#!/usr/bin/perl print qq§Content-Type: text/html §;

Inhaltsverzeichnis Seite

 

Abkürzungsverzeichnis

 

1. Einleitung

 

2. Historische Entwicklung der ArbeitnehmerInnenüberlassung

2.1 Verbot der ArbeitnehmeInnenrüberlassung durch Bergründung des Arbeitsvermittlungsmonopols der Bundesanstalt für Arbeit (BA)

2.2 Das "Adia–Interim"–Urteil des BVerfG

2.3 Entstehungsgeschichte und Zielvorstellungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG)

2.4 Wesentliche Aspekte des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes

 

3. Neuregelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vom 01.04.97

3.1 Die Initiative des Bundesverbandes Zeitarbeit (BZA)

3.2 Die wichtigsten Neuregelungen im Überblick

3.3 Eine mögliche Folge der Neuregelungen: Kettenarbeitsverhältnisse

4. Positionen zur ArbeitnehmerInnenüberlassung

4.1 Individuelle und kollektive Auswirkungen der Leiharbeit

4.2 Die Position des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

4.3 Die Position der ArbeitgeberInnen

4.4 Diskussion der Positionen

 

5. Fazit

 

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

 

 

 

Abs. Absatz

ArbuR Arbeit und Recht (Zeitschrift)

AÜG Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

AVAVG Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16.07.1927 (RGBl. I S. 187) i.d.F. der Bekanntmachung vom 03.04.1957 (BGBl. I S. 706)

BA Bundesanstalt für Arbeit

BB Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

BeschFG Beschäftigungsförderungsgesetz

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BillBG Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung vom 15.12.1981 (BGBl. I S. 1390)

BMA Bundesministerium für Arbeit und Soziales

BT Drs Bundestagsdrucksache

BT Bundestag

BVerfG Bundesverfassungsgericht

BVerGE Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BZA Bundesverband Zeitarbeit

bzw. beziehungsweise

d.h. das heißt

DGB Deutscher Gewerkschaftsbund

Diss. Dissertation

DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

Ebd. Ebenda

etc. et cetera

Fa. Firma

f.folgende

ff.fortfolgende

GG Grundgesetz

ggf. gegebenenfalls

Hrsg. Herausgeber

i.d.F. in der Fassung

i.V.m. in Verbindung mit

ILO International Labour Organisation (Internationale Arbeitsorganisation)

KSchG Kündigungsschutzgesetz

MittAB Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

No. Number

Nr. Nummer

NRW Nordrhein-Westfalen

o.g. oben genannten

o.J. ohne Jahresangabe

o.O. ohne Ortsangabe

RGBl. Reichsgesetzblatt

S.Seite

u.a. unter anderem

usw. und so weiter

vgl. vergleiche

vol. Volume

z.B. zum Beispiel

ZfA Zeitschrift für Arbeitsrecht

ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (bis 1982 Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis)

 

1. Einleitung

 

Seit 1972 gibt es in Deutschland die gesetzlich geregelte ArbeitnehmerInnenüberlassung. Die Branche ist gesamtwirtschaftlich gesehen recht klein, nur 0,6 % der sozialversicherten ArbeitnehmerInnen (oder ca. 175.000 Personen) in Deutschland sind bei Zeitarbeitsfirmen beschäftigt. Aber die Zeitarbeitsbranche verzeichnet kontinuierlich erstaunliche Zuwachsraten, und zwar sowohl, was die Beschäftigtenzahl betrifft (Zunahme 1996 gegenüber dem Vorjahr um 10 %), als auch, was den Umsatz (5 % mehr gegenüber dem Vorjahr) und ebenso die Anzahl der Verleihbetriebe betrifft. Seit es sie gibt, ist die Zeitarbeit heftig umstritten. Während ihr die einen mit völliger Ablehnung gegenüberstehen, wird sie von anderen stark favorisiert. An ihr wird der Konflikt zwischen den sozialen und den wirtschaftlichen Interessen innerhalb der Gesellschaft deutlich.

Ziel dieser Arbeit ist es, nach einem Überblick über die historische Entwicklung und einer Einführung in die grundsätzlichen Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes die verschiedenen Positionen zu erörtern und die grundlegenden Konfliktlinien deutlich zu machen.

 

2. Historische Entwicklung der ArbeitnehmerInnenüberlassung

 

2.1 Verbot der ArbeitnehmerInnenüberlassung durch Begründung des Arbeitsvermittlungsmonopols der Bundesanstalt für Arbeit (BA)

 

Die gewerbliche ArbeitnehmerInnenüberlassung in ihrer heutigen Form und die Arbeitsvermittlung haben ihre gemeinsame Wurzel schon im Mittelalter, als gewerbliche StellenvermittlerInnen HandwerkerInnen bei ihrer Suche nach geeigneten Arbeitskräften halfen. Mit Beginn der Industrialisierung in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts begann auch die private Stellenvermittlung zu boomen. Sie fand eine erste gesetzliche Regelung im Stellenvermittlergesetz vom 02.06.1910. Danach durften private StellenvermittlerInnen dann nicht tätig werden, wenn von staatlicher Seite eine ausreichende Arbeitsvermittlung gewährleistet war. Somit war schon vor dem Ersten Weltkrieg der Grundstein zum staatlichen Arbeitsvermittlungsmonopol gelegt.

Mit dem Arbeitsnachweisgesetz von 1922 wurde die gewerbsmäßige Stellenvermittlung zum erstenmal gesetzlich als ArbeitnehmerInnenüberlassung erfaßt. Danach war die gewerbliche ArbeitnehmerInnenüberlassung dann erlaubt, wenn die ArbeitsvermittlerIn selber ArbeitgeberIn der ArbeitnehmerIn war und für sie Sozialversicherungsbeiträge zahlte.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde 1952 die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung gegründet. Ausschließlich bei ihr lag die Zuständigkeit der Arbeitsvermittlung. Die gewerbliche ArbeitnehmerInnenüberlassung wurde mit der Begründung verboten, daß es sich dabei um unerlaubte Arbeitsvermittlung handele. Damit war sie strafbar und das Arbeitsvermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit (BA) gefestigt.

 

2.2 Das "Adia–Interim"–Urteil des BVerfG

 

Die oben beschriebene Situation änderte sich grundlegend mit dem Urteil des BVerfG vom 04.04.1967 zu einer Verfassungsbeschwerde der Fa. "Adia–Interim". Die Verleihfirma hatte geklagt, das Verbot der gewerblichen ArbeitnehmerInnenüberlassung stelle eine Einschränkung der verfassungsmäßig garantierten Berufsfreiheit nach Art. 12 GG dar. In seinem Urteil folgte das BVerfG der Klage und unterschied die gewerbliche ArbeitnehmerInnenüberlassung von der auf das staatliche Monopol beschränkten Arbeitsvermittlung. Bezüglich der gewerblichen ArbeitnehmerInnenüberlassung sah das BVerfG keine zwingenden Gründe, mit einem Verbot in die grundgesetzlich in Art. 12 garantierte Berufsfreiheit der VerleiherInnen einzugreifen und erklärte das zugrundeliegende gesetzliche Verbot (§ 37 Abs. 3 AVAVG) für unvereinbar mit dem Grundgesetz. Gleichzeitig beauftragte das Gericht jedoch den Gesetzgeber, die ArbeitnehmerInnenüberlassung sozialverträglich gesetzlich zu regeln. Dieser Auftrag wurde im Hinblick auf die damalige Praxis der Fa. "Adia–Interim" erteilt Die Firma stellte die zu verleihenden ArbeitnehmerInnen als sogenannte "freie MitarbeiterInnen" ein und vergütete ihnen nur ihre tatsächlichen Einsatzzeiten bei den EntleiherInnen. Gleichzeitig war den EntleiherInnen die Festanstellung entliehener ArbeitnehmerInnen unter Androhung einer Vertragsstrafe untersagt.

In derselben Rechtssache entschied das Bundessozialgericht am 29.07.1970, daß die ArbeitnehmerInnenüberlassung dann als Arbeitsvermittlung einzustufen und somit dem Vermittlungsmonopol der BA zu unterstellen sei, wenn der Schwerpunkt der arbeitsrechtlichen Beziehungen nicht im Verhältnis zwischen VerleiherIn und LeiharbeitnehmerIn liege, sondern auf das Verhältnis zwischen EntleiherIn und LeiharbeitnehmerIn übertragen werde.

 

2.3 Entstehungsgeschichte und Zielvorstellungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG)

 

Nach der Zulassung der gewerblichen ArbeitnehmerInnenüberlassung durch das BVerfG kam es zu einem rapiden Anstieg der Zahl der Verleihfirmen. Beeinflußt wurde diese Entwicklung durch die 1967 einsetzende Hochkonjunktur, die zu einem starken Arbeitskräftemangel führte. Eine gesetzliche Regelung gab es noch nicht, daher traten erhebliche Mißstände in diesem Bereich auf. Vor allem wurden häufiger Sozialabgaben nicht abgeführt und Meldepflichten verletzt, das Finanzamt wurde um die ihm zustehenden Steuern geprellt oder ausländische ArbeitnehmerInnen wurden ohne Arbeitserlaubnis eingestellt. Deshalb wurde unter der sozial–liberalen Koalition im Jahr 1972 das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geschaffen.

Das AÜG ist in seiner Entstehung und inhaltlichen Ausgestaltung deutlich auf die eben beschriebenen Mißständen bezogen. Ziel des Gesetzgebers war es, "die arbeitsrechtliche und soziale Stellung des Leiharbeitnehmers zu sichern, den aufgetretenen Mißständen wirksam zu begegnen, wirtschaftlich sinnvolle Formen der Arbeitnehmerüberlassung zu ermöglichen und den Markt der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung überschaubar zu machen". Aufgrund dieses weitreichenden Anspruchs sind im AÜG Regelungen aus dem Arbeits-, Gewerbe-, Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht zusammengefaßt.

 

2.4 Wesentliche Aspekte des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes

 

Die gesetzliche Grundkonzeption des AÜG bestand darin, durch die Einschränkung der Vertragsfreiheit der Verleihfirmen und die Schaffung eines behördlichen Erlaubnis-, Kontroll- und Sanktionssystems den arbeits- und sozialrechtlichen Schutz der LeiharbeitnehmerInnen sicherzustellen. Dieses Schutzsystem war notwendig, da es die Besonderheit der ArbeitnehmerInnenüberlassung ist, daß nicht die ArbeitgeberIn, sondern eine Dritte die Arbeitsleistung empfängt, was die Gefahr mit sich bringt, daß die VerleiherInnen ihre ArbeitgeberInnenpflichten vernachlässigen. Lediglich ergänzend wurden Einzelvorschriften eingefügt, die ausdrücklich Rechte der LeiharbeitnehmerInnen betrafen.

Gleich zu Beginn des Gesetzestextes gibt der Gesetzgeber eine Legaldefinition der ArbeitnehmerInnenüberlassung. Diese liegt dem Gesetz zufolge dann vor, wenn "...Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung überlassen wollen". Im gleichen Satz begründet das Gesetz eine Erlaubnispflicht für Verleihunternehmen. Die vorerst befristete Erteilung der Erlaubnis kann an besondere Bedingungen gebunden werden, z.B. eine den rechtlichen Anforderungen genügende ordentliche Geschäftsführung des Verleihunternehmens.

Bei fehlender Erlaubnis fingiert das AÜG einen Arbeitsvertrag zwischen EntleiherIn und LeiharbeitnehmerIn. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis geht in diesem Fall in ein im allgemeinen unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der EntleiherIn über.

Neben dem Schutz der LeiharbeitnehmerInnen war es Ziel des Gesetzgebers, durch das Verbot befristeter Arbeitsverträge neue Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Als einzige Ausnahme war eine Befristung dann gestattet, wenn dazu ein sachlicher Grund in der Person der LeiharbeitnehmerIn vorlag. Während nach dem allgemeinen Arbeitsvertragsrecht auch die ArbeitgeberInnen sachliche Gründe für eine Befristung geltend machen können, gilt dies in der Verleihbranche also nicht. Rechtsfolge einer Befristung ist deren Unwirksamkeit, soweit nicht ausnahmsweise im Interesse der ArbeitnehmerIn etwas anderes zu bestimmen ist. D.h., die LeiharbeitnehmerIn hat nach § 10 Nr. 4 AÜG i.V.m. § 11 KSchG im Falle einer unrechtmäßigen Befristung einen Anspruch auf fortdauernde Lohnzahlung.

Besonders hervorzuheben ist auch das Verbot, Arbeitsverhältnisse auf die Dauer der erstmaligen Überlassung an eine EntleiherIn zu beschränken (Synchronisationsverbot). Dieses Verbot gilt selbst dann, wenn der Grund dafür sachlich in der Person der LeiharbeitnehmerIn liegt.

Weil der Gesetzgeber jedoch nicht dadurch, daß er Dauerarbeitsplätze bei den EntleiherInnen schuf, diese in den entleihenden Betrieben abbauen wollte, entschied er sich dazu, die Überlassungshöchstdauer an denselben Betrieb auf 3 Monate zu beschränken. Diese Vorschrift dient u.a. auch dazu, die legale ArbeitnehmerInnenüberlassung von der illegalen Arbeitsvermittlung abzugrenzen. Der Gesetzgeber führt dazu in § 1 Abs. 2 AÜG ausdrücklich an, daß ein Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer auf das Vorliegen von Arbeitsvermittlung schließen lasse.

In dem Bemühen, bei den VerleiherInnen sichere Dauerarbeitsplätze zu schaffen, ist auch die Regelung entstanden, die es VerleiherInnen untersagt, das Lohnrisiko bei nicht vorhandener Beschäftigungsmöglichkeit auf die LeiharbeitnehmerInnen abzuwälzen. Die VerleiherIn muß alle üblichen ArbeitgeberInnenpflichten wahrnehmen und ihren Beschäftigten auch für die Zeit, in der sie ggf. nicht produktiv tätig sind, ihren Lohn zahlen, was die VerleiherIn von einer bloßen ArbeitsvermittlerIn unterscheidet .

Unwirksam sind nach dem AÜG auch alle Vereinbarungen, die eine "Abwerbung" der LeiharbeitnehmerInnen durch die EntleiherIn untersagen.

Eine Einschränkung der Kündigungsfristen, wie sie z.B. nach § 622 Abs. 5 Nr. 1 BGB bei Aushilfsarbeitsverhältnissen möglich ist, ist bei Leiharbeitsverhältnissen ausgeschlossen. Ansonsten unterliegen LeiharbeitnehmerInnen dem "Allgemeinen Kündigungsschutz" des ersten Abschnitts des KSchG.

Schließlich verpflichtet das AÜG die VerleiherIn, der LeiharbeitnehmerIn vor Arbeitsaufnahme einen Arbeitsvertrag auszuhändigen und regelt detailliert die darin zu machenden Angaben. Diese Vorschrift trägt der besonderen Schutzbedürftigkeit der LeiharbeitnehmerInnen, die erfahrungsgemäß oft nur besonders kurze Arbeitsverhältnisse haben, Rechnung, denn sie geht über die sonst in arbeitsrechtlichen Beziehungen verbindliche Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nachweisgesetz hinaus.

 

3. Wesentliche Neuregelungen des AÜG vom 01.04.97

 

3.1 Die Initiative des Bundesverbandes Zeitarbeit

 

Der Bundesverband Zeitarbeit (BZA) war (und ist) der Ansicht, die Zeitarbeitsunternehmen würden durch das AÜG an der vollen Entfaltung ihrer Möglichkeiten gehindert. Daher entschloß er sich zum "Aufbruch nach vorn". Das bedeutete, daß sich der BZA intensiv darum bemühte, eine Deregulierung des AÜG zu erreichen. Dazu wurde 1994 ein erster Gesetzentwurf erarbeitet. Nach der Bundestagswahl 1994 wurden erste Sondierungsgespräche mit dem Bundesarbeitsministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium geführt und die eigenen Positionen mit denen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) abgestimmt. Intensives Lobbying und zahlreiche politische Hintergrundgespräche auf allen Ebenen führten dazu, daß im November 1996 der Bundestag die AÜG–Reform verabschiedete. Diese wurde allerdings vom Bundesrat abgelehnt. Im Wege der "Parallelgesetzgebung" wurde ein zweiter, gleichlautender Gesetzentwurf der Bundesregierung derart umgestaltet, daß er nicht mehr der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrates bedurfte. Der Bundesrat lehnte erwartungsgemäß auch diese AÜG–Reform ab, jedoch konnte nun mit Kanzlermehrheit der Einspruch des Bundesrates zurückgewiesen werden. Die Reform des AÜG wurde endgültig beschlossen und trat zum 01.04.1997 in Kraft.

 

3.2 Die wichtigsten Neuregelungen im Überblick

 

Hauptziel der Reform des AÜG war es laut Gesetzesbegründung, beschäftigungshemmende Vorschriften aufzuheben und Hindernisse zu beseitigen, die einer Nutzung der gewerbsmäßigen ArbeitnehmerInnenüberlassung zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze entgegenstanden. Hier ist es also zu einer offensichtlichen Umkehr der Prioritäten gekommen. Während bei der Schaffung des AÜG 1972 noch der soziale Schutz der LeiharbeitnehmerInnen im Vordergrund stand, war es nun die Schaffung weiterer Arbeitsplätze.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die Überlassungshöchstdauer einer LeiharbeitnehmerIn an dieselbe EntleiherIn von vormals 9 auf nun 12 Monate verlängert. Das strikte Synchronisationsverbot wurde aufgelockert. Bisher konnte es zur Versagung der Erlaubnis oder der Verlängerung führen, wenn die VerleiherIn die Dauer des Arbeitsverhältnisses auf die Zeit der erstmaligen Überlassung beschränkte. Durch die Neuregelung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG ist nun die einmalige zeitliche Deckungsgleichheit von Ersteinsatz und Arbeitsvertrag erlaubt.

Sogar befristete Arbeitsverhältnisse sind jetzt nach der Neuregelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG einmalig erlaubt. Gleichzeitig mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG wurde auch § 9 Nr. 2 AÜG geändert. Danach ist jetzt nur die wiederholte Befristung unwirksam, jedoch in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG zweiter Halbsatz nur dann, wenn die befristeten Verträge nicht ununterbrochen aufeinanderfolgen.

Auch das strikte Wiedereinstellungsverbot einer LeiharbeitnehmerIn innerhalb von 3 Monaten bei derselben VerleiherIn wurde aufgelockert. Durch die Neuregelung des § 3 Abs. 1 Nr.4 AÜG ist die einmalige Zulassung der Wiedereinstellung einer ehemaligen LeiharbeitnehmerIn ohne Wartezeit erlaubt. Erst wiederholte Kündigungen und Wiedereinstellungen innerhalb von drei Monaten berechtigen die BA zur Versagung der Erlaubnis. Entsprechend wurde § 9 Nr. 3 AÜG geändert, so daß eine Kündigung erst dann unwirksam wird, wenn die VerleiherIn wiederholt der LeiharbeitnehmerIn kündigt und sie innerhalb von drei Monaten neu einstellt. Der ehemalige nachwirkende Kündigungsschutz des § 9 Nr. 3 AÜG ist somit eingeschränkt.

 

3.3 Eine mögliche Folge der Neuregelungen: Kettenarbeitsverhältnisse

 

Bisher mußten die VerleiherInnen grundsätzlich unbefristete Verträge abschließen. Jetzt dürfen sie bei der ersten Einstellung das Arbeitsverhältnis befristen, auch synchron mit der Dauer der ersten Überlassung. Zudem ist es möglich, daß sich an den ersten befristeten Arbeitsvertrag direkt ein neuer befristeter Arbeitsvertrag bei derselben VerleiherIn anschließt. In diesem Fall ist also auch die wiederholte Befristung zulässig.

Speziell für das dadurch nun möglich gewordene Kettenarbeitsverhältnis der LeiharbeitnehmerInnen gelten keine Befristungen, weder hinsichtlich der Zeitdauer noch hinsichtlich der Häufigkeit der Befristungen. Die Möglichkeit, wiederholt befristete Arbeitsverträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG abzuschließen und LeiharbeitnehmerInnen nach einer Kündigung ohne Wartezeit neu einzustellen, wälzt einen Teil des ArbeitgeberInnenrisikos auf die ArbeitnehmerInnen ab. Im übrigen kommt diese Neuregelung sehr den Interessen der BA entgegen. Denn solange keine Beschäftigungslöcher auftreten, braucht sie keine Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu befürchten.

Die Regierung hatte ein Interesse an dieser Regelung, weil sie hoffte, durch Verringerung des ArbeitgeberInnenrisikos neue Arbeitsplätze zu schaffen. Auf der Strecke blieben die schutzbedürftigen Interessen der LeiharbeitnehmerInnen, die sich evtl. einer endlosen Kette von befristeten Arbeitsverträgen in Verbindung mit teilweise enormen psychischem Druck ausgesetzt sehen können, da die Anzahl der aufeinanderfolgenden Befristungen nicht begrenzt ist. Somit wird der allgemeine Schutzstandard des § 1 Abs. 1 BeschFG, nach dem nur die dreimalige Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses bis zu längstens zwei Jahren zulässig ist, unterschritten und der Grundgedanke des AÜG, Dauerarbeitsplätze bei den VerleiherInnen zu schaffen, ad absurdum geführt.

 

4. Positionen zur ArbeitnehmerInnenüberlassung

 

In der gesellschaftlichen Debatte um die ArbeitnehmerInnenüberlassung stehen sich extreme Meinungen gegenüber. Während die einen von "Menschenhandel" oder von "modernem Sklavenhandel" reden, sehen andere in der ArbeitnehmerInnenüberlassung ein probates Mittel flexibler Personalwirtschaft oder gar eine Möglichkeit, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

Bevor diese gegensätzlichen Standpunkte untersucht werden, ist es notwendig, einen Blick auf die Motivation der LeiharbeitnehmerInnen selbst zu werfen.

 

4.1 Individuelle und kollektive Auswirkungen der Leiharbeit

 

Kaum eine ArbeitnehmerIn strebt eine Dauerkarriere als LeiharbeitnehmerIn an. Sie hätte damit auch wenig Chancen, denn nur 1 % (!) aller Leiharbeitsverhältnisse haben länger als drei Jahre Bestand. Vielmehr wird auf die Leiharbeit in ganz spezifischen Situationen zurückgegriffen, in denen sich ArbeitnehmerInnen nicht auf Dauer festlegen wollen (z.B. zwischen zwei Arbeitsverhältnissen, in den Ferien, in Umbruchsphasen etc.) oder in denen sie versuchen, Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder zu beenden.

Das eigentlich Problematische an der Leiharbeit liegt in zwei verschiedenen Bereichen. Dies ist zum einen der Bereich der individuellen Auswirkungen der Leiharbeit auf die LeiharbeitnehmerInnen, zum anderen der Bereich der kollektiven Auswirkungen auf die Sozialpartner.

Aufgrund der ständigen Arbeitsplatzwechsel können LeiharbeitnehmerInnen keine emotionale Bindung an ein bestimmtes Unternehmen entwickeln. Auch eine Identifikation mit der VerleiherIn ist selten möglich, da die Arbeit nicht in deren Unternehmen erbracht wird. In dem entleihenden Betrieb erfahren sich die LeiharbeitnehmerInnen häufig als AußenseiterInnen, da sie nicht zur "eigentlichen" Belegschaft gehören. Arbeitsplatzbedingte Sozialkontakte werden oberflächlicher, das Berufsleben insgesamt instabiler und die Zukunft schwerer berechenbar.

Bei den kollektiven Auswirkungen ist insbesondere die fehlende tarifliche Anbindung der Leiharbeit zu nennen. Es gibt keinen Tarifvertrag mehr zwischen der Verwaltungsberufsgenossenschaft und dem BZA. LeiharbeitnehmerInnen sind auch seltener als andere ArbeitnehmerInnen gewerkschaftlich organisiert. Sehr selten gibt es Betriebsräte in den Verleihfirmen, denn die angestellten LeiharbeitnehmerInnen kennen sich untereinander kaum, und die Fluktuation ist in diesem Bereich besonders hoch. Durch diese fehlende Organisation besteht die Gefahr, daß durch den Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen die in anderen Bereichen erreichten tariflichen Regelungen unterlaufen werden.

 

4.2 Die Position des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

 

Der DGB lehnt die gewerbliche ArbeitnehmerInnenüberlassung grundsätzlich ab und fordert seit jeher ein gesetzliches Verbot der Leiharbeit. Er begründet dies damit, daß die Vorteile der ArbeitnehmerInnenüberlassung einseitig bei den beteiligten Unternehmen lägen.

Nach Ansicht des DGB setzen Unternehmen LeiharbeitnehmerInnen nicht nur für Aushilfstätigkeiten ein, sondern überwiegend in Tätigkeiten, die auch im Rahmen von Dauerarbeitsplätzen durchgeführt werden könnten und müßten. So würde durch den Einsatz von Leiharbeit die Auflösung von Dauerarbeitsplätzen in den Unternehmen vorangetrieben.

Der Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen in den Betrieben spalte die Belegschaft in ArbeitnehmerInnen mit unterschiedlicher rechtlicher und sozialer Stellung auf. Zum einen würden die Stammbelegschaften mit dem Hinweis auf die jederzeit verfügbaren LeiharbeitnehmerInnen dazu gebracht, auf ihre erkämpften Rechte zu verzichten. Zum anderen würden die Tarifeinheit im Betrieb gestört und tarifliche Normen und Leistungen unterlaufen, da die LeiharbeitnehmerInnen nicht unter die Tarifverträge der Einsatzbetriebe fallen.

Während die Mitbestimmung der LeiharbeitnehmerInnen in den Entleihbetrieben eingeschränkt sei, könne sich in den Verleihbetrieben aufgrund der dort vorherrschenden Bedingungen der massenhaften Fluktuation eine echte Mitbestimmung gar nicht erst entfalten. Zudem würden durch relativ häufige Verstöße der VerleiherInnen - z.B. gegen die Arbeitszeitordnung, das Verbot der Sonntagsarbeit, gegen Kündigungsfristen, gegen das Verbot der Nichtbezahlung von Nichteinsatzzeiten usw. - soziale Schutzgesetze in gravierender Weise unterlaufen.

Auch aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive beurteilt der DGB die ArbeitnehmerInnenüberlassung kritisch. Da sich die Unternehmen beim Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen nur von kurzfristigen Kostenersparnisüberlegungen leiten ließen, würden sie die Aus- und Weiterbildung und somit die Entwicklungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten ihrer MitarbeiterInnen vernachlässigen. Das würde, auf Dauer gesehen, die Wettbewerbsfähigkeit des auf ein hohes Qualifikationsniveau angewiesenen Industriestandorts Deutschland gefährden.

Daher fordert der DGB, die gewerbsmäßige, auf Gewinnerzielung gerichtete ArbeitnehmerInnenüberlassung grundsätzlich gesetzlich zu untersagen. In Bereichen mit besonderen Kontrollproblemen oder überdurchschnittlichen sozialen Risiken sei die ArbeitnehmerInnenüberlassung entsprechend dem Verbot der ArbeitnehmerInnenüberlassung im Baugewerbe sofort zu verbieten. Im übrigen müsse die uneingeschränkte Haftung der Entleihbetriebe zusätzlich zu den Verleihbetrieben für die Zahlung von Lohn, Lohnsteuer und Sozialversicherung eingeführt werden. Insgesamt müsse den Flexibilisierungsbestrebungen, wie sie von VerleiherInnen und ArbeitgeberInnen gewünscht und vorangetrieben würden, entschieden entgegengetreten werden.

Vor dem Hintergrund des technologischen Wandels und der Flexibilisierung rechnet der DGB allerdings mit einer weiteren Expansion der gewerbsmäßigen ArbeitnehmerInnenüberlassung. Daher fordert der DGB sozialverträgliche Alternativen zur derzeit vorherrschenden gewerblichen ArbeitnehmerInnenüberlassung, wie sie z.B. bereits im Rahmen des START-Modells in NRW entwickelt wurden.

 

4.3 Die Position der ArbeitgeberInnen

 

Direkte ArbeitgeberInnen der LeiharbeitnehmerInnen sind die Verleihunternehmen. Diese Verleihunternehmen sind zur Ausübung ihrer Tätigkeit jedoch von der Personalpolitik der entleihenden Betriebe abhängig. Daher sind die Positionen der VerleiherInnen und der EntleiherInnen bezüglich der ArbeitnehmerInnenüberlassung weitgehend identisch.

Die ArbeitnehmerInnenüberlassung stellt aus der Sicht der Unternehmen ein wichtiges Instrument der flexiblen Personalwirtschaft dar, auf das nicht verzichtet werden könne. Insbesondere bei kurzfristigen Engpässen habe die Leiharbeit einen hohen Stellenwert. In den Betrieben werde es dadurch möglich, auf Auslastungsschwankungen schnell und flexibel zu reagieren. Dies sei besonders wichtig in Bereichen, in denen der Bedarf an Personal nicht durch eine vorausschauende innerbetriebliche Personalplanung aufgefangen werden könne. Überdies würde sich durch den Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen die Sicherheit der Stammarbeitsplätze in den Betrieben erhöhen, da durch die kostenlos just in time vorgehaltene Personalreserve den Entleihunternehmen keinerlei Beschäftigungsrisiken entstünden.

Der Bundesverband Zeitarbeit hebt hervor, daß die ArbeitnehmerInnenüberlassung gerade BerufsanfängerInnen und Arbeitslosen den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtere. Durch die Zeitarbeit werde ein wichtiger Beitrag zur Verringerung der Arbeitslosigkeit bei den Problemgruppen des Arbeitsmarktes geleistet. Im übrigen würden die Betriebe LeiharbeitnehmerInnen auch einsetzen, um sich von deren Eignung zu überzeugen, bevor sie sie dann später in eine Festanstellung übernehmen. Immerhin 30 % der LeiharbeitnehmerInnen würden ein Dauerarbeitsverhältnis in einem Entleihbetrieb finden, von den weiblichen Bürokräften würden sogar bis zu 50 % übernommen. Zeitarbeit biete außerdem vielfältige Qualifizierungsmöglichkeiten, denn die LeiharbeitnehmerInnen würden mit den verschiedensten Arbeits- und Kommunikationstechniken vertraut gemacht.

Aus den o.g. Gründen fordern die ArbeitgeberInnen in den verleihenden und entleihenden Betrieben eine weitreichende Deregulierung des AÜG. Die zulässige Überlassungshöchstdauer müsse auf drei Jahre ausgedehnt werden oder ganz entfallen, um auch Zeiten des Wehrdienstes und Erziehungsurlaubs abzudecken. Wegen der höheren Kosten beim Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen sei nicht zu befürchten, daß dies zu einem Abbau der Stammbelegschaften führe. Ferner müsse das Verbot der ArbeitnehmerInnenüberlassung im Bauhauptgewerbe aufgehoben werden. Seit Einführung dieses Verbots habe die illegale Beschäftigung in diesem Bereich zugenommen. Hätten die Bauunternehmen die Möglichkeit, auf die ArbeitnehmerInnenüberlassung zurückzugreifen, bräuchten sie sich nicht mehr dieser illegalen Methoden zu bedienen. Das Verbot der Deckungsgleichheit (Synchronisationsverbot) müsse vollständig aufgehoben werden, um auch solchen LeiharbeitnehmerInnen eine Arbeitsmöglichkeit zu bieten, die bewußt nur für eine begrenzte Zeit arbeiten wollen.

Langfristige Perspektive des BZA ist das totale Outsourcing der Personalabteilungen aus den Betrieben in die Zeitarbeitsunternehmen.

 

4.4 Diskussion der Positionen

 

Das AÜG wurde wegen erheblicher Mißstände im Bereich der ArbeitnehmerInnenüberlassung geschaffen. Immer wieder beklagen die Gewerkschaften, daß Verstöße gegen das AÜG an der Tagesordnung seien. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß Vergleichszahlen fehlen. Die Verleihfirmen unterliegen aufgrund des AÜG einer ständigen Überprüfung und Kontrolle durch die Arbeitsämter. Eine ähnliche staatliche Prüfung fehlt jedoch bei anderen ArbeitgeberInnen. Daher kann aus Verstößen der Verleihunternehmen gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen nicht der Schluß gezogen werden, diese verhielten sich wesentlich anders als andere ArbeitgeberInnen. Ein Vergleich ist jedoch im Bereich der sozialversicherungsrechtlichen ArbeitgeberInnenpflichten möglich. Denn die Sozialversicherer arbeiten gleichermaßen mit VerleiherInnen und anderen ArbeitgeberInnen zusammen. Von den Sozialversicherern konnten keine besonderen Unterschiede im Verhalten von Verleihunternehmen und anderen Unternehmen festgestellt werden.

 

Zur Problematik der Überlassungshöchstdauer gibt es nicht nur zwischen DGB und BDA Meinungsunterschiede, sondern ebenfalls innerhalb der Zeitarbeitsbranche. So meinen manche, daß eine Ausweitung der Überlassungshöchstdauer den Verleihunternehmen zwar zusätzliche Möglichkeiten biete, daß jedoch schon jetzt die zulässige Höchstgrenze für den einzelnen Überlassungsfall selten ausgeschöpft würde. Auch der BDA hat eingeräumt, daß die durchschnittlichen Verleihzeiten deutlich unter dem gesetzlich möglichen Zeitrahmen bleiben. Zwar wurde die Erhöhung des Überlassungszeitraums von 3 auf 6 Monate von den Unternehmen positiv aufgenommen, weil Aufträge oft einen längeren Zeitraum beinhalten. Die weitere Erhöhung auf 9 Monate wurde jedoch zu höchstens 1 % ausgeschöpft. Insofern hat die Heraufsetzung der Überlassungshöchstdauer in Bezug auf die Dauer der Beschäftigungsverhältnisse bei den VerleiherInnen keine wesentlichen Änderungen gebracht.

Daraus ergibt sich, daß wegen der Schwierigkeit, die langfristige LeiharbeitnehmerInnenüberlassung von der Arbeitsvermittlung abzugrenzen, wegen des möglichen Konfliktpotentials in den Betrieben zwischen StammarbeitnehmerInnen und LeiharbeitnehmerInnen sowie wegen der Gefahr, mit Langzeitüberlassungsverträgen ein Heer billiger (weil tarifungebundener) ArbeitnehmerInnen "zweiter Klasse" zu schaffen, der Forderung nach Verlängerung bzw. Abschaffung der Überlassungshöchstdauer nicht zuzustimmen ist.

 

Der wichtigste Streitpunkt liegt jedoch in der Frage, ob die ArbeitnehmerInnenüberlassung dazu beiträgt, Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Der DGB behauptet, ArbeitnehmerInnenüberlassung baue Stammbelegschaft und somit Dauerarbeitsplätze ab, was durch die überwiegend nur sehr kurzen Anstellungszeiten im Verleihgewerbe nicht kompensiert werde. Die ArbeitgeberInnen und VerleiherInnen sagen dagegen, durch ArbeitnehmerInnenüberlassung würden zusätzliche Dauerarbeitsverhältnisse geschaffen, da die kostenlose Personalreserve just in time den Unternehmen die Aufnahme von zusätzlicher Produktion ermögliche, die sie sonst unterlassen würden.

Für die Unternehmen spielt das Kostenargument eine herausragende Rolle. Sie werden daher bei einem kurzfristigen Bedarf auf Überstunden der Stammbelegschaft zurückgreifen, bei mittelfristigem Bedarf LeiharbeitnehmerInnen einstellen und bei längerfristigem, aber zeitlich begrenztem Bedarf auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen. Weder durch befristete Einstellungen noch durch die ArbeitnehmerInnenüberlassung werden jedoch Dauerarbeitsplätze geschaffen. Die von der Verleihbranche geschaffenen Arbeitsplätze beinhalten aber einige wesentliche Nachteile für die LeiharbeitnehmerInnen. Diese Nachteile liegen in den geringen Aufstiegsmöglichkeiten, in der Gefahr der psychischen und physischen Überbeanspruchung und den mit der "Lückenbüßerfunktion" der LeiharbeitnehmerInnen zusammenhängenden negativen Auswirkungen. Folglich hat insbesondere die langfristige ArbeitnehmerInnenüberlassung negative Auswirkungen auf die betroffenen LeiharbeitnehmerInnen.

Daraus folgt, daß tariflich gesicherte Dauerarbeitsplätze in der allgemeinen Wirtschaft denen in der Verleihbranche vorzuziehen sind.

 

5. Fazit

 

Leiharbeit ist eine Wachstumsbranche. Ihr Boom geht einher mit der fortschreitenden Liberalisierung des Marktes, und zwar gerade desjenigen Marktes, auf dem der menschliche Produktionsfaktor Arbeit gehandelt wird.

Trotz der zunehmenden Flexibilisierungstendenzen sollte die ArbeitnehmerInnenüberlassung wegen ihrer schädlichen individuellen und kollektiven Auswirkungen auf solche Bereiche beschränkt werden, in der ihre positiven Aspekte überwiegen. Dies ist vor allem der kurzfristige Arbeitseinsatz bis zu einigen Monaten. Die ArbeitnehmerInnen können beschäftigungsfreie Zeiten überbrücken und die Unternehmen flexibel auf kurzfristige Auftragsschwankungen reagieren, Auftragsspitzen ausgleichen und so sonst drohende Produktionsverluste kompensieren. "Als überbetrieblicher Dauerarbeitsplatz bleiben Leiharbeitsverhältnisse jedoch eine Fiktion."

Literaturverzeichnis

 

 

Becker, Friedrich, Der Arbeits- und sozialrechtliche Schutz der Leiharbeitnehmer, ZIP 1984, S. 782-790

Becker, Friedrich, Leiharbeitsverhältnis und Kündigungsschutz, in: Das Arbeitsrecht der Gegenwart, Bd. 21, 1984, S. 35-47

Böttcher, Inge/Krüger, Manfred, Ungeschützte Beschäftigungsverhältnisse. Handlungshilfe für Betriebsräte bei befristeten Arbeitsverhältnissen, Fremdfirmenarbeit und Teilzeit, Köln 1995

Bronstein, A. S., Temporary Work in Western Europe, International Labour Review, Vol. 130 No. 3, 1991, S. 291-310

Bundesverband Zeitarbeit (Hrsg.), Personal-Dienstleister, Arbeitsmarktpolitische Informationen 4/1997, Bonn 1997

Bundesverband Zeitarbeit, Presseinformation, Bonn 28.08.1997

Deutscher Gewerkschaftsbund, Bundesvorstand, DGB – Stellungnahme zur Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes – AÜG – sowie zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung – BillBG, Informationen zur Sozial- und Arbeitsmarktpolitik 02/1996

Düwell, Franz Josef, Änderungen des AÜG durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz, BB 1997, S. 45-48

Friese, Gudrun, Personal-Leasing in Theorie und Praxis, BB 1981, S. 1582-1587

Gaul, Björn, Reformgesetz zum Arbeitsförderungsgesetz, NJW 1997, S. 1465-1469

Heintze, Roland, Zeitarbeit schafft sichere Arbeitsplätze, Hamburger Abendblatt, 23.10.1997, S. 37

Hempel, Frank, Das Spannungsverhältnis zwischen dem sozialen Schutz der Arbeitnehmer und den wirtschaftlichen Interessen der Verleiher und Entleiher bei der Arbeitnehmerüberlassung, Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Berlin 1975

Industriegewerkschaft Metall, (Hrsg.), "Moderner Sklavenhandel", Fremdfirmeneinsatz durch Leiharbeit und Werkverträge, Eine Handlungsanleitung für betroffene Betriebsräte und ArbeitnehmerInnen, o.O., o.J.

Kadel, Peter/Koppert, Wolfgang, Der Einsatz von Leiharbeitnehmern unter rechtlichen und personalpolitischen Gesichtspunkten, BB 1990, S. 2331-2334

Kock, Klaus, Die austauschbare Belegschaft, Köln 1990

Mayer, Udo, Der Schutz von Leiharbeitnehmern und das AÜG, ArbuR 1974, S. 353-364

Mayer, Udo, Mitbestimmungsfragen bei Leiharbeit und Fremdfirmeneinsatz im öffentlichen Dienst, Der Personalrat 1994, S. 547-552

Mayer, Udo/Paasch, Ulrich; Arbeitnehmer 2. Klasse, Düsseldorf 1986

Mayer–Maly, Das Leiharbeitsverhältnis, ZfA 1972, S. 1-34

Menting, Erich, Probleme und Perspektiven der Arbeitnehmerüberlassung, Diss. Köln 1993

Niebler, Michael/Biebl, Josef/Ulrich, Annette, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Berlin 1996

randstad Organisation für Zeit-Arbeit GmbH (Hrsg.), randstaddigest, Praxishilfe für den Personalbereich, Eschborn 1993

Rudolph, Helmut/Schröder, Esther, Arbeitnehmerüberlassung: Trends und Einsatzlogik, MittAB 1997, S. 102-126

Schaub, Günther, Arbeitsrechtshandbuch, 7. Auflage, München 1992

Schaller, Ariane, Arbeitnehmerüberlassung: Begriff, Voraussetzung und besondere Rechtsprobleme, DStR 1996, S. 469-473

Schüren, Peter, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Kommentar, München 1994

Wallraff, Günter, Ganz unten, Köln 1985

Weber, Christoph, Das aufgespaltene Arbeitsverhältnis, Berlin 1992