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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
    1. Grundlagen der Theorie
      1. These des Dirk Baecker
      2. Differenzierungstheoretisch - soziologischer Diskurs
      3. Sozialarbeitswissenschaftliche Debatte
      4. Konsens und Kritikpunkte
    2. Klärung diverser Begriffe
    3. Kleve‘s Theorie der sozialen Arbeit
  2. Die funktionale Differenzierung
    1. Die historische Abgrenzung
    2. Inklusion/Exklusion
      1. Inklusion
      2. Exklusion
    3. Soziale Integration
    4. Exklusiosdrift
  3. Soziale Arbeit als sekundäres Funktionssystem sozialer Hilfe
    1. Allgemein
    2. Funktion
    3. Leistung
    4. Operationale Schließung und die binäre Codierung
  4. Der Weg zur reflexiven Differenzierung
    1. Darstellung
    2. Die drei alternativen Strategien
    3. Die reflexive Differenzierung
  5. Zusammenfassung
    1. Eigene Gedanken
    2. Kritische Betrachtung
  6. Anhang
    1. Folie Inklusion/Exklusion
    2. Folie Integration/Desintegration
    3. Folie funktionale Differenzierung heute
    4. Folie Desintegration versus Exklusion

 

1. Einleitung

Im Zuge der Betrachtung verschiedener sozialpädagogischen Theorien sollte die These von Heiko Kleve, der die funktionalen Differenzierung mit der dazugehörenden Inklusion, bzw. Exklusion favorisiert, nicht übersehen werden. Sie spielt ein wichtiger Aspekt in der heutigen Gesellschaftsstruktur. Kleve greift hier die These von Dirk Baecker auf, der diese 1994 ausformulierte.

 

1.1 Grundlagen der Theorie

1.1.1 These des Dirk Baecker

Die These geht davon aus, daß sich soziale Arbeit, bzw. die soziale Hilfe als Funktionssystem der Gesellschaft ausdifferenziert hat. Sie hat sich also in eine Richtung spezialisiert, in der sie unabhängig wird von anderen Funktionssystemen. Weiter versucht die soziale Arbeit die Inklusionsprobleme der Bevölkerung und eines jeden Individuums in ein Funktionssystem der Gesellschaft zu betreuen, sie zu bearbeiten und sie zu lösen.

Natürlich gibt es auch immer Autoren, die eine These weiterentwickeln, sie kritisch beleuchten oder sie verifizieren. So auch die These von Dirk Baecker. Auf zwei wissenschaftlichen Feldern entfachten Debatten über diese These.

 

1.1.2 Differenzierungstheoretisch - soziologischer Diskurs

Auf dem differenzierungtheoretisch-soziologischen Feld diskutierten Fuchs und Schneider auf der einen und Lehmann auf der anderen Seite. Während Fuchs und Schneider davon ausgehen, daß soziale Arbeit ein sekundäres Funktionssystem ist, welches sich aus den primären Funktionssysteme ausdifferenziert hat. Soziale Arbeit versucht hierbei bestimmten Exklusion, die durch Teilbereiche der Gesellschaft entstehen, entgegenzuwirken.

Luhmann widerspricht zwar dieser These nicht, gibt aber zu Bedenken, daß es noch keine soziale Realität ist, die soziale Arbeit aber ein Entwicklungspotential besitzt. Er behauptet, daß hier ein sekundäres Funktionssystem im Begriff ist zu entstehen, das sich mit den Exklusionsfolgen der funktionalen Differenzierung befaßt.

 

1.1.3 Sozialarbeitswissenschaftliche Debatte

Ein weiteres Feld für Debatten findet sich auf dem sozialarbeitswissenschaftlichen Diskurs. Die Frage, die hier die wissenschaftlichen Geister scheidet ist die, ob sozialarbeiterische Hilfe bereits funktionssystematosch ausdifferenzierte Kommunikation oder erst organisatorisch eingebundene soziale Hilfe mit Ansätzen ist.

Bommes und Scherr sind hier der Meinung, daß soziale Arbeit noch nicht funktionssystemisch ist, sondern eher auf einer organisatorischen Ebene gelöst wird. Soziale Arbeit übernimmt hierbei drei Aufgaben:

- Exklusionvermeidung

Merten nimmt eine Position ein, die die Soziale Arbeit als ein sekundäres Funktionssystem in die primären Teilsysteme eingliedert und somit funktional autonom arbeitet.

 

1.1.4 Konsens und Kritikpunkte

Trotz all diesen Diskussionen und Uneinigkeiten finden die verschiedenen Positionen soweit einen Konsens, indem sie den Standpunkt vertreten, daß die funktionale Differenzierung, bzw. der Weg dorthin ein Lösungsversuch von zwei Problemen ist.

Das erste Problem stellt die Inklusionsgefährdung, bzw. die Exklusion von Personen aus den primären Funktionssystemen dar. Während die Integrationsgefährdung, bzw. Desintegration bezüglich der in primären Funktionssystemen vermittelter sozialer Bindungen das zweite Problem ist, auf das die soziale Arbeit eine Lösung sucht.

Nur Beck betrachtet selbst diesen Konsens kritisch und stellt zwei Fragen in den Raum. Können die Probleme, die die funktionale Differenzierung erst produzieren ebenfalls durch funktionale Differenzierung gelöst werden? Und wird die funktionale Differenzierung zu einem gesellschaftlichen Problem, welches nicht mehr durch funktionale Differenzierung gelöst werden kann? Eine dieser beiden Fragen wird im fünften Teil dieser schriftlichen Ausarbeitung näher betrachtet.

 

1.2 Klärung diverser Begriffe

Im Verlauf der bisherigen Ausarbeitung sind nun schon einige Begriffe genannt worden, welche einer Klärung bedürfen. So zum Beispiel sind primäre Funktionssysteme Systeme, denen eine bestimmte Aufgabe zugeordnet ist. Jedes Funktionssystem hat ein bestimmtes Ziel, daß durch ein Programm erreicht werden soll. Dieser Begriff wurde durch Luhmann geprägt. Weiter sind Funktionssysteme Interaktions- und Kooperationsgefüge, die autonom handeln, um sich selbst zu reproduzieren und sich zu spezialisieren. Dies bedeutet, daß sie speziell auf sie zutreffenden Zuständigkeiten übernehmen, um andere abzugeben. Ein Funktionssystem entscheidet über die Chance im Leben, ob dies nun Beruf, Familie oder auch etwas anderes ist. Ein Beispiel hierfür wäre das Funktionssystem Recht, welches autonom handeln kann. Es nimmt im Verlauf seiner Reproduktion der Rechtsprechung keine Rücksicht auf die Bedürftigkeit oder Nicht-Bedürftigkeit des Einzelnen, sondern nur auf die Anwendung des Rechts.

Die angesprochene Ausdifferenzierung ist die Annahme von strukturellen Beschränkungen, die das Ausdifferenzierte unabhängig machen von bestimmten Prozessen seiner Umwelt. Die Asudifferenzierung bezieht sich Systeme, Rollen, Codes, Symbole und ähnlichem. Es ist also eine Spezialisierung von einem früheren Teilsystem aus.

 

1.3 Kleve‘s Theorie der sozialen Arbeit

Soziale Arbeit ist ein funktional ausdifferenziertes sekundäres Funktionssystem der Gesellschaft und greift dabei personell zuteilbare Folgeprobleme funktionaler Differenzierung auf. Sie, die Soziale Arbeit widmet sich der Grundlage der funktionalen Differenzierung und versucht die Folgeprobleme zu lösen, wobei ungewollte Nebenfolgen entstehen. Diese Nebenfolgen erschweren die Lösungen der auftretenden Inklusionsprobleme wie auch die sozialarbeiterische Möglichkeiten, um Desintegrationsprozessen erfolgreich entgegenzuwirken. Die funktionale Differenzierung produziert ihrerseits funktionssystemische Inklusion.

 

2. Die funktionale Differenzierung

2.1 Historische Abgrenzung

Die funktionale Differenzierung ist eine historische Weiterentwicklung, welche sich dem gesellschaftlichen System und damit auch dem Werte- und Normenwandel anpasste. Sie, die funktionale Differenzierung, ist der Nachfolger der segmentären und danach der stratifikatorischen Differenzierung.

Die segmentäre Differenzierung ist eine soziale Einteilung wie zum Beispiel Stämme, Clans und Familienverbände, wie sie seit Anbeginn der Menschheit vorhanden sind. Die Familie war schon immer ein sehr wichtiges Funktionssystem, das alle wichtigen Aspekte des Lebens beeinflusste.

Ein Schritt weiter und ein paar Jahrzehnte später wurde die Gesellschaft durch die stratifikatorische Differenzierung geprägt. Hierbei handelt es sich um eine schichtspezifische gesellschaftliche Einteilung wie sie im Mittelalter zu finden war. Hier waren Stände für den Menschen wichtig. Sie regelten viele, wenn nicht sogar allen Teilbereichen des täglichen Lebens.

In der heutigen Zeit, Kleve nennt sie die Moderne, differenziert sich die Gesellschaft funktional in unabhängige Teilsysteme. Solche Systeme sind zum Beispiel:

 

- Wirtschaft

- Familie

- Wissenschaft

- Recht

- Politik

- Erziehung

- Religion

- Soziale Arbeit

 

Allerdings knüpft sich die Teilhabe an materielle, bzw. symbolischen Ressourcen an die vorherrschenden Inklusionsbedingungen. Nur bei Anpassung an diese Inklusionsbedingungen wird ein Individuum Teil eines Funktionssystems. Wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind, dann bedeutet dies Exklusion und eine Gefährdung der physischen und psychischer Reproduktion.

 

2.2 Inklusion versus Exklusion

2.2.1 Inklusion

Inklusion bedeutet die Einbeziehung einer größeren Zahl von Einheiten (Personen, sozialen Rollen, soziale Mechanismen) in spezifische Funktionskreise, wie sie im Prozeß der funktionalen Ausdifferenzierung sozialer Systeme erforderlich wird. Weiter bedeutet es die systematische Einbeziehung tendenziell aller Bevölkerungsgruppen in das sozialpolitische Leistungssystem.

Für ein Individuum ist Inklusion in Funktionssysteme auch immer eine Teilung dieses Menschen. Doch diese Teilung ist nötig, um Inklusion überhaupt erst zu ermöglichen. Wenn ein Individuum in verschiedene Teilsysteme vollzogen ist, ist das restliche Individuum exkludiert, und dies birgt mögliche Quellen für Probleme und Krisensituationen.

 

Inklusionsbeispiele

Geld haben, bzw. verdienen

Wirtschaft

an Gott glauben

Religion

beziehungs- und konfliktfähig sein

Familie

Anpassung an schulische Erziehung

Bildung

Staatsbürger sein & öffentlich reden können

Politik

 

2.2.2 Exklusion

Aus der Sicht eines Teilsystems bedeutet Exklusion das Erhalten einer Homogenität und Integrität einer Gruppe durch Ausschließung von Personen, welche nicht die gleichen Verhaltensmuster, bzw. als Gefahr dieser Homogenität angesehen werden.

Inklusion, bzw. Exklusion sind aber nicht zu verwechseln mit sozialer Integration oder sozialer Desintegration und markieren eine Weiterentwicklung zur Vormodernen.

 

2.3 Soziale Integration

Bei der sozialen Integration wird ein Individuum in eine Gruppe eingegliedert, bzw. von dieser Gruppe akzeptiert. Hierbei ist diese Integration vollzogen, wenn die Stellung sowohl in der vertikalen Dimension einer Gesellschaft (also dem Status im Schichtsystem) wie auch auf der horizontalen Dimension (also der Rolle im System der Arbeitsteilung) festgelegt ist. Die klassischen Integrationsformen und deren Normalbiographien sind veraltet. Nassehi sagt hierzu, daß der moderne Mensch sozial desintegriert. Um sich aber den standardisierten Inklusionsanforderungen anpassen zu können, sollte ein Individuum frei, moralisch und sozial flexibel und auch mobil sein.

 

2.4 Exklusionsdrift

Wenn eine Inklusion nicht realisiert werden kann, entspringt daraus eine Exklusionsgefahr. Dabei setzen sich bestimmte Inklusionen voraus und bestimmte Minimalinklusionen müssen vorhanden sein. Ein Beispiel hierfür wäre zum Beispiel eine Zahlungsunfähigkeit aufgrund wirtschaftlicher Exklusion oder das Geschichte des Hauptmann von Köpenick, welcher erst eine Arbeit vorweisen mußte, um einen Paß zu erhalten. Um aber einen Beruf zu bekommen, mußte er im Besitz eines Passes sein.

 

3. Soziale Arbeit als sekundäres Funktionssystem sozialer Hilfe

3.1 Allgemein

Durch Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter, Familienzerfall, Invalidität, oder ähnliches produzieren die primären Funktionssysteme dysfunktionale Exklusionsgefahren, die durch Soziale Arbeit in einem System der Auffang- und Zweitsicherung kompensiert werden sollen. Beratung, Bildung, Erziehung und Sozialhilfe sind Beispiele für diese Sicherungen. Die Funktionsweise einer Gesellschaft definiert sich durch eine (oder mehrere) Funktion, eine Leistung, die operationale Schließung und eine binäre Codierung, welche ein Programm des Funktionssystem formt.

3.2 Funktion

Soziale Arbeit als soziale Integrationsarbeit, (Merten, 1997)

Gesellschaftliche Desintegrationsprozesse führen zu sozialen Problemlagen, die heute keine Abweichung von einer Norm mehr darstellen, sondern vielmehr normale strukturelle Effekte abbilden. Funktional autonome Subsysteme sind in diesem Fall nicht mehr für die Integration einer Person zuständig. Zum Beispiel urteilt Recht über Menschen ohne über die Persönlichkeit des jeweiligen Menschen nachzudenken. Manchen Urteile scheinen somit unmoralisch oder idiotisch. Inklusion geht unabhängig von anderen Integrationsformen einher. Im Gegenteil ist eine zu starke Integration hemmend für eine Inklusion in die Teilsysteme. Weiter kann Soziale Arbeit als sekundäres Funktionssystem nicht bewirken, wozu primäre Funktionssysteme nicht in der Lage waren. Ein Nachteil der Sozialen Arbeit besteht in der nur teilweisen Inklusion eines Klienten. Hier wird nur der klientäre Teil eines Individuums inkludiert. Die Soziale Arbeit versucht aber teufelskreisförmige Handlungsmuster zu durchbrechen. Dabei wirkt sie komplementär zur Wirtschaft als Daseinsvorsorge und kompensatorisch als Daseinsnachsorge.

Das folgende Diagramm zeigt graphisch am Beispiel eines Arbeitslosen welche Funktionen Kleve der Sozialen Arbeit noch zuschreibt:

Exklusionbegrenzung

 

Exklusionverwaltung

 

Inklusionsvermittlung

 

 

materielle Zweitsicherung

 

Hilfe bei Arbeitssuche

 

Wieder-Inklusion in den Arbeitsmarkt

 

 

3.3 Leistung der sozialen Arbeit

Die Leistung der sozialen Arbeit besteht im Herausstellen von intersystemischen Beziehungen. Weiter soll ein Verhältnis zu gesellschaftlichen Teilsysteme wie zum Beispiel Politik, Wirtschaft, Familie, Erziehung, Kunst, etc. hergestellt werden. Hierbei bietet die soziale Arbeit bestimmte Leistungen an andere Funktionssysteme und nutzt ebenfalls bestimmte Leistungen der anderen Funktionssysteme. Um den Begriff der Leistung der sozialen Arbeit etwas klarer zu beschreiben, könnte man folgende Beispiele nennen:

 

  • politisch exkludierte Jugendliche
  • Wirtschaft
  • Erziehung
  • Familie
  • Beteiligungsprogramme
  • Sozialhilfe
  • Schulsozialpädagogik
  • Beratung & Mediation
  •  

    Als politisch exkludierte Jugendliche kann man rechtsradikale Jugendliche nennen. Hier spielt der binäre Code Entscheidung/Nicht-Entscheidung eine wichtige Rolle und ist somit eine Teil des Programms dieses Funktionssystems.

     

    3.4 Operationale Schließung und die binäre Codierung

    Die operationale Schließung des Funktionssystems soziale Arbeit ist die Balance zwischen Hilfe, die nötig und Hilfe, welche möglich ist. Um ein funktional autonomes Funktionssystem zu sein, muß ein System in der Lage sein, zu entscheiden, ob es hilft oder nicht hilft. Hierbei stehen sich der Lösungsversuch dem Resourcenproblem gegenüber. Ein System entwickelt die Notwendigkeit des permanenten Problemnachschubs und Kommunikation, denn nur wenn geholfen werden kann, reproduziert sich das sozialarbeiterische Funktionssystem. Diese Tatsache aber läßt zwei Verdachtsmomente gegenüber der sozialen Arbeit aufkommen, die durch Baecker und Kleve formuliert wurden.

     

    Motivverdacht

     

     

    jede Organisation ist daran interessiert, sich selbst zu erhalten

    Baecker, 1997

     

     

     

    Probleme werden nicht effizient gelöst, sondern es wird nur Nachschub geschaffen.

     

     

     

     

    Die Frage, wem dieser Prozeß mehr nutzt, dem Helfer oder dem Klient, muß gestellt werden.

    Effizienzverdacht

     

     

    Potentiale der Selbsthilfe werden eher verstellt als gefördert

    Kleve, 1997

     

     

     

    Wenn heute schon fast überall und für alle Lebenslagen professionelle Helfer bereitstehen, warum sollte man dann noch sein Alltagswissen nutzen?

     

    Bedeutet dies dann aber nicht auch, daß der Mensch gegenüber Problemen abstumpft und unsensibel wird, wenn es um helfen und geholfen werden, geht?

     

     

    4. Von der funktionalen zur reflexiven Differenzierung Sozialer Arbeit

    4.1 Darstellung

    In den bisherigen gesellschaftlichen Prozessen der Inklusion/Exklusion, bzw. Integration/Desintegration entstehen nicht intendierte Effekte, die einer sozial-theoretisch Kluft unterliegen. Zum einen ist die theoretisch-methodischen Meinung, daß soziale Arbeit als ein Integrationsprozeß verstanden werden muß, der Exklusion vermeidet und Integration fördert. Dem widersprechend zeigt die strukturelle Dynamik, daß sie genau das Gegenteil bewirkt, nämlich Desintegration und Exklusion. Um diese Kluft nicht zu groß werden zu lassen und damit ein neues Spannungsfeld zu schaffen, überlegten sich Merten und Olk vier alternative Modernisierungsstrategien.

     

    4.2 Die drei alternativen Strategien

    Vier Strategien entsprangen aus der reflexiven Modernisierungslogik von Merten und Olk:

     

    Reflexion

    Ethisierung

    Neue soziale Bewegungen

    Entdifferenzierung

     

    Ethisierung und Entdifferenzierung können dem Anspruch der angemessenen Reaktion auf diese Nebenfolgen nicht entsprechen. Der sich durchsetzende Differenzierungsprozeß und der fortschreitende Wertewandel in der Gesellschaft sprechen gegen diese Strategien.

    Somit ist die wenig untersuchte Reflexion die beste Strategie, um eine permanente Prüfung und wissenschaftliche Fundierung zu gewährleisten. In der modernen Gesellschaft ist die Reflexion ein schon möglicher und bereits praktizierter Weg. Supervision, Organisationsentwicklung, Selbsevaluation und Qualitätsmanagement sind die vier praktischen Reflexionsstrategien, die das Bild dieser Praxis prägen. Als theoretische Ergänzung zur praktischen Anwendung der Reflexion steht die Sozialarbeitswissenschaft, die aber nicht mehr der Logik des Funktionssystems Soziale Arbeit folgt, da sie als Ziel die Abgrenzung von wahren und unwahren Erkenntnisse hat.

     

    4.3 Die reflexive Differenzierung

    Die reflexive Differenzierung ist eine Weiterentwicklung der funktionalen Differenzierung und die Folge eines Beobachtungs- und Reaktionsversuch auf den reflexiven Modernisierungsprozeß. Durch die dauernde Reflexion und einer Selbstevaluation wird eine permanente Kommunikation entfacht, die Probleme nicht nur aufzudecken versucht, sondern sie auch versucht zu lösen. Durch die steigende Anzahl von Projekten werden mehr Ressourcen verbraucht als in der Vergangenheit. Doch ein Abbau dieser Ressourcen fordert eine Qualitätssteigerung der Projekte und somit auch ein damit einhergehendes Qualitätsmanagement. Die Leistungen müssen bei der reflexiven Differenzierung an den Bedürfnissen der sozialen und personalen Umwelt ausgerichtet werden. Somit wird eine Kundenorientierung gewährleistet. Eine Interaktion mit dem Klienten ist der erste Schritt, um seine Erwartungen und Bedürfnisse aufzudecken. Durch die Supervision, die Evaluation und die Organisationsentwicklung werden die Probleme betrachtet und reflektiert. Die Orientierung an einer Lösung ist hierbei nicht der primäre Zugang zum Klienten, sondern vielmehr ist die Problemorientierung das wichtige Element als Einstieg und Weg zur Lösung des Problems. Es gibt keine abschließenden Antworten auf die Fragen, welche die sozialarbeiterische Reflexion aufreißen. Auch die wissenschaftliche Reflexion kann nur aufzeigen, welche Probleme eine funktional ausdifferenzierte Gesellschaft und die in ihr ausdifferenzierte Soziale Arbeit auftreten.

     

    5. Zusammenfassung

    5.1 Eigene Gedanken

    Kleve‘s Theorie hat meiner Meinung zwei zentrale Aussagen. Zum einen gibt er zu Bedenken, daß eine Desintegration zugunsten einer Inklusion in verschiedene Funktionssysteme stattfindet. Dies ist ein normaler Prozeß, welcher sich in der funktionalen Differenzierung entwickelte. Dieser Vorgang ist notwendig, damit ein Individuum interagieren und mit anderen Individuen kommunizieren kann. Das sekundäre Funktionssystem der Sozialen Arbeit, wie es Kleve nennt, ist in der Entwicklung zu einem funktional autonomen System mit einem binären Code und einer operationalen Schließung. Die Aufgaben, die das sozialarbeiterische Funktionssystem hat, gliedert er dabei in drei Bereiche. Neben der Exklusionbegrenzung, der Hauptaufgabe der sozialen Arbeit, und der Exklusionverwaltung, ist die Inklusionvermittlung eine weitere Aufgabe, die es zu bewältigen gilt. Um dem strukturellen Effekten gerecht zu werden, müssen neue Differenzierungsformen entwickelt werden. In diese Richtung hin geht die reflexive Differenzierung, die konsequent einen Schritt weiter geht. Möglichkeiten einer funktionalen Differenzierung werden dabei durch eine sich reflexiv differenzierende Soziale Arbeit genutzt und im Hinblick auf die Ausgestaltung von Kompetenzen der innersystemischen Selbstevaluation eingesetzt.

     

    5.2 Kritische Betrachtung

    Trotz der interessanten Theorie der reflexiven Differenzierung mit den guten Ansätzen der modernen Gesellschaft und ihren Problemen zu helfen, sind einige Punkte entweder noch nicht ausgereift oder bedürfen einer kritischen Betrachtung. Schon das Problem der Motivations- und Effizienzverdachtsmomente lassen die Frage aufkommen, ob das sozialarbeiterische Funktionssystem, wenn es denn schon ein funktional autonomes System ist, nicht das Hauptinteresse hat Probleme ihres Klientels zu lösen, sondern vielmehr darauf bedacht ist, sich selbst zu erhalten. Dieses Dilemma wird noch dadurch gefördert, da die reflexive Form der Differenzierung nicht lösungsorientiert arbeitet, sondern problemorientiert ist. Eine abschließende Fragestellung, bzw. eine endgültige Antwort ist hier keinesfalls zu erwarten. Auch die Notwendigkeit dieses permanenten Problemnachschubs gefährdet das System des Helfens, bzw. Nicht-Helfens. Dieser binäre Code aber ist ein wichtiger Bestandteil eines funktional autonomen Differenzierungssystems, welches es ja anstrebt zu sein. Folgeprobleme, die bei der funktionalen Differenzierung auftreten, müssen wiederum durch Handlungsschemata des gleichen Funktionssystems gelöst werden. Ist die funktionale Differenzierung hierzu überhaupt in der Lage? Ein weiterer Kritikpunkt, den ich ansprechen möchte, ist die Tatsache, daß bei dem Hilfeprozeß der sozialen Arbeit nicht der ganze Mensch in das Funktionssystem inkludiert wird, sondern nur ein klientärer Teil des ganzen Individuums. Der Rest des Individuums wird exkludiert und birgt somit weitere Risiken der Hilfebedürftigkeit. Ist die Sozialarbeit aber nicht für den ganzen Menschen von Nöten? Hat das sekundäre Funktionssystem der sozialen Arbeit nicht das Ziel die Gesamtheit des Menschen vor der Spaltung der primären Funktionssysteme zu schützen, zumindest aber Hilfe zu gewährleisten, die diese Gefahren reduzieren? Sozialarbeit, so zumindest das Allgemeinverständnis des Klienten, sollte dem Klienten helfen und Probleme lösen und keine weiteren produzieren. Zwar steigt die Anzahl und die Qualität sozialer Projekte, bzw. Hilfsangebote, doch damit einhergehend werden mehr Ressourcen verbraucht. Die sogenannte Kundenorientierung, also die Ausrichtung der Leistungen an den Bedürfnissen war bis dato nicht immer gegeben, und so versucht die soziale Arbeit durch Interaktion und Kommunikation mögliche Erwartungen aufzudecken. Supervision, Selbstevaluation und Organisationsentwicklung sind dabei Methoden, um diese Ziele zu erreichen. Auch hier sollte man Kritikpunkte nicht unterschätzen. Zum einen sind die Ziele von den Ressourcen abhängig, die zur Verfügung stehen. Dies bedeutet, daß der Anbieter dieser Ressourcen ein Anrecht hat, diese Zielsetzungen mitzubestimmen. Somit besteht die Gefahr, daß ein anderes primäres Funktionssystem zuviel Einfluß auf den Entscheidungsprozeß nimmt und sich das sozialarbeiterische System abhängig macht von den Anbietern der diversen Ressourcen. Hier müssen neue innovative Wege und Alternativen gesucht werden, um die benötigten Ressourcen zu finden. Am Beispiel der finanziellen Ressourcen kann man sehen, daß die Sozialarbeit noch auf die Unterstützung des Staates, Landes oder der Kommune vertraut, und noch nicht genügend andere möglichen Quellen ausschöpft, um autonom, kundenorientiert und flexibel genug die selbstgesteckten Ziele zu realisieren. Allerdings herrscht hier ebenfalls die Möglichkeit einer Abhängigkeit. Meiner Meinung nach ist die reflexive Differenzierung ein Schritt in die richtige Richtung, um Menschen individuell zu helfen. Die notwendige Flexibilität und Kundennähe wird durch die angesprochenen Handlungsschemata gewährleistet. Doch das Funktionssystem der sozialen Arbeit wird noch lange ein sekundäres System bleiben, da es nur reagierte und es vermißte zu agieren. Allerdings ist es klar, daß soziale Arbeit keine Probleme schaffen soll, als Probleme vielmehr zu lösen.