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INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

1 Tourismusentwicklungen

1.1 Verändertes Freizeitverhalten
1.2 Reiseintensität und Reisehäufigkeit
1.3 Technischer Fortschritt
2 Massentourismus 2.1 Definition
2.2 Ausbau der Infrastruktur
2.3 Kulturschäden
2.4 Umweltschädigung
3 "Sanfter" Tourismus 3.1 Definition
3.2 Ziele
3.2.1 Umweltverträglichkeit
3.2.2 Erhalt der Soziokultur
3.2.3 Optimale Erholung
4 Direkter Vergleich Eigenschaften von Massentourismus und "Sanftem" Tourismus

5 Beispiele aus der Praxis

5.1 Gewachsener Massentourismus Beispiel: Cabarete, Dominkanische Republik
5.2 Ökologisch orientierter "Sanfter" Tourismus Beispiel: Insel Juist
5.3 Preisgesteuerter "Sanfter" Tourismus Beispiel: Kampen/Sylt
6 Fazit und Ausblick
I Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur 17
II Anhang
 
 

Einleitung

Alle Welt reist. Schon 1873 übertrieb Fontane: "Zu den Eigentümlichkeiten unserer Zeit gehört das Massenreisen. Sonst reisten bevorzugte Individuen, jetzt reist Jeder und Jede." Bis heute vereist aber nur ein Viertel der Weltbevölkerung. Reisen sollen sie allerdings alle - so die Forderung in einer Vorlage der SPD-Fraktion 1992.

Die Reislust in den letzten hundert Jahren ist nicht nur auf die veränderten ökonomischen und sozialen Faktoren zurückzuführen, sondern auch durch das kosmopolitisch orientierte Bevölkerungsverhalten. Der technische Fortschritt hat die Welt kleiner gemacht. Reisen stellt heute ein Allheilmittel gegen die Zivilisationskrankheiten Streß, Vereinsamung und allgegenwärtiges, multikausales Unwohlsein dar.

Das der weltweit ansteigende Tourismus erhebliche Probleme nach sich zieht, ist unschwer zu erahnen. Die für die Masse errichteten touristischen Zentren, verschandeln schönste, unberührte Landschaftszonen ebenso, wie sie traditionelle Strukturen zerstören. Ursprüngliche Traditionen und Kultur verkommen zu folkloristischen Abendveranstaltungen für den Neckermann-Touristen. Es wird aber noch dramatischer, wenn ganze Alpentäler unbewohnbar werden, weil sich die Skipisten statt des erosionshemmenden Waldes in reißende Sturzbäche verwandeln und alles auf dem Weg ins Tal mit sich reißen. Ein weiteres Problem stellt die gewachsene Mobilität und Freizeit der Bevölkerung dar, die die Reiseintensität und Reisehäufigkeit vorantrieb und damit verbundene neue, ungeahnte Umweltschäden verursacht. Jeder Reisende, sei es der Geschäftsreisende, der Öko-Rucksacktraveller, der Cluburlauber oder der allseits verteufelte Chartertourist; sie alle bilden einen unaufhörlichen Strom, den Massentourismus. Demgegenüber entstand seit Beginn der 80er Jahre eine Gegenbewegung, der sogenannte "Sanfte" Tourismus, mit dem sich Vorstellungen eines umwelt- und sozialveträglichen Tourismus verbinden, die zu einer "Lösung", zumindest aber Entschärfung der damit verbundenen, bestehenden Probleme führen sollen.

  1. Tourismusentwicklungen
    1. Verändertes Freizeitverhalten
Eine der wesentlichen Ursachen für den gestiegenen Tourismus ist das dramatisch veränderte Freizeitverhalten der Bevölkerung. Ein Grund liegt in dem sogenannten "sozialen Fortschritt" der Verkürzung der Tages-, Wochen- und Lebensarbeitszeit, die mehr "Freizeit" nach sich zog und damit das Bedürfnis, diese zur Erholung zu nutzen. Ein Vergleich: Noch nie hatte eine Generation so viel Freizeit. In den letzten 40 Jahren steigerte sich die werktägliche Freizeit von 1,5 auf 4,1 Stunden, die Wochenendfreizeit steigerte sich von 1,5 auf zwei Tage und die Urlaubsdauer hat sich 9 Tagen auf 31 Tage verdreifacht. Mit der Freizeitentwicklung ging eine rapide Motorisierung und steigender Wohlstand einher, die beide die Reiselust der Deutschen an die Weltspitze stellten. Dazu kommt der Trend immer häufiger und immer kürzer in den Urlaub zu fahren.

 

    1. Reiseintensität und Reisehäufigkeit
    2. Neben dem veränderten Freizeitverhalten haben Einkommensteigerungen, Wirtschaftswachstum und die zunehmende individuelle Mobilität zu einer Zunahme des Reiseverkehrs geführt. Damit einher gehen die veränderten sozioökonomischen Faktoren wie Haushalts-, Alters- und Erwerbsstrukturen und das Bevölkerungswachstum.
      Zahlen der letzten dreißig Jahre belegen einen rapiden Anstieg der Reiseintensität und -häufigkeit, die mit zur Entstehung des Massentourismus in seiner heutigen Form beigetragen haben. Siehe Anhang Abb.2:. Reise-/Kurzreiseintensität und Reisehäufigkeit sowie Entwicklung der Reiseintensität 1954-1992
      So hat sich die der Anteil der Reisenden an der Gesamtbevölkerung über 14 Jahre von 1954 bis 1989 von 24% auf 66,8% erhöht. Das entspricht einer Steigerung der Reisenden von 9,3 Mio auf 32,6 Mio jährlich. Dabei sind aus statistischen Gründen die Reisen der Bürger in den Neuen Bundesländern unberücksichtigt geblieben. Jedoch zeigt hier die Entwicklung nochmal eine erhebliche Steigerung.

    3. Technischer Fortschritt
Der Eckpfeiler für den Aufbau des Tourismus war die Industrialisierung, die wiederum die technischen Voraussetzungen wie Eisenbahn, Automobil, verstärkter Schiffs- und Flugverkehr und den Ausbau des Straßennetzes ermöglichte. Die Effizienz der modernen Reiseverkehrsmittel und die damit verbundenen Kosten- und Zeitersparnisse ermöglichten die rasante Zunahme des Tourismus und des Reisens, um des Reisens willens.
  1. Massentourismus
    1. Definition
    2. Horst-Martin Müllenmeister gibt folgende Definition: "Massentourismus, das sind die Leute, die immer in Gruppen herumlaufen. Die auf Anweisung reisen, essen, schlafen, besichtigen, marschieren. Die einem Reiseleiter unterstehen, den die Kolonne gleichermaßen fürchtet und ersehnt. (...) Existenzen, die unfähig sind zum selbständigen Sehen, Denken und Erleben.

    3. Ausbau der Infrastruktur
    4. Mit der infrastrukturellen Erschließung der Tourismusziele wird eine Region industrialisiert und die Bedürfnisse der Bewohner werden geweckt bzw. verstärkt. Zu dieser Erschließung gehört der Ausbau der Bettenkapazität, der Restaurationen, der verkehrstechnischen Voraussetzungen (Straßen, Schienen, Flughäfen, Häfen) und der entsprechenden Verkehrsmittel und Versorgungsstrukturen (Energie, Kanalisation, Fernmeldeeinrichtungen, Krankenversorgung, Ausbildungsstätten, Kultureinrichtungen etc.). Damit verbunden ist ein intensiver Landschaftsverbrauch und eine Landschaftsbelastung, bis hin zur Überlastung und den entsprechenden Umweltschäden.
      Der Ausbau der Infrastruktur ist damit Teil eines Teufelskreises: Weitere Erschließung der Urlaubsgebiete nach wirtschaftlichen und technischen Kriterien ziehen weitere Urlauber nach sich und diese rechtfertigen wiederum noch mehr infrastrukturelle Verbesserungen. Dazu zählt auch die Möblierung der Landschaft mit immer neuen Freizeit- und Sporteinrichtungen.

    5. Kulturschäden
    6. Das Wirtschaftswachstum und der gestiegene Wohlstand verstärken die Bedürfnisse der Bevölkerung und den Zuzug von Arbeitsuchenden aus weniger entwickelten Regionen.
      "Erhebliches Konfliktpotential ist da angelegt, wo es im Zuge touristischer Entwicklungen zu verschiedenen soziokulturellen Folgeproblemen in den Zielgebieten des Tourismus kommt. (...) Zum Konflikt wird die Konfrontation von Einheimischen und Touristen da, wo die touristische Erschließung Überfremdungs- und Entfremdungserscheinungen zur Folge hat, die an der kulturellen Identität einer Bevölkerung zerren."
      Durch die Entwicklung zur einer modernen Industriegesellschaft und durch die Konfrontation der Einheimischen mit dem Lebensstil der Reisenden, verlieren traditionelle Bräuche und Sitten schrittweise an Bedeutung und verkommen im schlimmsten Fall zu Folklore, die des abends in der Hotel-Lounge den Chartertouristen vorgeführt wird.

    7. Umweltschädigung
    "Die beliebtesten Reiseziele liegen in empfindlichen Gebieten. [...] Dazu zählen insbesondere Hochgebirgsregionen, Küstenstreifen mit (vorgelagerten Korallenbänken), kleine Inseln und Wüsten. [...] Empfindliche Regionen sind auch Krisen- und Kriegsgebiete sowie Nationalparks, Schutzgebiete und alle Wälder, nicht nur der in Mode gekommene tropische Regenwald.".

    Schädigungen durch den Tourismus sind zuerst an der Natur zu beobachten. Die Folgen der hemmungslosen Abholzung in den Alpen beispielsweise. Die Auswirkungen der Rodungen für immer neue Skipisten und Lifte sind hinlänglich bekannt. Lawinengefahr und Bodenerosion haben bedrohliche Ausmaße angenommen. Die Verkehrsstränge, Straßen und Eisenbahnlinien, aber auch zahlreiche Talsiedlungen sind gefährdet.

     

  2. "Sanfter" Tourismus
  3. Ein Beitrag des Zukunftforschers Robert Jung in der Zeitschrift GEO 1980 warf zum ersten Mal den Begriff des "Sanften Tourismus" auf und entfachte eine Diskussion, die in unseren Tagen noch lange nicht beendet ist.

    1. Definition
    2. Der Begriff verbindet die Vorstellung eines umwelt- und sozialverträglichen Tourismus, der zu einer Lösung, zumindest aber Entschärfung der bestehenden Probleme des Tourismus führen soll. Mehrere Definitionen werden heute verwendet:

      "Ein Denken und Handeln in ‘Schonung’ ist Maßstab eines sozial und umweltverträglichen Tourismus. Es ermöglicht die Inwertsetzung peripherer Räume für den Fremdenverkehr bis hin zu Korrekturen des konventionellen Tourismus unter Einfluß innovativer Pionierformen der Erholung."

      "Ein von der Quantität her allenfalls mäßig ausgebildeter Fremdenverkehr, konkreter ‘Gästeverkehr’, der bei distanzierter Integration des Gastes wirtschaftliche Vorteile für den Einheimischen und gegenseitiges Verständnis des Einheimischen und Gastes füreinander schafft sowie weder die Landschaft, noch die Soziokultur des besuchten Gebietes beeinträchtigt."

      "[Die internationale Alpenschutzkommision versteht unter "Sanftem" Tourismus:] ...einen Gästeverkehr, der gegenseitiges Verständnis des Einheimischen und Gastes füreinander schafft, die kulturelle Eigenart des besuchten Gebietes nicht beeinträchtigt und der Landschaft mit größtmöglicher Gewaltlosigkeit begegnet. Erholungssuchende im Sinne des Sanften Tourismus benützen vor allem die in einem Raum vorhandenen Einrichtungen der Bevölkerung mit und verzichten auf wesentliche zusätzliche landschaftsbelastende Tourismuseinrichtungen."

      "Sanfter" Tourismus verlangt die volle Anwendung der bestehenden Umweltschutzbestimmungen und in vielen Fällen ihre Verschärfung. "Sanfter" Tourismus bedeutet sofortigen Erschließungsstop und wo notwendig Rücknahme touristischer Erschließung zur Wiederherstellung natürlicher und naturnaher Ökosysteme. "Sanfter" Tourismus heißt: Volle Anwendung des Verursacherprinzips auch bei Schäden durch Tourismus.

    3. Ziele
      1. Umweltverträglichkeit
        1. Geringe Eingriffe in den Naturhaushalt
        2. Zu möglichst geringen Beeinflussungen des Naturhaushaltes gehört eine einfache Infrastruktur, wobei die vorhandene Infrastruktur eingebunden und effizienter ausgenutzt werden sollte. Ein weiterer Punkt ist die Förderung nicht-technischer Erholungsaktivitäten. Damit sind sämtliche Aktivitäten unter der Einbeziehung von motorisierten Verkehrsmitteln gedacht bzw. Sportarten, deren Peripherie einen Eingriff in die Natur darstellt (Tennisplätze, Golfplätze, Skigebiete etc.).
          Weiterhin ist es aus verkehrstouristischer Sicht: sinnvoll:. Autofreie Ferienorte, Park & Ride System und wie zum Beispiel Florenz: Angebot alternative Verkehrsmittel (hier kostenlose Fahrräder) um in das touristische Zentrum zu gelangen.

           

        3. Geringer Landschaftsverbrauch
        4. Um die wenigen landschaftlichen Ressourcen zu schonen, sollten Erschließungsmaßnahmen auf unbedingt notwendige begrenzt und wertvolle Landschaftsräume freigehalten werden. Dazu zählt die Vermeidung einer verdichteten Bebauung und besonders eine räumliche Eingrenzung des Baulandes. Auch die Installation von technischer "Möblierung" der Landschaft durch immer neue Lifte und Seilbahnen beispielsweise oder der Ausbau der verkehrsorientierten Infrastruktur sollten tunlichst vermieden werden.

        5. Geringe Veränderungen des Landschaftsbildes
        Die Beibehaltung der traditionellen Bauweisen, bzw. schonende Anpassung der tourismusbezogenen Bauten ermöglicht den Erhalt des städtebaulichen Charakters der Region. Hierunter wird die Verwendung typischer Materialien und die Einhaltung historisch üblicher Baustile verstanden.
      2. Erhalt der Soziokultur
        1. Priorität der einheimischen Bevölkerung
        2. Der Tourismus sollte nur dort entwickelt werden, wo in der Region ein echtes wirtschaftliches Bedürfnis besteht. Einheimische Erwerbszweige sollten in jedem Fall Vorrang vor dem Tourismus haben, um das Wirtschaftsgefüge nicht zu zerstören und die Region möglicherweise von einem saisonalen Geschäft abhängig zu machen.

        3. Selbstbestimmung der einheimischen Bevölkerung
        4. Die Einheimischen sollten stets die politische und wirtschaftliche Kontrolle über die Tourismusentwicklung ihrer Region behalten, um eine Einflußnahme durch auswärtige Investoren zu verhindern und die Stabilität des Wirtschaftsgebietes zu sichern. Dies gilt insbesondere über die Vergabe und Verwendung von Grund und Boden. Hierzu bedarf es einer kontinuierlichen Information und Motivation der Einheimischen und ein stärkeres Maß an Partizipation der regionalen Bevölkerung in Planungs- und Entscheidungsprozesse.

        5. Erhalt soziokultureller Identität
        6. Es muß ein Schutz vor einer übermäßigen Beeinflussung der lokalen Kultur vor dem Tourismus gewährt werden. Dazu zählen wie schon erwähnt der Erhalt der traditionellen Architektur, der Landwirtschaft und des traditionellen Gewerbes. Allgemein ausgedrückt eine bewußte Erhaltung und Förderung der landestypischen Strukturen und Werte und keine Verkitschung und Vermarktung des Brauchtums.

        7. Erhöhung der Lebensqualität
        Um die bestehende Lebensqualität zu erhalten, sollte der einheimischen Bevölkerung aber auch ein Umwelt- und Kulturbewußtsein nahegelegt werden. Der Tourismus sollte eine Bereicherung der lokalen Wirtschaft darstellen, ohne diese zu dominieren. Das bedeutet die Schaffung qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze und die Sicherung langfristiger Einkommen.
      3. Optimale Erholung
        1. Erholung als Beitrag zur Persönlichkeitsbildung
        2. Reisen bildet. Dieser Ausspruch ist so alt wie die Menschheit; der Urlaub dient somit auch der Weiterbildung. Die Konfrontation mit anderen Kulturen und Lebensstilen sollte dem Besucher den Blick für ein kosmopolitisches Bewußtsein geben und seinen Bildungs- und Verständnishorizont erweitern. Vor allem sollte der Besuch fremdartiger Kulturen einen Beitrag zu toleranterem Denken leisten.

        3. Naturbezogene Erholungsaktivitäten
        4. Durch naturbezogene Erholungsaktivitäten kann das Verhältnis zur Umwelt und das Verständnis für Flora und Fauna wieder verbessert werden. Umweltfreundliche Sportarten (Wandern, Fahrradfahren, Segelsportarten, Schwimmen, etc.) können dazu beitragen.

        5. Soziale Kontakte und Sprachen
    Die Erweiterung und Anwendung vorhandener Sprachkenntnisse durch die Kommunikation mit den Einheimischen fördert nicht nur soziale Kontakte, sondern trägt auch zur persönlichen Weiterbildung bei. Ein weiterer Aspekt ist die Anpassung und Eingliederung in das Leben vor Ort und das Entgegenkommen durch Anwendung der einheimischen Sprache.

     

  4. Direkter Vergleich Eigenschaften von Massentourismus und "Sanftem" Tourismus
  5. Hartes Reisen
    -
    Sanftes Reisen
    Massentourismus
    -
    Einzel-, Familien- und Freundesreisen
    Wenig Zeit
    -
    Viel Zeit
    Schnelle Verkehrsmittel
    -
    Angemessene (auch langsame) Verkehrsmittel
    Festes Programm
    -
    Spontane Entscheidungen
    Außengelenkt
    -
    Innengelenkt
    Importierter Lebensstil
    -
    Landesüblicher Lebensstil
    "Sehenswürdigkeiten"
    -
    Erlebnisse
    Bequem und passiv
    -
    Anstrengend und aktiv
    Wenig oder keine geistige Vorbereitung
    -
    Vorrübergehende Beschäftigung mit dem Besuchsland
    Keine Fremdsprache
    -
    Sprachen lernen
    Überlegenheitsgefühl
    -
    Lernfreude
    Einkaufen (Shopping)
    -
    Geschenke mitbringen
    Souvenirs
    -
    Erinnerungen, Aufzeichnungen, neue Erkenntnisse
    Knipsen und Ansichtskarten
    -
    Fotografieren, Zeichnen, Malen
    Neugier
    -
    Takt
    Laut
    -
    Leise
     
     
  6. Beispiele aus der Praxis
    1. Gewachsener Massentourismus

    2. Beispiel: Cabarete, Dominkanische Republik

      Als Musterbeispiele für zunächst "sanften" Tourismus mit dem Bedürfnis der Reisenden nach solchem und daraus entstehendem Massentourismus lassen sich die vor ca. zehn Jahren entdeckten Surfreviere in Entwicklungsregionen (Dominikanische Republik, Venezuela, Kapverdische Inseln, etc.) anführen.

      Vor einigen Jahren vom Magazin SURF als windsicheres, ideales Windsurfrevier entdeckt, war das Dorf Cabarete im Norden der Dominikanischen Republik zunächst ein Idealbeispiel für eine "sanfte Art" des Tourismus. Am Ort waren seit Jahren einige wenige teure Hotels vorhanden, die in karibischer Bauweise und ohne abgrenzende Anlagen direkt im Dorf, bzw. am Wasser lagen. Desweiteren boten sich kleine Pensionen mit einfachen Zimmern im Dorf an. Charme und Flair lagen in dem ungestörten Zusammenleben der Dorfbewohner mit den Gästen, die ihrem naturverbundenem Sport nachgingen. Nach der Veröffentlichung des "Geheimtips" stieg das Besucherinteresse nachhaltig an und Surfreiseveranstalter begannen zunächst Zentren mit der sportlichen Infrastruktur zu errichten (Windsurfstationen). Die Nachfrage nach Betten wurde ungebremst durch neue Hotelbauten im Hinterland befriedigt und der öffentliche Strand entwickelte sich bald zum Anziehungsmagneten für die Einheimischen, die dort als Händler oder Dienstleister auftraten. Waren die geschlossenen Hotelburgen für die Bevölkerung aus Sicherheitsgründen nicht zugänglich, so konzentrierte sich das Nachtleben in einer (Tanz-)Bar am Strand, die dann auch von einheimischen Prostituierten besucht wurde. Heute ist die Bucht überfüllt, das Hinterland zugebaut und die Drogenkriminalität und Prostitution bewirkt, daß einige Veranstalter sich wieder davon abwenden und so eine Zivilisationswüste hinterlassen, die mit der Masse der Billigurlauber versucht zu überleben.

    3. Ökologisch orientierter "Sanfter" Tourismus

    4. Beispiel: Insel Juist

      Auf der Insel Juist ist der Sanfte Tourismus in diversen Bereichen bereits realisiet. Die Grundideen des ‘sustainable developments’ werden hier schon seit Beginn des Tourismus auf der Insel umgesetzt. Die Bebauung des Ortes orientiert sich an historischen Traditionen. mehrgeschossige Gebäude werden nur in Ausnahmefällen genehmigt. Insbesondere seit Beginn der 70er Jahre wurde in Anlehnung an traditionelle Bauweisen des Seebades die städtebauliche Entwicklung bewußt gesteuert. Der Verbrauch an Naturrecourcen wird seit über 150 Jahren in diesem Seebad in den engen Grenzen gehalten. Um natur- und sozial-unverträgliche Belastungssituationen zu vermeiden, wurde das Angebot an Gästebetten von 1979 bis 1988 von ca. 9.000 auf 7.400 reduziert. Darin spiegelt sich eine der klassischen Ansätze des Sanften Tourismus: Der allmählich vollzogene Rückbau. Auch die Verkehrspolitik der Insel ist umweltpolitisch motiviert: Auf moderne Kfz, selbst solche mit Elektro-Antrieb wurde zugunsten traditioneller Pferdefuhrwerke verzichtet. Im Konsumgüterbereich wurden auch in den Versorgungseinrichtungen und Märkten Einwegverpackungen und Plastiktüten weitgehend abgeschafft und durch umweltfreundlichere Verpackungsarten ersetzt. Die kommunale Kläranlage wurde insoweit erweitert, daß seit 1989 eine vollbiologische sog. ‘Dritte Stufe’ dazugehört. Der Müll wird bereits seit Ende der 80er Jahre getrennt und auf dem Festland entsorgt. Auf der Insel wird seit Jahren der Umweltgedanke auch in der Bildung und Information groß geschrieben. "Eine 1988 durchgeführte Gästebefragung ergab, daß die positive Wahrnehmung der Inselumwelt zu den stärksten Gründen gehörte, auf der Insel Juist einen Urlaub zu verbringen."

    5. Preisgesteuerter "Sanfter" Tourismus

    6. Beispiel: Kampen/Sylt
Daß es auch in jahrzehntelang gewachsenen Tourismuszentren anders geht, zeigt das folgende Beispiel, welches typisch für exklusive Orte und Reiseziele ist. Gleiche (Rück-)Entwicklungen lassen sich in auch anderen Regionen mit ähnlichen Strukturen (Frz. Mittelmeerküste, Sardinien, Karibik) beobachten.

Allein der Name des Dorfes ist für viele ein Reizwort: Kampen/Sylt steht als Synonym für Schickeria und Champagnerorgien. Von der Presse stets angefeindet und kritisiert, gelingt es dort jedoch seit Jahrzehnten "Sanften" Tourismus über das Angebot zu steuern und zu betreiben. Dabei werden einfache Maßnahmen angewandt und vor allem rigoros durchgesetzt.

Als die Deutsche Bahn AG verbilligte Wochenendtickets (DM 15,00) einführte und Sylt und auch Kampen sich einer Invasion von Billig-Wochenendurlaubern ausgesetzt sahen, die viel zerstörten, aber wenig (Einnahmen) brachten, wurde die Kurtaxe für den Strand in Kampen verdoppelt (DM 12.00/Tag). Um jedoch die Stammgäste nicht zu verärgern galt das nur für die ersten drei Tage. Wurden drei Tickets in Folge vorgelegt, galt der alte Preis; gleiches galt für Saison-Kurkarten. In der Folge verließ Kampen wieder den Bäderverband der Insel, so daß die "Inselkurkarte" überall, nur nicht in Kampen gilt. Mit diesem einfachen Restriktionen hat sich Kampen mehr oder minder unbeschadet seinen Ruf erhalten können, allerdings unter heftiger Kritik der Nachbarorte und vor allem der Presse. Die Regulierung vor allem über den Preis hinterläßt allerdings stets den bitteren Nachgeschmack des "privilegierten Reisens".

 

  1. Fazit und Ausblick
Anhand der vorangegangenen Ausführungen dürfte deutlich geworden sein, daß der "Sanfte" Tourismus heute längst kein bloßes Schlagwort mehr ist, sondern im Gegenteil als eine ernstzunehmende Alternative anzusehen ist, die große Chancen auf eine umwelt- und sozialverträgliche Kursänderung des Tourismus eröffnet. Tatsache ist aber schon heute, das diese Modelle des "Sanften" Tourismus in der Praxis seit Jahren erfolgreich bestehen. An der grundsätzlichen Praktikabilität dürfte daher kein Zweifel mehr bestehen und es eröffnen sich wieder auch positive Perspektiven für den Tourismus. Zum einen gilt dies für die notwendige, längst überfällige, Überprüfung und Verbesserung der bestehenden Tourismuskonzepte und -anlagen. Andererseits müssen aber auch neue Projekte, die unter dem Schlagwort des "Sanften" Tourismus entstehen kritisch untersucht werden.

Eine zentrale Frage und Befürchtung geht dahin, ob Angebote eines "Sanften" Tourismus möglicherweise nur kurzfristig auf eine entsprechende Nachfrage stoßen oder ob dieser sich auch langfristig in den Köpfen der Reiseveranstalter und Nachfrager etablieren kann. Zentrales Anliegen für Umweltschützer und Anbieter ist dabei die Stabilisierung eines konstanten Nachfrageniveaus.

In engem Zusammenhang mit diesem Aspekt steht die Frage, inwieweit der "Sanfte" Tourismus möglicherweise Gefahr laufen kann, lediglich zur Initialzündung eines sich daraus entwickelnden "Harten" Tourismus werden kann. Diese Befürchtung ist insofern berechtigt, als tatsächlich nicht auszuschließen ist, daß Projekte eines "Sanften" Tourismus dazu dienen können, zunächst einmal touristische Entwicklungen einer Region einzuleiten. Auf diese Weise kann eine Region "markfähig" gemacht werden und anschließend durch die Öffnung gegenüber weiteren Erschließungen zu einem "Harten" Tourismus zu gelangen. Dieser Gefahr muß dadurch entgegengewirkt werden, indem von vornherein Kapazitätsgrenzen hinsichtlich des Ausbaus der Infrastruktur und der Bettenkapazität festgesetzt werden.

Ein weiteres Problem bildet schließlich auch die Konkurrenz unter benachbarten Gemeinden und Regionen. Auch bei den wohlwollensten Plänen ist es möglich, daß weniger aufgeklärte Nachbargebiete aus wirtschaftlichem Druck einem ungehinderten Tourismus Tür und Tor öffnen und so alle Bemühungen zunichte machen. Veränderungen auf der Bewußtseinsebene der Bereisten müssen daher durch Erziehung und Bildung Einfluß auf die Entwicklung des Tourismus in der ganzen Region nehmen und daher flächendeckend sein.

Ein Rückbau in in den letzten zwanzig Jahren besonders verdorbenen Gebieten wie den Kanarischen Inseln beispielsweise ist für die Zukunft dringend erforderlich, um der Gefahr der Verödung entgegenzuwirken. Dies ist natürlich nicht im Sinne der zahlreichen nicht ortsansässigen Investoren, denen die Amortisation und Rendite ihrer Geldanlage natürlich mehr am Herzen liegt, als die längerfristige Entwicklung der Region. Hier lassen sich jedoch durch harte und kostspielige Umweltauflagen der dortigen Regierungen Handlungszwänge ins Leben rufen, die nach dem Verursacherprinzip eine Regulierung zu Gunsten der Landschaft ermöglichen.

Sollte dies nicht gelingen, bleiben für die Zukunft nur noch die Alternativen der künstlichen Erholungswelten nach dem Vorbild Disney’s oder der Center Parcs. Mit diesen ist man der Lage, all das was einen Aufenthalt in der Natur attraktiv und erstrebenswert macht nun selbst umweltschonend zu kreiieren - angenehme Temperaturen, künstliches Sonnenlicht, ungefährlicher Aufenthalt in jeder beliebigen Landschaft (Meeresküste, Gebirge, Täler) und dies zu jeder Jahreszeit, Abenteuer inclusive. Die Frage, ob dieses Huxley’sche "Fühlkino" erstrebenswert ist, muß sich jeder selbst beantworten.

 
I Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur ADAC e.V. (Hrsg.) (1994) ADAC Special Mallorca, Hamburg, Springer Verlag

gruppe neues reisen e.V. (Hrsg.)(1991) Sanfter Tourismus - ein Schlagwort mehr?, Reisebriefe - Schriften zur Tourismuskritik, Bd. 17/18, Göttingen, Berlin, Hannover, München, Bonn

gruppe neues reisen e.V. (Hrsg.)(1994) Massentourismus - Ein reizendes Thema, Reisebriefe - Schriften zur Tourismuskritik, Bd. 23, Berlin, Osnabrück, Hannover

Opaschowski; H. W. (1991) Ökologie von Freizeit und Tourismus - Freizeit und Tourismusstudien, Opladen, Leske + Budrich

Österreichischen Alpenverein (1989) Sanfter Tourismus Theorie und Praxis, Fachbeiträge aus der Serie: Alpine Raumordnung Nr. 3, Innsbruck

Steinecke, Albrecht (Hrsg.) (1989) Tourismus - Umwelt - Gesellschaft, Bielefeld

Mose; Ingo (Hrsg.) (1992) Sanfter Tourismus konkret, Oldenburg