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1. Einleitung
2. Antike Vorstellungen I - Von Anaximander bis Platon
3. Antike Vorstellungen II - Philolas und Aristarch
4. Antike Vorstellungen III - Von der Anzahl der Welten
5. Antike Vorstellungen IV - Aristoteles
6. Antike Vorstellungen V - Ptolemäus
7. Übergangszeit und frühes Mittelalter
8. Organische Modelle - Weltei und Kosmosmensch
9. Die Schule von Chartre
10. Exkurs - Aristoteles meets Europa
11 Der "arabische" Aristoteles und die Verurteilung von 1277
12. Die christliche Aussöhnung mit Aristoteles
13. Kosmologische Details
14. Modelltypen und Modellvarianten im Hochmittelalter
15. Neuerer an der Grenze zur Neuzeit
16. Zusammenfassung
17. Anmerkungen
18. Benutzte Sekundärliteratur




1. Einleitung

Wer über mittelalterliche Kosmologie schreibt, muß zuerst seinen zugrundegelegten Begriff "Mittelalter" bedenken. Mittelalter-Definitionen sind ihrer Zahl nach Legion.

Das Mittelalter, die Bezeichnung für den Zeitraum zwischen Altertum und Neuzeit, lassen die verschiedenen Autoren zu verschiedenen Zeiten beginnen: die Vorschläge reichen vom Zeitpunkt des Krisenbeginns im römischen Reich im 3. Jahrhundert über die Zeit der Völkerwanderung im 4.-6. Jahrhundert bis zur Kaiserkrönung Karls des Großen im 8. Jahrhundert.

Jeder dieser Vorschläge ist für unser Thema nicht sehr ergiebig. Während des gesamten frühen Mittelalters (500-1100) waren die später so wirksamen Arbeiten von Aristoteles und Ptolemäus unbekannt. Die einfachen kosmologischen Vorstellungen gründeten damals auf "Chalcidius's partial Latin translation of the 'Timaeus' of Plato "1 und einer Serie - auch griechische Modellvorstellungen berücksichtigender - enzyklopädischer Schriften, etwa von Plinius (23-79), Martianus Capella (365-440), Cassiodor (ca. 480-ca. 575), Boethius (480-524), Isidor von Sevilla (560-636), Beda Venerabilis (672-735), Alkuin von York (735-804) oder Hrabanus Maurus (776- 856). Auch Kirchenväter - etwa Augustinus (353-430) - äußerten sich zum Bau des Himmels, aber all diese Vorstellungen waren nach Edward Grant "meager and insubstantial by comparison with wat was to come during the late Middle Ages, from ... 1150 or 1200 to 1500"2. Trotzdem soll die ganze Zeitspanne, vom 6. bis 15. Jahrhundert, in der folgenden Arbeit - begrenzt auf europäische Ideengeschichte - weitgehend chronologisch zusammengefaßt werden. Die umwälzenden kosmologischen Neuerungen eines Kopernikus oder Kepler sind kein Bestandteil dieser Arbeit. Allerdings wird zu zeigen sein, daß dem neuzeitlichen Paradigmenwechsel mittelalterliche Vorarbeiter - wie etwa Jean Buridan (ca. 1295-ca. 1366), Nikolaus von Oresme (ca. 1320-ca. 1382) oder Nikolaus von Kues (1401-1464) - vorausgingen. Erst mit ihnen begann die Ära einer mathematischen Darstellung physikalischer Gesetze (die weit über die geometrische Darstellung von Planeten- oder Sternenbahnen hin ausreichte) und einer Zuordnung der Erde in die Reihe der anderen Himmelskörper.

Vor all diesen Ausflügen aber hat ein weiterer Ausflug stattzufinden: Die Geschichte der mittelalterlichen Kosmologie ist ohne die Kenntnis der kosmologischen Vorstellungen der griechischen Antike nicht zu skizzieren. Die griechische Kosmologie, die in den Weltmodellen des Aristoteles und Ptolemäus ihre bis zu Kopernikus Zeiten gültige Form fand, war lange ein Fachgebiet konkurrierender Ideen. Diese Tradition mutiger, spekulativer, undogmatischer Konstruktionen ging im scholastischen Mittelalter weitgehend verloren. Obwohl am Ende auch hier abweichende Gedanken zur herrschen den Vorstellung - konzentrisches, endliches, göttlich erschaffenes Universum samt ruhender Mittelpunktserde - formuliert wurden, ist das christliche Mittelalter, außer zu seiner Spätzeit, weit ärmer an kosmologischen Innovationen.

Bevor diese These näher untersucht wird, soll im folgenden das bunte kosmologische Denken der Antike kontrastierend und stark verkürzt rekapituliert werden, bis hin zu den - später dogmatisierten - Vorstellungen von Aristoteles und Ptolemäus. Die Rekapitulation versteht sich im übrigen zugleich als Einführung in die Weite und Vielfalt der Antworten auf das Problem "Kosmologisches Weltbild" zu Zeiten mangelnder astronomischer Kenntnisse.


2. Antike Vorstellungen I - Von Anaximander bis Platon3

Die Form der Erde sollte nach den Vorstellungen Anaximanders (610-545 v. Chr.) eine zylindrische Säulentrommel sein, die in der Mitte unseres von Ringen gebildeten Weltsystems ruht. Alles Seiende käme aus dem Apeiron: dem Unbegrenzten, Unbestimmten. Dieses Apeiron war nicht nur qualitativ unbestimmt, sondern auch räumlich und zeitlich. Damit ist ein Ton in die antike Kosmologie gebracht, der sie von allen christlichen Ideen unterscheiden wird: in ihr existierte kein Schöpfer des Seins.


Anaximenes (585-525 v. Chr.) beschrieb die Erde als flache runde Scheibe, über die sich - auf einer Halbkugel - die ebenso flache runde Sonne und der Mond sowie die feurigen, flachen Sterne bewegten. Den Rand des Kosmos, sein Ende, bildete eine Schale aus eisigem Kristall. Kreisbahnen um die Erde kamen in diesem Modell nicht vor. Noch Demokrit (460-400 v. Chr.) stellte sich übrigens eine flache Erde vor: als Schale mit erhöhtem Rand und vertieftem Boden.


Pythagoras ((570-500 v. Chr.) und Parmenides (515-445 v. Chr.) wird gleichermaßen zugeschrieben, als erste die Kugelform der Erde gelehrt zu haben: eine Vorstellung, die Aristoteles und Ptolemäus übernahmen und mit ihnen die mittelalterlichen Kosmologen. Parmenides bettete dabei die Erde zwischen umlaufende Kränze aus Feuer, Nacht (Dunkel) und einem mauerartig festen Abschluß (periechon).

Ob Parmenides, Anaximander, Anaximenes, Heraklit (540-476 v. Chr.) oder später Aristoteles (384-322 v. Chr.) und Ptolemäus (100-178): eine weitgehende Übereinstimmung findet sich immer in der Idee der Unerschaffenheit und Ewigkeit des Kosmos. Die stärkste Ausprägung fand der Gedanke bei Parmenides: "Das Sein ist ungeworden und unvergänglich, ganz und einheitlich, unerschütterlich und vollendet ..."4. Bei ihm war das Sein nicht nur ewig, sondern auch unwandelbar vollendet.

Der Ewigkeit, Unerschaffenheit oder Unvergänglichkeit stimmte Empedokles (492-432 v. Chr.) zwar zu, er entwickelte aber den zusätzlichen Gedanken von der Vielfalt und Wandelbarkeit der Welt. Demnach sei der wandelnde Reichtum des Seienden aus den verschiedenartigen Mischungen der vier rhizomata (Wurzelstämme), den Grundelementen Feuer, Wasser, Erde und Luft entstanden. Empedokles dachte sich die Elemente als ungeworden, ewig und unwandelbar. Die Welt selbst habe sich erst aus dem Sphairos entwickelt, jenem Ball, in dem sich die Ur-Elemente in Philia, der Liebe, durch drangen. Neikos, der Streit, stieß dann vom äußeren Rand nach innen und trennte oder sammelte die Elemente. Die Liebe zog sich zum Zentrum - auf die Erde - zurück und bewirkte das organische Wachstum: Leben. Diese Lehre von den Elementen wurde - abzüglich der Idee ihrer Unerschaffenheit - später von der mittelalterlichen Kosmologie übernommen.


Anaxagoras (500-428 v. Chr.) führte die Idee des Geistes (Nous) in die Kosmologie ein: "Er ist das Feinste und Reinste von allem Seienden und hat jegliche Kenntnis von allem." Auch sei er unendlich und nicht in die Dinge gemischt, "sondern allein, ganz für sich". "(U)nd alles, was jetzt ist und wie es sein wird, alles ordnete der Geist, auch die Umdrehung, die jetzt die Sterne, die Sonne und der Mond vollziehen..."5. Der Geist ähnelte hier dem Geist Gottes aus der Genesis in manchem. Allerdings fanden sich zwei wesentliche Unterschiede: er ordnete und stieß an, wandelte Chaos in Kosmos, aber er schuf oder schöpfte nicht Himmel und Erde. Außerdem konnte der Geist nicht mehr willkürlich in den Gang der Dinge eingreifen: "Einmal in Gang gesetzt, nehmen der Umschwung und die Weltbildung ihren automatischen Fortgang."6 Im übrigen sah Anaxagoras die Erde wieder als flach an, erklärte aber erstmals plausibel den Mond für von der Sonne angestrahlt.

Platon (428-347 v. Chr.) soll an dieser Stelle folgen, weil auch er eine Art Ausgangspunkt oder Schöpfergott beschrieb, der den Kosmos schuf: den Demiourgos. Aber auch hier gilt, daß der Demiurg die Welt nicht aus dem Nichts bildete. Er fand "zwei fundamentale Konstituentien bereits vor. Das eine ist die Welt der Urbilder (paradeigmata), der unwandelbaren, ungewordenen ... immer selbigen Ideen", von denen der Demiurg ein Abbild (mimema) schuf. "Dasjenige aber, wohinein der Demiurg die Welt des Werdens er schafft, das findet er auch bereits vor ... Es ist der Raum (chora) ... Der Raum nun ist das Material der Schöpfung, ist dasjenige, in dessen regellose Bewegung der Demiurg Regel und Ordnung bringen wird..."7. Der Raum also ist - dem Apeiron des Anaximanders vergleichbar - mit Urelementen und Urbewegung bereits angefüllt. Was aber waren Platons Urelemente und was sein Universum?

Platons Auffassung vom Universum und den Urelementen im besonderen, niedergeschrieben im Timaios, war wesentlich spekulativ-mathematisch bestimmt. Im Anfang habe es zwei Arten rechtwinkliger Dreiecke gegeben, nämlich diagonal halbierte Quadrate und halbe gleichseitige Dreiecke. Aus diesen zwei Grund-Dreiecken (eine weitere Reduktion gelang Platon nicht) habe der vernünftige Demiurg vier reguläre Körper zusammengesetzt, nämlich verschiedene regelmäßige Polyeder, aus denen die Teilchen der vier verschieden schweren Grundelemente bestanden. Die leichtesten Teilchen des Feuers hatten die Form von Tetraedern, die der Luft waren geformt wie Oktaeder, die des Wassers wie Ikosaeder und die schwersten Teilchen der Erde wie Würfel (Hexaeder). Platon war der Meinung, daß das Universum als Ganzes Kugelgestalt besitze, da nur die Kugel mathematisch gesehen absolut symmetrisch und vollkommen sei. Das Universum sollte ein lebendiges Wesen sein und eine den ganzen Raum erfüllende Seele haben, und "da es lebte, sich auch bewegen. Für die Bewegung kam ... nur eine Rotation in Frage, da kreisförmige Bewegung am vollkommensten sei."8 Schließlich sei noch er wähnt, daß Platon die Erde in der Mitte der Welt sich drehen ließ, wie Aristoteles in "De caelo et mundo" (Von Himmel und Erde) überlieferte und daß ihm Gestirne sichtbare, vor allem aus Feuer bestehende, Lebewesen waren, deren ewiges Verbleiben auf ihren Bahnen von ihrem vernünftigen Willen zeuge, also davon, daß sie Seele9 und Vernunft besäßen und sogar als sichtbare Götter gelten konnten. In seinem Alterswerk "Epinomis" führte Platon im übrigen als erster Grieche die 5 Planeten mit eigenen (nichtbabylonischen) Namen auf: Aphrodite (Venus = Morgenstern und Abendstern umfassend), Hermes (Merkur), Kronos (Saturn), Zeus (Jupiter), Ares (Mars). Werner Ekschmitt vermutet, daß die griechische Kenntnis der 5 Planeten erst zwischen dem Timaios und Epinomis - von Babyloniern vermittelt - also um die Mitte des 4. Jahrhunderts anzusetzen ist.

Bis zur Kenntnis der aristotelischen Kosmologie waren Platons Auffassungen bestimmend für die mittelalterlichen Kosmologen. Sein Demiurg wurde zum christlichen Schöpfergott uminterpretiert (Augustinus) und die an Empedokles angelehnte Elementenlehre mit der Genesis parallelisiert (z.B. Thierry von Chartre, s.u.). Bezugnehmend auf die Mittelalterrezeption Platons schreibt Karen Gloy: "Mit dem platonischen Modell .. verknüpfen sich Gedanken von Konstruktion, Mathematik, insonderheit Geometrie. Die Natur wird nicht einfach als Geschöpf Gottes deklariert, sondern näher bestimmt als Kunst- und Bauwerk Gottes .. und entsprechend Gott als Artifex und Baumeister."10


3. Antike Vorstellungen II - Philolas und Aristarch

An dieser Stelle sollen die Beispiele geozentrischer Vorstellungen vorerst verlassen werden. Denn es konkurrierten nicht nur Gedanken über die Form der Erde, der Himmelsbahnen oder über die Lage und Abfolge der Planeten, es konkurrierten nicht nur Vorstellungen über den Stoff von Planeten oder Fixsternen, von der Größe des Universums oder über Dauer, Art und Anstoß der kosmischen Bewegungen. Vier Jahrhunderte vor Jesu Geburt, achtzehn Jahrhunderte vor Kopernikus entstanden erste nichtgeozentrische Weltmodelle.


Philolaos von Kroton (ca. 400 v. Chr.) verrückte als erster die Erde aus dem Mittelpunkt der Welt. Aber nicht die Sonne nahm den freien Platz ein, sondern das Zentralfeuer (Hestia), der "Wachturm des Zeus", den aber von der Erde aus niemand sehen könne. Dieses Modell, häufig als Vorwegnahme des kopernikanischen an gesehen, war aber kein astronomisch-mathematisches sondern ein mythisch-religiöses System. Hier sollte im Kosmos dem "Würdigsten auch der würdigste Platz gebühren"11.

Der radikalste Unterschied zum traditionellen aristotelisch-ptolemäischen Weltbild wurde von Aristarch von Samos (310-230 v. Chr.) rund hundert Jahre nach Aristoteles und rund 300 Jahre vor Ptolemäus formuliert. Er entwickelte das erste heliozentrische Weltsystem, das Archimedes mit den Worten überlieferte: "Seine Annahmen lauten, daß die Fixsterne und die Sonne unbewegt sind, das die Erde in einer Kreisbahn um die Sonne läuft, (und) daß die Sonne in der Mitte der Umlaufbahn ruht ..."12. Diese von der ganzen mittelalterlichen Kosmologie - unter denkbarer Berufung auf die Ablehnung des Ptolemäus - nicht diskutierte Möglichkeit krankte aber an der Annahme konzentrischer (statt eliptischer) Planetenbewegungen, die weniger brauchbare Vorhersagen über Planetenstände ermöglicht hätte als die mathematisch-geometrische Konstruktion des Ptolemäus. Erst Kopernikus wird an Aristarchs Vorstellungen anknüpfen, mit der gleichen Hypothese von einem endlichen, durch die Mauer der Fixsterne begrenzten Universum. Allerdings tilgte Kopernikus aus seinem Werk jeden Hinweis auf Aristarch.

4. Antike Vorstellungen III - Von der Anzahl der Welten

Bevor nun auf das aristotelisch-ptolemäische Weltbild eingegangen wird, sei noch ein Ideenkomplex angesprochen, der in der mittelalterlichen Kosmologie allerdings nur selten Beachtung finden wird: die Frage nach der Anzahl der Welten.

Die Antworten lassen sich in zwei Gruppen unterscheiden: Anaximander sprach vom Apeiron "aus dem alle Himmel hervorgehen mit den in ihnen befindlichen Welten"13. Simultane Welten nahmen auch die Atomisten oder Epikur an. So berichtete Hippolyt über Demokrits Gedanken: "Es bestehen unzählig viele Welten und von ganz verschiedener Größe. ... Diese Welten befinden sich in unregelmäßigen Abständen voneinander... Und die einen entwickeln sich, die anderen sind im Verfall."14

Anders dagegen zum Beispiel Parmenides oder Platon, die von einer Welt ausgingen. Der Gründer der Akademie argumentierte, daß die Welt nach einem einzigen Vorbild geschaffen sei: "Gäbe es aber mehrere Welten, so könnten sie nur Teil eines Ganzen sein, und eben das sie Umfassende (periechon) wäre dann die Welt."15 Der Philosoph beendete seinen Timaios, in dem er sich (unter anderem) mit der Zahl der Welten auseinandergesetzt hatte, mit den Worten: "So hat denn diese Welt sterbliche und unsterbliche Wesen in sich aufgenommen und ist von ihnen erfüllt, als ein sichtbares lebendiges Wesen, ... ein Abbild des Geistigen, ein sichtbarer Gott, und ist zu der größten und besten, schönsten und vollkommensten Welt geworden, diese eine, einzig entstandene Welt."16

Die mittelalterliche Kosmologie wird geschlossen der Idee von einer Welt folgen. Erst Jean Buridan und Nikolaus von Oresme wagten eine erneute Diskussion über die Anzahl der Welten Nikolaus von Kues gebrauchte schließlich den Begriff "Teilwelten" für andere Sterne. Aber wie die anderen hielt auch er an der Idee von einer Welt fest.


5. Antike Vorstellungen IV - Aristoteles

Die kosmologischen Ansichten des Aristoteles (384-322 v. Chr.), die für die mittelalterlichen Gelehrten ab dem 13. Jahrhundert eine so überragende Rolle spielten, "daß das neue Bild vom Kosmos (Kopernikus ..., d.A.) gegen die Autorität des Aristoteles durchgesetzt werden mußte"17, waren erst im Zusammenhang mit den Kreuzzügen und den antiarabischen Kämpfen in Spanien zum Bestandteil, Hintergrund und Dogma des christlich-europäischen Denkens geworden. Crombie nennt als die maßgeblichen Übersetzer von Aristoteles' "Physik" und "De caelo et mundo" vor allem Gerard von Cremona (aus dem Arabischen, um 1160-80) und Wilhelm von Moerbeke (aus dem Griechischen, um 1260-70). Ab hier begann ihr Siegeszug durch das europäische Denken. Wie aber sahen die kosmologischen Vorstellungen von Aristoteles aus? Darauf ausführlich einzugehen, ist angesichts ihrer Bedeutung für das Mittelalter unerläßlich.

Die eigentliche Bedeutung des Aristoteles für die Kosmologie war "untrennbar mit der Geltung der aristotelischen Physik verbunden". Diese - meint Jürgen Mittelstraß - habe zwangsläufig "zur Auszeichnung geozentrischer Modelle, historisch zur Dominanz des Ptolemäischen Systems" geführt, "weil nur diese, nicht die heliozentrischen Alternativen, der aristotelischen Physik entsprechen (oder besser, nämlich im Blick auf die Besonderheiten des Ptolemäischen Systems mit Exzentern, Epizykeln und Ausgleichspunkten: zu entsprechen scheinen)"18.

Die wichtigsten Aussagen der aristotelischen Physik im Zusammenhang mit der Kosmologie betrafen die Lehre von den Bewegungen und hier speziell die Lehre von den Ortsbewegungen irdischer und himmlischer "Dingen".

Ausgangspunkt für die Beschreibung der irdischen Bewegung war die tägliche Erfahrung, nach der zum Beispiel Feuer hochzüngelt und Erde herabfällt, wenn man sie "in Ruhe läßt". Aristoteles - ohne Kenntnis der Gravitation - schlußfolgerte, es müsse für die Dinge natürliche Orte und natürliche Bewegungen geben. Natürliche Orte waren "oben" und "unten", natürliche Bewegungen das geradlinige "Steigen" oder "Fallen". Jeder irdische Gegenstand konnte zwar durch gewaltsame Bewegungen (Hochwerfen von Erde) an einen unnatürlichen Ort bewegt werden, aber den Dingen eignete entsprechend ihrer Qualität eine Art Willen, der sie an ihren idealen örtlichen Ruhezustand zurückführte.

Diese These verband Aristoteles mit einer modifizierten altbekannten Theorie: der Lehre des Empedokles von den vier rhizomata: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Diese Grundelemente unterschied nicht die Quantität von Temperatur, Gewicht und Feuchtigkeit, sondern ihre polaren qualitativen Gegensätze:

leicht-schwer (Feuer,Luft - Erde, Wasser)

trocken-feucht (Feuer, Erde - Wasser, Luft)

warm-kalt (Feuer, Luft - Wasser, Erde).

Dabei gab es Elemente mit qualitativen Gemeinsamkeiten (Feuer, Luft = warm; Wasser, Erde = kalt) und Elemente ohne jede Gemeinsamkeit: Wasser (kalt, feucht, schwer) und Feuer (warm, trocken, leicht) sowie Erde (kalt, trocken, schwer) und Luft (warm, feucht, leicht).

Entsprechend den physikalischen Ideen von den natürlichen Bewegungen und Orten mußten sich nun die irdischen Elemente in konzentrischen Sphären oder Schalen nach der Abfolge Erde-Wasser-Luft-Feuer anordnen. Die Schichtung entsprach ihrer Schwere. Die Konzentrizität entsprach der Kugelgestalt und Mittelspunktslage der Erde in einer runden Welt.

Diese Kugelgestalt der Welt folgte ebenfalls einer Beobachtung: Fixsterne, Sonne und Mond laufen augenscheinlich auf Kreis bahnen um uns herum. Da sie aber am Himmel blieben und nicht ihn herabstürzten, proklamierte Aristoteles die Zweiteilung der Welt: Neben den irdischen geradlinigen Bewegungen in der sublunaren Sphäre existiere eine eigene natürliche, ewige Bewegung der Himmelskörper im supralunaren Bereich: die Kreisbewegung. Auf Kreisbahnen liefen die idealen runden Himmelskörper ewig um die Mittelpunktserde, dem Zentrum der Welt, dem Ruhepunkt des Universums, zu deren Mitte - im sublunaren Bereich - alles fiel. Die Welt selbst wurde als kugelförmig angenommen, weil nur die ideale Kugelgestalt allen Weltraum ausfüllen konnte: "Jeder eckige Körper würde bei seiner Drehung ins Leere hinausgreifen, was es nach Aristoteles nicht gibt."19

Und so entstand der aristotelische zweigeteilte, endliche und hierarchisch gegliederte Kosmos: Im Zentrum die Erde mit ihren Veränderungen, dem Werden und Vergehen. Sie wurde umgeben von konzentrischen, ewig harmonischen Kristallsphären, in denen jeweils Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter und Saturn eingebettet waren. Jenseits der Planetensphären folgte die Fixsternsphäre "und jenseits dieser letzten Sphäre - nichts"20. Die Welt umschloß alle Materie. "Diese Welt ist eine, einzig und vollkommen."21 Alles Stoffliche im supralunaren Raum ewiger Kreisbewegungen wurde durch den Äther, dem - weder leichten noch schweren - ersten Element (prote ousia) gebildet, der jedoch als quinta essentia - fünftes Element - überliefert wurde. Alles aus Äther gebildete war ewig, unvergänglich, unveränderlich. Wurden die Veränderungen auf der Erde von physikalischen Gesetzen beherrscht, waren die ewigen Bewegungen der Himmelskörper allein durch die (geometrische) Mathematik beschreibbar.

Dem letzten Gedanken muß aber eine Erweiterung folgen. Denn Aristoteles gab sich mit einer geometrischen Beschreibung der Himmelssphären nicht zufrieden. Eudoxos (395-342 v. Chr.), den Aristoteles in der Metaphysik (12. Buch) zitiert hatte, erklärte die unregelmäßigen Bewegungen der Himmelkörper - vor allem die scheinbare Rückläufigkeit und den zeitweiligen "Stillstand" der Planeten - mit einem 27-schaligen Sphärenmodell, welches den Himmelkörpern jeweils 4 oder 3 homozentrische Schalen zuordnete, um ihre verwirrenden Bewegungsanomalien berechenbar zu machen. Bei Eudoxos war aber das "Kosmosmodell rein geometrischer Natur". Es sollte "nur die Zusammensetzung der Bewegungen der Himmelskörper aus Kreisbewegungen beschreiben. Dagegen will Aristoteles die Bewegungen physikalisch erklären. Sie sollen nach seinen Vorstellungen mechanisch vermittelt sein: Von der Fixsternsphäre werde die Bewegung nach innen über die einander berührenden Sphären übertragen."22 Damit Aristoteles den unterschiedlich schnellen und unterschiedlich unregelmäßigen Lauf der Gestirne erklären konnte, führte er zusätzlich rückrollende Sphären in das Modell ein. Zwar gab es von der Mond- bis zur Fixsternsphäre aufwärts weiterhin 8 supralunare Hauptsphären, aber diese wurden von insgesamt 55 ineinandergreifenden materiellen Kugelschalen gebildet. Insofern ist der aristotelische Kosmos kein mathematisch-geometrischer sondern ein materiell-physikalischer und philosophischer Kosmos. Diese Kompliziertheit und dieser Anspruch wird in der mittelalterlichen Kosmologie erst mit der der Wiederentdeckung des Aristoteles zu finden sein.

Wer oder was aber hielt diese aristotelische Himmelskonstruktion in Bewegung? Die paradoxe Antwort lautete: der erste unbewegte Beweger. Oder, "um unser Befremden voll zu machen, das 'erste unbewegte Bewegende'"23. Da Aristoteles gemäß der griechischen Denkungsart Zeit und Bewegung als ewig dachte, brauchte er ein Prinzip, das eine ewige Bewegung garantierte. Dieses sollte unbewegt - und damit unkörperlich und daher auch unräumlich - sein, damit die Problemlösung das unendliche Weiterfragen nach dem Bewegen des Bewegers umging. Zugleich widerstand nur ein unbewegt-unveränderliches Bewegungsprinzip der Vergänglichkeit: denn das Veränderliche und das Vergängliche lagen zu nahe beieinander.

Wie aber bewegte ein unbewegter - unkörperlicher, eher geistiger - Beweger? Er bewegte durch ein (eher) geistiges Prinzip, zum Beispiel, nach einer aristotelischen Formulierung, "wie das Geliebte bewegt"24. Seine Vollkommen-heit setzte den ersten Himmel - die Fixsternsphäre - in gewissermaßen "entzückte" Bewegung und dadurch alles andere. "Wenn dieses "Streben" (aber) möglich sein sollte, mußte er (Aristoteles, d.A.) voraussetzen, daß die Sphären irgendeine Art von Seele haben. In der Tat ordnete er allen Sphären "Seelen" zu."25 Die Idee von einem Kosmos mit beseelten Sphären griffen spätere neuplatonische Philosophen auf. Sie "war der Ursprung (der neuplatonischen und später scholastischen Idee von) der Hierarchie von Intelligenzen oder Bewegern"26 der Stern- und Planetensphären. In der europäischen mittelalterlichen Kosmologie wurde diese Idee vor allem durch den Einfluß des arabischen Philosophen Averroes - dem wichtigsten Aristoteles-Kommentator - belebt und zeitweise heftig diskutiert und bis zum Auftauchen der Impetus-Theorie bei Buridan von vielen weiter favorisiert.

Ein anderes Problem der aristotelischen Bewegungsvorstellung wurde für die christlichen Kosmologen durch seine "Unchristlichkeit" zu einer besonderen Herausforderung. "Auf das Ganze angewendet, besagt der Vergleich (daß der unbewegte Beweger "wie das Geliebte" bewege) jedoch, daß zwischen Gott und der Welt keine gegenseitige Beziehung besteht, sondern allein das Verhältnis einer einseitigen Attraktion. Das Göttliche bewegt allein durch seine Gegenwart, weiter nichts. Wilamowitz hat einmal bemerkt, ein Gott, der nicht zu den Menschen komme, sei gar keiner."27 Es wird den mittelalterlichen Kosmologen viel Arbeit und Interpretationskunst abverlangen, diesen außerhalb der Welt stehenden, nicht zu den Menschen kommenden, nicht ins Geschehen eingreifenden und damit eigentlich anbetungsuntauglichen "Gott" christlich umzudeuten.


6. Antike Vorstellungen V - Ptolemäus

Um den Überblick über die griechische Kosmologie abzuschließen, muß an dieser Stelle die Arbeit von Claudius Ptolemäus (100- 178 n. Chr.) erwähnt werden.

Im Unterschied zu Aristoteles zielte Ptolemäus auf ein mathematisch-geometrisches Weltmodell. "Die Mathematik allein ... hat jene Eigenschaften, die nicht nur der Vornehmheit der Objekte am besten angepaßt sind, sondern die auch infolge der Unumstößlichkeit ihrer Theoreme die größte Gewähr für wahre, von Dunkelheit und Verwirrung freie Ergebnisse bieten"28, schreibt Bernulf Kanitscheider. Und so versuchte Ptolemäus - wie etwa Platon, Eudoxos oder Aristoteles - zu zeigen, "daß alles, was am Himmel erscheint, durch kreisförmige und gleichförmige Bewegungen hervorgerufen wird"29. Trotzdem fand sich ein fundamentaler Unterschied in der Kosmologie des Ptolemäus: Sein Weltmodell mit seinem komplizierten System von Exzentern - die Planeten, Sonne und Mond drehten nicht um die Mittelpunktserde, sondern um einen mathematisch konstruierten Mittelpunkt, der neben der Erde lag - und den dazukombinierten Epizykeln - die gleichen Himmelskörper rotierten auf je kleinen Kreisen, deren Mittelpunkt sich auf den Bahnen der Exzenter stetig voranbewegten - sollte nicht mit der physikalischen Wirklichkeit korrespondieren, sondern die astronomischen Beobachtungsergebnisse geometrisch-systematisch erklären.30 Sein Modell behauptete nichts über die Welt, nichts über die tatsächlichen Planetenbahnen oder gar über eine tatsächliche Stellung der Erde außerhalb des Zentrums des Weltalls. Sein System sollte mit Hilfe mathematisch-geometrischer Idealfiguren auf logische und einfache Weise scheinbar alogische und komplizierte Bewegungsabläufe darstellen. "Die Bewegungsgesetzlichkeiten, die die Erscheinungen retten, erheben keinen Realitätsanspruch ... sondern haben bloß syntaktische Funktion... Seit Ptolemäus spaltet sich also die griechische Kosmologie in eine physikalische und eine mathematische Disziplin."31

In den weiteren Ausführungen wird sich zeigen, daß Ptolemäus im Mittelalter nur als astronomischer Lehrmeister angenommen wurde. Obwohl das ptolemäische Weltbild für die Astronomen des späteren Mittelalters wegen seiner weitestgehenden Übereinstimmung mit den Beobachtungsergebnissen verbindlich war, obwohl der "Almagest" seit seiner lateinischen Übersetzung von 1160/1175 zur universitären Ausbildung gehörte und obwohl die weit verbreiteten universitären astronomischen Lehrbücher - hier sind vor allem "De sphaera mundi" von Johannes de Sacrobosco (1. Hälfte 13. Jahrhundert) und "De sphaera" von Robert Grosseteste (ca. 1168-1253) zu nennen - das ptolemäische Konzept tradierten, spielte es doch bei den im Folgenden dargestellten theologischen und philosophischen mittelalterlichen Kosmosvorstellungen nur eine begrenzte Rolle. Frühe mittelalterliche Kosmosmodelle sollten eben weniger mit astronomischen Fakten als mit Bibeltexten und Glaubensgrundsätzen zusammen passen. Es waren vereinfachte religiös-symbolische Welt-Konstrukte, die göttliche Schöpferkraft und göttliches Schönheitsempfinden preisen sollten und im übrigen auch gern mit astronomischen Fakten zusammenpassen durften. Im Hochmittelalter standen dann aristotelisch-christliche Welt-Konstrukte im Mittelpunkt der theologisch- philosophischen Auseinandersetzungen.

Allerdings: Der astronomische Anspruch an ein Weltmodell war mit dem Werk von Ptolemäus bis zu Kopernikus' Zeit befriedigt. Den Anspruch der Christenwelt und ihrer Institutionen konnte es aber ebensowenig befriedigen wie das aristotelische oder platonische Konstrukt.


7. Übergangszeit und frühes Mittelalter

Ein deutliches Kennzeichen nachantiker und frühmittelalterlicher Kosmos-Theorien war ein Mangel, der sich - im Anschluß an Augustinus - aus dem damals kanonisierten platonischen oder neuplatonischen Herangehen an Naturerkenntnis ergab. Die Natur - theoretisch eigentlich als "Explikation Gottes"32 ein möglicher Forschungsgegenstand - war durch die platonisch-neuplatonische Ideen lehre mit ihrer Abwertung empirischer materieller Naturerforschung kein bevorzugtes Erkenntnisobjekt. "Es war dieser neuplatonisch geprägte ... Gegensatz zwischen dem Reich des Geistes und der Materie, welcher in der Folge mehrere christliche Denker in relativ abenteuerliche Konstruktionen hineinmanövrierte."33

Eine dieser Konstruktionen stammte von Kosmas Indikopleustes, der in seiner "Topographia Christiana" um 545 ein altarförmiges Weltbild beschrieb. "Das Äußere des Heiligtums gibt die sichtbare Welt wieder, der Vorhang stellt das Firmament dar, und der innere Teil ... repräsentiert den Aufbau des Himmelreiches. ... Das Tablett des Opferbrotes mit seinem geschwungenen Rand gibt die Erde wieder, welche die Form einer rechteckigen Ebene besitzt, die vom Ozean umgeben ist. ... Bildet die Erde den Boden des Aufbaus, so werden Sonne, Mond und Sterne entlang des Firmaments von Engeln fortbewegt. ... Die Erde ist im Norden viel höher als im Süden, hinter diesem Berg verschwindet die Sonne in der Nacht..."34. Das wesentlichste Argument gegen die Kugelförmigkeit der Erde bezog Kosmas aus der biblischen Beschreibung des Tages des jüngsten Gerichts: Wäre die Erde rund, könnten die Bewohner der anderen Seite den Abstieg des Herrn durch die Wolken auf die Erde nicht sehen.35 Wie Rudolf Simek allerdings anmerkt, spielten die Vorstellungen von Kosmas und überhaupt die Meinung derer, die die Erde als Scheibe ansahen - wie etwa Aeticus von Istrien im 8. Jahr hundert -, entgegen der landläufigen Meinung keine dominierende Rolle im Mittelalter.36

Trotzdem läßt sich an diesem Beispiel für unser Thema einiges lernen. Denn mit vielen anderen christlichen Kosmologen hatte Kosmas gemeinsam, daß er ein allegorisches kosmologisches Weltbild mit christlicher Topographie erstrebte, ein Weltbild mit der außerwissenschaftlichen Zielsetzung, theologisch korrekt zu sein und einem Christenmenschen geistige Geborgenheit zu garantieren. Von anderen unterschied ihn allerdings die radikal "antiantike" Vorgehensweise, das heißt die Zurückweisung jener mathematisch-geometrischen Sicht auf die Welt, die eine ideale Kugelförmigkeit und den sphärischen Aufbau des Universums als Ausweis ihrer göttlichen Vollkommenheit ansah.

Wenn nun die folgenden frühmittelalterlichen christlichen Kosmos-Konstruktionen dem "wissenschaftlichen" Weltbild der Antike weit mehr entsprachen, so ist dies der zunehmenden Verbreitung antiken Wissens zu verdanken. Obwohl die allgemeine Kenntnis der aristotelischen Physik erst mit dem 13. Jahrhundert einsetzte, wurden ab dem 6. Jahrhundert Teile des antiken Wissens durch einige - anfangs erwähnte - Enzyklopädien bekannt.37 Die neue Herausforderung für den christlichen Kosmologen bestand nun darin, die platonisch-neuplatonische Zurückweisung der Empirie, die Kenntnis antiker Geometrie, Logik und Astronomie sowie kompletter Kosmosmodelle mitsamt ihrer philosophischen Deutung und das Zeugnis der Bibel miteinander in Einklang zu bringen. Von ihrer Beschäftigung mit der Natur des Weltbaus wurde bis zum Bekanntwerden der aristotelischen Physik (und eigentlich noch darüberhinaus) allerdings "nicht erwartet, daß es zu wissenschaftlichen Hypothesen und all gemeingültigen Resultaten führte, sondern daß es eindrucksvolle Symbole für geistliche Wahrheiten liefere"38.

Ein frühes Beispiel für eine solche Kosmologie soll diesen Abschnitt beenden. Beda Venerabilis (673-735), ein angelsächsischer Theologe und Geschichtsschreiber kannte die Werke der "Kirchenväter" Augustinus, Basilius oder Ambrosius ebenso wie die naturwissenschaftlich-enzyklopädischen Schriften von Plinius oder Isidor. Deshalb meint Crombie: "Bedas Kosmologie ist interessant, weil sie zeigt, wie ein Gebildeter des 8. Jahrhunderts sich das Universum vorstellte."39

In der Mitte seines Universums befand sich die feststehende kugelförmige Erde. Sie war in 5 Zonen unterteilt, davon zwei bewohnbaren, aber nur die Zone auf der nördlichen Seite der Kugel hielt Beda für tatsächlich bewohnt. Hier kündigt sich das später häufig diskutierte Problem der "Antipoden" an, jenen für möglich oder - wie hier - für unmöglich gehaltenen "Kopffüßlern", Bewohner auf der Unterseite der Erdkugel. Die Erde umgaben sieben konzentrische "Himmel": die Luft, der Äther, der Olymp - hier liefen die nach griechischen Göttern benannten Planeten um die Erde -, der Feuerraum, das Firmament mit den Fixsternen, der Himmel der Engel und der Himmel der Dreifaltigkeit. Die Wahl der Zahl Sieben war alles andere als ein Zufall. Die Sieben war eine von Alters her symbolische Zahl, die "als eine 'heilige', den Makro- und Mikrokosmos beherrschende Zahl galt"40 und die sich vor allem in den kosmologischen und kosmogonischen Teilen der Bibel wiederfand, etwa in der Vorstellung von den 7 Schöpfungstagen oder in der vielfach verwendeten Sieben in der Apokalypse des Johannes.41 Die Fixsterne drehten sich mit dem Firmament einmal täglich um die Erde - eine von (fast) allen Griechen und folglich (fast) allen christlichen Kosmologen bevorzugte Erklärung der täglichen Sternbewegungen - und die Planeten drehten sich innerhalb das Firmaments auf epizyklischen Bahnen.

Das Firmament hatte bei Beda die Funktion einer Trennscheide zwischen der körperlichen und der geistigen Schöpfung. Die Körperwelt bestand aus Mischungen der vier Elemente des Empedokles, die entsprechend ihrer Schwere und Leichtigkeit angeordnet waren. Statt des aristotelischen Bewegungsprinzips hielten die Engel und der ständig eingreifende dreifaltige Gott der geistigen Schöpfung den Himmel in Bewegung.

Den wesentlichsten Unterschied aber brachte Bedas christliche Ausrichtung für seine Sicht auf den Anfang des Kosmos: Gott schuf ex nihilo die vier Elemente, das Licht und die Seele des Menschen. An die Stelle der ewigen Existenz der Welt (oder der ewigen "platonischen" Ideen) trat das Prinzip der Schöpfung. Das Prinzip der Unerschaffenheit ging auf den christlichen Gott über.


8. Organische Modelle - Weltei und Kosmosmensch

Neben dem kosmischen Sphärenmodell, das in unterschiedlicher und vor allem immer komplexer werdender Form fast alle mittelalterlichen Theologen und alle Astronomen vertraten, existierte eine populäre Modellvorstellung, die den Bau der Welt mit einem Ei verglich. Dieses Modell wurde schon durch Empedokles und seitdem immer wieder angeführt.42

Anliegen des Modells war es nicht, den astronomischen Bau der Welt symbolisch zu fassen, sondern ihren elementaren Aufbau aus den vier Elementen des Empedokles zu visualisieren. In der durch Honorius von Autun (ca. 1080-ca. 1137) zu Beginn des 12. Jahrhunderts verfaßten "Imago mundi" symbolisierte das Fetttröpfen im Eidotter die Erde, der Dotter die Luft, das Eiweis den Äther "(purus aether = Feuer)" und die Schale den Himmel "(coelum = Wasser)"43.

Honorius offenbart hier eine sonderbare Wirrnis, die sich nicht mit der platonisch-neuplatonischen Abfolge der Elemente nach ihrer Schwere - "die spezifischen Gewichte von Erde:Wasser:Luft: Feuer zueinander verhielten sich nach mittelalterlicher Ansicht wie 1:12:18:27"44 - vereinbaren läßt, obwohl die Enzyklopädisten seit Beda hier klare Übermittlungsarbeit geleistet hatten. Als Erklärungsversuch bietet sich ein Verweis auf die Bibel an. Die Gleichsetzung von Himmel und Wasser könnte durch die Genesis angeregt sein, nach der Gott "das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste (schied). Und es geschah so. Und Gott nannte die Feste Himmel."45 So gesehen konnten feurige Himmelserscheinungen (Meteore, Polarlichter) auch unterhalb des Wasserhimmels gedacht werden, wobei - zusätzliche Wirrnis - die Gleichsetzung von Äther und Feuer hinzukam: nach Simek eine häufige Praxis im vor aristotelischen Mittelalter.46

Andere Fassungen des Weltei-Modells gingen logischer vor. Dort ordnete man meist ganz platonisch-neuplatonisch: Der Dotter = Erde, das Eiweis = Wasser, das Häutchen = Luft und die Schale = Firmament=Feuer=Äther. Allerdings ist die verbreitetste Fassung des Weltei-Modells im "Buch Sidrach" eine auf drei Elemente reduzierte Fassung: Erde = Dotter, Wasser = Eiweiß, Firmament = Schale. Hier scheint es weniger um die symbolische Wiedergabe der 4-Elemente- Lehre gegangen zu sein, als um eine populär vereinfachte "elementare" Darstellung der Welt, wobei die abstrakten Sphären durch ein Erklärungsmodell mit Bezug zur einfachen Lebenswelt ersetzt wurden.

Im übrigen wurden auch im sphärischen Modell Orte für die Existenz der Elemente angegeben. Die einfachste Fassung sah die konzentrische Anordnung der Elemente innerhalb der sublunaren Sphäre nach ihrer Schwere vor: Die Erde wurde konzentrisch von Wasser, Luft und Feuer umschlossen.47 Da aber eine systematische aristotelische Unterscheidung von Feuer und Äther unbekannt war, blieb man sich über die Lage des Feuers unschlüssig. Manche ließen das Feuer als leichtestes Element unmittelbar unterhalb der Mondsphäre en den. Andere setzten Feuer und Äther gleich, hier reichte es bis an die unterste Planetensphäre oder es nahm - wie im "Timaios" von Platon, hier aber als bloße Feuersphäre - den ganzen Weltraum von der Mondsphäre bis zum Firmament ein. Im ersteren Falle wurde das Feuer nur für das Polarlicht verantwortlich gemacht, bei anderen für planetare Vorgänge oder für Kometen und Sternschnuppen (letzteres wurde mit der aristotelischen Physik unmöglich, da herabfallende Körper in der himmlischen Region nichts zu suchen hatten), und bei den originären Anhängern Platons war Feuer überhaupt der Hauptbestandteil der Himmelskörper.

Ab dem 12. Jahrhundert wurde - noch ohne Kenntnis der aristotelischen Vorstellungen - im Rahmen des Sphärenmodells die Luft häufig als bis zum Firmament reichend gedacht, erst jenseits davon lag der Feuerhimmel (caelum empyreum). Dieser Feuerhimmel war "Heimstatt" der Engel und Seligen in der vorletzten und die Gottes in der äußersten Schale, eine Vorstellung, die sich "selbst bei anspruchsvollen mittelalterlichen Autoren wie Thomas von Aquino und Nikolaus von Kues erhielt"48.

Abschließend sei nochmals auf Honorius von Autun verwiesen. Bei ihm kann man lernen, daß verschiedene Weltmodelle nicht unbedingt konkurrierten, sondern sich ergänzten. Neben dem Weltei-Modell ließ er auch ein einfaches Sphärenmodell mit drei Himmeln gelten: "Der erste dieser Himmel umfaßte .. die physischen Sphären einschließlich des Firmaments und des Feuerhimmels, der geistige Himmel war der Wohnort der Engel, im intellektuellen (im Sinne von vergeistigt) thronte die Trinität."49 Daneben popularisierte er auch ein Modell, das sich ähnlich bei Hildegard von Bingen (1098-1179) findet: das Mikrokosmos-Makrokosmos-Modell. Wie die Welt bestand auch der Mensch "aus den vier Elementen". Honorius sprach "davon, daß der Mensch ein Mikrokosmos sei, der die Teile des Makrokosmos, des eigentlichen Alls, repräsentiere. So sei auch der Kopf des Menschen deswegen eine Kugel, weil die ganze Welt kugelförmig ist."50 Bei Hildegard von Bingen hieß es ähnlich: "Mitten im Weltenbau steht der Mensch ... Gott hat den Menschen nach dem Vorbild des Firmaments geformt und seine Kraft mit der Macht der Elemente verstärkt: er hat die Weltkräfte fest in das Innere des Menschen eingefügt."51 In ihrer "Miniatur vom Kosmosmenschen"52 zeigte sie folgendes: "Der Mikrokosmos als nackter Mensch steht im Luftkreis, der die Erde umgibt, und reicht mit den Gliedmaßen an den Kreis der vielfachen Sphären, der seinerseits vom Makrokosmos (doppelköpfig: Gottvater + Christus ?) mit ausgebreiteten Armen umfaßt wird."53 Vor dem Hintergrund dieses lebendigen Modells der Welt könnte man schlußfolgern, daß sich das Weltei-Modell von der abstrakten sphärischen "Himmelsmaschine" weniger durch die Einfachheit als durch die Betonung des Organischen, Lebendigen, des Geschöpften im Sinne von "Geschöpf" unterscheiden sollte.

9. Die Schule von Chartre

"Die erste Erklärung des Universums auf Grund natürlicher Ursachen, nachdem man der Versuche müde geworden war, es lediglich in der Bildersprache moralischer Symbole auszulegen, ging von der Schule von Chartre aus und war weitgehend beeinflußt von der Lehre Platons."54

Die Schule von Chartre war vom 12. Jahrhundert an bis zur ein setzenden Aristoteles-Rezeption der innovativste Ort naturwissenschaftlicher Forschung. Sie war weniger "eine lokalhistorisch zu definierende Gruppe", sondern umfaßte eher eine lose, zum Teil in Chartre lehrende Anzahl von Gelehrten "mit charakteristische(r) philosophische(r) Orientierung"55 und empirischen Interessen. Zu ihren Hauptvertretern zählten Thierry von Chartre (gest. 1155), Gilbert von Poitiers (gest. 1154) und Wilhelm von Conches (1080- 1145). Grundlage ihrer Forschungen waren vor allem der "Timaios" von Platon, die (ganzen) logischen Schriften des Aristoteles sowie Schriften des Neuplatonikers Boethius und des Mediziners Galen. "Man suchte eine zusammenhängende rationale Konzeption

- Gottes als der Einheit, als der absoluten Notwendigkeit, als der reinen Aktualität,

- der Natur als der dynamischen Realisierung idealer Gehalte und idealzahlenhafter Strukturen,

- des Vorrangs des Menschen."56

Besonders interessant sind die kosmogonischen und kosmologischen Vorstellungen von Thierry, die der Genesis ebenso wie den mathematisch-physikalischen Ansichten Platons, der augustinischen Platon-Interpretation sowie den empirischen Kenntnissen seiner Zeit - z.B. 1125 von Wilhelm von Conches in der "Philosophia mundi" zusammengetragen - verpflichtet waren.

In Anlehnung an Augustinus nannte Thierry vier Weltentstehungsursachen: causa efficians ist Gott, causa materialis sind die vier Elemente, die Gott erst aus dem Nichts erschaffen hat, causa formalis ist der die göttliche Weisheit repräsentierende Sohn Gottes und causa finalis ist der mit Platons Weltseele identifizierte Heilige Geist.

Seine Lehre von der Entstehung der Welt begnügte sich mit einem Schöpfungsakt: Nach "der Erschaffung der vier Elemente sollte es keinen übernatürlichen Eingriff Gottes mehr geben"56, vielmehr erkläre sich die gesamte Weltentstehung aus den natürlichen Eigenschaften der Elemente. Zur Erinnerung: Nach Platons "Timaios" bestanden die Elemente nicht nur aus vier regelmäßigen Polyedern, sie waren auch wechselseitig umwandelbar durch die Auflösung jeder geometrischen Form in andere. Zudem waren sie - wie beim noch unbekannten Aristoteles - in konzentrischen Sphären in der Abfolge Erde (Zentrum) - Wasser - Luft - Feuer angeordnet.

Mit der Genesis vor Augen meinte nun Thierry: Am ersten Tag des Schöpfungsprozesses stieg als leichtestes Element das Feuer nach oben und erleuchtete die Luft und alles andere. Am zweiten Tag stieg das erwärmte Wasser als Dampf teilweise über die Luftsphäre hinaus. So entstand das obere Wasser, gehalten vom Firmament: der "festen" Luft zwischen oberen und unteren Wassern. Der dritte Tag führte durch weiteres Verdampfen des Wassers zum Auftauchen des trockenen Landes aus den unteren Wassern, zur ersten Landerwärmung und zum Wachstum der Pflanzen. Am vierten Tag entstanden durch die Zusammenballungen der oberen Wasser die Sterne des Firmaments und mit ihnen zusätzliche Wärme. Am fünften Tag entstanden deshalb Fische und Vögel auf der Erde. Am sechsten Tag wurde das schwerste Element weiter erwärmt, es entstanden die Landtiere und der Mensch.

Alles in allem "könnte (man) von einem einheitlich mechanistischen Konzept sprechen, das aus den Bewegungsgraden des Stoffs Himmel und Erde, Pflanze, Tier und Mensch ableitet ... eine einheitliche Welterklärung aus der Bewegung der Elemente". Die Elemente waren zwar auch bei Thierry qualitativ unterschieden, aber den Unterschied erklärte er durch verschiedene quantitative "Grade des Bewegens bzw. Bewegtwerdens... Vom Feuer als dem bewegensten Element leitete er das gesamte weitere Geschehen .. ab."

Damit war ein Weg über Aristoteles hinaus angedeutet, für den ja keinerlei Zusammenhang zwischen sublunaren Vorgängen - mit den Bildungen der vier Elemente und den geradlinigen Bewegungen auf der Erde - und den himmlischen Vorgängen - mit den Bildungen des Äthers und den dortigen kreisförmigen Bewegungen - bestand. Noch aber war die aristotelische Physik in Europa nicht bekannt. Und trotzdem: "Thierry war nicht nur der Vorläufer der Aristoteliker des 13. Jahrhunderts; er hatte (zugleich) eine andere, eher atomistische mechanistische Konzeption von Empirie. Er leitete Körperqualitäten wie "schwer" und "leicht" ab von Bewegungsarten der Elementenpartikel, die in allen Körpern dieselben sind. .. Auf Thierry konnte im 15. Jahrhundert zurückgreifen, wer eine neue Naturwissenschaft wollte. Nikolaus von Kues hat dies getan. Er nannte Thierry den an Geist vielleicht bedeutsamsten Mann, den er je gelesen habe."58

Im übrigen entsprach die Kosmologie der "Chartristen" vielfach den Vorstellungen Platons. Die größte Abweichung fand sich in der Frage nach dem, woraus Himmelskörper bestehen. Als Stoff wurde von Thierry (wie von Augustinus und Beda) Wasser angegeben, andere bestanden (wie Platon) auf Feuer und Wilhelm von Conches favorisierte eine Mischung aus allem, wobei allerdings das Feurige und Wässrige vorherrsche. Gemeinsam ist ihnen, daß sie eine aristotelische quinta essentia nicht erwägen.

Die Bewegung der Himmelskörper erklärten sie mit der ewigen gleichförmigen Eigenbewegung des sphärischen Universums um das feste Zentrum Erde. Sie verwiesen dabei auf die tägliche Rotation der Fixsterne sowie auf die verschieden schnell umlaufenden Planeten in ihren Sphären. Die unterschiedliche Geschwindigkeit der Planeten erklärten sie mit "Intelligenzen" oder Seelen, die für jede Sphäre als Quelle der Bewegung existierten. Diese Bewegungsquellen wurden - ganz platonisch - immanent gedacht, aber die Aufspaltung der einen Seele des Universums (Weltseele) in die vielen Intelligenzen der Himmelskörper war ein neuplatonisch-scholastischer Zusatz. Eine besondere Ausprägumg fand die Idee der Weltseele bei Thierry und Wilhelm von Conches, die die platonische Weltseele mit dem heiligen Geist der Trinitätslehre gleichsetzte.

Bei Wilhelm finden sich überhaupt einige Novitäten. Er reaktivierte neben platonischen auch demokritische Atomvorstellungen59, er ließ Gottes Wirken auf die Welt mit ihrer Schöpfung enden, wo bei - so ein zeitgenössischer Kritiker - sein "Gott in der Welt ... nichts anderes (sei) als der Wettstreit der Elemente und die Temperatur der Natur"60. Außerdem findet sich bei ihm eine merkliche Differenz zum üblichen Sphärenmodell. Wilhelm erklärte nämlich die Sonderbarkeit, daß Venus und Merkur nur als Abend- und Morgenstern - also niemals während der Nacht - zu sehen waren, in Anlehnung an Herakleides von Pontos (um 388 - um 315) mit einem Modell, in dem die beiden Planeten um die Sonne liefen, alle gemeinsam aber um die Erde.

Schließlich lehnten die "Chartristen" die Möglichkeit eines Vakuums innerhalb und außerhalb des Universums ab. Diese Meinung war schon von Platon und Aristoteles vertreten worden, und sie wurde fast das ganze Mittelalter hindurch mit unterschiedlichen Begründungen weiter tradiert. Nach Platon war ein leerer Raum etwas "unordentliches", das die kontinuierliche Harmonie des Ganzen zerstört hätte. Nach Aristoteles entfiele (unter anderem) in einem (unbegrenzten) leeren Raum die Möglichkeit, Ort und Richtung zu bestimmen. Gäbe es ein Vakuum, wäre "ein Punkt (im Raum) .. nicht von dem anderen zu unterscheiden, keine Richtung kann einer anderen vorgezogen werden." Deshalb, so Dijksterhuis, wäre ein Vakuum "in vollkommenen Widerspruch zum aristotelischen Gedanken einer begrenzten Welt, die in ihrem unbeweglichen Zentrum und ihrer als Ganzes unveränderlichen kugelförmigen Umhüllung das feste Bezugssystem besitzt, das Ort und Bewegung der Körper unzweideutig fest legt."61 Und nach Adelard von Bath (1090-1160), der zeitweilig auch in Chartre weilte, mußte "jeder Körper .. stets mit anderen Körpern zusammenhängen"62. Damit aber war ein Vakuum zwischen ihnen unmöglich. Keine Leere existierte in der Welt, keine "Lücken", in denen Gott nicht hätte wirken können. Thomas Bradwardine wird im frühen 14. Jahrhundert allerdings eine andere Lösung finden (siehe unten).

 

10. Exkurs - Aristoteles meets Europa

Die "Schule von Chartre" repräsentierte einen Typ von mittelalterlicher Wissenschaftsbetreibung, der an der Grenze vom 12. zum 13. Jahrhundert eine wichtige Ergänzung fand: Wissenschaft wurde nun nicht mehr allein als "Klerikerwissenschaft"63 von kirchlichen Würdenträgern oder Mönchen in kirchlichen oder klösterlichen Schulen gelehrt und betrieben und auch nicht mehr mit dem vorrangigen Ziel einer institutionellen Absicherung der Papstkirche oder mindestens der Aussöhnung mit ihr, sondern der Schwerpunkt von Lehre und Forschung ging auf die zunehmend institutionalisierten Universitäten über. Die ersten Universitäten von Paris, Bologna und Oxford waren teilweise autonomer als die vorgenannten Orte des Wissens, und ihre Protagonisten - die Gelehrten - empfanden sich teilweise sowohl als christliche Lehrer wie auch als rationale Wissenschaftler.

Anlaß ihrer Entstehung aber war die große Menge neuen Wissens, die ins christliche Europa drang und nach Verarbeitung verlangte. Vor allem galt dies für die arabisch überlieferten naturwissenschaftlichen Texte von Aristoteles - darunter "De caelo et mundo" -, die nun in lateinischen Übersetzungen vorlagen. Ebenso wie seine arabisch-islamischen Kommentatoren Averroes (1126-1198) sowie Al-Farabi (gest. 950) oder Avicenna (980-1037) konnten nun auch der kosmologisch so bedeutende "Almagest" von Ptolemäus (um 1175) sowie Texte von Euklid, Hippokrates, Galen und Archimedes studiert und außerdem originär arabische Wissenschaftsleistungen (arabische Zahlen, Optik, Alchemie, Astrologie) rezipiert werden.

Das besondere Interesse aber galt Aristoteles, der bald zum bestimmenden Bezugspunkt christlicher Weltbetrachtung wurde, auch für die christliche Kosmologie.

Die scholastischen Gelehrten schienen auf Aristoteles gewartet zu haben. Denn er bot "ein geschlossenes rationales System, das die Welt als Ganzes unter der Voraussetzung natürlicher Ursachen erklärte".64 Damit entsprach er dem Zeitgeist, der - wie schon die "Chartristen" - nach zunehmender Rationalisierung christlicher Glaubenswahrheiten suchte. "Daß das System des Aristoteles einen so ungeheuer starken Einfluß ausgeübt hat, ist eine Folge des um fassenden, synthetischen Charakters, welcher der aristotelischen Weltanschauung zu eigen ist." Man "erkannte ..., daß sein Denken alles umfaßte, angefangen von einem so konkreten Gegenstand wie der Zoologie bis zur allgemeinen Seinslehre". Dabei, so Dijksterhuis, hätten "die scharfsinnigsten von ihnen sofort intuitiv gefühlt, daß sich ihnen hier nun endlich darbot, was das Christentum von Anfang an gesucht, aber noch nicht gefunden hatte: ein philosophisches System, das mit der christlichen Glaubenslehre in Harmonie gebracht werden konnte, und das dadurch eine rationale Untermauerung der Dogmatik und eine Waffe für die Apologetik zu ver schaffen versprach"65.

Allerdings gab es ein ernstes Problem: Waren die Differenzen zwischen dem Griechen und den "Jüngern Jesu" auf den ersten Blick nicht unüberbrückbar? Hier die ewige Welt und der unbewegte, selbstgenügsame, außerhalb der Welt stehende erste Beweger des Aristoteles, dort der christliche Schöpfergott mit seiner creatio ex nihilo und seinem unergründlichen Weiterwirken in der Welt? Gab es nicht die aristotelische Vorstellung vom strengen Determinismus aller Naturvorgänge inklusive der Weltentstehung, wobei der Determinismus nach arabischen Kommentatoren durch "eine Hierarchie von notwendigen Ursachen, die mit Gott anfingen und hinunterstiegen durch mannigfaltige, die himmlischen Sphären bewegende Intelligentien", die Welt prägte, ein Determinismus, der bis zur Entstehung der menschlichen Einzelseele fortwirkte, indem "die die Mondsphäre bewegende Intelligentia die Existenz eines besonderen aktiven Intellekts verursachte, der allen Menschen gemeinsam und die alleinige Ursache ihrer Erkenntnis war"? Stand nicht auf christlicher Seite dagegen die Ansicht von der Willensfreiheit Gottes und seiner Fähigkeit, gegen jede deterministische Vernunft Wunder zu wirken? Lehrte nicht Aristoteles eine bloß überindividuell unsterbliche, ansonsten aber determinierte und individuell endliche menschliche Seele, welche - in den Worten arabischer Kommentatoren - "in diesem (oben erwähnten, d.A.) aktiven Intellekt bereits vor der Schöpfung des Menschen" existierte "und nach dem Tode .. darin untertauchte"66? Stand nicht unüberbrückbar dagegen die unsterbliche, freie, verantwortliche und individuelle Seele bei den Christen, die im Fegefeuer neben den leiblichen auch seelische Vergehen bis in alle Ewigkeit abbüßen mußte?

Es kam also einige Arbeit auf die - nun scholastisch genannte - Wissenschaft zu, wollte sie die erregend neue, logisch klare, exakte Sprache des Aristoteles nutzen und sich damit von den symbolischen Natur- und Kosmoserklärungen verabschieden. Die schließliche Versöhnung der Ideen des Aristoteles mit den christlichen Dogmen durch Albertus Magnus (1193/1206-1280), Thomas von Aquin (1225-1274), Roger Bacon (1214-1292) oder Robert Grosseteste (1168-1253) wurde zu einem Gemeinschaftswerk von Interpretationskunst und institutionell-orthodoxen Verboten dogmengefährdender Ansichten.

Bevor das Ergebnis der christlich-aristotelischen Versöhnung im Bereich der Kosmologie dargestellt wird, soll auf kosmologische Aristotelesrezeptionen eingegangen werden, die - von der kirchlichen Orthodoxie als gefährlich abgelehnt - der weiteren Entwicklung der mittelalterlichen Kosmologie wichtige Anstöße lieferten.


11. Der "arabische" Aristoteles und die Verurteilung von 1277

Eine besondere Rolle im "Kampf um Aristoteles" spielte die berühmte Verurteilung von 219 "aristotelisch-arabischen" Thesen am 7. März 1277 durch den Bischof von Paris, Etienne Tiempier, die er im Auftrag des Papstes Johannes XXI. aussprach und die sich in eine ganze Kette von zeitweiligen Lehr- und Gedankenverboten einreihte. Sie betraf vor allem Thesen, die angeblich oder tatsächlich an der Pariser Universität - etwa von dem 1276 vertriebenen Neuerer Siger von Brabant (1235-1284) - oder durch auswärtige Wissenschaftler wie Boethius von Dacien (gest. 1284) vertreten wurden. Thomas von Aquin sprach hier erstmals von "Averroisten", die "über das Christentum redeten, als ob sie nicht dazugehörten"67. Dieses Verdikt hatte schließlich zur Flucht Sigers aus Paris geführt.

Der Hauptinhalt der verurteilten Thesen der "lateinischen Averroisten" soll hier nicht systematisch dargestellt werden. Hier geht es allein um verurteilte Thesen mit kosmologischem Bezug. Ob diese Thesen tatsächlich in dieser Form gedacht oder gelehrt oder von orthodoxer Seite als intellektuelles Schreckgespenst ver schärft und verknappt wurden, weiß heute niemand. Auf jeden Fall zeigt sich in diesem Zeugnis die mittelalterliche Kosmologie auf der Suche: mehr der aristotelisch-arabischen Vernunft verpflichtet als den orthodoxen Bibelauslegern.

Es mutet schon erstaunlich an, daß christliche Wissenschaftler mit Blick sowohl auf das Universum wie auf die Seele gesagt haben sollten: "Nichts ist ewig in bezug auf sein Ende, was nicht auch in bezug auf seinen Ursprung ewig wäre."68 (4.These). Eine andere These konkretisierte: "Die Welt ist ewig in bezug auf alle in ihr enthaltenen Arten..." (87. These). Die gleiche These betonte aber auch das Wirken der unendlichen Macht Gottes, deren Erhabenheit jedoch nicht in einer indeterministischen "Ungebundenheit, sondern in der Unveränderlichkeit" lag. Mit Aristoteles wurde nur das als erhaben gesehen, das zugleich bleibend und notwendig war. Auch Wissen konnte sich nur auf Bleibendes und Notwendiges beziehen: "Zeit und Bewegung, Stoff, Wirkursache und Aufnehmendes sind ewig. Sowohl, weil sie aus der unendlichen Macht Gottes stammen, als auch, weil es kein Neuwerden in der Wirkung gibt ohne ein Neuwerden in der Ursache." (87. These). An anderer Stelle hieß es: "Gott kann nichts auf unregelmäßige Weise bewegen ... ,denn es gibt keine Verschiedenheit der Willensbeschlüsse." (50. These). Aber nicht nur die Welt war ewig: "Die Elemente sind ewig. Neu hervor gebracht sind sie jedoch in der Disposition, die sie jetzt haben." (107. These). Und: "Es gab keinen ersten Menschen, und es wird keinen letzten geben, sondern es gab immer und wird immer geben die Erzeugung eines Menschen aus einem Menschen." (9. These).

Alle diese Thesen variieren die Ewigkeit der Welt, ohne das ewige Wirken Gottes in Frage zu stellen: "Ein Wesen, das sich, wie Gott, selbst bestimmt, handelt entweder immer oder nie...". (52. These). Die Ewigkeit ernst genommen führte zu Thesen wie: "Es ist nicht wahr, daß etwas aus nichts entstünde, und dies war bei der ersten Erschaffung auch nicht der Fall." (185. These). Wird hier immerhin eine creatio zugestanden, wenn auch keine creatio ex nihilo, werden noch radikalere Thesen aufgeführt, denen eine Trennung von wissenschaftlicher Wahrheit und Glaubenswahrheit zugrundelag: "Eine Erschaffung ist nicht möglich, obwohl man nach dem Glauben das Gegenteil für wahr halten soll." (184. These). Oder: "Der Naturphilosoph muß schlechthin das Neuwerden der Welt bestreiten, weil er sich auf Naturursachen ... stützt. Der Gläubige kann dagegen die Ewigkeit der Welt verneinen, weil er sich auf übernatürliche Ursachen stützt." (90. These). Die Trennung von Glauben und Wissen nicht zu befestigen, ja das Zusammengehen von Glauben und Wissenschaft zu proklamieren, war aber ein Anliegen sowohl der Orthodoxie wie der scholastischen Wissenschaftler. Dieses Zusammengehen funktionierte aber nur bedingt und nur solange die aristotelische Zweiteilung der Welt mitsamt der zweigeteilten Bewegungslehre unangefochten als wissenschaftlich galt.

Von besonderem Einfluß auf die weitere christliche Kosmologie war aber vor allem die Verurteilung von zwei anderen Thesen. Waren die bisherigen verurteilten Thesen - nachträglich betrachtet - moderner, so wurden diese beiden Thesen zwar von einem konservativ orthodoxen Standpunkt her verurteilt, aber die Verurteilenden selbst standen - ungewollt - auf der richtigeren Seite.69

Die 34. verurteilte These besagte ganz aristotelisch: "Die erste Ursache könnte nicht mehrere Welten machen." Nach Aristoteles forderte die Einheit der Vernunft die Einheit der Welt. Die Welt konnte zweigeteilt und hierarchisch abgestuft sein, aber eine andersgeartete, davon unterschiedene Welt war nach ihm denkunmöglich. "Der Bischof verwarf diese Annahme, nicht weil er Gedankenexperimente über andere Weltsysteme provozieren wollte, sondern weil die These Gottes Allmacht in Frage stellte."70 Und doch provozierte diese orthodoxe Verurteilung ein weitergehendes Nachdenken: "Die Verdammung dieser These regte zur Debatte über andere Welten an. ... Fünfundsiebzig bis hundert Jahre später erörterten Gelehrte vom Format eines Johannes Buridanus, eines Nikolaus Oresme oder eines Albert von Sachsen die Möglichkeit einer Vielzahl von Welten."71 Zwar blieben auch sie bei der Vorstellung von einer Welt, aber ihre Diskussionen bereiteten etwa dem neuen Lösungsansatz von Giordano Bruno den Weg.

Die 49. verurteilte These besaß ähnliche Sprengkraft. Sie lautete: "Gott könnte den Himmel nicht in einer geradlinigen Bewegung bewegen. Der Grund dafür ist, daß er dann ein Vakuum zurückließe." Ein Vakuum konnte es nach Aristoteles nicht geben. Die Welt war überall. Auch der Bischof von Paris dachte keineswegs an die Möglichkeit eines Vakuums, aber er lehnte die These ab, "weil (sie) die Allmacht Gottes an die Regeln der aristotelischen Physik bindet"72. Und wieder begannen bald darauf - unfreiwillig angestoßene - Diskussionen von Gelehrten wie Thomas von Aquin, Thomas Bradwardine (ca. 1290-1349), Jean Buridan oder Nikolaus Oresme darüber, ob um die materielle Welt herum ein endlicher oder unendlicher leerer Raum existiere und ob jener Raum nicht wenigstens von unkörperlichen Substanzen - von Gott oder göttlichem Geist - erfüllt sein könnte.

Alles in allem zeigte die Verurteilung von 1277 den scholastischen Kosmologen, wie sich die Orthodoxie eine Zusammenführung von Christentum und aristotelischem Weltbild vorstellte. Die Verurteilung wirkte hinderlich, wo es um Fragen kosmischer Entstehungsvorgänge ging, um die zeitliche Unendlichkeit des Universums oder um die Unmöglichkeit unplanmäßiger göttlicher Eingriffe. Sie wirkte hinderlich, weil sie den christianisierten Aristoteles selbst zum Dogma erhob und weil sie wissenschaftliche Aussagen an den Text der Bibel ketten wollte.

Obwohl die Meinung von Pierre Duhem inzwischen als völlig überzogen gilt, daß gerade die Verurteilung der Thesen 34 und 49 die Geburtsstunde der neuzeitlichen Naturwissenschaften gewesen sei, bewirkte sie aber auch - unfreiwillig -, "daß man Möglichkeiten außerhalb der traditionellen Kosmologie und Physik mit anderen Augen betrachtete, daß man sie ernst nahm, selbst wenn damit nur wenige neue Tatsachen und Gesetze erschlossen werden konnten"73.


12. Die christliche Aussöhnung mit Aristoteles

Die christlich-aristotelische Kosmologie, wie sie im folgenden kurz dargestellt wird, hatte bis zur kopernikanischen Wende, die um 1540 einsetzte74, fast unverändert Bestand. Sie war ein Gedankenkonglomerat, in dem sich aristotelische Physik und christliche Metaphysik miteinander mischten.

Die physikalische Autorität des Aristoteles blieb dabei verbindlich. Seine Vorstellungen vom Bau der materieerfüllten, kugligen, einzigen Welt mit der Mittelpunktserde, den darum angeordneten Himmelssphären, den vier Elementen und der quinta essentia sowie der Unterscheidung in sublunare und supralunare Physik wurden vollständig übernommen. Trotzdem gab es eine wichtige Änderung im christlichen Bauplan der Welt, der dem "metaphysischen Unter schied" zu Aristoteles entsprach.75 Es fand nämlich "generell eine Vermehrung der Sphären oder Himmel außerhalb unserer Welt oder des astronomischen Weltalls statt": "Oft ist der Kristallhimmel als besondere Sphäre nach außen, hinter den Fixsternhimmel verlagert. Dort soll er als das erste Bewegte (primum mobile) gemäß aristotelischer Tradition fungieren." "Nach einigen Vorstellungen folgte auf den Kristallhimmel der Feuerhimmel (empyreum) und dann der erste Beweger (primum movens) oder Gott. Der göttliche Teil der Sphären erweitert sich noch mehr: Die Engel erhielten - nach ihrem Rang in der göttlichen Ordnung - verschiedene Sphären zugewiesen. Man unterschied bis zu neun Engelshierarchien."76

Hier zeigt sich, wie die Christianisierer des aristotelischen Weltmodells vorgingen. Die Veränderungen gegenüber dem aristotelischen Modell fanden weniger in ihm als an seinem Rande statt. Wie mit christlicher Farbe angestrichen, wurde es Schicht um Schicht, Sphäre um Sphäre erweitert oder renoviert - im Kern blieb es gleich. Die Differenzen ergaben sich vor allem durch die unterschiedlichen Interpretationen über das Woher der Welt, über den Anfang und Fortgang der Bewegungen sowie über ihren Determinismus. Die Differenzen ergaben sich auf Gebieten außerhalb der physikalischen Realität, die weder mit Sinnen (Augenschein) noch Experimenten erkundet werden konnten, sondern allein mit Denken und Glauben, mit Philosophie und/oder Theologie. Insofern muß sich eine Darstellung des christianisierten aristotelischen Weltbildes auf die veränderten Begründungsfiguren für das Woher und Warum des Universums und seiner Bewegungen konzentrieren.

Wie sahen nun diese Begründungsfiguren aus? Wie ging die christliche Aussöhnung mit Aristoteles konkret vor sich? Einige Seiten zuvor wurde auf die enorme Arbeit verwiesen, die christliche Interpreten mit der aristotelischen Vorstellung von der Ewigkeit der Welt, mit seiner Idee vom unbewegten, selbstgenügsamen Beweger und mit seinem strengen Naturdeterminismus haben mußten. Wie lösten Denker wie Thomas von Aquin diese Probleme?

Am Beginn der Überlegungen stand die Zurückweisung der aristotelischen Ewigkeitsideen. Maimonides hatte zuerst die Gefahr für das christliche Weltbild erkannt. Er argumentierte, "daß weder Aristoteles noch sonst jemand jemals einen echten Beweis für die Ewigkeit des Universums vorgebracht hat", andererseits "ein über zeugender Beweis für den Schöpfungsakt ebenso wenig erbracht worden war". Sein Ausweg wies auf die Worte der Bibel: Hier - in jenem göttlich offenbarten Buch, daß kein Menschenwerk war - stand die Geschichte der Welterschaffung. Gott bezeugte sein Werk. Die Glaubenswahrheit war dem logisch-wissenschaftlichen Dilemma vorzuziehen. "Der eindeutige Wortlaut der Offenbarung reichte ... aus, die vorbehaltlose Annahme der Schöpfungslehre zu rechtfertigen. ... Seine Ausführung überzeugte Thomas von Aquin und andere, daß die aristotelische Ewigkeitslehre ... als dem Glauben widersprechend abgelehnt werden durfte..., während nichts die mittelalterliche Christenheit hinderte, den Rest von Aristoteles' Kosmologie zu übernehmen."77

Thomas von Aquin unterschied sich aber von Maimonides durch eine veränderte, vernunftbejahende Argumentation. Während Maimonides sowohl die creatio ex nihilo als auch den zeitlichen Anfang der Welt als Glaubenstatsachen begriff, meinte Thomas, daß "die Welt aus Nichts geschaffen ist, kann die Vernunft demonstrativ beweisen"78.

An dieser Stelle soll wenigsten eines seiner Argumente vorgestellt werden. Thomas sagte: "Je allgemeiner eine Wirkung ist, um so höher muß die Ursache stehen. Das Sein ist aber allgemeiner als das Bewegtwerden. Also muß es über der bewegenden Ursache noch eine höhere Ursache geben, die nicht bloß der Grund der Bewegung ist, sondern auch den Grund des Seins der Dinge in sich schließt. Nun ist Gott die höchste Ursache nicht nur der Bewegung, sondern auch des Seins überhaupt. Folglich kann Gott bei der Schöpfung unmöglich eine Materie voraussetzen. Also muß die Welt aus Nichts erschaffen sein."79

Damit war aber das Problem nicht erschöpft. Denn mußte das "ex nihilo" als "post nihilum" verstanden werden? Thomas fragte so: "Ist zwischen Geschaffen- und Anfanglossein ein innerer Widerspruch oder nicht?"80 Diese Frage mag überraschen, wurde aber verschiedentlich - etwa bei Wilhelm von Ockam - mit der verwirrenden Idee einer anfanglosen Schöpfung, einer zwar ewigen aber geschaffenen Welt, beantwortet. Auch Thomas zeigte mit Vernunftgründen, "daß zwischen Geschaffen- und Ewigsein kein innerer Widerspruch vorliegt"81 und das hier allein die Offenbarung die untrügliche Gewissheit des "ex nihilo" als "post nihilum" verheißt.

Obwohl die aristotelische Idee der Ewigkeit der Welt und der christliche Glaube an eine zeitliche Schöpfung eine klassische Antinomie bildeten, nahm Thomas Aristoteles gewissermaßen in Schutz. Er erklärte, daß "Aristoteles selbst die Frage, ob die Welt ewig sei oder nicht, zu den dialektischen Problemen, für die es keine Beweise gebe"82, gezählt hätte. Damit waren beide versöhnt: Aristoteles war der vernünftigste Mensch, dem aus Mangel an Offenbarung das Geheimnis der Schöpfung verborgen geblieben war. Und der Christenmensch kannte die Offenbarung und hatte sich bei "dialektischen Problemen" an diese zu halten, aber in Fragen der Vernunft durfte er an der unheimlichen Denkkraft des Stagiriten teil haben.

Auch die anderen Differenzen zu Aristoteles wurden ähnlich aus der Welt gebracht. Der unbewegte Beweger des Aristoteles wurde bei Thomas in den aktiven Schöpfergott transformiert, aber in Worten, die mit Aristoteles versöhnten: "Da Gott die Wirkursache, die Vorbildursache und die Zielursache aller Dinge ist und auch der erste Stoff von ihm stammt, folgt, daß der erste Grund aller Dinge ein einziger ist der Sache nach. Doch nichts steht im Wege, daß man darin eine Vielheit sehen kann dem Verstande nach (etwa, wenn Aristoteles von vier Ursachen der Entstehung und des Vergehens spricht, d.A.), wobei das eine uns früher in den Verstand kommen kann als das andere."83

Der strenge Naturdeterminismus von Aristoteles widersprach zwar der Idee von einer kontingenten, freien, göttlichen Weltschöpfung bei Thomas - eine Idee, die später bei anderen zum Ausgangspunkt für die Erwägung vieler möglicher Parallelwelten wurde -, aber auch diese Weltschöpfung unterlag einer Ordnung: "Die creatio ex nihilo bedeutet nach Thomas, daß Gott als erstes Prinzip das Verhältnis von Potenz und Akt, das die gesamte Welt des Seienden strukturiert, in die Existenz gesetzt und damit die kontinuierliche Bewegung, das Entstehen und Vergehen, in Gang gebracht hat. Auf die Gesetzmäßigkeit dieses Prozesses kann die Wissenschaft sich verlassen, weil sich in ihm die göttliche Vernunft ausdrückt, die sich nicht durch bloßen Willensentschluß Gottes ändern kann."84 Zwar ist "die Ordnung den Dingen geliehen und nicht (wie bei Aristoteles, d.A.) ihr eigener Besitz"85, aber die Konsequenz ist gleich: Die Ordnung ist verläßlich und erkennbar, alles Geschaffene kann verstanden werden.

Damit waren die philosphisch-theologischen Begründungsfiguren erarbeitet, um den aristotelischen Kosmos zu christianisieren. An seinem Rand (und - wie noch zu zeigen ist - nicht nur dort) wohnten nun Engel, und die Trinität Gottes thronte über allem. Er war Garant der Ordnung, die Ursache von allem, der Schöpfer, Wächter, Beweger, der alles Umfassende, der Schutzherr. Im übrigen konnte Aristoteles seine ganze Autorität entfalten.


13. Kosmologische Details

Wie aber sahen die Einzelheiten des christlich-aristotelischen Weltbildes aus? Welche Vorstellungen hatte man von der Erde, von der Größe des Universums, vom Stoff und von der Bewegungsursache der supralunaren Himmelskörper?

Zuerst sei das Zentrum der Welt betrachtet. Entgegen einem verbreiteten Mißverständnis galt nicht nur die Welt, sondern auch die stillstehende Erde als kugelförmig. Zum Beweis "dienten (unter anderem) die Bogenlinien auf der Mondoberfläche (bei Sonnenfinsternis, d.A.), die Aristoteles mit Recht auf den Schatten der kugelförmigen Erde zurückführte, welche eine Stellung zwischen Sonne und Mond einnahm"86.

Die Größe der Erde war in mehreren Schätzungen bekannt: Nach Aristoteles betrug der Erdumfang 400000 Stadien, "eine drastische Überschätzung, die sich auf ungefähr das Doppelte des tatsächlichen Maßes von 40075 Kilometern belief"87. Weit näher an der Realität lag eine geometrisch gegründete Schätzung von Eratosthenes, die von 252000 Stadien ( = 50700 km) ausging und die vor allem durch Sacroboscos "De sphaera" im Mittelalter weit verbreitet war. Am anderen Ende der Schätzungen lagen Annahmen von al-Farghani (9. Jahrhundert) und anderen Arabern, die von etwa 33000 km Erdumfang ausgingen.

Die Größe der Welt wurde allgemein zwar als sehr groß, aber begrenzt angenommen. Einen gängigen Wert lieferte Campanus von Novara (ca. 1220-1296), der bis zur konvexen Oberfläche der äußeren Saturnsphäre einen Durchmesser von 117 Millionen km annahm. Unmittelbar dahinter folgte die Fixsternsphäre, die wie eine Schale alle Sterne in etwa gleicher Entfernung von der Erde enthielt. E. Grant weist "das oft wiederholte irreführende Vorurteil (zurück), der mittelalterliche Mensch habe sich ... eines kleinen, über sichtlichen Universums erfreut... Wenn die Welt als überschaubar und vertraut empfunden wurde, so hing dies eher mit ihrer angenommenen Verständlichkeit als mit ihrem Umfang zusammen."88 Allerdings ist eine Schätzung von 117 Millionen km angesichts heutiger Vorstellungen mit dem Wort klein gut beschrieben.

Was aber war jenseits der Welt, hinter der letzten Sphäre? Für die scholastischen Kosmologen gab es - mit Aristoteles und bis Bradwardine - nur eine Antwort: Nichts. Abgesehen von der Unmöglichkeit eines inner- oder außerweltlichen Vakuums gab Aristoteles dafür noch eine andere Erklärung. Er sagte, daß jede Ortsbestimmung eine stoffliche Umgebung als Bezugssystem erfordere. Dieses Bezugssystem bildeten zum Beispiel für die irdischen Körper die Erde und die Innenseite der Mondsphäre. Schwierig wurde es bei der äußersten Sphäre, denn sie war scheinbar von Leere umgeben. Da die Welt des Aristoteles die Totalität alles Stofflichen umfaßte, der Raum aber eine Bedingung und Begleiterscheinung materieller Existenz war, so mußte ein leeres Gebiet im Kontext der aristotelischen Begrifflichkeit ein Nicht-Raum, ein Nicht-Ort - zudem als ein Gebiet ohne Bewegung auch ein Ort ohne Zeit - sein. In den Worten des Aristoteles ist der Himmel "als Ganzer weder irgendwo noch an einem Ort, da ihn kein Körper enthält; seine Teile jedoch besitzen einen Ort ... denn ein Teil enthält den anderen"89. So wurde das Problem meist auch scholastisch gelöst: Ein angenommenes leeres Jenseits der Welt brachte Begriffsverwirrung, die nur durch den Begriff eines ort-, zeit-, und raumlosen Nichts verhindert wurde. Insofern ist die symbolische Darstellung der sphärisch über allem thronenden Trinität mißverständlich. Gott wohnte nicht in den Tiefen des Weltalls, im materieleeren Jenseits. Gott war mit den materiebezogenen Begriffen Raum, Zeit und Bewegung nicht zu beschreiben.

Als letztes sollen noch kurz die Vorstellungen über Stoff und Bewegung der Himmelskörper erwähnt werden. Allgemein wurde die Erklärung akzeptiert, daß die Körper jenseits des Mondes aus der quinta essentia (= Äther) bestünden. Sie konnten "nicht erzeugt werden und nicht zugrundegehen", und sie unterlagen "nur einer einzigen Art von Veränderung: der gleichmäßigen Kreisbewegung..., die unendlich lange andauern konnte"90. Folglich gehörten "schießende Sterne" = Kometen nicht zur supralunaren Himmelsregion. Die Sterne und Planeten bestanden aus dem selben Äther wie jene Sphären, die sie trugen. Sie waren sichtbar, weil ihr Äther als hoch konzentriert galt. Deshalb wären sie imstande, das Licht der Sonne zu reflektieren oder selbst zu leuchten. Nach Ansicht vieler Kosmologen nahm die edle Qualität der Sterne mit zunehmendem Abstand zur Erde zu, andere sahen dagegen die Sonne als edelsten Stern an. Als edelste Planeten galten Mars, Jupiter und Saturn. Alle Himmelskörper wurden in ihren - als hart oder flüssig gedachten - Sphären bewegt.

Was aber bewegte sie? Schon Augustinus hatte überlegt, ob die Gestirne "lebendig, d.h. beseelt, sind bzw. ob sie zur Gemeinschaft der Engel gehören", also "angelischen Geistern zugewiesen waren, die sie bewegten"91. Zu Zeiten des Thomas von Aquin konkurrierten zwei Thesen: "Die strenge 'animatio'-These fordert, daß die Seele oder Intelligenz dem Gestirn als Form verbunden ist, also eine formhafte Einheit mit dem .. Himmelskörper eingeht. Eine bloß akzidentelle Verbindung sehen dagegen die Vertreter der 'motores'-These, die annehmen, die Intelligenz verhalte sich zu ihrem Gestirn 'wie der Beweger zu ihrem Bewegten'. Hier sind Intelligenz und Himmelskörper unabhängig voneinander bestehende Entitäten ..."92. Der animatio-These diente der Mensch als Vorbild, dessen Bewegung durch seine Seele verursacht wird. Die motores-These folgte dem Modell des tätigen Menschen, der etwa eine Kugel an stößt. Einig waren sich die Anhänger beider Thesen, daß die spirituellen Intelligenzen mit unendlicher göttlicher Kraft ausgestattet waren. Später trat als weitere These die Impetus-Theorie hinzu (siehe unten).

Umstritten war die Frage, wie die Intelligenz zu verstehen sei. Albertus Magnus sah sie als spezielle geistige "Seelen-Substanz". Thomas von Aquin dagegen identifizierte sie schließlich mit Engeln, die mit den Gestirnen formhaft verbunden seien. "Die Zahl der Engel bleibt davon unbetroffen, denn nicht alle reinen Geistwesen müssen Seelen von Himmelskörpern sein, während gleich wohl alle Himmelskörper beseelt sind."93


14. Modelltypen und Modellvarianten im Hochmittelalter

Bevor einige neue Ideen spätmittelalterlicher Kosmologen vor gestellt werden, sei das bisherige Ergebnis kosmologischen Nachdenkens kurz bilanziert.

Im Hochmittelalter koexistierten im Gegensatz zu früher zwei kosmologische Modelltypen: ein naturwissenschaftliches und ein christlich-symbolisches Weltmodell. Auf der einen Seite interessierten sich die Naturphilosophen für feinsinnige physikalische Erklärungen und die Astronomen für die komplizierte ptolemäische Himmelsmathematik. Auf der anderen Seite standen Popular-Theologen, andere Teile der Wissenden oder Dichter wie Dante, die vor allem die einfachen symbolischen Schalen-, Ei- oder Mikrokosmos- Makrokosmosmodelle propagierten. Insofern liegt die frühmittelalterliche Zeit mit ihrer alleinigen Präsenz symbolisch-theologischer Kosmoskonstrukte weit zurück. Wer nun symbolische Modelle benutzte, wußte um die Vereinfachung. Er wollte sie, weil ihn nicht astronomische Interessen trieben, sondern die eigene christliche Verortung in der Welt.

Zum anderen koexistierten im Hochmittelalter zwei Modellvarianten des naturwissenschaftlichen Weltbildes: das aristotelisch-physikalische Weltmodell und das mathematisch-geometrische Weltmodell des Ptolemäus94. "Als die Naturphilosophen des christlichen Abendlandes vor die Wahl zwischen dem 'pysikalischen' System des Aristoteles und dem 'mathematischen' System des Ptolemäus gestellt wurden, zögerten sie anfangs...". Dann wurde das ptolemäische System "im frühen 13. Jahrhundert schnell als das beste geometrische System anerkannt"95.

Allerdings enthielt es die entscheidende Unzulänglichkeit, mit seinen Exzentern und Epizykeln "im Widerspruch zu einer Anzahl wichtiger Grundsätze des einzigen damals bekannten brauchbaren Systems der Physik, des aristolischen"96, zu stehen. Es bestätigte die Wahrnehmungen der Astronomen, aber es beschrieb nicht die "wirklichen" physikalischen Bahnen der Himmelskörper. In Anlehnung etwa an die Meinung des Simplicius (6. Jahrhundert) wies zum Beispiel Thomas von Aquin darauf hin, "daß unterschieden werden müsse zwischen Hypothesen, die mit Notwendigkeit wahr sein müssen (physikalische Theorien, d.A.), und solchen, die lediglich den Tatsachen angepaßt sind"97 (mathematisch-geometrische Beschreibungen, d.A.). Der Mangel der mathematisch-geometrischen Methode war nach Thomas, daß "sie keine hinreichenden Beweise" für die Erklärung von Himmelsbewegungen hervorbrachte, denn möglicherweise könnte "auch eine andere Hypothese sie erklären"98. Wie A.C. Crombie schreibt, wurde gegen Ende des 13. Jahrhunderts das konzentrische System an der Universität Paris aufgegeben, obwohl die aristotelische Physik ihre Geltung bewahrte. Hier kündigt sich eine Hinwendung zur erkenntnistheoretischen Leitidee Mathematik an. "Die Insistenz auf dem Eigencharakter der Mathematik, verbunden mit dem gleichzeitigen Entrücken der Gottesvorstellung als des ontologischen Fundaments der Welt, mußte die Grenzen des antiken und mittelalterlichen Kosmos sprengen..."99. Ein theoretisches Interpretationskonstrukt der Welt, das die mathematisch-geometrische und die physikalische Methode schließlich miteinander verkoppelte, wurde erst durch Kopernikus, Kepler, Galilei und Newton geschaffen. Es wurde zum Signum der Neuzeit.


15. Neuerer an der Grenze zur Neuzeit

Obwohl die Neuzeit noch nicht angebrochen war, wurden einige Ideen späterer Physiker und Kosmologen schon zum Ausgang des Mittelalters formuliert. Manche davon wurden wortreich erwogen und schließlich ängstlich verworfen, andere dagegen mutig gegen bisherige Dogmen gestellt.

Als besonders problematisch erwies sich dabei das Fehlen einer neuen physikalischen Theorie, von der her eine systematische kosmologische Neukonzeption hätte entwickelt werden können. Alle mühten sich - gemessen an den wirklichen Neuerungen eines Kopernikus, Kepler oder Newton - mehr oder weniger erfolglos mit einzelnen Problemen der aristotelischen Bewegungslehre, der physikalischen Zweiteilung, dem als notwendig ausgegebenen Ruhepunkt Erde, dem horror vacui oder der Idee von der geschlossenen Welt ab. Trotzdem arbeiteten die scholastischen Wissenschaftler weiter an ihren isolierten Neuerungen, deren Nichtübereinstimmung mit den aristotelisch-christlichen Ideen sie häufig zur Vorsicht gemahnte.

Bei diesen Voraussetzungen erscheint die Sammlung der diskutierten und teilweise bejahten Neuerungen erstaunlich: sie reichte von der Erwägung eines um den materiellen Kosmos herumgelagerten Vakuums, sie beinhaltete eine neue Theorie der Gestirnbewegung, die Annahme einer täglichen Erdrotation als Erklärung des täglichen Umschwungs der Fixsternsphäre, erste Ideen zu einem unendlichen Universum und - damit verbunden - erste Ansätze "einer relativistischen Ortsbetrachtung"100. Dabei wurde erstmals eine Überwindung des Grabens "zwischen himmlischer und terrestrischer Physik"101 ins Auge gefaßt. Im folgenden sollen kurz einige wichtige kosmologische Neuerungen vorgestellt werden.

Thomas Bradwardine (ca. 1290-1349) war nach Meinung Edward Grants einer derjenigen, die die antiaristotelische Möglichkeit eines Vakuums erwogen. Nach ihm war die Wirkung Gottes nicht auf materielle Substanzen oder Intelligenzen beschränkt. Gott war "in jedem Teil der Welt ..., ebenso auch überall jenseits der dinglichen Welt in einem vorgestellten unendlichen Vakuum. Aus der Allgegenwart Gottes in jenem unendlichen Vakuum folgt ..., daß ein Vakuum zwar ohne Materie, aber nicht ohne Gottes Gegenwart existieren kann."102 Insofern war das Vakuum kein leerer Raum mehr und folglich kein begriffsnotwendiges Nichts.

Ein Problem ergab sich aber: War "das endlose, gotterfüllte Vakuum ein physischer, dreidimensionaler Raum oder dimensionslos?" Der Gott des Thomas Bradwardine jedenfalls hatte "keine wirkliche Ausdehnung und Dimension", vielmehr stellte er sich ihn "nur in metaphysischem Sinn (als) unendlich ausgedehnt"103 vor. Eine klare Antwort für das Vakuum gab Bradwardine offenbar nicht. Spätere Denker "bestritten, daß das endlose Vakuum jenseits der Welt eine wirkliche Größe mit echten Dimensionen" sei. Sie sprachen vorsichtig von "einem ausdehnungslosen, unbegrenzten Vakuum" oder von einem "imaginären Vakuum"104, das seinerseits von Gottes Unendlichkeit umgeben war.

Diese Unklarheit mag auf den ersten Blick verwirren. Allerdings operieren auch die modernen kosmologischen Theorien mit begrifflichen Aporien. So wird in Einsteins erstem relativistischen Kosmosmodell der Raum als "sphärisch, endlich und unbegrenzt" gedacht, und der Kosmos erscheint als "eine() ... Welt ohne Zentrum und ohne Rand, in der räumlich alles endlich ist"105. Damit aber ist die mittelalterliche Kosmologie weit verlassen. Denn die Welt des Thomas Bradwardine - trotz Vakuum - hat mit der Fixsternsphäre noch ihren Rand und mit der ruhenden Erde noch ihr Zentrum. Eine zentrumslose Welt wird erst Nikolaus von Kues erwägen.

Vorerst aber gilt die Aufmerksamkeit einer neuen - wiewohl letztlich aristotelischen - Bewegungslehre. Das Neue an der Impetus-Theorie war eine erste Einheitlichkeit bei der Erklärung von Bewegungsursachen. Damit wurde ansatzweise eine Brücke zwischen himmlischer und irdischer Physik geschlagen.

Aristoteles hatte erklärt, daß die beseelten himmlischen Körper kontinuierlich vom ersten Beweger indirekt bewegt würden, aber daß ein auf der Erde "gewaltsam" geworfener Stein von der ver drängten Luft angetrieben würde, die um ihn herumströmt. "Die Kontinuität der unnatürlichen Bewegung erklärte Aristoteles durch die Kontinuität des Mediums Luft"

Nun fragte sich zum Beispiel Franciscus de Marchia (gest. 1320), ob es nicht rationaler sei, "den Grund für die Bewegung im bewegten Körper statt im Medium zu suchen."106 Die gültige Antwort gab Jean Buridan (ca. 1295-ca. 1366) mit seiner Impetus-Theorie. Buridan argumentierte unter anderem damit, daß eine vom Wind bewegte Windmühle, wenn man sie gegen den Wind abschützte, ihre Bewegung noch einige Zeit fortsetze. Statt der Luft nahm er eine bewegende Kraft, einen Impetus, als Ursache der Bewegung an. Ganz mathematisch dachte er sich, "daß der einem Körper mitgeteilte Impetus dessen Dichte und Volumen, also seiner Masse, sowie seiner Anfangsgeschwindigkeit proportional sei"107. Der Impetus trieb nun nicht nur den irdischen Stein durch die Luft, er wuchs nicht nur mit der natürlichen irdischen Fallbewegung "schwerer" Körper, sondern er machte auch die Engel oder Intelligenzen überflüssig, die bisher die himmlischen Körper auf ihren Sphären vorangeschoben hatten. "Ich behaupte vielmehr, daß Gott, als er die Welt schuf, jeden einzelnen Körper in Bewegung setzte, so wie es ihm gefiel, und ihm damit einen Impetus erteilte, der ihn seitdem in Bewegung hält"108.

Wohl gab es eine wesentliche Differenz zwischen einem sich verzehrenden menschlichen Impetus und dem unendlich fortwirkenden göttlichen Impetus, wohl war die irdische geradlinige Bewegung noch immer qualitativ von der himmlischen Kreisbewegung unter schieden, aber beide Bewegungen wurden nun auf ein einheitliches dynamisches Prinzip zurückgeführt.

Trotzdem darf man den Fortschritt nicht zu hoch ansetzen. Die Impetus-Theorie ging ganz aristotelisch von der Ruhe als dem natürlichen Zustand der Körper aus, der nur durch den Impetus eines ersten oder eines menschlichen Bewegers dauerhaft oder zeitweise überwunden werden konnte. Ruhepol blieb immer die zentrale Erde, die Mitte der Welt. Der moderne Trägheitsbegriff geht dagegen von der Bewegung als dem natürlichen Zustand der Körper aus. Der scheinbar ähnliche Begriff des Impulses ist hierbei "ein Symptom einer Bewegung und nicht deren Ursache"109. Der Unterschied ist eklatant: Impulsänderungen führen zu unterschiedlichen Bewegungszuständen, aber nie zu einer zentral verorteten Bewegungslosigkeit. Selbst ein herabgefallener Stein ruht nicht absolut, sondern dreht sich mit der Erde und wandert mit ihr - zentrumslos - um die Sonne und mit dieser durch das All. Während der qualitative Unterschied zwischen Kreisimpetus und geradlinigem Impetus darüber entscheidet, wie sich ein Körper bewegt, wird der Impuls immer geradlinig gedacht und immer nur quantitativ unterschieden. Die Kreisbewegung wird hier allein durch die fernwirkende Schwerkraft verursacht. Dabei wirken alle im All verteilten Himmelskörper als deren Verursachungszentren.

Wenn auch der Abstand zur modernen Bewegungstheorie eines Galilei oder Newton deutlich ist, war die Impetus-Theorie historisch gesehen eine Annäherung an die Idee der Trägheit und an eine einheitlichen Physik. Sie machte die Engel und Intelligenzen als "Planetenschieber" überflüssig und sie enthielt mit ihrer Proportionalitätsformulierung Elemente einer quantitativen mathematischen Darstellung von Naturgesetzen.

Es konnte nicht ausbleiben, daß im Gefolge der einheitsverheißenden Impetus-Theorie die Frage aufkam, ob nicht auch die Erde einer bisher dem Himmel vorbehaltenen Kreisbewegung - nämlich um die eigene Achse - fähig sei. Berühmtester Vertreter dieser Ansicht war Nikolaus von Oresme (ca. 1320-ca. 1382). Oresme erklärte, "daß man nicht durch irgendeine Erfahrung beweisen kann, daß der Himmel eine tägliche Bewegung erfährt und die Erde nicht"110. Dabei verwandte er eine geradezu revolutionäre Überlegung, die die viel weitergehende, fast relativistische Ortsbetrachtung des Nikolaus von Kues vorbereitete. Er sagte: "Wenn sich ein Mensch am Himmel befände, und angenommen, der Himmel bewegte sich in täglicher Umdrehung und der Mensch, der mit der Erde herumgetragen wird, sähe ... die Erde ..., so würde es ihm scheinen, als drehe sich die Erde im Tageslauf, so wie es für uns auf der Erde der Himmel zu tun scheint."111 Der Mensch begann, seinen Wohnort aus einer theoretischen, gedankenexperimentellen Perspektive zu betrachten. Er verließ das Zentrum der Welt gedanklich, die "Erde begann nun selbst zu einem Stück Himmel zu werden"112.

Die Erwägung, die Oresme anstellte, bezog sich aber nicht nur darauf, daß es bei bewegtem Himmel so scheine, als drehe sich die Erde, sondern daß eine angenommene Erdrotation mit den erfahrbaren Himmelskonstellationen tatsächlich vereinbar war. Dem üblichen Einwand, bei einer West-Ost-Drehung der Erde müsse ein beständiger Wind von Ost nach West wehen, entgegnete er, daß die Luft sich mit der Erde drehe. Ebenso würden hochgeschossene Pfeile mit der Erdschwere mitdrehen und zum Ausgangspunkt zurückkehren, statt abseits zu landen. Weitere Argumente sollen hier nicht aufgeführt werden. Eines aber betonte Oresme ausdrücklich: Eine Erddrehung von West nach Ost ließ das Universum harmonischer erscheinen. Die Fixsternsphäre müßte nun nicht mit gewaltigem täglichen Umschwung die Erde umrunden, während die inneren Planeten mit wachsender Nähe zu ihr je langsamer liefen. Jetzt gab es eine stetige Abnahme der Umlaufzeit um die Erde mit wachsendem Abstand. Auch liefen alle Himmelkörper in eine Richtung, ihre wahrgenommene Gegenläufigkeit zur Fixsternsphäre sei nur die Folge der ungeheuren Langsamkeit derselben.

Trotz aller Argumente für die Erddrehung - die sich in gleicher Form bei Kopernikus wiederfinden - entschied sich Oresme letztlich für den täglichen Umschwung der Fixsterne. Beide Hypothesen waren aus physikalischer, astronomischer und kosmologischer Sicht noch gleichermaßen denkbar. "Naturwissenschaft und Empirie können die Entscheidung (noch) nicht treffen."113 Eine heliozentrische Alternative und eine neue Physik existierten noch nicht. Die Tradition und die Richtigkeit der Glaubenslehren war so noch nicht zu erschüttern.

Allerdings wies Oresme - wie keiner zuvor - späteren Kosmologen den Weg. Sein "Aufweis der Beschränktheit der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit ist zugleich eine Freisetzung der Möglichkeiten des menschlichen Geistes". Seine "perspektivische Reflexion" steht nicht gegen ein Konzept empirischer Erfahrung, sondern für die Überwindung einer durch den Sinnenschein geleiteten Interpretation der Erfahrungen. Diese Relativierung der Sinneswahrnehmung führte dann zu jener "Ermächtigung der Vernunft"114, die Kopernikus und andere schließlich ermutigte, ein neues - dabei die himmlischen Erscheinungen nicht ignorierendes, sondern neu ordnen des - Weltbild zu konstruieren.

Der Höhepunkt und Abschluß mittelalterlicher Kosmologie ist da mit fast erreicht. Es bleibt nur noch der Verweis auf den innovativen kosmologischen Grenzgänger zur Neuzeit: auf Nikolaus von Kues (1401-1464).

Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist eine neue, spekulativ- mathematische Erkenntniskonzeption, die sich von einer isolieren den Betrachtung der metaphysischen Substanzen verabschiedete. Kues meinte, alle "Forschenden beurteilen ein Unbekanntes im Vergleich mit einem zu Grunde gelegten Bekannten, indem sie das eine mit dem anderen ins Verhältnis bringen; vergleichend ist daher alles Suchen und bedient sich des Mittels des Verhältnisses"115. Diese Verhältnisse gleichen - so Cusanus - mathematischen Verhältnissen, bei denen etwa Größen durch Zahlenproportionen beschrieben werden.

Allerdings - und daher ist sein Konzept spekulativ genannt worden - richtete sich seine mathematische Darstellung nicht auf die physikalischen Gesetze der materiellen Welt, weil diese - so Cusanus - nur bedingt den vollkommenen mathematischen Formen entsprächen.116 Seine spekulative Mathematik sollte das Unendliche, Göttliche selbst abbilden.

Wie aber verhält sich ein Forscher bei der Beschreibung metaphysischer Phänomene, die doch scheinbar in gar keinem Verhältnis zu Bekanntem oder Endlichem stehen? Die Antwort lautete: Innerhalb der Mathematik steht das Unendliche sehr wohl in einer - nämlich symbolischen - Beziehung zum Endlichen. Es fungiert hier als sein (unendlicher) Grenzfall. So läßt sich ein endlicher mathematischer Gegenstand, etwa ein Dreieck, gedanklich in eine unendliche Figur überführen. Läßt man nämlich den Winkel eines Dreiecks anwachsen, wird die gegenüberliegende Strecke immer länger. Bei einem Winkel von 180 Grad hat man aus der Strecke eine unendliche Gerade konstruiert, die mit dem Dreieck zusammenfällt. Der Gegensatz im Endlichen - Figur und Gerade - führt so im Unendlichen zu einer coincidentia oppositorum (Zusammenfall der Gegensätze). Genau so sind in Gott all jene Gegensätze aufgehoben, die das physische Universum kennzeichnen. Mit einem anderen paradoxen Beispiel erklärt: Das Gegensatzpaar Geradlinigkeit-Krümmung beim endlichen Kreis wird im Unendlichen aufgehoben, weil der Umfang eines Kreises im unendlich großen mit seiner Tangente zusammenfällt und im unendlich kleinen mit seinem Durchmesser. "In beiden Fällen verliert außerdem der Mittelpunkt seine einmalige, bestimmte Position, er koinzidiert mit dem Umfang; er ist überall und nirgends."117

Gott ist der Logik entrückt. Er ist das Absolute, das wahre Unendliche, die Einheit, zugleich das unendliche Maximum und das unendliche Minimum, der Mittelpunkt, der überall ist. Mit einer mathematischen Hilfskonstruktion gelangte Cusanus "in die unbegreifliche Sicht der unendlichen Wahrheit selbst"118. Die Mathematik verhalf ihm zu einer präzisen symbolischen Erfassung jener metaphysischen "Dinge" oder "Größen", die unermeßlich und unbegreiflich waren.

Die spekulativ-mathematische Betrachtung des Absoluten verband Cusanus mit einer mystischen Konzeption der physischen Welt. Die physische Welt war eine - allerdings unvollkommene - Entfaltung (explicatio) Gottes. "Unvollkommen ... deshalb, weil sie im Bereich der Vielheit und Trennung aufzeigt, was in Gott in einer unauflöslichen Einheit gegenwärtig ist. ... Im Universum repräsentiert seinerseits jedes Einzelding auf seine besondere Weise das Universum und damit auch Gott."119

So sind wir nun beim Thema: den kosmologischen Auswirkungen der spekulativen Ideen von Cusanus für die Betrachtung des physischen Universums.

Wenn die Welt eine explicatio Gottes ist, wenn Gott unendlich (infinitum) ist, wie ist dann die Welt? Cusanus nannte sie - um sie einerseits von Gott zu unterscheiden und andererseits auf göttlicher Entfaltung zu beharren - eine unbegrenzte (interminatum) Welt. Mit mathematischen Mitteln hatte Cusanus am Beispiel des Kreises gezeigt, wie im Unendlichen Zentrum und Peripherie zusammenfallen. Nun sagte er von der Welt: "Bei Betrachtung der verschiedenartigen Bewegung der Sphären ist es deshalb unmöglich, daß diese Weltmaschine diese sinnlich wahrnehmbare Erde ... oder irgend etwas anderes als feststehenden und unbeweglichen Mittelpunkt besitzt. Man kommt ja in der Bewegung nicht zum schlechthin Kleinsten, etwa einem feststehenden Mittelpunkt, da das Kleinste mit dem Größten zusammenfallen muß."120 Das Zentrum der Welt war - metaphysisch und transzendent gesehen - Gott vorbehalten, der zu gleich überall war. Er war der metaphysische ruhende Mittelpunkt und der bewegende Umfang der Welt. "Der Mittelpunkt der Welt fällt also mit ihrem Umfang zusammen. Die Welt hat demnach keinen Um fang, denn hätte sie einen Mittelpunkt, so hätte sie auch einen Umfang und hätte somit in sich ihren Anfang und ihr Ende."121

Obwohl manche Textstellen erstaunlich relativistisch anmuten - etwa wenn Cusanus sagt: "Wo auch immer einer sich befindet, er glaubt sich im Mittelpunkt"122 -, muß hier eingeschränkt werden, daß sich der scheinbare materielle Raum-Relativismus (Umfang = Mittelpunkt) von Cusanus nicht auf eine zentrumslose, sphärenlose, unbegrenzte materielle Welt bezog. Man könnte eher von einem göttlichen Überall-Relativismus sprechen, denn, so sagte Cusanus: "Der Bau der Welt ist deshalb so, als hätte sie überall ihren Mittelpunkt und nirgends ihre Peripherie, da ihr Mittelpunkt Gott ist, der überall und nirgends ist."123 Trotzdem: Niemand kam modernen relativistischen Raumbetrachtungen näher als der mittelalterliche Bischof von Brixen.

Auch bei einem anderen kosmologischen Problem leistete Nikolaus von Kues erstaunliches. Denn er verwarf die Ansicht vom hierarchischen zweigeteilten Aufbau der Welt. Seine Erde war nicht schlechter als andere Himmelskörper, sondern "ein edler Stern", von ähnlicher "Natur", von ähnlicher "Vollkommenheit" und ähnlichem "Einfluß"124 wie andere Sterne. Ob diese Formulierungen aus reichen für die Interpretation, er habe die himmlische quinta essentia abgelehnt, sei hier nicht entschieden.

Aber Cusanus ging noch weiter. Er meinte, die Erde sei nicht allein bewohnt! Er vermutete, "daß keine der anderen Sternregionen frei von Bewohnern ist (und) daß es gleichsam so viele einzelne Teilwelten des einen Universums gibt, wie es Sterne gibt, deren Zahl unendlich ist..."125. Auch wies er die Unterscheidung in eine sublunare Sphäre, wo Dinge entstehen und vergehen und eine himmlische Region, wo die Dinge ewig existieren, zurück. Beispiel: "Der Tod scheint nämlich nichts anderes zu sein, als daß das Zusammengesetzte sich in seine Bestandteile auflöst. Und wer kann wissen, ob solche Auflösung nur bei Erdbewohnern statthat?"126

Wie man sieht, wurde bei Cusanus die Brücke zwischen irdischer und himmlischer Physik schon sehr breit. Zwar verfügte er über keine rationale Physik, zwar gründeten seine Ansichten letztlich in einem unbedingten glaubenden Zutrauen zum allmächtigen ewigen Gott, zwar zielte seine Mathematisierung der Welt nicht auf eine moderne Darstellung quantitativer physikalischer Gesetze, sondern auf eine spekulative Mathematisierung des Unendlichen, aber sein Denken löste sich bereits deutlich von den Dogmen aristotelischer Weltschau. So ebnete jener Mann, der 1448 vom Papst zum Kardinal erhoben worden war, "den Weg zur Desakralisierung der Kosmologie. Da die theologische Rechtfertigung des Geozentrismus außer Kraft gesetzt ist (indem u.a. die Erde nicht mehr notwendiger Mittelpunkt der Welt und die Menschen nicht einzige Kinder Gottes sind, d. A.), wird die Sicht auf die substanzielle Einheit von Erde und Kosmos frei."127

Alle folgenden Innovationen gehören in die Neuzeit.

16. Zusammenfassung

Als Simonyi in seiner "Kulturgeschichte der Physik" die Entwicklung der christlichen Kosmologie zusammenfaßte, schrieb er: "Im 11. Jahrhundert hat man in Europa lediglich gelernt, im 12. und 13. Jahrhundert adaptiert und die antiken Erkenntnisse in die eigene Gedankenwelt eingefügt, im 13. und 14. Jahrhundert aber hat man kritisiert und ist über das Überlieferte hinausgegangen"128,

Eigentlich lernten die christlichen Kosmologen schon ab dem 8. Jahrhundert von Empedokles, Platon, Plotin, Augustinus und anderen. Manche der zuerst entstandenen frühen allegorisch-christlichen Weltmodelle (Kosmas) kamen gänzlich ohne Tradition aus. Ihr - ihrerseits tradiertes - Hauptziel war es, eine christliche Welttopographie zu entwerfen.

Spätere symbolisch-christliche Modelle folgten dann weitgehend den antiken Vorgaben, die mit den kosmogonischen Vorstellungen (Schöpfungslehre) und theologischen Implikationen der Bibel verbunden wurden: Gott schuf, umfaßte, hielt und bestimmte die Welt und den Weltlauf.

Die frühen Kosmologen favorisierten dabei drei verschiedene Interpretationskonstrukte oder stellten diese nebeneinander: die abstrakte sphärische Himmelsmaschine (Beda) entsprach dem Augenschein und den naturphilosophischen Überlieferungen der Antike; das Weltei (Honorius) - auch eine antike Überlieferung - betonte den organischen Zusammenhang des Weltkörpers und das Mikrokosmos-Makrokosmos-Modell (Hildegard von Bingen) verschmolz Kosmos und Mensch zu einem gleichursprünglichen, vollkommen aufeinander bezogenen Gottesgeschöpf. Hier war die kosmologische Zentralperspektive nicht die Erde, sondern der organische, einzigartige Christenmensch.

Das 12. und 13. Jahrhundert brachte eine Rationalisierung der Kosmologie. Offenbar im Gefolge der Entstehung früher bürgerlicher Stadtkulturen mit ihren Versuchen, durch rationale Konstrukte (Zunftordnungen, kodifizierte städtische Rechte) die anwachsenden künstlichen Gemeinwesen zusammenzuhalten und auch im Gefolge der Rationalisierung territorialer Herrschaftstechniken (Verbreitung der Schriftkultur als identitätsstiftendes Macht- und Selbstverständigungsinstrument) entstand zeitgleich ein Bedürfnis nach Rationalisierung theologischer Ideen.

So wurde bald - noch vor der Aristotelesrezeption - das Wunderwirken Gottes durch eine einheitliche rationale Erklärung teil weise ersetzt ("Schule von Chartre"). Diese enthielt bereits mit der Ineinssetzung der verschiedenen Elemente mit verschieden starken Bewegungszuständen den Keim für eine quantitative Erklärung physikalischer Prozesse. Dieses Prinzip, das am anschaulichsten beim modernen Periodensystem der Elemente triumphierte, wo die qualitative Differenz der Elemente durch das quantitative Anwachsen der Anzahl der Elektronen und Protonen in den Atomen erklärt wird, konnte durch die nachfolgende Rezeption der aristotelischen Physik nicht weiterverfolgt werden.

"Aristoteles meets Europa", war ein Kapitel überschrieben. Für die Theologie brachte dieses Zusammentreffen einen kurzzeitigen Zusammenschluß von Philosophie und Glauben, von Naturwissenschaft und Offenbarung.

Für die Kosmologen lautete die Konsequenz: Neben das symbolische christliche Modellbild - das für die Erziehung der Gläubigen weiter benutzt wurde - trat das naturwissenschaftliche aristotelisch-christliche Weltbild, das auf der zweigeteilten Physik des Griechen gründete. Die Verurteilung von 1277 hatte dabei die theologiegefährdenden Interpretationen abgewürgt.

Eine weitere Differenz ergab sich mit den zunehmenden empirischen Interessen. Die wissenschaftliche Beobachtung (Roger Bacon) sollte Naturgesetze bestätigen oder neu auffinden lassen, die mathematische Darstellung die angemessene Beschreibungsform dieser Gesetze sein. Hier lag der Keim zur Befreiung vom aristotelisch-christlichen Dogma. Die unmittelbarste Folge im 13. Jahrhundert war die Koexistenz zweier nicht zu vereinigender Systeme: das aristotelisch-physikalische System diente der einheitlichen theologisch-wissenschaftlichen Welterklärung und das ptolemäisch-geometrische System diente den empirischen Beobachtern.

Vom 13. Jahrhundert an gingen die Kosmologen über das Überlieferte hinaus. Ihr Handicap war das Fehlen einer neuen Physik, in die man neue Ideen hätte systematisch einbauen können. Die Interpretation der Welt gründete noch auf dem Aristotelismus der absoluten Ruhe und Mitte der Welt. Erst mit Galilei wird die Physik auf das dynamische Prinzip der absoluten Bewegung umschwenken.

Die Fortschritte waren aber trotzdem erstaunlich: Die Impetus-Theorie (Buridan) versuchte sich an einer mathematisierenden Beschreibung der Bewegung, erste Gedankenexperimente (Oresme) wagten vorsichtig, die Erde aus der Perspektive anderer Himmelskörper (oder gar Gottes) zu sehen oder sie drehen zu lassen. Die Mathematik als Beschreibungsmittel verläßlicher physikalischer Gesetze begann sich durchzusetzen. Ihre Herrschaft trat sie aber erst an, als man die qualitative zweigeteilte Weltbeschreibung aufgab und zur mathematikfreundlichen einheitlichen quantitativen Beschreibung überging. Erst hier beginnt das wahre Reich der Proportionalität von Quantitäten und die Berechenbarkeit ihrer Größen und Veränderungen.

Nikolaus von Kues dagegen stieß auf mathematisch-spekulative Weise zu Ideen vor (Teilwelten, bewohnte Sterne, Unbegrenztheit des Universums, erster Raumrelativismus), die zwar weit über Kopernikus oder Newton hinausgingen, aber aus dem naturwissenschaftlichen Diskurs der neuen Physik ausgegrenzt blieben. Der Grund dafür mag darin liegen, daß Cusanus mit seiner spekulativen Mathematik die nichtempirische göttliche Unendlichkeit beschreiben wollte, wogegen Galilei oder Newton die experimentell ergründete empirische Welt interessierte.

Zum legitimen Nachfolger des Bischofs von Brixen wurde schließlich Giordano Bruno (1548-1600). Seine spekulative Naturphilosophie führte ihn weit über Cusanus hinaus. Sein Kosmos war tatsächlich unendlich, ohne Mitte, in beständiger Bewegung und von zahllosen - über die ganze Tiefe des unermeßlichen Raumes verteilten - Sternen und Welten erfüllt. Sein Ende ist bekannt. Weil Wissenschaft, mutige Spekulation und theologisches Dogma inzwischen unvereinbar waren, erwartete ihn kein Kardinalstitel, sondern der Feuertod.


 17. Anmerkungen

1 E. Grant (XVII), S. 181

2 ebda., S. 182

3 Die folgende Zusammenfassung stützt sich vor allem auf: B. Kanitscheider (XX), J. Audretsch/K. Mainzer (I), F. Gehlhaar (XIV) und W. Ekschmitt (IX). Besondere Zitate werden einzeln belegt.

4 zit. nach W. Ekschmitt (IX), S. 55

5 ebda., S. 77f.

6 ebda., S. 78

7 W. Ekschmitt über Platon, S. 103

8 S.F. Mason (XXIV), S. 47f.

9 Sie partizipierten an der Weltseele.

10 K. Gloy (XV), S. 138

11 W. Ekschmitt (IX), S. 97

12 ebda., S. 149

13 zit. nach W. Ekschmitt, S. 22

14 ebda., S. 91

15 W. Ekschmitt über Platon, S. 113

16 ebda., S. 113

17 F. Gehlhar (XIV), S. 66

18 J. Mittelstraß in (I), S. 52

19 W. Ekschmitt (IX), S. 132

20 A.C. Crombie (V), S. 72. Dazu siehe aber die Ausführungen zum unbewegten Beweger

21 W. Ekschmitt (IX), S. 131

22 F. Gehlhaar (XIV), S. 46f.

23 W. Ekschmitt (IX), S. 136

24 Aristoteles, Metaphysik, 12. Buch, 1072b3, zit. nach W. Ekschmitt

(IX), S. 134

25 A.C. Crombie (V), S. 74

26 ebda.

27 W. Ekschmitt (IX), S. 135

28 B. Kanitscheider (XX), S. 79

29 ebda., S. 81

30 Hier ist allerdings darauf hinzuweisen, daß R.R. Newton in "Das Verbrechen des Ptolemäus" nachweist, wie Ptolemäus seine "Beobachtungsergebnisse" manipulierte oder direkt fälschte, um sie seinem Modell anzupassen.

31 ebda., S. 81f.

32 B. Kanitscheider (XX), S. 89

33 ebda.

34 ebda., S. 90.

35 E.J. Dijksterhuis (VII), S. 106

36 R. Simek (XXVI), S. 12

37 Den komplizierten Weg der antiken Wissensvermittlung durch die "unmittelbare" Wissensvermittlung römischer "Kirchenmänner" (u.a. Hippolytes), die sich mit den Häresien antiker Autoren wortreich auseinandersetzten; durch die Erhaltung antiker Schriften vor allem in Klöstern und Bibliotheken Italiens und des oströmischen Reiches und durch die islamisch-arabische Vermittlung (u.a. über Avicienna, Averroes) beschreibt u.a. F. Gehlhar (XIV) S. 60ff. in dankenswerter Knappheit

38 A.C. Crombie (V), S. 17

39 ebda., S. 21

40 Lexikon früher Kulturen (XXII), S. 417

41 mit ihrem "Herr der sieben Sterne", ihrem "Buch der sieben Siegel", den "sieben Engeln" oder sieben Posaunen", siehe III, S. 257ff.

42 R. Simek (XXVI), S. 32. Die folgenden Ausführungen beziehen sich v.a.auf Simek, S. 32-37 und S. 124-143. Das Weltei-Modell vertraten auch Martianus Capella, Macrobius, Johannes Scotus Eruigena, Remigius von Auxerre, Abälard, Wilhelm von Conches, Hildegard von Bingen u.v.a.

43 ebda., S. 32

44 ebda., S. 127

45 Die Bibel (III), S. 19

46 R. Simek (XXVI), S. 140f.

47 siehe u.a. Weltallbilder bei W. v. Metz (um 1245) oder in der "Schedelschen Weltchronik" (1493)

48 K. Flasch (XIII), S. 91

49 R. Simek (XXVI), S. 21f.

50 ebda., S. 41

51 zit. nach F. Gehlhaar (XIV), S. 68

52 u.a. in (XIV), S. 69

53 Christliche Ikonographie (IV,1), S. 249

54 A.C. Crombie (V), S. 28

55 K. Flasch (XIII), S. 228

56 ebda., S. 228f.

57 ebda., S. 232

58 alle ebda., S. 233f.

59 "Er erwähnt Elemente als einfachste und kleinste Partikel, unterscheidet die sichtbaren Elemente von den durch die Vernunft anzunehmenden kleinsten Teilchen, bringt damit Überlegungen Demokrits vor", H. Ley (XXIII), S. 74

60 Wilhelm von St. Thierry über Wilhelm von Conches, zit. nach H. Ley (XXIII), S. 72

61 E.J. Dijksterhuis (VII), S. 44

62 ebda., S. 162

63 so K. Flasch (XIII), S. 246ff.

64 A.C. Crombie (V), S. 53 (VII), S. 141

65 alle E.J. Dijksterhuis

66 alle A.C. Crombie (V), S. 54

67 zit. nach K. Flasch (XI), S. 36

68 alle Thesen sind entnommen: K. Flasch (XI), S. 99ff.

69 Interessant ist hier natürlich auch die Ablehnung anderer Thesen, die den Bischof auf der "richtigeren Seite" zeigt, v.a. die Ablehnung von Thesen über Sternwirkungen auf Menschen. So sagt die 195. These: "Das Fatum, also die Disposition des Universums, geht aus der göttlichen Vorsehung nicht unmittelbar hervor, sondern mittels der Bewegung der Himmelskörper...". Anmerkung Flasch: "Was die Zensoren verurteilen, ist nicht die Vorstellung des Fatum, sondern die astronomisch- deterministische Variante der Lehre". Ähnlich deterministisch lautet u.a. die 206. These: "Gesundheit und Krankheit, Leben und Tod führt man auf die Konstellation der Sterne und den Anblick der Fortuna zurück...". Als Kommentar, der auf mehrere andere Thesen ebenso passt, sagt Flasch: "Der Bischof schränkt die Bedeutung der Astrologie zweifach ein: Sie soll nicht die göttlichen Gnadengaben vorherbestimmen, und sie soll den Charakter einer Disposition nicht überschreiten, also freies Handeln nicht ausschließen" (S. 252). Damit ist aber nicht jede Art von Astrologie verworfen.

70 ebda., S. 131

71 E. Grant (XVIII), S. 130

72 zit. nach K. Flasch (XI), S. 148

73 E. Grant (XVIII), S. 140

74 S.F. Mason (XXIV), S. 154 schreibt, daß "im Jahre 1540 die erste gedruckte Darstellung der kopernikanischen Theorie publiziert wurde". Das Hauptwerk "De revolutionibus orbium coelestium libri VI" erschien1543

75 ähnlich verfuhren schon - wie bei Honorius von Autun gezeigt wurde - die christlich-platonischen Kosmologen

76 F. Gehlhar (XIV), S. 67

77 E. Grant (XVIII), S. 107f.

78 A. Rohner (XXX), S. 136

79 ebda., S. 98

80 ebda., S. 107

81 ebda., S. 110

82 ebda., S. 131

83 G. Mensching (XXIX), S. 46

84 ebda., S. 47

85 H. Ley (XXIII), S. 208

86 E. Grant (XVIII), S. 109

87 ebda., S. 110

88 ebda., S. 109. Alle vorstehenden Angaben sind dort auf S. 110ff. enthalten

89 Aristoteles, Phys. IV 5, 212b8, zit. nach N. Schneider (XXV), S. 98

90 A.C. Crombie (V), S. 73

91 N. Schneider (XXV), S. 141

92 ebda., S. 142

93 ebda., S. 152

94 Von einem zeitweise konkurrierenden astronomischen Modell, daß sich ob seiner Unzulänglichkeiten aber nicht behauptete, berichtet Dijksterhuis (VII), S. 237f. Das Schraubenmodell des Arabers Alpetragius benutzte nur konzentrische Sphären und beschränkte sich dazu im Gegensatz zu Eudoxos oder Aristoteles auf nur neun dieser Sphären. Die sieben Planetensphären sollten sich um den Erdmittelpunkt in drei Richtungen (Drehung um drei Achsen), die Fixsternsphäre in zwei Richtungen bewegen können. Damit sollten die Unregelmäßigkeiten im Lauf der Gestirne erklärt werden, wobei allerdings der zeitweise unterschiedliche Abstand der Planeten zur Erde mit einem starren Sphärenmodell nicht erklärbar war. Die neunte Sphäre war leer und rotierte gleichförmig in etwas weniger als einem Tag um eine Achse. Ihre Bewegung sollte sie den anderen Sphären in abgeschwächter Form mittteilen, so daß die Fixsternsphäre in einem Tag und die Planeten mit immer längeren Umläufen um die Erde liefen. Dijksterhuis bemerkt, daß dieses Modell allerdings viel komplizierter gewesen sein muß, um z.B. alle retrograden Planetenbewegungen zu erklären. Astronomische Tafeln waren mit dem Modell nicht zu erlangen.

95 A.C. Crombie (V), S. 82f.

96 ebda., S. 83

97 ebda., S. 85

98 ebda., S. 86

99 K. Gloy (XV), S. 157

100 B. Kanitscheider (XX), S. 97

101 K. Flasch (XII), S. 543

102 E. Grant (XVIII), S. 135

103 ebda., S. 136ff.

104 ebda., S. 139

105 B. Kanitscheider (XX), S. 152

106 K. Flasch (XII), S. 485

107 S. F. Mason (XXIV), S. 146

108 ebda., S. 147

109 E.J. Dijksterhuis (VII), S. 206

110 zit. nach S.F. Mason (XXIV), S. 148

111 F. Fellmann (X), S. 7f.

112 ebda.

113 E. Grant (XVIII), S. 121

114 F. Fellmann (X), S. 16f.

115 N. v. Kues (VI), I, S. 5

116 Diese Ansicht wird an Meinungen deutlich, die zuerst atemberaubend modern klingen, aber eine etwas enttäuschende Erklärung finden. So behauptete Cusanus, daß die Erde sich bewege und nicht gänzlich rund sei und daß die Sterne nicht auf Kreisbahnen um die Erde laufen. Als Grund gibt er allerdings an, daß in der realen Welt nichts so vollkommen sei wie in der Mathematik. Folglich existieren weder Kugeln noch völlig kreisrunde Sphären. So sei die Erde nur fast kuglig und die Planetenbahnen nur fast sphärisch. Auch stehe die Erde nicht vollkommen still. Welche Erdbewegung er sich genau vorstellte, wird jedoch nicht klar. Eine tägliche Erdrotation ist nicht gemeint.

117 A. Koyre (XXI), S. 19

118 K.-H. Volkmann-Schluck (XXXI), S. 32

119 A. Koyre (XXI), S. 19

120 N. v. Kues (VI), II, S. 87

121 ebda.

122 ebda., S. 93

123 ebda., S. 95

124 ebda., S. 99

125 ebda., S. 105

126 ebda.

127 F. Gehlhar (XIV), S. 74

128 zit. nach F. Gehlhar (XIV), S. 60


18. Benutzte Sekundärliteratur


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