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Inhalt

 

 

Einleitung

 

Strategien der Streßbewältigung

 

Soziale Unterstützung

 

Zusammenfassung

 

Literatur

 

 

Einleitung

 

Geht man von der verbreiteten Annahme aus, daß jeder Krankheit biologische, psychische und soziale Entstehungsfaktoren zugrunde liegen, dann bekommt neben der Medizin im Zusammenhang mit Entstehungs- und Bewältigungsprozessen von Krankheiten das weitläufige Forschungsfeld der Gesundheitspsychologie als einem Bereich der angewandten Sozialpsychologie eine nicht unerhebliche Bedeutung. Streß und Streßbewältigung (Coping) spielen im Kontext der gesundheitspsychologischen Forschung eine wichtige Rolle. Verschiedene situative, personale und soziale Aspekte können Streß hervorrufen, der seinerseits Krankheiten, z. B. des Herz-Kreislauf-Systems, (mit)verursachen kann.

 

Ziel dieses Textes ist es, nach einer Klärung des "Streßbegriffes" in aller Kürze einen Überblick über verschiedene Dimensionen der Streßbewältigung (Coping-Strategien) zu geben, um dann den Schwerpunkt auf das insbesondere aus sozialpsychologischer Perspektive interessierende und durchaus vielschichtige Themenfeld "social support" (soziale Unterstützung) zu legen.

 

Im Abschnitt über soziale Unterstützung sollen verschiedene Hypothesen und Forschungsansätze angesprochen werden, die jeweils auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Akzentuierungen den Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung in belastenden Lebenssituationen und seinen (potentiellen) Auswirkungen auf die Gesundheit eines Menschen untersuchen.

 

Der Text will einen knappen Abriß über die Thematik "Coping und soziale Unterstützung" bieten, ohne dabei detailliert auf spezielle oder vertiefende Fragestellungen eingehen zu können. Auch empirische Forschungsergebnisse können nur erwähnt oder ansatzweise skizziert werden, obgleich viele der angesprochenen Studien eine dezidiertere Behandlung verdienen würden.

 

Die Arbeit ist die Zusammenfassung eines Referates, das im Wintersemester 1997/98 im Rahmen eines Seminars über Gesundheitspsychologie von Prof. Dr. Dagmar Stahlberg an der Universität Mannheim gehalten wurde.

Strategien der Streßbewältigung

 

Will man sich dem Thema "Streßbewältigung" nähern, so muß zunächst geklärt werden, worum es sich bei dem Phänomen "Streß" überhaupt handelt. Der Terminus "Streß" ist sehr weit in die Alltagssprache vorgedrungen und wird extensiv gebraucht.

Daher ist es um so wichtiger, einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema eine Definition des Streßbegriffes voranzustellen, die zu einer Präzisierung des Erkenntnisgegenstandes führt.

 

Nach Bergius (1994) wird "jede Belastung, die als solche erlebt wird, als Streß bezeichnet. Der Streßbegriff wird zunehmend zur Kennzeichnung extremer Belastungen benutzt, denen der Mensch der Gegenwart ausgesetzt ist. Dazu gehören nervöse Anfälligkeit, Erschöpfung, Neurosebereitschaft, die als Folge von seelischem Druck, Ärger, Hetze, Angst oder Häufung tragischer Ereignisse entstehen". Lazarus (1966) unterstreicht diese Sichtweise, indem er die Reaktionen auf Belastungen durch eine momentane Situation betont.

 

Streß ist in diesem Zusammenhang als stark belastende Lebenssituation zu verstehen, die Ursache und Ausgangspunkt für gesundheitliche Beeinträchtigungen sein kann. In zahlreichen Studien wurde Streß als wichtige Einflußgröße auf Herzerkrankungen, Komplikationen während der Schwangerschaft, aber auch auf Infektionskrankheiten untersucht (Adler und Metthews, 1994). Es schließt sich damit die Frage an, welche Verhaltensweisen Menschen in streßgeprägten Situationen zeigen und welche Auswirkungen auf ihre Gesundheit damit verbunden sein können. Unterschiedliche Formen der Streßbewältigung (Coping) sind bekannt.

 

In der Copingforschung geht man davon aus, daß das Bewältigungsverhalten des Einzelnen eine zentrale Bedeutung für die Vermeidung bzw. die Überwindung von Krankheiten besitzt. Es wird darüber hinaus die These aufgestellt, daß im Hinblick auf psychische und somatische Erkrankungen dem Copingverhalten eine größere Bedeutung zukommt als dem Ausmaß und der Häufigkeit von belastenden Lebenssituationen.

 

"Coping bezeichnet eine Vielzahl von Strategien und Verhaltensweisen der Auseinandersetzung mit Stressoren und belastenden Situationen sowie der Auseinandersetzung mit negativen emotionalen Reaktionen, die durch ein Streß erzeugendes Ereignis ausgelöst werden. Bei der Behandlung von Coping-Strategien besteht die Schwierigkeit, daß Coping-Konstrukte nur schwer von Persönlichkeitsstrukturen und anderen Abwehrmechanismen abzugrenzen sind (Schmidt, 1994)." Die bisherige Forschung identifiziert zwei grundsätzliche Copingfunktionen, nämlich die "Reduktion des Risikos von potentiell schädlichen Folgen von Streßereignisse" sowie die "Kontrolle der negativen emotionalen Reaktionen auf Streßerlebnisse" (Stroebe/Stroebe, 1995).

 

Zur Klassifikation verschiedener Coping-Strategien wird in der Literatur eine Vielzahl von Vorschlägen gemacht (z.B. Moos/Brennan, 1989; Reicherts, 1988; Filipp, 1981; Lazarus/Launier, 1981). Neben den inhaltlich-thematischen und theoriegestützten Einteilungen wurden auch auf der Grundlage von Faktorenanalysen a posteriori verschiedene Coping-Dimensionen empirisch ermittelt.

 

Endler und Parker (1990) unterscheiden zwischen aufgabenorientiertem, emotionsorientierten und vermeidungsorientierten Coping. Ähnliche Dimensionen identifiziert Amirkhan (1990), indem er Problemlösung, Suche nach sozialer Unterstützung und Vermeidung als grundsätzliche Coping-Dimensionen angibt. Folkman et al. (1986a) kommen zu insgesamt acht grundlegenden Coping-Dimensionen. Dabei wurden den Befragten eine Liste mit verschiedenen Coping-Strategien vorgelegt. Sie sollten angeben, welche der genannten Verhaltensweisen sie bei einer aktuellen Streßerfahrung angewandt haben. Die Kategorien, die ermittelt wurden, sind stark abhängig vom methodischen Vorgehen der jeweiligen Forscher.

 

Das nachfolgende Beispiel soll verdeutlichen, welche spezifischen Bewältigungsformen schließlich zu übergeordneten Coping-Dimensionen zusammengefaßt wurden:

 

 

 

 

 

Konfrontation

Confrontative Coping

- Stood my ground and fought for what I wanted

- Tried to get the person responsible to change his or her mind

- I express anger to the person(s) who caused the problem

- I let my feelings out somehow

Distanzierung

Distancing

- Made lights of the situation; refused to get too serious about it

- Went on as if nothing had happened

- Didn’t let it get to me; refused to think about too much

- Tried to forget the whole thing

Selbstkontrolle

Self-controlling

- I tried to keep my feelings to myself

- Kept others from knowing how bad things where

- I tried to keep my feelings from interfering with other things too much

Suche nach sozialer Unterstützung

Seeking for social sup-port

- Talked to someone to find out more about the situation

- Talked to someone who could do something concrete about the problem

- I asked a relative or a friend I respected for advice

- Talked to someone about how I was feeling

Akzeptanz der eigenen Verantwortung

Accepting responsibility

- Criticized or lectured myself

- Realized I brought the problems on myself

- I made a promise to myself that things would be different next time

Flucht / Vermeidung

Escape / Avoidance

- Wished the situation would go away or somehow be over with

- Hoped a miracle would happen

- Had fantasies about how things might turn on

- Tried to make myself better by eating, drinking, smoking, using drugs or medications, etc.

Geplante Problemlö-sung

Planful problem solving

- I knew what had to be done, so I doubled my effords to make things work

- I made a plan of action and followed it

- Changed something so things would turn out all right

- Drew on my past experiences; I was in a similar position before

Positive Neubewer-tung

Positive reappraisal

- Changed or grew a person in a good way

- I came out of the experience better than when I went in

- Found new faith

- Rediscovered what is important in life

 

Gleich wie viele und welche Coping-Dimensionen als Ergebnis der Faktorenanalyse zusammengefaßt werden, es sind und bleiben letztlich Konstrukte. Es wäre folglich falsch davon auszugehen, daß Personen, die sich in einer durch Streß belasteten Lebenssituation befinden, quasi "chemisch-rein", nur eine Coping-Strategie verfolgen. Vielmehr belegen empirische Ergebnisse, daß mehrere Coping-Strategien zur Bewältigung belastender Lebenssituationen angewandt werden. Vieles spricht für die Einschätzung, daß Coping-Verhalten stark vom jeweiligen situativen Kontext abhängt (Ilfeld, 1980). Auch wäre die Annahme sehr in Frage zu stellen, daß das Verfolgen einer bestimmten Coping-Strategie das Produkt eines rationalen Evalutionsprozeß der betroffenen Person sei. Wie bereits erwähnt sind die Persönlichkeitsstrukturen eines Individuums Einflußgrößen, die nicht ignoriert werden können (Folkman/Lazarus, 1980). Daher ist es durchaus von Interesse, den Zusammenhang zwischen bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen und der jeweiligen Dominanz verschiedener Coping-Strategien zu untersuchen.

 

Die Frage nach der Wirksamkeit unterschiedlicher Coping-Strategien ist ein schwieriges Feld und bislang in der Forschung eher uneinheitlich behandelt worden. Um die Wirksamkeit verschiedener Coping-Konzepte ermitteln zu können, müßten zunächst einheitliche Kriterien formuliert werden, anhand derer der entsprechende Erfolg einer Coping-Strategie gemessen werden könnte. Einigkeit besteht jedoch darin, daß die Wirksamkeit einer Coping-Strategie von der Art der Streß erzeugende Situation abhängt.

 

In einer Studie von Pearlin und Schooler (1978) wird darauf verwiesen, daß individuelle Coping-Strategien im Hinblick auf die Bewältigung von gesundheitsgefährdenden Belastungen in verschiedenen Lebensbereichen unterschiedlich wirksam sind. So können bestimmte Coping-Strategien, die im Bereich der Partnerschaft durchaus emotional belastende Situationen verhindern oder eindämmen, im Bereich der Kindererziehung oder auf beruflicher Ebene aber keine oder nur geringfügige Effekte aufweisen.

 

Solche Ergebnisse mögen letztlich im Hinblick auf allgemeingültige Aussagen über die Wirksamkeit verschiedener Coping-Strategien unbefriedigend bleiben. Sie machen jedoch deutlich, daß sowohl individuell unterschiedliche psychische Dispositionen sowie der situative Kontext nicht ausgeblendet werden können, wenn man sich mit dem Thema Streßbewältigung auseinandersetzt.

 

Dennoch kann auf sehr allgemeiner Ebene wird davon ausgegangen werden, daß Verdrängungsstrategien (z.B. Distanzierung oder Flucht/Vermeidung) in frühen Phasen der Auseinandersetzung mit einem traumatischen Ereignis effektiv sein können (Stroebe, 1992). Auf lange Sicht stellen sie sich als ungeeignet dar, um mit schwierigen Lebenssituationen fertig zu werden (Stroebe/Stroebe, 1995). Pennebaker untermauert mit seiner "theory of inhibition" diese These, indem er darauf hinweist, daß fehlende oder mangelhafte Auseinandersetzung mit traumatischen Lebensereignissen sich langfristig negativ auf die Gesundheit niederschlägt (Pennebaker et al, 1988).

 

 

Soziale Unterstützung

 

Innerhalb der Copingforschung kommt insbesondere aus sozialpsychologischem Blickwinkel dem Thema soziale Unterstützung eine zentrale Rolle zu. Unter social support versteht man nach Cobb (1976) "die Information durch andere, geliebt und versorgt, geachtet und geschätzt sowie Teil eines Netzwerkes zu sein, in dem miteinander kommuniziert wird und in dem man sich gegenseitig unterstützt". Soziale Unterstützung kann von Lebenspartnern, Freunden, Familienmitgliedern aber auch Vereins- und Organisationsmitgliedern (z.B. Arbeitskollegen) gegeben werden. Der Mangel an sozialer Unterstützung bzw. soziale Isolation ist nach einer Studie von House, Landis und Umberson (1988) ebenso gefährlich wie regelmäßiges Rauchen. Allgemein wird davon ausgegangen, daß soziale Unterstützung zu einem besseren Zustand der Gesundheit, selteneren Erkrankungen und höherer Lebenserwartung führt.

 

Die Forschung im Bereich der sozialen Unterstützung geht von der These aus, daß es einen (positiven) Zusammenhang zwischen Umfang und Qualität sozialer Bindungen und Krankheitsprozessen gibt. Der Einfluß von sozialer Unterstützung auf gesundheitsförderndes Verhalten ist evident und in zahlreichen Studien empirisch belegt. Die Wahrscheinlichkeit für gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen in belastenden Lebenssituationen ist bei den Personen größer, die keine oder nur geringe soziale Unterstützung erfahren. Insbesondere die soziale Kontrolle, die von einem intakten sozialen Umfeld ausgeht, sorgt als Vermittlungsinstanz dafür, daß gesundheitsgefährdendes Verhalten (z.B. Rauchen, übermäßiger Alkoholgenuß, Drogen, etc.) vermieden wird.

 

Neben dem Einfluß von sozialer Kontrolle wird in der Literatur über social support und Gesundheit auch auf "Selbstachtung" als vermittelnder Variable zwischen sozialer Unterstützung, psychischem Wohlbefinden und Gesundheit hingewiesen (Stroebe & Stroebe, 1995). Man geht gemeinhin davon aus, daß die Einbettung in ein intaktes soziales Umfeld (Netzwerk) einen positiven Einfluß auf das Selbstwertgefühl hat. Dies wiederum führt zu einem Gefühl von "psychischem Wohlbefinden", was sich seinerseits gesundheitsfördernd auswirkt.

 

Nach House (1981) kann soziale Unterstützung vier verschiedene Ausprägungen annehmen:

  1. Emotionale Unterstützung (Liebe, Zuneigung, Vertrauen, Zuspruch,...)
  2. Intrumentelle Unterstützung (Konkrete Hilfen wie finanzielle Unterstützung, Übernahme von Haushaltstätigkeiten, o.ä.)
  3. Informative Unterstützung (Informationen, die helfen, ein Problem in den Griff zu bekommen)
  4. Bewertende Unterstützung (Bewertungen, die Personen Wertschätzung, Anerkennung o.ä. entgegenbringen)

 

Neben den Dimensionen sozialer Unterstützung, wie sie von House vorgeschlagen werden, gibt es einige andere Formen, das Konstrukt zu operationalisieren. Für die empirische Untersuchung von sozialer Unterstützung wurden verschiedene Meßmethoden entwickelt:

 

Der Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und einer positiven Wirkung auf die Gesundheit ist differenzierter zu betrachten, als es auf den ersten Blick scheint. Die einfachste Form, die vorstellbar ist, wäre ein direkter Effekt zwischen Ausmaß an sozialer Unterstützung und gesundheitlicher Situation. Beim direkten Effekt geht man von der Annahme aus, daß unabhängig von der Stärke des individuellen Streßempfindens die Einbettung in eine starke soziale Gemeinschaft und die damit verbundene soziale Unterstützung zu einem stärkeren Gefühl des Wohlbefindens beiträgt, was sich positiv auf die Gesundheit auswirkt.

 

Das empirisch gut belegte Puffer-Modell von La Rocco et al. (1980) geht einen Schritt weiter als die Annahme eines direkten Effektes. Die Aussage, die von La Rocco und seinen Mitarbeitern getroffen wird, läßt sich bildhaft zusammenfassen. Soziale Unterstützung funktioniert demnach bei akuter Streßbelastung wie ein Puffer, der die gesundheitsbedrohende Wirkung, die von Streß ausgeht, gleichsam abfedert. Damit sinkt die Erkrankungswahrscheinlichkeit von Personen mit großer sozialer Unterstützung gegenüber den Personen, die keine oder nur schwache soziale Unterstützung erfahren. Hohe Streßbelastung und ein hohes Maß an sozialer Unterstützung inter-agieren also in der Form, daß die ungünstigen Streßauswirkungen durch gute soziale Unterstützung stark abgefedert werden. Liegt jedoch nur eine geringe Streßbelastung vor, unterscheiden sich gering und stark unterstützte Personen in ihrer Krankheitsanfälligkeit kaum.

 

Bereits 1972 haben Nuckolls et al. eine Untersuchung vorgenommen, bei der es um den Zusammenhang zwischen belastenden Lebensereignissen, sozialer Unterstützung und der Komplikationsrate bei Schwangerschaften ging. Die Ergebnisse unterstützen die These, die auch das "Puffer-Modell" postuliert. Es wurde festgestellt, daß die Komplikationsrate bei Schwangerschaften weder durch belastende Lebensereignisse noch sozialer Unterstützung allein beeinflußt wurde. Eine signifikant niedrigere Komplikationsrate konnte hingegen bei stark belasteten Frauen nachgewiesen werden, denen gleichzeitig gute soziale Unterstützung zuteil wurde. Bei ihnen lag die Komplikationsrate um rund ein Drittel niedriger als bei stark belasteten Frauen ohne oder mit nur geringer sozialer Unterstützung.

 

Im Hinblick auf die Wirksamkeit von sozialer Unterstützung weisen auch Gentry und Kobasa (1984) darauf hin, daß vor allem bei "intensivem chronischem Streß" soziale Unterstützung einen starken Einfluß auf die Gesundheitssituation ausübt. Sie unterscheiden dabei zwischen "lebensbereichfremder" und "lebensbereichinterner" Unterstützung. So wirkt sich lebensbereichsfremde Unterstützung (beispielsweise familiäre Hilfe bei arbeitsbedingtem Streß) deutlich weniger stark aus, als lebensbereichsinterne (beispielsweise Unterstützung von Arbeitskollegen).

Noch einen Schritt weiter gehen Holahan et al. (1997) in ihrem Befund. Sie treten der These entgegen, daß soziale Unterstützung per se einen positiven Einfluß auf die Gesundheit besitzt. In vielen Beziehungen gibt es neben sozialer Unterstützung auch soziale Stressoren (negative support). Beides wirkt sich mit dem selben Mechanismus signifikant auf das Konstrukt des sozialen Kontextes aus. Negative Aspekte von sozialen Beziehungen wirken sich dabei genauso stark gesundheitsbelastend aus wie positive gesundheitsfördernd wirken.

 

Empirisch wurde die Existenz negativer Einflüsse von sozialen Beziehungen auf die Gesundheit aufbauend auf den "Resources Model of Coping" von Holahan und Moss (1994) in einer prospektiven Studie, die über den Zeitraum von vier Jahren 183 Herzpatienten beobachtete, untersucht. Sie gingen von den Hypothesen aus, daß der soziale Kontext (innerfamiliär und außerfamiliär), in dem sich Personen befinden, sowohl von unterstützenden Elementen (support) als auch von belastenden Elementen (social stressors) geprägt ist. Diese Konstellation würde eine Vorhersage auf die indirekte Folge depressiver Symptome zulassen. Mit Hilfe einer LISREL-Analyse wurden die Hypothesen in einem integrativen Modell getestet.

 

Die Untersuchung bestätigte die Ausgangshypothesen, daß die meisten sozialen Beziehungen gleichzeitig sowohl unterstützend als auch belastend wirken. Die negativen Aspekte von sozialen Bindungen beeinträchtigen dabei den Copingerfolg ebenso stark wie ihm positive Aspekte dienlich sind. Allerdings kamen Holahan et al. in ihrer Untersuchung auch zu dem Ergebnis, daß negative Komponenten sozialer Bindungen deutlich seltener berichtet wurden als positive. Soziale Unterstützung und soziale Stressoren unterliegen im Rahmen des Copingprozesses den selben Wirkungsmechanismen. In Abhängigkeit von sozialen Beziehungen und Geschlecht kommt Lepore (1992) zu der Aussage, daß soziale Bindungen von Frauen insgesamt eine weniger konfliktträchtige und damit stärker unterstützende Form besitzen als die von Männern. Weitere signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede stellt er nicht fest.

 

Zusammenfassung

 

Jeder Mensch ist mehr oder weniger stark in irgendeiner Form von Streß betroffen. Streßbelastete Lebenssituationen sind Ausgangspunkte für unterschiedliche Krankheiten. Deshalb sind verschiedene Formen der Bewältigung von belastenden Lebensereignissen zur Verhinderung von Krankheiten in der Copingforschung untersucht worden. Eine Vielzahl von Coping-Strategien und Coping-Dimensionen sind im Verlauf der Auseinandersetzung mit diesem Thema identifiziert und diskutiert worden. Eine allgemeingültige Aussage zur Wirksamkeit einzelner Coping-Strategien kann jedoch nicht gemacht werden, da auch Faktoren wie Persönlichkeitsstrukturen oder spezifische soziale Situationen auf den Coping-Prozeß einwirken.

 

In der Copingforschung nimmt der Themenkomplex der sozialen Unterstützung (social support) eine exponierte Stellung ein. Innerhalb des Forschungsprozesses zu diesem Thema wurden zahlreiche Studien vorgelegt, die ganz unterschiedliche Facetten sozialer Unterstützung herausarbeiteten. Während man in früheren Arbeiten ausschließlich von positiven Effekten von sozialer Unterstützung auf die Gesundheit von streßbelasteten Personen ausging, werden in neueren Arbeiten auch negative Einflußgrößen von sozialen Beziehungen thematisiert.

 

Insgesamt kommt der Copingforschung mit der spezifischen Untersuchung des Bereiches der sozialen Unterstützung in dem Maße eine praktische Relevanz zu, wie Streß und belastende Lebenseinflüsse den Alltag des Menschen betreffen. Als Bereich der angewandten Sozialpsychologie hat diese Fragestellung insbesondere dann Konjunktur und stößt auf allgemeines Interesse, wenn verstärkt gesellschaftliche Entwicklungen festzustellen sind, die eine Vielzahl von Menschen mit belastenden Situationen konfrontieren. Die Tatsache, daß beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland zu Beginn des Jahres 1998 fast fünf Millionen Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen sind und eine nicht geringe Zahl von einem Arbeitsplatzverlust bedroht ist, vermittelt eine Idee davon, wie aktuell und allgegenwärtig belastende Lebenssituationen für eine Vielzahl von Menschen in dieser Gesellschaft sind.

 

 

 

Literatur

 

 

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