnies wurde daraufhin überredet, sein Amt zunächst niederzulegen. Der neue Vorstand der DGS setzte sich von nun an aus Werner Sombart als Präsidenten, Hans Freyer als Beisitzer und von Wiese als erstem Schriftführer zusammen. Weiterhin wurde beschlossen, nur bisherige Ratsmitglieder wiederzuwählen, soweit sie nicht beurlaubt oder bereits emigriert waren. Einige dieser Beschlüsse wurden jedoch schon am 18. September vom neuen Vorstand der Gesellschaft, dem sogenannten "Dreimännerkollegium", in einem Treffen in Sombarts Wohnung revidiert. Nun hieß es in den von Tönnies und von Wieses gefaßten Beschlüssen:

"1. Die Lübecker Beschlüsse, die die Zusammensetzung des Rates betrafen, werden aufgehoben.

2. Der Personalbestand der beiden Mitgliedergremien und des Rates wird nicht verändert, soweit nicht Mitglieder auszuscheiden wünschen. Streichungen und Neuaufnahmen erfolgen nicht.

3. Die Tätigkeit der Gesellschaft wird bis auf weiteres ausgesetzt.

(...)

5. Das bisherige Dreimännerkollegium kooptiert den Präsidenten Herrn Geheimrat Tönnies. Herr Sombart ist präsumtiver Präsident.

6. Der damit begründete Viermännerausschuß tritt nur in Tätigkeit, wenn besonders wichtige Ereignisse eine Stellungnahme der Gesellschafts-vertretung erforderlich machen."

Zum einen wurde durch diese Beschlüsse erreicht, daß die nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vorangetriebene Vertreibung von politisch mißliebigen oder jüdischen Kollegen aus der Gesellschaft faktisch außer Kraft gesetzt wurde. Desweiteren wollte man dadurch, daß man die Beschlüsse geheim hielt, Gegenaktionen seitens antiliberalistischer Soziologen erschweren. Diese ließen sich jedoch dadurch nicht davon abhalten: Im November 1933 verschicken sie einen Aufruf, indem sie schreiben, die DGS hätte angesichts der aktuellen Herausforderung versagt, desweiteren übergehen sie die Gesellschaft und beraumen für den 6. und 7. Januar ein Treffen der deutschen Soziologen in Jena. Als Reaktion hierauf drängte Tönnies wiederum zur Abhaltung eines Soziologentages, als auch von Wiese jetzt die Zeit für eine Reaktivierung der DGS für gekommen hielt. Interessant ist die Einladung zu einer Mitgliederversammlung am 29. Dezember in Berlin, die an 160 Mitglieder verschickt wurde. Macht sie doch allzu deutlich, wie unzufrieden von Wiese mit dem Hergang und den Entwicklungen war: "Auch diejenigen, die in den letzten Monaten nicht hinreichend orientiert werden konnten, werden sich sagen, daß die Lage überaus verwickelt und schwierig war. Es sind verschiedene Versuche gemacht worden, dem Wandel der Verhältnisse Rechnung zu tragen; aber es ergaben sich daraus neue Verwicklungen, die nicht befriedigen konnten."

Von Wiese dachte im Zusammenhang mit dieser Mitgliederversammlung an eine Neugründung der Gesellschaft, in der dem Versuch der Selbstgleichschaltung erneut Rechnung getragen werden sollte. Er sah eine in drei selbständige Sektionen unterteilte Gesellschaft vor, die zweite Abteilung sollte sich hierbei schwerpunktmäßig den Bereichen Politik, Volks- und Rassenbiologie, Soziologie und besonders der Soziologie des deutschen Volkes widmen. Weiterhin sollte die Gesellschaft in alter Form als Dachorganisation alle zwei Jahre Soziologentage abhalten.

Kritiker, wie zum Beispiel Werner Sombart oder der Hamburger Soziologieprofessor Walther, der im Grunde auch zu den "Rebellen" gehörte, jedoch als altes Ratsmitglied Kontakt zu von Wiese hatte, befürchteten, daß es auf der Mitgliederversammlung zu größeren Skandalen kommen würde, "da die Opposition sicher vollständig erscheinen und ihr hepp hepp ertönen lassen wird."

Tatsächlich endete die Mitgliederversammlung dann auch damit, daß Hans Freyer für den Vorsitz der Gesellschaft nach Führerprinzip gewählt wurde, was zum einen bedeutete, daß die Gesellschaft nun vollends ihre ursprüngliche Identität verlor, sie andererseits nun in der Hand der Rebellen war.

Zu seinen ersten Amtshandlungen als neuer Führer der Deutschen Gesellschaft für Soziologie versandte Hans Freyer zwei Mitteilungen in denen er noch einmal den wissenschaftlichen Charakter der Gesellschaft hervorhebt, ferner Vertreter anderer soziologieverwandter Fachrichtungen wie den Volkswissenschaften für die Mitarbeit in der neuen, umgestalteten Gesellschaft gewinnen will. Mit dem zweiten Punkt, der Hinzuziehung von Nachbarwissenschaften, wollte Freyer den Wünschen der Jenaer Fraktion nachkommen. Diese jedoch hatten mittlerweile ihre Ziele, über eine Neuorganisation der Gesellschaft das Bild der Soziologie in der Öffentlichkeit umzuwandeln, schneller durch die Präsentation einer neuen Gemeinschaftssoziologie auf dem Jenaer Soziologentreffen Anfang Januar 1934 erreicht, so daß sie das Interesse an der DGS wohl ohnehin verloren hatten. So blieb es auch bei diesen beiden Mitteilungen Freyers in seiner Position als Führer der DGS.

Als Ergebnis des Jenaer Soziologentreffens hält Reinhard Höhn fest: "In der Soziologie wurde erstmals auf dem Jenaer Soziologentreffen der Grundsatz der Gemeinschaft in den Mittelpunkt gestellt und damit auf das entscheidendste der Trennungsstrich zur bisherigen Soziologie gezogen. Der Soziologie stehen ungeheure Aufgaben bevor. Die Jenaer Tagung hat klar herausgestellt, was die Praxis von einer Soziologie der Gemeinschaft verlangt." Das Jenaer Soziologentreffen konnte sich auch in der Öffentlichkeit und in der Presse großer Akzeptanz erfreuen. Der "Völkische Beobachter" brachte anläßlich des Treffens zwei längere Artikel, in denen das Einverständnis mit der "neuen Soziologie der Gemeinschaft" deutlich wurde.

Die Jenaer Fraktion um Höhn und Jerusalem hatte also ihr Ziel einer zumindest äußerlichen eindrucksvollen Gleichschaltung "von unten" zwar nicht direkt über die Vereinnahmung der DGS, sondern über ihr öffentlich wirksames Treffen erreicht.

 

III. Kölner Soziologie im Dritten Reich

 

Das Kölner Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften bestand aus drei unterschiedlichen Abteilungen. Zum einen war das die "Soziologische" Abteilung, die von Leopold von Wiese geleitet wurde. In ihr wurde so gut wie keine empirische Sozialforschung betrieben, vielmehr diente sie Leopold von Wiese als Redaktionsbüro seiner Kölner Vierteljahrshefte für Soziologie und zur Organisation seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Weiter gab es die "Sozialpolitische", unter der Leitung von Hugo Lindemann, und die "Sozialrechtliche" Abteilung unter dem Vorstand von Theodor Brauer, in der jedoch nicht juristische, sondern arbeits- und gewerkschaftssoziologische Arbeiten dominierten .

Die Schließung des Kölner Forschungsinstituts für Sozialwissenschaften am 31.März 1934 sowie die Gründung des "Instituts für Deutschen Sozialismus", welches später in das "Institut für Arbeitspolitik (Sozialpolitik)" umbenannt wurde, sieht Klingemann als besten "Beleg für die geistige Machtergreifung an der Universität Köln durch "die Nationalsozialisten"". Trotzdem wurde in Köln wie auch an den anderen deutschen Hochschulen versucht, den Maßnahmen des NS-Regimes durch "Selbstgleichschaltung" zuvorzukommen, um sie dadurch eventuell beeinflussen und lenken zu können. So stießen zum Beispiel die Entlassungen der jüdischen Professoren nur in seltenen Fällen auf Protest ihrer "arischen" Kollegen.

Die Schließung der "Sozialpolitischen" Abteilung erreichte man durch die "Beurlaubung" ihres hauptamtlichen Direktors, des ehemaligen sozialdemokratischen Innenministers Württembergs Hugo Lindemann als "Marxist". Die Mittel der "Sozialpolitischen" Abteilung waren für den Aufbau eines "Forschungsinstituts für Deutschen Sozialismus" vorgesehen, wobei der bisherige Direktor des Forschungsinstituts für Sozialwissenschaften Christian Eckert, sowie die beiden Abteilungsdirektoren Theodor Brauer und Leopold von Wiese jedoch im Amt blieben.

Vertreter der SPD und der Christlichen Gewerkschaften, die sich bisher für eine Weiterführung des Forschungsinstituts eingesetzt hatten, waren mittlerweile "ausgeschaltet" worden. Durch das sogenannte "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" wurde dann auch die Entlassung Christian Eckerts und die Schließung des Forschungsinstitutes am 1.April 1934 möglich. Mit der Schließung wurden auch Theodor Brauer und den Assistenten, im Rahmen ihrer Zeitverträge, gekündigt, wobei auch zu erwähnen ist, daß durch die Auflösung der drei Abteilungen ebenfalls das Erscheinen ihrer Publikationen eingestellt wurde. Brauer blieb Honorarprofessor an der Universität. Leopold von Wiese änderte, ebenfalls im April, den Namen der "Soziologischen" Abteilung in "Soziologisches Seminar der Universität Köln", welches im Gegensatz zur "Soziologischen" Abteilung erhebliche Aktivitäten entfaltete.

Das Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften in Köln ist, ebenso wie die Deutschen Gesellschaft für Soziologie, nicht einer wissenschaftspolitisch autorisierten Instanz des NS-Regimes zum Opfer gefallen, sondern "Sie ist das durch den politischen Umbruch beförderte Resultat einer aus der finanziellen Notlage der Stadt Köln resultierenden lokalen Maßnahme des Staatskommissars Winkelnkemper", der die Auflösung als "eine selbstverständliche Konsequenz unserer Revolution" bezeichnete. Diese Lösung trug also sowohl dem finanziellem Engpaß der Stadt Köln, als auch einer ideologisch begründeten "Säuberung" Rechnung.

 

 

 

 

IV. Zusammenfassung

 

Viele Professoren und Hochschullehrer sozialwissenschaftlicher Disziplinen wurden schon verhältnismäßig früh von den Universitäten entfernt oder gaben aufgrund der Umstände gezwungenermaßen ihre akademische Stellung auf. Wurden die Universitäten zunächst von Juden und offenen politischen Gegnern gesäubert, so schaffte man sich mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums eine Grundlage, auf der man die Hochschulen vom restlichen, politisch nicht konformen Personal "säubern" konnte. Die zunächst in einer Minderzahl vertretenen "volksnahen" Soziologen sahen in der "Deutschen Revolution" die Chance, sich und ihre Weltanschauung zu etablieren. So spaltete sich die Soziologie schon vor der Machtübernahme in zwei Lager: Die "volksnahen", die versuchten, die herkömmliche Soziologie "umzukrempeln" und der neuen Variante ihren Stempel aufzudrücken, sowie darauf zu achten ihr neues Ideologie – Mono-pol unangetastet zu lassen. Das Lager der "liberalen" Soziologen, der Gruppe um Leopold von Wiese, der in seiner politischen Ahnungslosigkeit und aus mangelndem Demokratiebewußtsein glaubte, daß man bei genügender Kompromißbereitschaft auch unter den neuen politischen Verhältnissen weitermachen dürfe. Ihm gelang es nicht, die DGS in die NS-Diktatur hinüberzuretten, wobei er immer wieder versuchte, die neuen Machthaber von der Nützlichkeit der Soziologie zu überzeugen. Am Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Soziologie wurde, stellvertretend für die meisten deutschen soziologischen Institute, deutlich wie man versuchte über den Weg der Selbstgleichschaltung Einfluß auf die Entwicklungen zu nehmen und sie soweit wie möglich in die "richtige Richtung" zu lenken – ein Versuch, der größtenteils scheiterte.

Grundsätzlich kann man feststellen, daß die Soziologie im Dritten Reich in der traditionellen Form nicht überlebte, sondern die Nazis sie zu einem Instrument gemacht haben, mit dem die Besiedlung besetzter Gebiete möglich werden sollte. So lag den Nazis wohl am meisten an einer eher praktischen, empirisch arbeitenden Soziologie mit entsprechender Themenstellung, wie sie zum Beispiel im Soziographischen Institut an der Universität in Frankfurt am Main praktiziert wurde.

 

 

 

 

V. Literatur

 

  1. Brauenreuther, Kurt: "Geschichte und Kritik der bürgerlichen Soziologie", in: Aßmann, Georg /Stollberg, Rudhard (Hg.): "Grundlagen der marxistisch-leninistischen Soziologie", Berlin 1979
  2.  

  3. Darendorf, Ralf: "Soziologie und Nationalsozialismus", in Flitner, Andreas (Hg.): "Deutsches Geistesleben und Nationalsozialismus", Tübingen 1965
  4.  

  5. Fenske, Hans: "Politisches Denken im 20. Jahrhundert", in "Politisches Denken von der Antike bis in die Gegenwart", Bonn 1993
  6.  

  7. Höhn, Reinhard: "Volksgemeinschaft und Wissenschaft" in: Süddeutsche Monatshefte, Bd.31
  8.  

  9. Klingemann, Carsten: Soziologie im Dritten Reich, Baden-Baden 1996
  10.  

  11. Paulsen, Jörg: "Zur Geschichte der Soziologie im Nationalsozialismus", Oldenburg 1988
  12.  

  13. Pross, Helge: "Die geistige Enthauptung Deutschlands. Verluste durch Emigration", in: Universitätstage 1966. Veröffentlichungen der FU Berlin: "Nationalsozialismus und die deutsche Universität", Berlin 1966

 

8. Schelski, Helmut: "Zur Entstehungsgeschichte der bundesdeutschen Soziologie", in: KZfSS 32, 1980