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Inhaltsverzeichnis

1 Mobbing

1.1 Definition

1.2 Operationalisierung

1.3 Empirische Ergebnisse

1.3.1 Art der vorgelegten Definition

1.3.2 Geschlechtseffekte

1.3.2.1 Geschlecht des Opfers und des Täters

1.3.2.2 Art des Mobbings

1.3.3 Weitere Faktoren und Wechselwirkungen

1.3.3.1 Täter

1.3.3.2 Opfer

1.3.3.3 Situation

1.4 Folgen für die Mobbing-Opfer und Bewältigungsstrategien

1.4.1 Folgen für die Mobbing-Opfer

1.4.2 Bewältigungsstrategien

1.5 Möglichkeiten der Intervention

1.6 Fazit

2 Bullying

2.1 Definition

2.2 Operationalisierung

2.3 Empirische Ergebnisse

2.3.1 Vorkommen

2.3.2 Alters- und Geschlechtseffekte

2.3.2.1 Alterseffekte

2.3.2.2 Geschlechtseffekte

2.3.3 Faktoren

2.3.3.1 Täter

2.3.3.2 Opfer

2.3.3.3 Situation

2.3.3.4 Wechselwirkungen zwischen den Faktoren Täter, Opfer und Situation

2.4 Möglichkeiten der Intervention

2.5 Fazit

3 Sozialer Status zwischen Peers

3.1 Definition sozialer Ablehnung

3.2 Operationalierung der verschiedenen Arten sozialen Status

3.3 Wichtigkeit von Peer Relationships

3.4 Gründe für die Untersuchung abgelehnter Kinder

3.5 Empirische Studien (Zum folgenden siehe Asher (1990))

3.5.1 Ausmaß von Problemen bei Beziehungen zwischen Gleichaltrigen

3.5.1.1 Alters- und Geschlechtseffekte

3.5.2 Opfer

3.5.3 Situation

3.5.4 Wechselwirkungen zwischen den Faktoren Täter, Oper und Situation

4 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

 

1 Mobbing

1.1 Definition

Unter Mobbing sind negative gegen ein Individuum gerichtete kommunikative Aktionen einer oder mehrerer Personen, die sehr häufig über längere Zeit geschehen, zu verstehen, wobei sie die Beziehung Zwischen Täter und Opfer charakterisieren (vgl. Leymann, 1993, S.21).

1.2 Operationalisierung

Mindestens eine von 45 beschriebenen Aktionen muß mindestens einmal pro Woche über mindestens ein halbes Jahr hinweg geschehen (vgl. Leymann, 1993b, S.272). Kennzeichen dieser 45 Aktionen sind schlechte Absichten und / oder daß sie als negativ wahrgenommen werden. Die Aktionen sind in fünf Gruppen unterteilt: Angriffe auf Kommunikationsmöglichkeiten, Angriffe auf soziale Beziehungen, Folgen für den sozialen Ruf, Angriffe auf die Qualität des Arbeitslebens und des Lebens insgesamt und Angriffe auf die Gesundheit. Wichtig für das Vorliegen von Mobbing sind also die Kriterien Dauer, Wiederholung und schlechte Absichten. Außerdem zeichnen sich solche Aktionen durch eine starke Variabilität (An einem Tag wird das Opfer nicht gegrüßt, am nächsten Tag dagegen überschwenglich.) oder durch ihre Subtilität aus, die es anderen meist unmöglich macht, sie zu entdecken. In empirischen Studien wurde Mobbing entweder durch die genannten 45 Aktionen oder durch das Vorgeben einer Definition nebst zugehöriger Fragen operationalisiert.

1.3 Empirische Ergebnisse

1.3.1 Art der vorgelegten Definition

Bei Vorgabe der Definition ergab sich eine größere Anzahl von Mobbing-Opfern (20% bei Einarsen, Raknes, Matthiesen und Hellesoy, 1989) im Vergleich zur Vorgabe der 45 Aktionen (3.5% bei Leymann, 1993).

Die Definition von Mobbing anhand der 45 Aktionen nach Leymann muß, wie sich in der Untersuchung von Knorz und Zapf (1996) gezeigt hat, an die jeweils betrachtete Kultur angepaßt werden. In dieser Untersuchung wurde die US-amerikanische Liste der 45 Aktionen um weitere wichtige Aktionen im deutschsprachigen Raum ergänzt.

Die Aktionen, die am häufigsten von Mobbing-Opfern genannt werden, hängen ebenso von der Kultur ab. In der Untersuchung von Knorz et al. (1996, S.17) waren die am häufigsten genannten Mobbing-Aktionen: hinter dem Rücken schlecht über jemanden sprechen; abwertende Blicke oder Gesten; Kontaktverweigerung durch Andeutungen; jemanden wie Luft behandeln; falsche oder kränkende Beurteilung der Arbeitsleistung.

Die mit Hilfe von halbstandardisierten Interviews zusätzlich im Mobbing-Kontext genannten Aktionen im deutschsprachigen Raum sind u.a. (vgl. Knorz et al., 1996, S.16): Untersagen des Führens privater Gespräche mit anderen Kollegen; keine Antwort auf mündliche / schriftliche Anfragen erhalten; Aufhetzen von Kollegen gegen den Betroffenen; absichtlicher Ausschluß von betrieblichen Feiern und anderen sozialen Anlässen; Sammeln von Unterschriften im Betrieb gegen den Betroffenen; unterschwellige, subtile, feindselige Atmosphäre.

Alter und Geschlecht spielen bezüglich des Vorkommens von Mobbing keine signifikante Rolle (Ley-mann, 1993; Niedl, 1995). In Bezug darauf jedoch, wer wen mobbt und wie, spielt das Geschlecht eine entscheidende Rolle.

1.3.2 Geschlechtseffekte

1.3.2.1 Geschlecht des Opfers und des Täters

76% der männlichen Opfer wurden von Männern, 21% von Männern und Frauen und 3% von Frauen gemobbt. 40% der weiblichen Opfer wurden von Frauen, 30% von Männern und 30% von beiden Geschlechtern gemobbt (Leymann, 1993). Nach Niedl (1995, Forschungsinstitut-Stichprobe) greifen Frauen Männer nicht an; Männer greifen jedoch auch Frauen an. In einer Krankenhaus-Stichprobe wurde ein höherer Prozentsatz von Männern (30%) allein von Frauen gemobbt (Niedl, 1995). Daß Frauen von Männern öfters angegriffen werden als andersherum, fanden auch Knorz und Zapf (1996) heraus.

1.3.2.2 Art des Mobbings

Frauen (Leymann, 1993) neigen dazu, hinter dem Rücken des Mobbing-Opfers zu sprechen, es lächerlich zu machen, über es Gerüchte zu verbreiten, seine Kommunikationsmöglichkeiten zu beschränken, sich über seine Schwächen lustig zu machen, indirekte Anspielungen zu machen oder es ständig zu kritisieren. Typisch männliche Mobbing-Handlungen sind die ständige Zuweisung von neuen Aufgaben, nicht mehr mit dem Opfer zu sprechen, es wiederholt zu unterbrechen und ihm Aufgaben zuzuweisen, die sein Selbstwertgefühl verletzen. Warum sich Frauen und Männer in bezug auf die von ihnen angewandten Mittel, jemanden zu mobben, unterscheiden, ist noch nicht untersucht worden. Denkbar wäre, daß jedes Geschlecht die ihm am leichtesten zugänglichen Mittel verwendet.

1.3.3 Weitere Faktoren und Wechselwirkungen

1.3.3.1 Täter

In 34% der Fälle gab es nur Individuen als Täter, 2 bis 4 Täter in 43% und nur in 23% Gruppen als Täter (Leymann, 1993).

1.3.3.2 Opfer

Menschen mit Handicaps sind Mobbing-gefährdeter (22% gegenüber 3-4% nach Leymann, 1993). Vor allem Frauen, die im allgemeinen keine Männer angreifen, greifen Menschen -auch Männer- mit Handicaps an (Leymann 1993a). Individuen, die in Berufen arbeiten, die traditionellerweise vom anderen Geschlecht ausgeübt werden, laufen ebenso ein höheres Risiko, gemobbt zu werden (vgl. Lindrotz [zitiert nach Leymann, 1993]) bei männlichen Vorschullehrern: 8% gegenüber 4% der weiblichen Lehrer). Nach Leymann (1993) zeichnen sich Opfer durch ein niedriges Selbstwertgefühl und ein höheres Niveau an Depressionen aus. Allerdings existieren noch keine Studien darüber, ob diese Merkmale von Opfern die Ursache oder Folge von Mobbing sind.

1.3.3.3 Situation

Es gibt (Leymann, 1993) keine signifikanten Unterschiede bzgl. des Vorkommens von Mobbing zwischen verschiedenen Branchen (Schule, Universität, Handel, Produktion, Gesundheitsdienst), Funktionen (Verwaltung, Erziehung, Produktion) oder Arten von Unternehmen (multinational, öffentlich, kommunal, privat oder Familienbetrieb). Jedoch gibt es (Leymann, 1993) eine etwas höhere Rate von Mobbing im Bereich öffentliche Dienste als im Bereich Geistesarbeit. Dies entspricht den Daten 7.8% in einem Krankenhaus und 4.4% in einem privaten Forschungsinstitut (Niedl, 1995). Mobbing ist meist unter Kollegen zu finden, die sich auf gleichem hierarchischen Niveau befinden (44%), oder der Täter hat einen höheren Status (Chef: 37%). In 10% der Fälle sind sowohl Kollegen des gleichen hierarchischen Niveaus als auch der Chef an Mobbing beteiligt. Nur in 9% der Fälle greifen Untergebene ihren Chef an (Leymann, 1993). Eine sozial schwache Position ist also ein größerer Risikofaktor. In Bezug auf die Umgebung des Arbeitsplatzes beginnt Mobbing mit einem Konflikt. Meist kommt es dann zu Mobbing, wenn schwerwiegende organisatorische Defizite in der Organisation vorhanden sind oder die Beaufsichtigung der Arbeit und der Entwurf sowie die Verteilung der Aufgaben (Leymann, 1993) mangelhaft sind. Wenn Konflikte nicht in adäquater Weise vom Management gelöst werden, können sie Mobbing zur Folge haben. Ist es zum Beispiel so, daß in einer Arbeitsgruppe ein Gruppenmitglied zuviel Arbeit zugeteilt bekommt und ein anderes zu wenig, kann dies einen Konflikt auslösen, wenn es aufgrund dieser ungleichen Arbeitsverteilung zu schlechten Arbeitsergebnissen kommt. Statt daß sich das überarbeitete Gruppenmitglied an seinen Vorgesetzten wendet und auf die ungleiche Arbeitsverteilung hinweist, unterstellt es dem Mitglied, dem zu wenig Arbeit zugeteilt wird, Faulheit oder sonstige negative Eigenschaften, was für das überarbeitete Mitglied Mobbing gegen das angeblich "faule" Gruppenmitglied rechtfertigt.

1.4 Folgen für die Mobbing-Opfer und Bewältigungsstrategien

1.4.1 Folgen für die Mobbing-Opfer

Bei den Dimensionen Gereiztheit/Belastetheit, psychosomatische Beschwerden (Bluthochdruck, Schlafstörungen, Kopfschmerzen usw.), Depression und Selbstwertgefühl zeigt sich, daß Mobbing-Opfer signifikant stärker betroffen sind als diejenigen, die kein Opfer von Mobbing sind (Knorz et al., 1996). Es wurde bei der Dimension 'Gereiztheit/Belastetheit' danach gefragt, ob man sich nach der Arbeit gereizt fühlt, leicht aggressiv reagiert und nicht abschalten kann. Die Operationalisierung der Dimension 'psychosomatische Beschwerden' erfolgte durch die Frage nach der allgemeinen Lebenseinstellung, nach dem Ausmaß an Hoffnung für die Zukunft, der emotionalen Bewertung des derzeitigen Lebens und der eigenen Person und durch Indikatoren der Passivität, bei der aber noch Arbeitstätigkeiten ausgeführt werden. Bei der Erhebung der Dimension 'Selbstwertgefühl' wurden sowohl kognitiv-evaluative Aspekte bei der Einschätzung der eigenen Person (Selbstkonzept) als auch begleitende Emotionen, die mit dem Selbstbild verbunden sind, berücksichtigt.

1.4.2 Bewältigungsstrategien

Der Erfolg möglicher Bewältigungsstrategien wurde an ...

Erfolgreiche Strategien sind Mobbingsituationen auszuweichen, die Situation am Arbeitsplatz zu ignorieren, nicht häufiger am Arbeitsplatz zu fehlen und sich nichts zu schulden kommen zu lassen, also alle Handlungen zu vermeiden, die potentiell zu einer Eskalation der Situation beitragen könnten.

Nicht erfolgreiche Strategien sind Gespräche mit Angreifern zu führen oder den Betriebs- oder Personalrat einzuschalten (Knorz et al., 1996).

1.5 Möglichkeiten der Intervention

Möglichkeiten der Intervention liegen in der Änderung institutionellen Organisation und in der Änderung von Umweltfaktoren. Die Intervention kann z.B. in einer systematischen Einführung von Rekruten, der Einberufung von Gruppentreffen unter Verwendung von speziellem Erziehungsmaterial oder in der Einfügung formaler Klauseln im Arbeitsvertrag bestehen. Dies sind Interventionsvorschläge von Organisationspsychologen (z.B. Leymann, 1993; Neuberger, 1994). Diese Vorschläge sind jedoch bzgl. der daran beteiligten Faktoren weder theoretisch fundiert noch durch empirische Studien bestätigt noch haben sie Substanz durch systematische Interventionsstudien.

1.6 Fazit

Insgesamt ist zu sagen, daß zwischen 3.5 und 9% der Arbeitenden Mobbing erleben, und daß dieses Erleben unabhängig von Alter und Geschlecht ist. Letzteres beeinflußt die Art des Mobbing. Vor allem abweichende oder schwache Menschen -d.h. Menschen mit Handicap, Männer in einem weiblichen Beruf, Menschen mit niedrigerem Status- werden eher zu Mobbing-Opfern. Bzgl. des Faktors ‘Opfer’ und seiner charakteristischen für Mobbing ausschlaggebenden Eigenschaften gibt es Hinweise auf Abweichung und Schwäche. Bezüglich des Faktors ‘Situation’ (Arbeitsumgebung und Aufgabenentwurf) gibt es nur Spekulationen, bzgl. des Faktors ‘Täter’ gibt es weder Daten noch Theorien, ebensowenig zu Interaktionen zwischen den genannten Faktoren. Eine solidere Datenbasis ist unter dem verwandten Thema ‘Bullying’ zu finden. Bullying bezeichnet die Terrorisierung und den Ausschluß unter Schulkindern.

2 Bullying

2.1 Definition

Wenn ein Kind gequält, terrorisiert oder systematisch zum Opfer gemacht wird durch seine Peers, liegt Bullying vor. Die grundlegenden Merkmale des Konzepts Bullying beinhalten, daß beabsichtigt ist, daß die durch einen oder mehrere Täter ausgeführten Angriffe negative Folgen haben; diese negativen Aktionen geschehen wiederholt und über eine längere Zeitspanne; die Angriffe sind gegen ein Opfer gerichtet, das schwächer ist als die/der Angreifer (Olweus, 1984). Solche negativen Aktionen können über physischen Kontakt, Worte oder nonverbales Verhalten (Fratzen schneiden, obszöne Gesten machen) erfolgen, oder darin bestehen, daß der/die Angreifer es abzulehnen, die Wünsche der anderen Person zu erfüllen. Das Kriterium 'unterschiedliche psychische oder physische Stärke' ist entscheidend für das Vorliegen von Bullying. Es gibt direktes und indirektes Bullying (Olweus, 1992, S.280). Ersteres zeichnet sich durch ziemlich offene Angriffe auf das Opfer aus, letzteres durch z.B. soziale Isolation und Ausschluß des Opfers von einer Gruppe. Mit dieser Definition wird Bullying von gelegentlichen, unsystematischen Streitereien und von Aggression in einem weiteren Sinn abgegrenzt. Es gibt Autoren (Pikas, 1989), die zwischen Angriffen, die von einem einzelnen und solchen, die von einer Gruppe ausgehen, unterscheiden. Sie schlagen vor, den ersten Fall als ‘Bullying’, den zweiten Fall als ‘Mobbing’ zu bezeichnen. Letzterer Begriff entspricht der Bezeichnung ‘Kollektive Aggression’ in der Biologie/Ethologie und stimmt mit den linguistischen Wurzeln beider Begriffe überein (Ein ‘bully’ ist ein brutaler Mensch; unter ‘mob’ ist ein aufbegehrender Pöbel zu verstehen.). Diese Begrifflichkeit ist bisher nicht in die Literatur eingegangen. Nach dieser bezeichnet ‘Bullying’ Mobbing bei jungen Menschen, ohne der dyadischen oder kollektiven Natur von Angriffen bei der Verwendung des Begriffs ‘Mobbing’ Rechnung zu tragen. Mobbing und Bullying haben also viele Gemeinsamkeiten: Beide beziehen sich auf negative Aktionen, die wiederholt und über längere Zeit geschehen, ausgeführt durch eine oder mehrere Personen mit der Absicht, Schaden zuzufügen durch indirekte (Ausschluß von einer Gruppe) oder direkte (verbale, physische Angriffe) Strategien. Der scheinbare Unterschied zwischen beiden (die unterschiedliche Stärke bei Bullying zwischen Täter und Opfer, also die Betonung, daß das Opfer nicht mit den Angriffen fertig wird) ist in der neueren Literatur (z.B. Neuberger, 1994) über Mobbing verschwunden.

2.2 Operationalisierung

Wie bei Mobbing erfolgt die Operationalisierung von Bullying durch die Vorlage eines Katalogs von Aktionen oder die Vorlage von Definition und Fragen zu Bullying. Bei den Beschreibungen in den betrachteten Studien (z.B. Olweus, 1991, 1993; Moran, Smith, Thompson und Whitney, 1993) fallen signifikante Abweichungen von der unter 2.1 gegebenen Definition von Bullying auf: Keiner der Aspekte schlechte Absicht, längere Dauer, wiederholtes Auftreten und Ungleichgewicht bzgl. Stärke ist in diesen Beschreibungen enthalten. Somit legten die befragten Personen ihren Antworten ein breiteres Konzept zugrunde, das dementsprechend eine größere Anzahl von Erfahrungen mit einschloß, als die unter die in 2.1 gegebene Definition fallenden. Die zweite Operationalisierungsmethode ist die Vorlage eines Katalogs von bestimmten Aktionen, auf den sich die befragten Personen beziehen sollen. Auch hier beinhaltete keine der Studien (z.B. Lagerspetz, Björlqvist, Berts und King, 1982; Slee und Rigby, 1993) alle Elemente von Bullying, nämlich schlechte Absicht, Dauer, Wiederholung und Kräfteungleichgewicht. Selbstberichte der Opfer und Täter, Berichte der Peers und Lehrer werden verwendet, um das Vorliegen von Bullying festzustellen. Nur in einer Studie (Troy und Sroufe, 1987) gab es externe, speziell trainierte Beobachter kurzer Interaktionen zwischen zwei einander unbekannten Kindern.

Bis jetzt gibt es keinen Beleg für die Reliabilität von Selbstberichten. In einer Studie (Perry, Kusel und Perry, 1988) ergaben sich eher niedrige Korrelationen sowohl zwischen Selbstberichten und der Befragung von Peers (r=0.42) als auch zwischen der Befragung von Peers und der von Lehrern (r=0.62) andererseits.

2.3 Empirische Ergebnisse

2.3.1 Vorkommen

In Abhängigkeit von der Datenquelle (Selbstbericht, Auskunft durch andere), der Länge der berücksichtigten Zeitspanne (im Moment oder über die gesamte Schulzeit), der Dauer und Häufigkeit der Angriffe, der Berücksichtigung von Kräfteungleichgewicht und wahrgenommener Schwere der Angriffe ergab sich eine große Varianz (von 3% bei Olweus, 1993, bis 89.2% bei Hoover, Oliver und Thompson, 1993) bzgl. des Auftretens von Bullying. Je spezifischer die Vorgaben / Definitionen, desto niedriger war die Rate der Betroffenen. Z.B. ergaben sich an Bullying-Opfern 4.36% bei Vorgabe eines Katalogs von Aktionen (Slee, 1993) vs. 89.3% bei Vorlage einer Definition über Mobbing (Hoover, Oliver und Thompson, 1993); bei Bezug auf die laufende Zeitspanne 34.4% (O’Moore und Hillery, 1989) vs. 89.3% (Hoover, Oliver und Thompson, 1993) und bei Befragung von Lehrern 3% (Olweus, 1978) vs. 4.3% bei Erhebung des Vorkommens von Bullying über Selbstberichte (Slee, 1993).

Lehrer beurteilten mehr Personen als TäterInnen als Personen sich selbst als TäterInnen bekannten (5-7% bei Olweus, 1978, vs. 2% bei Olweus, 1991).

2.3.2 Alters- und Geschlechtseffekte

2.3.2.1 Alterseffekte

Es bestehen nur inkonsistente und schwache Alterseffekte: So nimmt Bullying mit zunehmendem Alter ab bzw. zu bzw. besteht ein kurvilinearer Zusammenhang zwischen Alter und Bullying bzw. gibt es keine Alterseffekte.

2.3.2.2 Geschlechtseffekte

Jungen tendieren dazu, öfters in Bullying einbezogen zu werden, sei es als Opfer oder als Täter. Dieser Geschlechtseffekt ist jedoch nur in drei Studien signifikant (Hoover, Oliver und Hazler, 1992; Lagerspetz et al., 1982; O’Moore und Hillary, 1989). Jedoch kann es sein, daß es sich hier nur um ein methodisches Artefakt handelt, da Geschlecht und Einschätzbarkeit von Bullying miteinander vermischt werden, da die Formen von Bullying zwischen Mädchen und Jungen verschieden sind. Also bestehen keine Geschlechtseffekte. In Bezug auf das Auftreten von Bullying haben also weder Alter noch Geschlecht einen Einfluß, jedoch das Geschlecht auf die Art von Bullying: Jungen werden in 82% der Fälle (Boulten et Underwood) von Jungen allein angegriffen, Mädchen dagegen von Jungen, von Mädchen oder von beiden Geschlechtern. Jungen erfahren meist physische Angriffe oder Drohungen, Mädchen meist verbale und indirekte Attacken (Quälen, Gerüchte verbreiten, ignorieren: Whitney et Smith, 1993). Physische Angriffe nehmen mit dem Alter ab (Whitney et Smith, 1993). Ob man durch ein Individuum oder eine Gruppe angegriffen wird, ist vom Alter (Altersstufe) und Geschlecht dagegen unabhängig (Whitney et Smith, 1993).

2.3.3 Faktoren

2.3.3.1 Täter

In der Mobbing-Literatur werden sie nicht behandelt; hier sind sie jedoch zentral (Olweus, 1993). Bullys zeichnen sich durch ein hohes Aggressionsniveau aus (Olweus, 1984). Die Identifizierung von Bullys erfolgt durch die drei Items: 1) beginnt Prügeleien mit anderen Jungen in der Schule; 2) quält andere Jungen in der Schule; 3) wenn ein Lehrer ihn kritisiert, antwortet er und protestiert. Lehrer hatten in der Untersuchung Schüler nach diesen drei Items zu beurteilen. Auch Mütter und deren Söhne, die Bullys waren, stimmten der Aussage "Er / Ich wird / werde leicht ärgerlich auf andere Leute." öfters zu als Opfer und deren Mütter (Olweus, 1984). 60% der Bullys waren außerdem mindestens einmal vorbestraft (Olweus, 1992) im Alter von 24 Jahren. Außerdem sind sie signifikant stärker (physisch) (Lagerspetz et al., 1982) (Einschätzungen von Peers und Lehrern). Sie mochten außerdem die Schule nicht (durch Selbstberichte gefundene Korrelation bei Rigby et Slee, 1991). Sie fühlten sich subjektiv gesehen nicht so wohl (Rigby et Slee, 1991), hatten Probleme zu Hause (ohne methodologische Details bei Stephenson et Smith, 1989). Die Variablen Negativismus der Mutter (positiv-warme vs. negative mütterliche Haltung), das Temperament des Jungen (ruhig- vs. heißblütig in frühen Jahren), das Ausmaß, in dem die Mutter aggressives Verhalten gegenüber anderen Familienmitgliedern toleriert sowie die Häufigkeit des Einsatzes von Methoden, die sich bestimmenden und Macht ausübenden Verhaltens bedienen, durch die Eltern haben einen signifikanten Einfluß auf die Aggressivität der Kinder (Olweus, 1984). Kinder, die vermeidendes Anschlußverhalten zeigen, sind später eher Täter (Troy et Sroufe, 1987). Es gibt keine Belege dafür, ob all diese Merkmale notwendige, hinreichende oder überhaupt Bedingungen für das Auftreten von Bullying sind, da diese Merkmale durch korrelative Studien gewonnen wurden..

2.3.3.2 Opfer

Opfer sind physisch schwächer und zeigen Abweichungen von anderen. Z.B. sind sie Mitglieder einer ethnischen Minorität. Jedoch steht noch nicht fest, ob dieses Merkmal auch dann ausschlaggebend ist, wenn eine Minorität die einzige repräsentative Minorität in einer Gruppe ist (Moran et al., 1993). Auch Fettleibigkeit ist eine mögliche Abweichung (Olweus, 1978). Opfer treten nicht bestimmt auf und sind nicht aggressiv. Meist sind sie depressiver (Neary und Joseph, 1994). Ist letzteres jedoch die Ursache oder Folge von Bullying ? Desweiteren zeigen Opfer ein niedriges Selbstwertgefühl, d.h. sie haben eine negative Sicht von sich selbst und der eigenen Situation (Rigby und Slee, 1991). Sie hatten in ihrer Kindheit eine unsichere Bindung zu ihrer Mutter (Troy und Sroufe, 1987).

Abweichungen von anderen kommen jedoch bei jedem Menschen vor. Es ist möglich, daß sie den Bullys zur Rechtfertigung von Bullying dienen. Nicht untersucht ist die kleine Gruppe der Opfer, die zugleich aggressiv und unpopulär, d.h. provozierend, ist.

2.3.3.3 Situation

Auch die Schulart spielt eine Rolle in Bezug auf die Häufigkeit von Bullying. Am meisten Bullying liegt bei niedrigem sozioökonomischen Status der Eltern (Siann ???, 1993), in Mittelschulklassen (O’Moore und Hillary, 1989) und in Spezialklassen (Olweus, 1993) vor.

2.3.3.4 Wechselwirkungen zwischen den Faktoren Täter, Opfer und Situation

Es bestehen keine empirischen Belege für das notwendige gleichzeitige Auftreten eines Opfers und eines Täters für das Vorkommen von Bullying.

2.4 Möglichkeiten der Intervention

Es besteht die Möglichkeit der Veränderung

i) des Verhaltens und der Reaktionsmuster des Täters. Dies wird als Large-scale intervention bezeichnet Hierzu liegen keine zugänglichen Beschreibungen vor.

ii) der Umgebung mit dem Ziel, eine warme und interessierte Umgebung zu erhalten. Ebenso ist es notwendig, den Kindern und Jugendlichen Grenzen zu setzen. Das reduziert nicht nur Bullying, sondern auch Phänomene wie Vandalismus.

2.5 Fazit

Die Literatur zu Bullying stellt den Täter in den Vordergrund, die Mobbing-Literatur Situationsvariablen. Daß Situationsvariablen einen Einfluß auf das Vorkommen von Bullying haben, wird durch Bullying-Studien nachgewiesen: Vor allem Ein-Geschlecht-Schulen und Schulen mit Schülern der unteren sozialen Klasse weisen mehr Bullying auf. Die Beaufsichtigung von Spielplätzen und Waschräumen reduziert Bullying (Siann et al., 1993). Bei Mobbing gibt es vor allem Fallstudien, bei Bullying Korrelationsstudien. Ein der Bullying- und der Mobbing-Forschung gemeinsames Problem ist, daß beide kollektive und dyadische Aggression als ein Phänomen auffassen, ohne nachzuweisen, daß dies gerechtfertigt ist. Ebensowenig haben beide weder theoretischen Rahmen für die Einbettung der empirischen Ergebnisse entwickelt noch experimentelle Studien präsentiert.

3 Sozialer Status zwischen Peers

Bei diesem Thema geht es darum, daß es Kinder gibt, die keinen Kontakt in ihrer jeweiligen sozialen Umgebung (Vorschulen, Schulen usw.) haben und durch ihre Peers abgelehnt werden. Dieses Feld zeichnet sich, im Gegensatz zu den beiden vorigen (Mobbing und Bullying) nicht nur durch ausgearbeitete theoretische Erklärungen aus, die empirisch getestet wurden, sondern auch durch interessante Untersuchungsergebnisse.

3.1 Definition sozialer Ablehnung

Das Konzept der Ablehnung durch Peers bezeichnet ebenso wie Mobbing und Bullying den Ausdruck einer negativen Einstellung gegenüber einer Person. Der Unterschied zu den beiden weiter oben vorgestellten Konzepten Mobbing und Bullying ist, daß abgelehnte Kinder nicht unbedingt drangsaliert werden, d.h. sie werden nicht unbedingt wiederholt negativen Aktionen, denen sie wehrlos gegenüber stehen, über eine längere Zeit hinweg ausgesetzt. Zwischen Bullying und sozialer Ablehnung besteht nach Perry et al. (1988) eine Korrelation von 0.57. Außerdem sind die meisten Opfer von Bullying auch die soziometrisch als abgelehnt identifizierten Kinder. Von den abgelehnten Kindern sind jedoch nur die Hälfte Opfer von Bullying (Schuster, im Druck).

3.2 Operationalisierung der verschiedenen Arten sozialen Status

Die Operationalisierung der Formen sozialen Status (abgelehnt, vernachlässigt, kontrovers, beliebt und durchschnittlich) basiert auf der sozialpsychologischen Methode der Soziometrie.

Abgelehnte Kinder sind diejenigen, die kaum genannt werden, wenn ihre Peers nach ihren drei liebsten Gruppenmitgliedern gefragt werden, und deren Namen oft fallen, wenn es um die Nennung der am wenigsten gemochten Gruppenmitglieder geht.

Vernachlässigte Kinder, die ebensowenig wie die abgelehnten Kinder Freunde finden, obwohl sie nicht so offen wie jene abgelehnt werden, werden nie als am meisten gemocht, aber auch kaum jemals als am wenigsten gemocht von ihren Peers bezeichnet

Die kontroversen Kinder haben sowohl viele negative als auch viele positive Nennungen. Beliebte Kinder haben viele positive Nennungen und fast keine negativen Nennungen. Bei den bzgl. des Status unter Peers durchschnittlichen Kindern liegt jeweils eine durchschnittliche Anzahl von positiven und negativen Nennungen vor.

3.3 Wichtigkeit von Peer Relationships

Je älter Kinder werden, desto wichtiger sind Kontakte mit Gleichaltrigen. Freunde haben viele Funktionen und sind wichtig für das Leben und die Entwicklung des Kindes: Sie sind wichtige Quellen von Kameradschaft und Wohlbefinden, teilen Rat und Besitz, sind vertrauenswürdige Vertraute und Kritiker, verhalten sich wie loyale Verbündete und sorgen für Stabilität in Zeiten von Streß oder Übergang. Vor allem in der heutigen Zeit sind Kontakte mit Gleichaltrigen sehr wichtig aufgrund der steigenden Anzahl arbeitender Mütter und Familien mit einem Elternteil, was dazu geführt hat, daß Kinder früher in eine organisierte Peer-Gruppen-Welt eintreten, wie z.B. Kindertagesstätten oder Kindergarten. Außerdem dauert die Schulzeit für viele Kinder länger als früher. Häufig betreiben Kinder mehrere außerschulische und Sommerlager-Aktivitäten (z.B. Klubs, Sportarten, Kirchengruppen und Camps). All diese Erfahrungen sorgen dafür, daß Kinder viel Zeit mit Gleichaltrigen während ihrer Kindheit und Jugend verbringen. Während gute Beziehungen zu Gleichaltrigen viele belohnende Aspekte mit sich bringen, sind schlechte die Quelle von Streß und Angst. Kinder, die nicht akzeptiert werden und keine Freunde haben, erleben heute viel größere Not als früher, da der Grad an erlebtem Peer-Kontakt heute erheblich gestiegen ist.

3.4 Gründe für die Untersuchung abgelehnter Kinder

Anhand der Untersuchung abgelehnter Kinder kann man etwas über die Entwicklung von sozialer Kompetenz lernen und adäquates von inadäquatem Verhalten (z.B. Aggression und Fahrigheit) unterscheiden. Die soziale Welt ist ein komplexer und fordernder Ort, der von Kindern verlangt, daß sie potentiell miteinander in Konflikt stehende Ziele koordinieren, komplexe soziale Informationen verarbeiten und effektiv in verschiedenen Situationen reagieren. Eine Interaktion auf dem Spielplatz z.B. verlangt von einem Kind den Eintritt in eine Gruppe, das Führen einer Konversation und das koordinierte Spielen, das Zurechtkommen mit Hänseleien und anderen Formen zweideutiger Provokation und das Lösen offener interpersonaler Konflikte.

Durch die Untersuchung abgelehnter Kinder wird außerdem die Grundlage geschaffen, diesen Kindern zu helfen, soziale Kompetenz zu entwickeln, da unpopuläre Kinder später Lebens- oder psychische Probleme haben könnten sowie anfällig für andere negative Erscheinungen sein könnten wie z.B. Kriminalität oder früher Rückzug von der Schule. Durch die Erforschung der Entwicklung sozialer Kompetenz soll die Entwicklung effektiver Interventionsprogramme ermöglicht werden. Interventionsmöglichkeiten sind am effektivsten, wenn sie sich auf die Prozesse konzentrieren, die für das Entstehen und Beibehalten eines Status in einer Peer-Gruppe verantwortlich sind.

3.5 Empirische Studien (zum folgenden siehe Asher (1990))

Die meisten vorhandenen empirischen Studien untersuchen die Merkmale abgelehnter und vernachlässigter Kinder. Nur wenige Studien untersuchen auch Situationsfaktoren oder wechselseitige Prozesse zwischen Faktoren als Ursache von Ablehnung und Vernachlässigung. Studien über Täter, also Kinder, die aktiv dazu beitragen, daß ein Kind von einer Gruppe abgelehnt oder vernachlässigt wird, gibt es nicht. Die Identifikation abgelehnter Kinder erfolgt über soziometrische Methoden. Dabei sind die Anzahl und die Art der Nennungen (positiv, negativ) oder Rating-Skalen zur Einschätzung der Beliebtheit eines Kindes sich gegenseitig ergänzende soziometrische Methoden.

3.5.1 Ausmaß des Problems abgelehnter Kinder

Abhängig von der Methode der Erhebung ist das Ausmaß der Ablehnung von Kindern durch ihre Peers verschieden: Sollen Grundschüler ihre drei besten Freunde in ihrer Klasse nennen, werden 10% von niemandem genannt (Hymel und Asher, 1977); handelt es sich um gegenseitige soziometrische Nennungen, sind es noch mehr Kinder, die von niemandem genannt werden (Bukowski und Hoza, 1989).

3.5.1.1 Alters- und Geschlechtseffekte

Es bestehen keine Alterseffekte. Jungen werden ein wenig häufiger abgelehnt als Mädchen (15.4% gegenüber 10.6% bei Coie, Dodge und Coppotelli, 1982). In manchen Untergruppen ist der Anteil der Kinder mit diesbzgl. Problemen evtl. höher. Dies weist auf Merkmale abgelehnter Kinder als mitbeteiligtem Faktor bei sozialer Ablehnung hin.

3.5.2 Opfer

Nach Dodge (1983) nimmt die nach Photographien durch College-Studenten eingeschätzte Attraktivität mit dem sozialen Status ab. Somit nimmt also die Attraktivität von abgelehnten über kontroverse und vernachlässigte bis hin zu populären Kindern zu.

Kinder niedrigen sozialen Status (vgl. Dodge und Feldman, 1990) schreiben eigenen Mißerfolg inneren und stabilen Ursachen zu, gehen von feindlicheren Einstellungen anderer aus im Vergleich zu Kindern höheren sozialen Status und finden weniger effektive Lösungen für soziale Probleme oder Konflikte. Außerdem interpretieren sie das Verhalten anderer weniger scharfsinnig. Desweiteren sind sie weniger realistisch, was den Eindruck betrifft, den sie auf andere machen, und sie beharren weniger im Angesicht sozialen Mißerfolgs.

Erfolgreiches Anschlußverhalten beinhaltet nach Putallaz ??? (1989) zunächst die Bestimmung des Bezugsrahmens der Gruppe, also ihrer informellen Regeln. Der beste Weg, um diese zu erfahren, ist, das Verhalten und die Reaktionen der anderen passiv zu beobachten und dann das eigene Verhalten zu benutzen, um den anderen zu signalisieren, daß man sich an die Gruppennorm halten wird. Eine erfolgreiche Verhaltenssequenz, um in eine Gruppe integriert zu werden, besteht also aus passivem Beobachten, aus Vokalisationen (Bemerkungen, Lachen) und aus kooperativem Verhalten. Kinder niedrigeren sozialen Status zeigen nach Putallaz et al. (1989) schwankenderes Anschlußverhalten bzgl. einer Gruppe als Kinder höheren sozialen Status. Nicht populäre Kinder werden öfters ignoriert, müssen länger warten und mehr Versuche unternehmen, bis sie, wenn überhaupt, in eine (Spielgruppe im Experiment von Putallaz et al., 1981) Gruppe aufgenommen werden. Ihre Annäherungsversuche sind weniger kompetent: Im genannten Experiment stimmten sie oft nicht zu, stellten Informationsfragen oder sprachen über sich selbst. Sie taten also Dinge, die die Aufmerksamkeit der Gruppenmitglieder eher auf sie als auf das Spiel zogen. Die populären Kinder dagegen bezogen sich auf das Spiel und lenkten nicht ab. Letztere waren auch eher in der Lage, Gruppenverhalten richtig zu beurteilen.

Abgelehnte Kinder werden als weniger prosozial und aggressiver wahrgenommen (Dodge, 1983). Die Peers finden, daß die abgelehnten die Gruppe stören, ständig um Hilfe fragen, ohne vorher selbst probiert zu haben, zurechtzukommen, und weniger kooperativ seien als die Kinder mit höherem sozialen Status. Vernachlässigte Kinder hatten auf allen soeben genannten Dimensionen niedrigere Ausprägungen und waren im Vergleich zu sozial durchschnittlichen Kindern schüchterner und sonderten sich mehr ab.

Abgelehnte Kinder zeigten weniger angemessenes Spielverhalten -Sie unterbrachen die Spiele, standen im Weg usw.) und weniger soziale Konversation (Coie et al., 1982). Ebenso waren sie aggressiver. Die Vernachlässigten waren unterdurchschnittlich aggressiv.

Die Kontroversen dagegen waren sowohl überdurchschnittlich aggressiv als auch sozial.

Die populären Kinder schließlich begannen zwar nicht von sich aus öfters einen sozialen Kontakt als die Kinder anderen sozialen Status, wurden aber öfters von anderen aufgesucht und beendeten nur selten von sich aus eine Interaktion. Die Interaktionen mit ihnen dauerten außerdem länger. Ihr Verhalten wurde von unabhängigen externen Beobachtern als positiver beurteilt.

Es hat sich aber gezeigt, daß Aggression nicht generell mit Ablehnung korreliert; ein solcher Zusam-menhang gilt nur unbegründete Aggression. Das Ausmaß an Aggression ist in bezug auf den sozialen Status für Jungen ein besserer Prädiktor als für Mädchen. Für letztere ist das Ausmaß an kooperativem Verhalten ein besserer Prädiktor (Coie et al., 1990).

Geistig zurückgebliebene Kinder (Taylor, Asher und Williams, 1987), Kinder mit Verhaltensstörungen wie Hyperaktivität (Henker und Whalen, 1989) oder Kinder mit lernbezogenen Handicaps (Bryan, 1976) besitzen das größte Risiko, sozial abgelehnt zu werden. Es kommt aber auch unter durchschnittlichen und leistungsstarken Studenten vor, daß sie keine Freunde haben.

Abgelehnte Kinder verbleiben länger in diesem sozialen Status als vernachlässigte Kinder, auch über die Zeit und Situation hinweg, also unabhängig von der Zusammensetzung der Peer-Gruppe. Dies liegt an den persönlichen Eigenschaften der Betreffenden: Abgelehnte Kinder zeigen eher ernste nicht-adäquate (d.h. nicht der jeweiligen sozialen Situation angepaßte) Arten der Denkens und Handelns als vernachlässigte Kinder. Ferner fühlen erstere eher Einsamkeit (Asher und Wheeler, 1985) oder Depressionen (Vosk, Forehand, Parker und Rickard, 1982) als vernachlässigte; abgelehnte drücken eher ihr Interesse nach Hilfe bzgl. ihrer Kontaktprobleme (Asher, 1988: 48% vs. 16%) aus als vernachlässigte. Der soziale Status vernachlässigter Kinder ist deswegen nicht stabil, da sie bei neuen Gruppen bestimmter und prosozialer auftreten (Coie et al., 1983).

Zusammenfassend zeichnen sich abgelehnte Kinder durch spezielle soziale Kognitionen und charak-teristische soziale Defizite aus: Sie machen weniger selbstbestätigende Attributionen, gehen von feindlicheren Einstellungen anderer aus und zeigen nicht, daß sie die Gruppenregeln kennen und einhalten werden. Außerdem sind sie weniger prosozial, sondern aggressiver als die Kinder anderen sozialen Status.

3.5.3 Situation

Im Experiment von Putallaz et al. (1989), einem der wenigen über Situationsvariablen geführten Experimente in der Literatur über sozialen Status, waren Kinder Zweier- und Dreiergruppen gegenüber, unabhängig von ihrem sozialen Status, zögernder und zeigten mehr schwankendes Verhalten als einem Individuum oder einer größeren Gruppe gegenüber.

3.5.4 Wechselwirkungen zwischen den Faktoren Täter, Oper und Situation

Sehr aggressive Kinder wurden eher von einer Gruppe unterdurchschnittlich aggressiver Kinder abgelehnt und umgekehrt. Somit genügen individuell-persönliche Variablen nicht, um den sozialen Status zu erklären. Man muß auch beachten, ob der Betreffende in bezug auf seine Persönlichkeit zur Gruppe paßt und ob sein Verhalten der sozialen Situation angemessen ist (Wright, Giammarino und Parad, 1986). Weicht eine Person in diesem Sinne ab, ist es entscheidend für die Ablehnung, ob der Betreffende für seine Abweichung von der Gruppe als verantwortlich und die Abweichung als kontrollierbar angesehen wird. Mehr Verantwortung wurde Kindern für Arroganz und das Brechen von Regeln zugeschrieben als für Schüchternheit und physische Schwäche (Juvonen, 1991).

4 Zusammenfassung

Faktoren, die zu sozialer Belästigung, d.h. Mobbing, Bullying und Ablehnung durch eigene Peers, beitragen, sind:

Täter: Bullying: aggressive Persönlichkeitsstruktur.

Situation: Mobbing: Aufgabenentwurf, Arbeitsorganisation, Management.

Bullying: Unterschiede zwischen Schulen.

Opfer: Bullying: wenig bestimmt auftretend

Ablehnung durch eigene Peers:

disfunktionale soziale Kognitionen, sozial inkompetentes Verhalten.

Wechselwirkungen: Ablehnung durch eigene Peers: schlecht zur Gruppe passend.

Die Literatur über sozialen Status ergänzt diejenige über Mobbing und Bullying insofern, als sie jene beiden theoretisch und methodologisch fundiert. Der Vorschlag der Mobbing-Literatur, einem Neuling einen Paten zuzuweisen, wird durch Befunde der Literatur über sozialen Status unterstützt: Ein Pate würde dem Neuling den Bezugsrahmen sichtbar machen und erklären und ihn somit einiger Hauptschwierigkeiten entheben, die abgelehnte Menschen (Kinder in der Literatur über sozialen Status) haben. Außerdem gibt die Literatur über sozialen Status der Mobbing- und Bullying-Literatur insofern neue Impulse, als sie letztere auf die möglicherweise zentrale Rolle sozialer Inkompetenz des Mobbing- bzw. Bullying-Opfers aufmerksam macht.

Ebenso wird die Literatur über sozialen Status durch die beiden anderen Literaturgruppen dahingehend angeregt, situationalen Variablen wie Managementqualitäten des Lehrers eine größere Aufmerksamkeit zu widmen.

 

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