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§;Sachverhalt
Die verwitwete Rentnerin R hat im Laufe ihrer Karriere als Feinkosthändlerin ein beträchtliches Vermögen angesammelt. Da sie sich nicht mehr in der Lage fühlt, dieses Vermögen sachgerecht zu verwalten, aber kein Fremder, sondern nur ein Familienmitglied Einblick in ihre Finanzen haben soll, erteilt sie ihrer einzigen Tochter T eine schriftliche Vollmacht. Kraft dieser Vollmacht darf T die R in allen Vermögensangelegenheiten vertreten, jedoch keine Grundstücke veräußern oder belasten. R weiß nicht, daß T, die beim Tode ihres Vaters viel Geld geerbt hat, inzwischen aufgrund erfolgloser Börsengeschäfte fast mittellos ist.
Auf Bitten der T erklärt sich die R Anfang 1995 bereit, eines ihrer Grundstücke an einen Freund der T, den X zu verkaufen. Am 17.02.1995 erscheinen T und X vor dem Notar W, schließen einen entsprechenden Kaufvertrag über das Grundstück und geben die Auflassungserklärungen ab. Der Vertrag wird ordnungsgemäß beurkundet und sieht u.a. auch eine Ermächtigung für den X vor, das Grundstück in eigenem Namen mit Grundpfandrechten bis 100.000.-- DM zzgl. Zinsen und Nebenleistungen zu belasten. Bei allen Erklärungen im Rahmen dieser Vertragsverhandlungen am 17.02.1995 handelte T als Vertreterin ohne Vertretungsmacht für die R. Am 24.02.1995 genehmigt R den Vertrag in notariell beglaubigter Form.
Schon wenige Tage später kommt T auf die Idee, einen Laden für Bio-Feinkost zu eröffnen, um wie ihre Mutter unternehmerisch erfolgreich zu sein. Für ein Darlehen von 100.000.--DM (plus 10% Zinsen p.a.) von der Y-Bank benötigt sie aber Sicherheiten. Sie bringt daher den X dazu, mithilfe seiner Belastungsermächtigung für die Y-Bank auf dem gekauften Grundstück eine Sicherungsbuchgrundschuld von 100.000.-- DM (plus 10% Zinsen p.a.) zu bestellen. Diese Grundschuld bestellt X am 27.02.1995; sie wird auch eingetragen . Am 24.03.1995 wird der Eigentümerwechsel von R auf X in das Grundbuch eingetragen.
Der vorsichtige Prokurist P der Y-Bank, der angesichts eines Biokostladens allein einer Grundschuld nicht so recht vertrauen mag, verlangt vor Auszahlung des Darlehens eine weitere Sicherheit. Ohne ihre Mutter zu verständigen, unterschreibt T im Namen der R (unter Vorlage ihrer Vollmachtsurkunde) eine selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Forderungen der Y-Bank gegen T aus dem Kreditkonto.
Schon bald nach Auszahlung des Kredits am 1.04.1995 laufen die Geschäfte der T so schlecht, daß sie das Darlehen nicht mehr bedienen kann. Die Y-Bank kündigt daraufhin im Juli den Kredit und nimmt die R aus der Bürgschaft in Anspruch. Diese ist empört: T habe ihr Vertrauen mißbraucht, außerdem sei ihr deren Vermögenslosigkeit unbekannt gewesen. Wenn sie das gewußt hätte, dann hätte sie der T nie eine Vollmacht erteilt. Sie fechte Bürgschaftserklärung und Vollmacht an.
Die Y-Bank möchte keinen Streit mit der reichen R riskieren und wendet sich daher an den X: Er möge die Schulden der T begleichen, ansonsten würde man aus der Grundschuld gegen ihn vorgehen. Um eine solche Verwertung zu vermeiden, zahlt X einen Betrag von 98.000.-- DM an die Y-Bank. Dies entspricht der Restschuld der T einschließlich Zinsen. Die Y-Bank tritt daraufhin ihre Ansprüche gegen T mit allen Sicherheiten an X ab.
X verlangt nun von R Zahlung von 98.000.-- DM.
Prüfen Sie, ob X diesen Anspruch mit Erfolg gegen R durchsetzen kann.
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Alle Paragraphen, die nicht näher bezeichnet werden, sind solche des BGB.
Gliederung
A. Anspruch des X gegen R
I. Wirksamer Bürgschaftsvertrag
1. Bürgschaftsvertrag zwischen der Y-Bank und R
a) Zulässigkeit der Stellvertretung
b) Eigene Willenserklärung der T
c) Offenkundigkeit
d) Vollmacht
2. Ergebnis
3. In-Sich-Geschäft gemäß § 181
a) Wegfall der Vertretungsmacht gemäß § 181 1.Alt.
b) Analoge Anwendung
c) Gegen eine Analoge Anwendung
d) Diskussion
e) Ergebnis
4. Mißbrauch der Vertretungsmacht
a) Kollusion
b) Evidenter Mißbrauch
aa) Leichte Fahrlässigkeit
bb) Grob fahrlässige Unkenntnis
cc) Diskussion
c) Ergebnis
5. Formvorschriften der Bürgschaft
a) Bestimmtheit der Forderung
b) Schriftform gemäß § 766 S.1
6. Ergebnis
7. Annahme
8. Zwischenergebnis
II. Anfechtung
1. Anfechtung der Vollmacht
a) Keine Anfechtung der betätigten Vollmacht
b) Anfechtung der betätigten Vollmacht ist möglich
c) Diskussion
d) Ergebnis
2. Anfechtung der Vollmacht
a) Anfechtungsgrund
b) Anfechtung gemäß § 123 Abs.1
c) Ergebnis
3. Anfechtung des Bürgschaftsvertrages
a) Kreditwürdigkeit der T
b) Arglistige Täuschung
c) Ergebnis
4. Zwischenergebnis
III. Bestehen der Hauptforderung
1. Wirksamer Darlehensvertrag
2. Wirksame Kündigung
a) Kündigungsgrund
b) Ergebnis
3. Zwischenergebnis
4. Kein Erlöschen der Hauptforderung
a) Zahlung auf die Grundschuld
aa) Wirksame Bestellung
bb) Berechtigung des Bestellers
cc) Ergebnis
b) Leistung auf die Sicherungsgrundschuld
c) Ergebnis
5. Zwischenergebnis
IV. Abtretung der Forderung
1. Abtretung der Darlehensforderung
a) Vertrag
b) Bestehen der Forderung
c) Übertragbarkeit der Forderung
d) Ergebnis
2. Übergang der Bürgschaft auf X
3. Ausgleich unter mehreren Sicherungsgebern
a) Vorzug des Bürgen
b) Prioritätslösung
c) Ausgleich zwischen gleichrangigen Sicherungen
d) Diskussion
4. Anteiliger Ausgleich
5. Ergebnis
V. Einreden gegen die Bürgschaft
1. Einreden des Schuldners
2. Einrede des Bürgen
3. Zwischenergebnis
VI. Ergebnis
B. Endergebnis
Gutachten
X könnte gegen die R gemäß §§ 765 Abs.1, 773 Abs.1 S.1, i.V.m. §§ 401 Abs.1, 607 Abs.1, 1192 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 98.000.- DM haben, indem er seine Rechte aus der abgetretenen Forderung mit allen Sicherheiten der Y-Bank geltend macht.
I. Wirksamer Bürgschaftsvertrag
Dazu müßte ein wirksamer Bürgschaftsvertrag mit R zustande gekommen sein. Eine Bürgschaft nach § 765 Abs.1 entsteht durch Vertrag zwischen dem Gläubiger der Hauptforderung und dem Bürgen.
1. Bürgschaftsvertrag zwischen der Y-Bank und R
Dies setzt voraus, daß R gegenüber der Y-Bank eine wirksame Bürgschaftsverpflichtung eingegangen ist. Ein solcher Bürgschaftsvertrag wurde aber nicht zwischen der Y-Bank und R selbst geschlossen. Die T könnte aber als Stellvertreterin für die R gehandelt haben.
a) Zulässigkeit der Stellvertretung
Dazu müßte eine Stellvertretung des Bürgen durch den Schuldner bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages möglich sein.
Da es sich bei dem Bürgschaftsvertrag nach § 765 Abs.1 um kein höchstpersönliches Geschäft handelt, ist nach allgemeiner Meinung die Stellvertretung möglich. Der Schuldner kann ohne Verstoß gegen § 181 für einen Beteiligten als Bevollmächtigter tätig werden.
Eine Stellvertretung beim Abschluß von Bürgschaftsverträgen ist somit statthaft. Nun müßte die T bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages die Voraussetzungen der Stellvertretung erfüllt haben.
Eine wirksame Vertretung der R setzt voraus, daß T in ihrem Namen und mit Vertretungsmacht gehandelt hat.
b) Eigene Willenserklärung der T
T könnte als Vertreterin der R eine eigene Willenserklärung abgegeben haben, die für und gegen die Vertretene R wirkt.
Der Vertreter muß gemäß § 164 Abs.1 S.1 im Namen des Vertretenen handeln.
Aus Schutzgründen muß für den Dritten erkennbar sein, daß der Erklärende für einen anderen handelt.
Im vorliegenden Fall hat die T den Vertrag im Namen der R abgeschlossen, dies tat sie unter Vorlage der Vollmachtsurkunde.
Zu prüfen ist, ob die T die für den Vertragsschluß erfoderliche Vertretungsmacht hatte. Diese könnte sich aus einer von R erteilten Vollmacht ergeben, § 166 Abs.2 S.1. Die Erteilung einer Vollmacht geschieht durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die entweder gegenüber dem Vertreter, gegenüber dem Geschäftsgegner oder durch öffentliche Bekanntmachung erteilt werden kann, §§ 167 Abs.1, 171 Abs.1.
Im vorliegenden Fall lag eine der T schriftlich erteilte Vollmacht vor. Sie wurde gemäß §§ 172 Abs.1, 171 Abs.1 kundgemacht, indem die T die Vollmachtsurkunde bei Vertragsschluß vorgelegt hat.
Fraglich ist nun, ob T sich an den Umfang der ihr erteilten Vollmacht gehalten hat.
Der Inhalt einer Vollmacht wird grundsätzlich vom Vollmachtgeber bestimmt. In Zweifelsfällen ist ihr Inhalt durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 zu ermitteln. Die Vollmachtserteilung stellt eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar, deshalb kommt es bei ihrer Auslegung auf den Verstehenshorizont des Geschäftsgegeners an, d.h. wie er den Umfang der Vollmacht nach den ihm erkennbaren Umständen und mit Rücksicht auf Treu und Glauben verstehen durfte.
Wendet man diese Auslegungskriterien an, so sprechen einige Umstände dafür, daß P die Vollmacht in dem Sinne verstehen durfte, daß sie den abgeschlossenen Bürgschaftsvertrag deckt. Ein Anhaltspunkt hierfür ist die Tatsache, daß die R ausdrücklich Grundstücksgeschäfte in ihrer Vollmachtserteilung ausgenommen hat, daraus kann man im Umkehrschluß folgern, daß sie auch den Ausschluß von Bürgschaftsverträgen erwähnt hätte, wenn sie dies gewollt hätte. Nach dem Parteiwillen war ihr ein weiter Ermessens- und Entscheidungsspielraum für die Vermögensverwaltung eingeräumt worden. Schließlich gehört die Herbeiführung konkreter Rechtsfolgen für einen anderen gerade zum Wesen der Stellvertretung und unterscheidet sie vom Handeln des Boten oder bloßen Abschlußgehilfen. Die T sollte die R entlasten und sie in allen Vermögensangelegenheiten vertreten können, dies umfaßt dann auch die Stellvertretung bei Bürgschaftsversprechen.
Daher wäre der Abschluß des Bürgschaftsvertrages grundsätzlich von der Vollmacht gedeckt gewesen.
Somit umfaßte die Vollmacht der T auch den Abschluß des Bürgschaftsvertrages.
3. In-Sich-Geschäft gemäß § 181
Der Bürgschaftsvertrag könnte aber wegen Verstosses gegen § 181 nichtig sein.
a) Wegfall der Vertretungsmacht gemäß § 181 1.Alt.
Voraussetzung für eine Anwendung des § 181 1.Alt. ist, daß der Vertreter auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts auftritt. Dies wäre dann der Fall, wenn die T das Geschäft mit sich selbst geschlossen hätte. Ein solcher Fall liegt hier aber vor, da die T beim Vertragsschluß nicht mit sich selbst, sondern seitens der R mit der Y-Bank kontrahiert hat.
Um eine Vermeidung der Interessenkollusion auf der Seite des Vertreters zu erreichen, wird teilweise eine analoge Anwendung des § 181 vertreten.
Nach dieser Mindermeinung wäre im vorliegenden Fall wegen einer Interessenkollusion die analogen Anwendung des § 181 geboten.
Als Begründung wird angeführt, daß der Vertreter das Bürgschaftsversprechen alleine in seinem Interesse abgibt. Folgt man dieser Ansicht, hätte die T trotz erteilter Vollmacht nach § 181 analog ohne Vertretungsmacht gehandelt.
c) Gegen eine Analoge Anwendung
Die h.M. und Rechtsprechung lehnen jedoch eine analoge Anwendung des § 181 ab. Zwar könnte es zu Interessenkollisionen auf Seiten des Vertreters kommen, z.B. wenn dieser eine Verbürgung oder die Bestellung einer dinglichen Sicherheit für sich zu Lasten des Vertretenen ein.geht, doch reicht nach h.M. eine solche Gefahr nicht aus, um eine analoge Anwendung des § 181 zu begründen. Zudem wird der Vertretene insoweit durch die Regeln zum Mißbrauch der Vertretungsmacht geschützt.
Nach dieser Meinung scheitert die Vertretungsmacht der T nicht an einer analogen Anwendung des § 181.
In den Fällen wie dem vorliegendem scheint einiges für eine analoge Anwendung des § 181 zu sprechen. Als schlüssiges Argument für die h.M. läßt sich jedoch anführen, daß der Vertretene dem Vertreter, der das "Geschäft" offensichtlich zum eigenen Vorteil ausnutzt, nicht schutzlos gegenübersteht, denn er wird durch die Regeln des Mißbrauchs der Vertretungsmacht geschützt. An einer Lücke, welche die analoge Anwendung des § 181 erfordern würde, fehlt es daher.
Eine analoge Anwendung des § 181 scheidet ebenfalls aus.
4. Mißbrauch der Vertretungsmacht
Fraglich ist nun, ob die Vertretungsmacht nicht wegen eines Mißbrauchs der Vertretungsmacht entfällt.
Ein Mißbrauch der Vertetungsmacht ist dann gegeben, wenn der Vertreter im Rahmen der Vertretungsmacht handelt, gleichzeitig aber seine Pflichten aus dem Innenverhältnis verletzt. Der Vertretene wird nicht gebunden, wenn ein sogenannter Kollusionsfall vorliegt oder der Dritte den Mißbrauch der Vertretungsmacht erkennt, oder erkenen muß.
Der Bürgschaftsvertrag wäre nach § 138 wegen Sittenwidrigkeit nichtig, wenn der Fall der Kollusion vorliegen würde.
Ein Kollusionsfall liegt vor, wenn Vertreter und Dritter bewußt zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken.
Eine schädigende Absicht ist aber weder bei T noch bei der Y-Bank ersichtlich.
Der zweite Fall des Mißbrauchs der Vetretungsmacht liegt vor, wenn der Vertreter bewußt seine Vertretungsmacht mißbraucht hat und der Geschäftsgegner den Mißbrauch erkannt hat oder hätte erkennen müssen.
Rechtsfolge wäre, daß der Vertreter gegenüber dem Dritten ohne Vertretungsmacht handelt, so daß das Geschäft nicht gegen den Vertretenen wirkt. Hinsichtlich der Voraussetzungen, die an den Dritten gestellt werden herrscht Uneinigkeit.
aa) Leichte Fahrlässigkeit
Nach einer Ansicht reicht schon eine fahrlässige Unkenntnis des Geschäftsgegners von der Überschreitung aus, um einen Mißbrauch der Vertretungsmacht zu begründen.
Das würde bedeuten, daß sich der Ditte über das Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenen erkundigen müßte, um sich vor Nachteilen zu schützen.
bb) Grob fahrlässige Unkenntnis
Auf der anderen Seite wird die Auffassung vertreten, daß der Mißbrauch für den geschäftsgegner evident sein muß.
Aufgrund des Abstraktionsprinzips soll die Vertretungsmacht im Interesse des Dritten unabhängig vom Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenen sein. Der Dritte ist jedoch dann nicht mehr schutzwürdig, wenn sich die Überschreitung des Innenverhältnisses ihm geradezu aufgedrängt hat.
Zu einem großen Unterschied kommt man bei Anwendung der unterschiedlichen Auffassungen nicht. Auch die Vertreter der ersten Ansicht fordern, daß der Vertreter offensichtlich seine Vertretungsmacht mißbraucht hat. Aus der größeren Praxisnähe ist aber der zweiten Meinung zu folgen, welche die Nachforschungen des Dritten auf die Fälle beschränkt, in denen sich massive Verdachtsmoment für einen Mißbrauch der Vertretungsmacht ergeben. Im vorliegenden Fall war es für den Pokuristen der Y-Bank jedenfalls nicht offensichtlich, daß die T die Vollmacht für eigne Zwecke mißbraucht.
Ein Mißbrauch der Vertretungsmacht durch T oder Kenntnis des Mißbrauchs durch P, als Stellvertreter der Y-Bank, ist damit nicht gegeben. Folglich war die Stellvertretung der T bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages wirksam.
5. Formvorschriften der Bürgschaft
Die Bürgschaftserklärung des Bürgen muß alle wesentlichen Merkmale der Bürgschaft umfassen. Dazu gehören Verbürgungswille, Art und Umfang der zu verbürgenden Verbindlichkeit und die Person des Gläubigers und die des Hauptschuldners. Fraglich ist aber, ob die Formvorschriften des Bürgschaftsvertrages eingehalten wurden.
Voraussetzung eines wirksamen Bürgschaftsversprechens ist die hinreichende Bestimmtheit der zu sichernden Forderung.
Nach der Rechtsprechung des BGH genügt eine Bürgschaft über die bestehenden und zukünftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung des Hauptschuldners mit der Bank dem Bestimmtheitserfordernis.
Laut Sachverhalt umfaßte die Bürgschaft alle Forderungen der Y-Bank gegen T aus dem Kreditkonto. Sie war folglich genügend bestimmt.
b) Schriftform gemäß § 766 S.1
Schließlich muß das Bürgschaftsversprechen in der nach § 766 S.1 bestimmten Schriftform abgegeben worden sein. Die äußeren Erfordernisse richten sich dabei nach § 126 Abs.1.
Fraglich ist jedoch die Eigenhändigkeit der Unterschrift.
Die T hat hier den Bürgschaftsvertrag im Namen der R unterschrieben.
Die Stellvertretung ist, wie bereits oben festgestellt wurde bei der Bürgschaft zulässig. Der Vertreter ist bei Abgabe der schriftlichen Willenserklärung Aussteller der Urkunde und unterschreibt deshalb mit seinem Namen.
Aus dem Auftreten der T im Namen der R ergibt sich ihre Stellvertretung für R, sie konnte folglich die Bürgschaftserklärung für R unterschreiben.
Dadurch lag ein Angebot der R, vertreten durch ihre Tochter T, zum Abschluß eines Bürgschaftsvertrages vor.
Eine Annahme dieses Angebots durch die Y-Bank ist nicht ausdrücklich erfolgt. Eine Annahme erübrigt sich jedoch gemäß § 151.
Nach § 151 S.1 kann die Annahme auch konkludent durch Entgegennahme des Bürgschaftsversprechens und Auszahlung des Darlehens erfolgen.
Die Y-Bank wollte der T das Darlehen nur gegen eine zweite Sicherheit, nämlich der Bürgschaft durch R, gewähren, damit nahm sie das Bürgschaftsversprechen entgegen, schließlich erfolgte am 1.04.1995 die Auszahlung des Darlehens.
Der Bürgschaftsvertrag zwischen R und der Y-Bank wäre somit zustande gekommen.
Der Bürgschaftsvertrag zwischen Y-Bank und R könnte jedoch gemäß § 142 Abs.1 dadurch unwirksam sein, daß die R den Vertrag nicht gegen sich gelten lassen will.
1. Anfechtung der Vollmacht
Fraglich ist jedoch, ob durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde bei Unterzeichnung des Bürgschaftsvertrages eine Anfechtung noch möglich ist. Es herrscht Streit darüber, ob eine bereits ausgeübte Vollmacht angefochten werden kann.
a) Keine Anfechtung der betätigten Vollmacht
Eine Ansicht vertritt die Auffassung, daß eine bereits ausgeübte Vollmacht nicht angefochten werden kann.
Als Grund wird angeführt, daß der Vertretene durch die Möglichkeit der Anfechtung der Bevollmächtigung das vom Vertreter geschlossne Geschäft zu Fall bringen könnte. Dadurch stünde er besser, als wenn er das Geschäft selbst getätigt hätte. Ferner wird gegen die Anfechtung der ausgeübten Vollmacht angeführt, daß der Vertretene schon bei der Anscheinsvollmacht an das Handeln des Vertreters gebunden ist, obwohl er es nicht kennt. Nun ist es schwer zu verstehen, weshalb der Vertretene, der tatsächlich bevollmächtigt hat, die Vollmacht durch Anfechtung rückwirkend beseitigen können soll.
b) Anfechtung der betätigten Vollmacht ist möglich
Eine andere Ansicht geht aber davon aus, daß eine Anfechtung der betätigten Vollmacht grundsätzlich möglich ist.
Sie führt an, daß die Vollmachtserteilung ein einseitiges, vom Vertretergeschäft getrenntes Rechtsgeschäft darstellt. Deshalb muß sie bei Irrtum des Vollmachtgebers auch selbständig angefochten werden können.
Die erste Ansicht stellt auf das Schutzinteresse des Geschäftspartners in den Vordergrund, besonders bei Vorliegen von besonderen Vertrauenstatbeständen. Gegen diese Ansicht läßt sich jedoch anführen, daß der Geschäftsgegner nicht schutzlos darsteht, sondern über § 179 gegenüber dem Vertreter einen Anspruch hätte, da dieser so gestellt wird als habe er als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt. Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Vertreters, mit dem teilweise die Anfechtbarkeit abgelehnt wird, kann allerdings nicht bei der Frage der Anfechtbarkeit berücksichtigt werden. Somit ist der herrschenden Meinung zu folgen, welche auch eine Anfechtung der ausgeübten Vollmacht zuläßt.
Folglich konnte die R ihre Vollmacht gegenüber der T anfechten.
Die Bürgschaftserklärung, die T im Namen der R abgegeben hat, könnte deshalb nichtig sein, weil R die Vollmacht der T angefochten hat. Der Vertrag könnte daher mit ex tunc Wirkung gemäß § 142 erloschen sein. Voraussetzung dafür ist eine wirksame Anfechtung gemäß §§ 119 ff.
Als Anfechtungsgrund kommt zunächst ein Eigenschaftsirrtum gemäß § 119 Abs.2 in Betracht.
Die R machte gegenüber der Y-Bank geltend, daß sie ihrer Tochter die Vollmacht nicht ausgestellt hätte, wenn sie von deren Vermögenslosigkeit gewußt hätte.
§ 119 Abs.2 setzt einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft voraus. Grundsätzlich kann auch die Kreditwürdigkeit eine verkehrswesentliche Eigenschaft sein.
Die stillschweigende Annahme der R, daß ihre Tochter aufgrund der Erbschaft selbst über Vermögen verfügt, ist für die Erteilung der Vollmacht unerheblich. Dies stellt lediglich einen Irrtum im Beweggrund dar, der als unbeachtlicher Motivirrtum nicht zur Anfechtung berechtigt.
Eine Anfechtung nach § 119 Abs.2 ist daher abzulehnen.
b) Anfechtung gemäß § 123 Abs.1
In der mangelden Kreditwürdigkeit der T könnte jedoch ein Anfechtungsgrund i.S.d. § 123 Abs.1 zu sehen sein. Hier könnte eine Täuschungshandlung der T durch Verschweigen vorliegen.
Dies wäre dann der Fall, wenn die T die Pflicht gehabt hätte ihrer Mutter bei Übernahme der Vermögensverwaltung über ihre schlechte Vermögenslage aufzuklären. Zweifelhaft ist aber, ob hier ein arglistiges Verschweigen der T vorlag. Aus dem Sachverhalt ist zu entnehmen, daß es der R bei Übertragung der Vollmacht nur darauf ankam, daß ein Familienmitglied die Vermögensverwaltung übernimmt, denn sie wollte nicht, daß ein Fremder Einblick in ihre Finanzen haben sollte. Daraus läßt sich aber nicht entnehmen, daß die T über eigenes Vermögen verfügen sollte. Auch über Daher ist eine Anfechtung nach § 123 Abs.1 ebenfalls abzulehnen.
Die Anfechtung der Vollmacht durch R ist somit unwirksam.
3. Anfechtung des Bürgschaftsvertrages
Der Bürgschaftsvertrag wäre aber ex tunc nichtig, wenn R ihn durch ihre Erklärung gegenüber der Y-Bank, die T habe sie arglistig über ihre Vermögenslage getäuscht, wirksam gemäß § 142 Abs.1 angefochten hätte.
Die R könnte den Bürgschaftsvertrag zunächst nach § 119 Abs.2 anfechten, da sie sich über die Kreditwürdigkeit der T geirrt hat, als sie dieser die Vollmacht über ihr Vermögen gegeben hat.
Die Vermögensverhältnisse können durchaus verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person sein. Etwas anderes muß aber gelten, wenn der Bürge sich über die Kreditwürdigkeit des Hauptschuldners irrt. Die Bonität des Hauptschuldners zur verkehrswesentlichen Eigenschaft zu machen, läuft jedenfalls dem typischen Sicherungszweck der Bürgschaft zuwider. Schließlich soll dem Gläubiger durch den Bürgen das Risiko über die Vermögenslage des Haupschuldners abgenommen werden. Eine Irrtumsanfechtung aus diesem Grund würde den Sicherungszweck der Bürgschaft vereiteln.
Auch der angebliche Irrtum der R über die Kreditwürdigkeit der T kann die Anfechtung nach § 119 Abs.2 folglich nicht begründen.
Ferner kommt eine Anfechtung des Bürgschaftsvertrages gemäß § 123 wegen arglistiger Täuschung in Betracht.
Die arglistige Täuschung könnte darin bestehen, daß die T ihre Mutter im Glauben ließ, sie verfüge noch über das Vermögen aus ihrer Erbschaft.
Eine Anfechtung wegen der vermeintlichen Täuschung durch die T kann jedoch dann entfallen, wenn T nicht Dritte i.S.d. § 123 Abs.2 ist.
Dritter ist, wer auf Seiten des Erklärungsgegners steht und maßgeblich am Zustandekommen des Geschäfts mitgewirkt hat. Das gilt beispielsweise für einen Vertreter.
Im vorliegenden Fall war die T Stellvertreterin der R. Deshalb berechtigt die arglistige Täuschung des Bürgen durch den Hauptschuldner diesen nur dann zur Anfechtung, wenn der Gläubiger die Täuschung kannte oder kennen mußte. Der Schuldner nimmt bei der Besorgung des Bürgen schließlich nicht Interessen des Gläubigers wahr, sondern seine eigenen, denn ohne Bürgschaft würde er den Kredit nicht erhalten.
T war hier also im Verhältnis R zur Y-Bank "Dritte" i.S.d. § 123 Abs.2. Da die Y-Bank von der arglistige Täuschung der T weder wußte noch wissen konnte, scheidet daher die Anfechtung des Bürgschaftsvertrages ebenfalls aus.
c) Ergebnis
Die Anfechtung des Bürgschaftsvertrages durch R ist also unwirksam.
Der Bürgschaftsvertrag ist daher wirksam zustande gekommen, so daß die R ihn gegen sich gelten lassen muß. Die Y-Bank hat somit einen wirksamen und fälligen Anspruch gegen die R aus dem Bürgschaftsvertrag.
Somit ist ein wirksamer Bürgschaftsvertrag zwischen R und der Y-Bank geschlossen worden.
III. Bestehen der Hauptforderung
Desweiteren müßte eine Hauptforderung bestanden haben, welche durch die Bürgschaft abgesichert wurde. Diese Voraussetzung ergibt sich aus der strengen Akzessorietät der Bürgschaft, welche vom Bestehen und Umfang der Hauptschuld abhängig ist.
Dann müßte zunächst ein wirksamer Darlehensvertrag nach § 607 Abs.1 zwischen der Y-Bank und T bestanden haben.
Nach der herrschenden Konsensualvertragstheorie kommt ein Darlehensvertrag durch übereinstimmende Willenserklärungen gemäß §§ 145ff. zustande, wenn sich also die Parteien über die einzelnen Bedingungen geeinigt haben. Im Gegensatz dazu nehmen die Vertreter der Realvertragstheorie an, daß der Darlehensvertrag erst besteht, wenn über die Vertragsbestandteile Einigung erzielt und die Übereignung des Geldbetrages erfolgt ist.
Nach beiden Ansichten ist hier zwischen der Y-Bank und T ein Darlehensvertrag zustandegekommen, spätestens mit Auszahlung des Darlehens am 1.04.1995.
Zu prüfen ist, ob die Y-Bank den Darlehensvertrag wirksam gekündigt hat.
Nach § 609 Abs.1 wird die Rückzahlung des Darlehens fällig, wenn der Gläubiger das Darlehen kündigt. Eine Kündigung der Y-Bank gegenüber der T lag vor.
Fraglich ist aber, ob die Kündigung ohne Einhaltung einer Frist gültig war, denn nach § 609 Abs.2 beträgt die Kündigungsfrist bei Darlehen über 300.- DM 3 Monate. Folglich wäre die Rückzahlung erst 3 Monate nach Kündigung fällig.
Das Darlehen wurde am 1.04.1995 ausgezahlt, aber bereits im Juli hat die Y-Bank den Vertrag mit der T gekündigt. Dies bedeutet, daß sie den Darlehensvertrag bereits bei Auszahlung hätte kündigen müssen.
Es ist aber möglich, daß die Y-Bank den Darlehensvertrag durch außergewöhnliche Kündigung beendet hat.
Der Darlehensvertrag kann als Dauerschuldverhältnis in entsprechender Anwendung der §§ 626, 554a auch durch außerordentliche Kündigung beendet werden, wenn für eine Partei ein wichtiger Grund besteht.
Die Y-Bank könnte einen wichtigen Grund für ihre außerordentliche Kündigung gehabt haben.
Als Kündigungsgrund kommt zunächst eine schwere Erschütterung der Vertrauensgrundlage in Betracht. Eine solche ist gegeben, wenn der Darlehensnehmer mit den Zinsen und zwei vollen aufeinanderfolgenden Tilgungsraten in Verzug gerät.
Die Restschuld der T belief sich auf 98.000.- Dm, d.h. sie muß zumindest ihre Raten von Mai und Juni gezahlt haben. Damit entfällt aber der Kündigungsgrund wegen schwerer Erschütterung der Vertrauensgrundlage.
Ferner gilt aber der drohende Konkurs als wichtiger Kündigungsgrund. D.h. die Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse lassen einen Schluß auf die Zahlungsunfähigkeit zu.
Ein drohender Konkurs der T zeichnete sich schon bald nach Auszahlung des Darlehens im April 1995 ab; darüberhinaus verfügte sie auch nicht über sonstige Vermögensmittel, da sie nach erfolglosen Börsenspekulationen mittellos war. Ein Kündigungsgrund bestand somit für die Y-Bank.
Die Rückzahlungsforderung der Y-Bank gegenüber der T ist folglich durch wirksame Kündigung fällig geworden.
Zwischen T und der Y-Bank ist ein wirksamer Darlehensvertrag zustande gekommen, der allerdings von der Y-Bank im Juli wirksam gekündigt wurde. Dadurch wurde die Restforderung fällig.
4. Kein Erlöschen der Hauptforderung
Die Haupforderung, hier das Darlehen, dürfte nicht durch die Zahlung des X an die Y-Bank erloschen sein, denn dies hätte zur Folge, daß die streng akzessorische Bürgschaft ebenfalls erloschen wäre.
In Betracht kommt hier ein Erlöschen gemäß § 362 durch Zahlung des X an die Y-Bank.
a) Zahlung auf die Grundschuld
Einem Untergang durch Erfüllung könnte aber entgegenstehen, daß X auf seine Sicherungsgrundschuld geleistet hat.
Dazu müßte eine wirksame Grundschuld durch X bestellt worden sein.
Fraglich ist jedoch, ob die Sicherungsbuchgrundschuld wirksam gemäß §§ 873, 1115, 1192 Abs.1 bestellt worden ist.
Die Sicherungsgrundschuld entsteht aufgrund eines Sicherungsvertrages zur Sicherung einer persönlichen Forderung. Dieser Sicherungsvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, durch den sich der Eigentümer zur Bestellung einer Grundschuld und der Gläubiger dazu verpflichtet, die Grundschuld nur zur Sicherung der Forderung zu verwenden.
Eine Einigung zwischen der Y-Bank und X über die Bestellung einer Grundschuld zur Sicherung der Darlehensforderung gegen T lag vor.
bb) Berechtigung des Bestellers
X müßte ferner zur Bestellung der Sicherungsgrundschuld berechtigt gewesen sein.
Berechtigt ist grundsätzlich der verfügungsberechtigte Eigentümer.
Bei Belastung des Grundstücks mit der Sicherungsgrundschuld am 27.02.1995 war X aber noch nicht als Eigentümer des Grundstücks ins Grundbuch eingetragen gewesen. Gemäß §§ 873, 925 sind zur Eigentumserlangung aber Auflassungserklärung und Eintragung ins Grundbuch notwendig. Die Eintragung des X als Eigentümer erfolgte aber erst am 24.03.1995. X war folglich Nichtberechtigter.
Verfügungen, die ein Nichtberechtigter vornimmt, sind aber unter den Voraussetzungen des § 185 möglich, indem sie mit Einwilligung oder Genehmigung des Berechtigten geschehen. Der Grundstückskaufvertrag wurde am 17.02.1995 zwischen X und T, als Vertreterin ohne Vertretungsmacht, geschlossen. Dieser schwebend unwirksame Kaufvertrag sah vor, daß X berechtigt sein soll, das Grundstück in eigenem Namen mit Grundpfandrechten bis zu 100.000.- Dm zzgl. Zinsen und Nebenleistungen zu belasten.Eine Woche später genehmigte die R diesen Kaufvertrag in der erforderlichen notariellen Form. Somit liegen die Voraussetzungen des § 185 Abs.1 hinsichtlich der Eintragung der Sicherungsgrundschuld durch X vor.
X war folglich zur Bestellung der Sicherungsbuchgrundschuld berechtigt.
b) Leistung auf die Sicherungsgrundschuld
Zu prüfen ist, ob er seine Zahlung auf diese Sicherungsgrundschuld geleistet hat.
In der Regel zahlt der Eigentümer, der nicht Schuldner der persönlichen Forderung ist, auf die Grundschuld.
X hat damit seine Zahlung nicht auf das Darlehen geleistet, sondern auf seine Grundschuld. Durch Leistung auf die Grundschuld wird die Sicherungsgrundschuld zur Eigentümergrundschuld nach §§ 1163 Abs.1, 1177 Abs.1 und die zu sichernde Forderung geht nicht unter. Daher besteht die Darlehensforderung und somit auch die Sicherheit aus dem Bürgschaftsvertrag.
Die Forderung der Y-Bank ist somit nicht gemäß § 362 erloschen. Der X hat vielmehr auf seine Grundschuld geleistet. Wegen der Trennung von Grundschuld und zu sichernder Forderung ist diese auch nicht durch diese Zahlung untergegangen.
Folglich besteht noch ein wirksamer Anspruch der Y-Bank gegen die R aus dem Bürgschaftsvertrag i.H.v. 98.000.- DM.
Damit X seinen Anspruch gegenüber der R geltend machen kann, müßte er einen Anspruch auf die Forderung und damit auch auf die diese sichernde Bürgschaft haben.
Eine Anwendung des § 1143 Abs.1 auf die Sicherungsgrundschuld, welche bewirkt, daß mit Ablösung der Grundschuld die Forderung auf den Sicherungsgeber übergeht, scheidet aus, da diese cessio legis nur für die akzessorische Hypothek gilt. Auch eine analoge Anwendung des § 1143 Abs.1 auf die Grundschuld lehnt die herrschende Meinung ab.
Daher ist die fällige Forderung aus dem Darlehensvertrag gegen die T nicht durch gesetzlichen Übergang auf X übergegangen. Dazu bedurfte es vielmehr einer Abtretung gemäß §§ 401 Abs.1, 398.
1. Abtretung der Darlehensforderung
Die rechtsgeschäftliche Übertragung einer Forderung geschieht nach § 398 S.1 durch schlichten Abtretungsvertrag, d.h. durch eine Vereinbarung zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger, daß die Forderung übertragen werden soll.
Dazu müßte zwischen X und der Y-Bank ein solcher Abtretungsvertrag geschlossen worden sein.
Die Y-Bank und X haben sich über die Abtretung der Darlehensforderung geeinigt.
Ferner müßte eine fällige Forderung gegen T bestanden haben.
Das Bestehen der Forderung wurde bereits oben geprüft und bejaht.
Sie ist auch noch nicht erloschen.
c) Übertragbarkeit der Forderung
Nach § 399 2.Alt. kann die Abtretung durch Vereinbarung ausgeschlossen werden..
Im vorliegenden Fall sind keine Anzeichen dafür ersichtlich, daß ein vertraglicher Ausschluß vereinbart war. Folglich ist die Abtretung Forderung an X möglich. Der X hat somit durch Abtretung die Darlehensforderung der Y-Bank erworben.
Die Y-Bank hat folglich die Forderung wirksam an X abgetreten. Die Bürgschaft könnte demnach als Sicherungsrecht für den Anspruch aus § 607 übergegangen sein.
2. Übergang der Bürgschaft auf X
Zu prüfen ist, ob mit Erwerb der Forderung auch die Bürgschaft auf X übergegangen ist.
Nach § 401 Abs.1 gehen akzessorische Rechte mit der abgetretenen Forderung über. Daher würde durch die Abtretung der Forderung auch die Bürgschaft an X übergehen.
3. Ausgleich unter mehreren Sicherungsgebern
X hat durch die Abtretung der Darlehensforderung auch die Bürgschaft erworben. Dies führt dazu, daß er gegen die R einen Ansprüch i.H.v. 98.000.- DM hätte. Im umgekehrten Fall würde dies dazu führen, daß auch die R einen Anspruch gemäß §§ 774 Abs.1, 412, 401 Abs.1 gegen X in voller Höhe hätte, wenn sie die Y-Bank zuerst befriedigt hätte.
Es käme somit zum Wettlauf zwischen den Sicherungsgebern.
Fraglich ist deshalb, ob die Forderung aus dem Bürgschaftsvertrag in voller Höhe auf X übergegangen ist.
Die Lösung dieses Problems ist außerordentlich umstritten.
Nach einer Meinung soll der Bürge privilegiert sein.
Die Zahlung des Realsicherers führt nach dieser Ansicht zum Erlöschen der Bürgschaft. Dies würde dazu führen, daß der Besteller der Sicherungsgrundschuld keinerlei Rrückgriffsmöglichkeit gegen den Bürgen selbst hat. Ihm verbleibt nur die Forderung aus abgetretenem Darlehen.
Die Privilegierung des Bürgen wird damit begründet, daß er ein größeres Haftungsrisiko trage. Während der Realsicherer nur beschränkt mit dem Sicherungsgut haftet, kann beim Bürgen auf dessen gesamtes Vermögen zurückgegriffen werden.
Nach dieser Ansicht wäre die Bürgschaft der R durch Zahlung des X erloschen; X selbst würde zum Forderungsgläubiger.
Die Vertreter der Prioritätslösung gehen davon aus, daß derjenige, der als erster an den Gläubiger leistet, den anderen Sicherungsgeber voll in Regreß nehmen kann. Als Argument für diese Meinung wird der Wortlaut des Gesetzes angeführt.
Folgt man dieser Ansicht, so hätte das zur Folge, daß der X einen Anspruch gegen die R in voller Höhe hätte, da er zuerst die Y-Bank befriedigt hat.
c) Ausgleich zwischen gleichrangigen Sicherungen
Nach der wohl herrschenden Meinung soll die Regelung des Gesetzes für Mitbürgen gemäß §§ 769, 774 Abs.2, 426 Abs.1 entsprechend gelten. Man kommt folglich zu einem anteiligen Ausgleich unter den verschiedenen Sicherungsgebern. Derjenige, der als erster zahlt oder in Anspruch genommen wird, erwirbt nur einen anteiligen Anspruch am anderen Sicherungsrecht.
X würde nach dieser Meinung lediglich einen anteiligen Anspruch an der Bürgschaft der R erwerben, d.h. es kommt auch zu einer Verteilung des Insolvenzrisikos.
Da es sich bei der Sicherungsgrundschuld um ein gleichrangiges Sicheungsmittel handelt, ist die erste Meinung abzulehnen.
Gegen die zweite Meinung spricht, daß sie zu dem ungerechten Ergenis kommt, daß der erste Sicherer vom nächsten Sicherer die gesamte Aufwendung zurückerhalten kann; frei nach dem Motto: "Wer zuerst kommt, der malt zuerst".
Die herrschende Meinung, der sich auch die Rechtsprechung angeschlossen hat begründet ihre Ansicht mit dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 426 Abs.1, wonach alleine die Anwendung der anteiligen Haftung führt zu einem interessengerechten Ergebnis führt.
Die überzeugenderen Argumente sprechen für die herrschende Meinung
e) Ergebnis
Somit erwirbt der X als dinglicher Sicherer anteilig das Sicherungsrecht aus der Bürgschaft der R.
Schließlich ist noch zu prüfen, wie der anteilige Ausgleich im Verhältnis zwischen X und R aufzuteilen ist.
Der Ausgleich soll grundsätzlich nach Kopfteilen erfolgen. Dies gilt jedoch nur insoweit sich die Höhe der Sicherungsrechte deckt.
Hier lag eine Sicherungsgrundschuld des X i.H.v. 100.000.- DM zzgl. Zinsen vor; die R hatte eine selbstschuldnerische Bürgschaft in der Höhe der Forderung aus dem Kreditkonto der Y-Bank gegen T ausgestellt. Damit liegen zunächst keine gleichrangigen Sicherungsrechte vor. Die Restschuld der T betrug im Juli noch 98.000.- DM, damit waren beide Sicherungsgeber bereit, für den offenen Betrag in dieser Höhe einzustehen.
X und R teilen sich folglich den Betrag, d.h. jeder von ihnen zahlt 49.000.- DM.
X wurde durch die Abtretung der Darlehensforderung auch zum anteiligen Bürgschaftsgläubiger.
V. Einreden gegen die Bürgschaft
Schließlich ist noch zu prüfen, ob der Anspruch aus der Bürgschaft durchsetzbar ist, oder ob die R dem X Einreden entgegehalten kann.
Nach § 768 Abs.1 kann der Bürge alle Einreden geltend machen, die auch der Hauptschuldner erheben könnte. Dies sind insbesondere die Einreden der Verjährung und des Zurückbehaltungsrechts.
Im Sachverhalt sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die solche Einreden begründen würden.
2. Einrede des Bürgen
Ferner steht dem Bürgen gemäß § 771 die Einrede der Vorausklagezu, d.h. er kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dieser nicht die Vollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners versucht hat.
Eine Einrede der R wegen Vorausklage entfällt hier jedoch deshalb, weil eine selbstschuldnerische Bürgschaft gemäß § 773 Abs.1 S.1 geschlossen wurde, welche bewirkt das der Bürgschaftsgläubiger direkt gegen den Bürgen vorgehen kann.
Die R kann dem Anspruch des X aus der Bürgschaft keine Einreden entgegenhalten.
Folglich war der Bürgschaftsanspruch der Y-Bank gegen R einredefrei und wurde somit auch einredefrei auf X übertragen.
X hat folglich gegen R einen Anspruch auf anteilige Zahlung i.H.v. 49.000.- DM aus übergegngener Bürgschaftsforderung.
Ende der Bearbeitung