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Inhaltsverzeichnis

Einleitung
Die erste Geistererscheinung
Die zweite Geistererscheinung
Die dritte Geistererscheinung
Die vierte Geistererscheinung
Die fünfte Geistererscheinung
Die Geistererscheinungen im Gesamtkontext
Bibliographie

Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit den Geistererscheinungen in dem Roman "Levins Mühle. 34 Sätze über meinen Großvater" von Johannes Bobrowski.
Die Hauptfigur des Romans Johann Bobrowski, der Großvater des Ich-Erzählers, verursacht eine Flutkatastrophe und zerstört somit die Wassermühle seines Konkurrenten, dem Juden Levin. Unter dem Vorwand nationaler Gesinnung und ungeachtet seines Amtes als Ältester der Baptistengemeinde gelingt es ihm mittels Bestechung die Klage, die Levin gegen ihn anstrengt, abzuwehren.
Im Verlauf des Romans erscheinen ihm jedoch immer wieder Geister seiner Vorfahren, die ihm vor Augen führen, wohin ein solch verwerfliches Verhalten führen kann. Der Großvater zeigt sich allerdings unzugänglich für diese Warnungen, er sieht nur das für ihn positive in diesen Geistererscheinungen.

Die erste Geistererscheinung
In der ersten Geistererscheinung begegnet der Großvater einem gewissen Poleske. Bei diesem handelt es sich, wie der Erzähler gleich zu Anfang klarstellt, um einen Urahnen des Großvaters "aus der älteren Geschichte".[1] Die Erscheinung selbst wird nur mit wenigen Sätzen umrissen. Der Leser erfährt lediglich, daß Poleske in der Schlafstube erscheint und ein Gespräch mit dem Großvater anfängt, in dem immer wieder das "Zauberwort" "Mein Recht." (LM 28) fällt. Viel ausführlicher wird daraufhin jedoch die Geschichte des Poleske erzählt. Die Anregung dazu erhielt Bobrowski von dem Familienforscher Georg Bobrowski, mit dem er seit 1955 in Briefkontakt stand. Dieser erwähnte in einem Brief die den Bobrowski im 15. Jahrhundert im Kulmerland zugehörige Familie "Poleschke von Boberow" (BL 127). Über diese schreibt Johannes Bobrowski in seinem Aufsatz "Zur Geschichte der Familie Bobrowski" :
Zu dieser Familie gehört wohl auch der adlige Wegelagerer Bartusch Ostrowicki, der sich 1507-1517 als Kommissionär des Bandenführers Matern gegen die Danziger betätigte. Seinetwegen hatte der Danziger Rat Streit mit dem Wojewoden von Culm, der wohl nicht gegen den Schnapphahn vorgehen wollte. Am 26. 12. 1515 wurde Matern, kurz darauf auch Ostrowicki von den Danzigern gefangen, der letztere am 12. März 1516 "abgehauen". Matern erhängte sich in seinem Verlies.[2]
Dies entspricht auch dem Geschehen in der Erzählung, wobei der in der Chronik erwähnte Ostrowicki der Poleske aus dem Roman ist. Die Erzählung war übrigens ursprünglich als in sich abgeschlossene vom Roman unabhängige Erzählung mit dem Namen "Heller Tag im September" schon fertiggestellt. Bezeichnend für den Poleske im Roman im Gegensatz zum Ostrowicki der Chronik, und hier setzt Bobrowski einen starken Akzent, ist jedoch, daß er davon überzeugt ist im Recht zu handeln und es ihm "aufgegeben" sei für ein höheres Ziel, für "die Ehre der Republik" "das Gesockse auszulausen". (LM 32)
Spätestens hier wird die Parallele zum Verhalten des Großvaters deutlich, der sich mit seinem Vorgehen gegen den Juden Levin ebenfalls im Recht glaubt ("Und gerechterweise wieder die Überlegungen: Hätte mir da also glatt noch gefehlt, daß sich der Jud da breitgemacht hätte.") (LM 26).
Die Tatsache, daß der Urahn des Großvaters Pole ist, widerspricht dieser Deutung nicht, sondern deutet vielmehr darauf hin, daß es im Roman nicht nur um das Verhalten der Deutschen in den Ostgebieten geht, sondern vielmehr um den grundsätzlichen Konflikt zwischen verschiedenen Völkern und, wie sich in der zweiten Geistererscheinung zeigen wird, verschiedenen Religionen. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin ,daß Poleske, ebenso wie der Großvater, nur darauf aus ist, sich auf Kosten Anderer zu bereichern. Die vermeintlich "höheren" Motive sind dabei lediglich vorgeschoben.
Der Großvater übersieht schließlich auch die Warnung, die in dieser Geistererscheinung steckt, nämlich daß der Straßenräuber am Ende, was interessanterweise gleich zu Anfang der Erzählung beschrieben wird, völlig zu Recht hingerichtet wird. Ganz zu Recht vermutet der Erzähler schon im voraus : "Und mein Großvater wird aus der Geschichte seinen Urahns schon irgendeinen Honig saugen, einen, der zu Seinem Recht in Beziehung steht."(LM 29) Er fühlt sich durch diese Geistererscheinung schließlich noch ermutigt, sich die Hilfe des Pfarrers in Malken zu erkaufen.

Die zweite Geistererscheinung
Die zweite Geistererscheinung beruht auf einem späteren Ereignis aus der Familiengeschichte der Bobrowskis. Unter Zygmunt I und Zygmunt II August wurde das evangelische Bekenntnis in Polen stark verbreitet und große Teile der Familie Bobrowski wurden somit evangelisch. Zygmunt III Wasa förderte jedoch die Gegenreformation und somit stand die Familie vor der Wahl katholisch zu werden, oder das Land zu verlassen. In seiner "Geschichte der Familie Bobrowski" schreibt Johannes Bobrowski dazu:
Der masowische Adel [d.i. der, zu dem auch die Bobrowskis gehörten] griff darauf hin zum sog. Rokosz, der gesetzlich zugestandenen Insurrektion. [...] Diese Rebellion gegen die von der katholischen Partei durchgeführten Kirchenschändungen, Verbrennungen, etc., mehr noch gegen die Bedrohung der Existenz weiter Teile des Adels brach 1606 aus und griff auch nach Polnisch-Preussen über. 1607/08 gelang es Zygmunt III Wasa (der gleichzeitig König von Schweden war) des Aufstands Herr zu werden.[3]
In der Geistererscheinung tritt nun ein gewisser "Krysztof, der fromme Wilde, der aus Bobrowo" (LM 72) auf. Also wieder ein Vorfahr des Großvaters, den der Großvater als Anführer des Rokosz kennt. Wie schon in der ersten Geistererscheinung geschieht eigentlich nicht viel. Der Geist Krysztofs und dessen klagende Seele treten dem Großvater aus dem Spiegel entgegen, Krysztof wirft sein Schwert von sich und schließlich sinkt der Großvater "tief bewegt" auf die Knie "und fällt auf die Seite, mit einem entsetzlichen Seufzer." (LM 73)
Die Geschichte des Krysztof wird hingegen recht ausführlich erzählt. Er wird als starrköpfiger Fanatiker beschrieben, der mit dem Schwert versucht die Katholiken zu besiegen. Selbst als das aussichtslos wird, versucht er noch, Anhänger zu finden, woran er jedoch schließlich auch scheitert. Als er dann einsehen muß, daß er mit dem Schwert nichts mehr ausrichten kann resigniert er schließlich und nimmt sich das Leben: "Da hat er zuletzt auch nicht lange hören mögen auf die Seele, wie sie Tag und Nacht hergegangen ist neben ihm und Ach Krysztof, ach Krysztof geleiert hat und vor dem Baum gestanden ist mit ausgestreckten Händen und leergeweint auf dem Ast gehockt hat, als sich der Krysztof daranhing, ohne Schwert, an den Weidenbaum vor Bialken." (LM 73)
Auch in dieser Geistererscheinung wird wieder eine Parallelität zum Verhalten des Großvaters deutlich. Sie reflektiert in gewisser Weise, den Glaubenskonflikt in dem er sich befindet, nachdem er den Interessen seiner baptistischen Gemeinde zuwider gehandelt und mit dem evangelischen Pfarrer Glinski gemeinsame Sache gemacht hat. Da die Geistererscheinung dem Großvater aus dem Spiegel entgegentritt kann kein Zweifel daran bestehen, daß Krysztof als Spiegelung des Großvaters zu verstehen ist. Das Zwiegespräch, das Krysztof mit seiner Seele hält, hält schließlich auch der Großvater mit seiner eigenen Seele, bzw. seinem Gewissen, das die Geistererscheinungen ja hervorruft , um so an seinem Verhalten Kritik zu üben. Dem Großvater gelingt es jedoch erfolgreich diese Kritik abzuwehren: Als man ihn findet und ins Bett trägt sagt er "seufzend aus seinem Schlaf hervor: Sei still meine Seele! und nach einer Weile: Halt das Maul!" (LM74)
Der Großvater identifiziert sich mit Krysztof, da er den Bund mit dem Pfarrer Glinski als einen Bund der Deutschen gegen die Polen, und somit auch gegen die Katholiken ansieht. Wiedereinmal übersieht er jedoch völlig das schlimme Ende, das sein Vorfahr nimmt, und somit auch die Warnung, die in der Geistererscheinung steckt.

Die dritte Geistererscheinung
Diese Geistererscheinung hat ebenfalls einen historischen Hintergrund, und zwar diesmal in der jüngeren Familiengeschichte der Bobrowskis. Am 8. März 1961 berichtet Georg Bobrowski in einem Brief an Johannes Bobrowski von einem gewissen
Michael Bobrowski, geboren 1822 Kl. Zaroslo bei Strasburg, verheiratet 1850 mit Sara Berg, Ackerwirt in Zillitz-Zaroslo (Rosenhain), 10 Kinder - am 15. Januar 1883, 61 Jahre alt, nackt, mit vollständig verbrannter Kleidung auf der Straße in Zgnilloblott (bei T.-Z.) gefunden, beerdigt 20. I. in Rosenhain.[4]
Die einzige Änderung, die Johannes Bobrowski vornahm, als er diesen Bericht in seinen Roman einbaute, war die, daß er das Geschehen um 30 Jahre zurückdatierte, um so den im Bericht erwähnten Michael als Vater des Großvaters in den Roman einsetzen zu können.
Im Unterschied zu den bisherigen Geistererscheinungen wird hier die der Erscheinung zugrundeliegende Geschichte bereits erzählt, bevor der Großvater die Erscheinung hat. Der Satz "Mein Großvater, als ihm dieser Mann im Traum entgegentritt, nennt ihn Vater." (LM 122) leitet schließlich von der Erzählung der historischen Ereignisse auf die Geistererscheinung über. Der Traum, den der Großvater nun hat ist eine Durchmischung der Ereignisse in Rosinkes Scheune, wo sich der Großvater durch Weiszmantels Lied angegriffen fühlt, und der Erinnerung an den Tod seines Vaters.
Hier geht es im Gegensatz zu den anderen Geistererscheinungen nicht um das Verhalten eines seiner Vorfahren. Die Mysteriösen Umstände unter denen der Vater ums Leben gekommen stehen für sich. Der Leser erfährt lediglich, daß er "ein Opfer der Geister" (LM 122) geworden sei. Warum es so gekommen ist wird nicht gesagt und es bleibt der Phantasie des Lesers überlassen Rückschlüsse auf Michaels Verhaltensweise, die dieses Eingreifen der Geister verursacht hat, zu ziehen.
Nachdem der Großvater sich von den ersten beiden Geistererscheinungen in seinem Verhalten nicht hat beeinflussen lassen, wird er in nun um so heftiger von den Geistern bedrängt. Dabei ist es dann auch nicht Verwunderlich, daß diesmal die eigentliche Geistererscheinung sehr viel ausführlicher beschrieben wird als es bei den bisherigen der Fall war. Doch wieder weiß der Erzähler schon im voraus, daß auch diesmal der Großvater kein Einsehen haben wird: "Mein Großvater wird nicht verstehen, warum die Geister auf ihn losgehen. Er wird, am Ende, sagen: Mit mir nicht." (LM 122) Damit soll er auch schließlich Recht behalten: "Da liegt er und reißt die Augen auf. Keine Geister. Er faßt sich an die Brust. Keine Kleider. Blankes Hemd. Und er steht nicht, er liegt. So kommt er aus der 3. Geistergeschichte, ungebrochen: mein Großvater. Mit mir nicht." (LM 124)
Diese Beschreibung des Großvaters erinnert auch stark an seinen in verbrannter Kleidung tot auf der Straße liegenden Vater und unterstreicht schließlich noch die Drohung, die in der Geistererscheinung steckt, nämlich daß es auch dem Großvater so ergehen könnte wie seinem Vater.
Doch nicht nur Bedrohliches liegt in dieser Geistererscheinung. Es findet sich auch ein anklagendes Moment darin, daß die Gestalt Levins den Großvater mit der Stimme seines (des Großvaters) Vaters anspricht:
Und dieses Gesicht jetzt, mit den langsamen Augen, dieses Gesicht, weiß, hinter dem ein Wasser aufsteht, grau und finster, und ein Regen herabkommt, dieses schmale Gesicht mit den bewachsenen Schläfen, Levin, dieses Gesicht, dicht vor dem Gesicht meines Großvaters. Es tut den Mund auf und sagt, mit einer Stimme, die die Stimme eines Toten ist, eines auf der Landstraße gefundenen Toten: Johann! (LM 123)
Die Bemerkung "hinter dem ein Wasser aufsteht, grau und finster" erinnert dabei an die Flutkatastrophe, die der Großvater verursacht hat um Levins Mühle zu vernichten und das Ausrufungszeichen am Ende verstärkt schließlich noch das Gefühl der Anklage.
Dieser Traum verdeutlicht den Gewissenskonflikt, in dem sich der Großvater befindet, hat aber letztendlich zur Folge, daß der Großvater um so entschlossener ist, was dann schließlich dazu führt, daß er Pilchs Häuschen anzündet.

Die vierte Geistererscheinung
Der Jastrzemb aus dieser Geistererscheinung hat eine sagenhafte Gestalt aus der Zeit der Kämpfe gegen die noch nicht christianisierten Polanen zur Jahrtausendwende zum Vorbild.
Dabei tut sich ein Jastrzab hervor, der nach der Sage auf die Idee kam, den Pferden Hufeisen unterzuschlagen, und damit den Sturm auf den 593 m hohen Berg [d.i. der Berg, auf dem sich die Polanen verschanzt hatten] ermöglichte. Diesem Jastrzab verlieh König Boleslaw Chrobry (992 - 1025) das Hufeisen als Wappenbild. Der bisherige Habicht wird nun zur Helmzier und aus den Jastrzab (Habichte) werden die Jastrzebiec (Habichtswappenträger).[5]
In dieser Geistererscheinung vermischen sich nun die Ereignisse und Personen aus verschiedenen Jahrhunderten. Sie handelt von "sehr alte[n] Geistern diesmal. Und sehr verwirrte, die sich nicht auskennen zwischen den Namen, den Familien, den Stämmen". (LM 209) Der Jastrzemb, der einst gegen die heidnischen Götter und ihre Anhänger kämpfte und dafür sogar ausgezeichnet wurde taucht nun in einem Ereignis auf, das drei Jahrhunderte später stattfindet. Er wird bei einem Stelldichein mit einer gewissen Ofka von deren Vater, dem alten Strzegonia, der unerwartet früher zurückkehrt, ertappt, kann aber nach einem Kampf schwer verletzt entkommen. "Er überlebt, er nimmt 1295 in Gnesen an der Krönung Königs Przemislaws teil, einarmig, ein Graukopf, der nicht mehr spricht." (LM 209)
Jastrzemb ist somit der einzige Vorfahr aus den Geistererscheinungen, der wegen seines Verhaltens nicht gerichtet wird. Seine Geschichte nimmt in gewisser Weise schon das Ende des Romans vorweg. Auch Jastrzemb ist eine Spiegelung des Großvaters, der nach dieser Geistererscheinung mit einem Arm im benachbarten Sitzloch seines Klohäuschens steckend, also einarmig, erwacht. Auch der Großvater muß sich schließlich nicht für sein Verbrechen verantworten und zieht schließlich als uneinsichtiger Starrkopf fort in die Stadt.

Die fünfte Geistererscheinung
Im Gegensatz zu den ersten vier Geistererscheinungen, denen jeweils ein Ereignis aus der Vergangenheit zugrunde liegt, ist die fünfte Geistererscheinung eher als Vision der Zukunft zu sehen. Der Großvater träumt, durch ein wildfremdes Haus zu gehen, in dem gesichtslose Leute lautlos herumwandern. Dann "bleibt er stehen und sagt: Morgen." (LM 274) Daraufhin begegnet er Jastrzemb:
Er [d.i. Jastrzemb] erhebt ein silbernes Hufeisen, er nestelt ein Kreuz von der Brust, ein bläuliches Licht breitet sich hinter ihm über die Wand aus und fliegt auf und überzieht wie ein Himmel die Decke, und jetzt erhebt sich draußen Geschrei, hundert Stimmen, in der aufgeschlagenen Tür steht das Feuer. (LM 274 f)
Das kurz zuvor geäußerte "Morgen" und diese darauf folgende Beschreibung lassen keinen Zweifel darüber offen, daß der Großvater hier eine Vision des "Jüngsten Gerichts", wie es in der "Offenbarung des Johannes" prophezeit wird, hat.
Das darauf folgende "Heute" und die Beschreibung der Reiter und Wagen, die an dem Großvater vorüberziehen wendet den Blick schließlich wieder auf die kriegerische Vergangenheit und Gegenwart. Das abschließende "Noch stehen die Sterne im Eis" ist schließlich als letzte Warnung an den Leser zu verstehen, sich anders zu Verhalten als der Großvater.
Nach dieser Geistererscheinung wird nun auch der Großvater nachdenklich und ahnt schon, daß er sein Haus für immer verlassen und nicht mehr wiederkehren wird, wie Poleske. Wie bei den anderen Geistererscheinungen hat er aber auch nach dieser kein Einsehen, "sagt: Schluß. Und ist so mir nichts, dir nichts über diesen Traum weggekommen, über diese 5. Geistererscheinung".(LM 276)
Bei dieser Geistererscheinung wird noch einmal deutlich, daß diese Familiengeschichte der Bobrowskis als Beispiel für die gesamte Menschheitsgeschichte zu verstehen ist.

Die Geistererscheinungen im Gesamtkontext
Bis auf die fünfte bilden alle Geistererscheinungen Linien in die Vergangenheit. Die erste Geistererscheinung weist zunächst sehr weit in die Vergangenheit, doch der Großvater will die Warnung, die darin steckt, nicht sehen und so wird bis zu dritten mit jeder Geistererscheinung die Linie in die Vergangenheit etwas kürzer, um so Eindringlicher die Warnung der Geister wird. Die dritte Geistererscheinung, die ja auch die mittlere ist, wird, wie auch das Scheunenfest, bei dem der Großvater zum erstenmal öffentlich angeklagt wird, zum Brennpunkt der Ereignisse. Nachdem selbst diese Geistererscheinung nicht den gewünschten Erfolg hat reicht die vierte Geistererscheinung noch einmal ganz weit in das Dunkel der Geschichte zurück und bemüht den Stammvater der Sippe, der die Bobrowskis angehören. Sie ist ein Hinweis auf eine vielleicht letzte Möglichkeit, es besser als seine Ahnen zu machen. Doch auch diese endet mit einer völligen Resignation des Erzählers:
Manchmal denkt man schon, diese Geister, ältere und neuere und sogar ganz alte, sollten sich um ihn nicht mehr bemühen: wenn er so gar nichts anderes darauf zu sagen hat. Nein, es ist keine Freude mit solchen Großvätern. Die ganze Nacht könnte man darüber räsonnieren, eine ganze Nacht, die mein Großvater, wie üblich nach solchen Gemütsbewegungen, in völligem Frieden verschläft. (LM 210)
Zum Zeitpunkt der fünften Geistererscheinung ist es für den Großvater schließlich zu spät, sie verdichtet in ihrer lyrischen Form das bedrohliche Ende, und wie es dazu gekommen ist und leitet somit auf den Schluß des Romans über.

Bibliographie :
Werke :
Bobrowski, Johannes: Levins Mühle. 34 Sätze über meinen Großvater, Frankfurt am Main 1970
Bobrowski, Johannes: Zur Geschichte der Familie Bobrowski, in: ders., Gesammelte Werke, Hg. von Eberhard Haufe. Band 4, Berlin 1987, S.318-326
Forschungsliteratur:
Dehn, Mechthild u. Wilhelm: Johannes Bobrowski. Prosa, München 1972
Leistner, Bernd: Polnische und deutsche Gespenster. Zu den Geistererscheinungen in "Levins Mühle", in: ders., Johannes Bobrowski. Studien und Interpretationen, Berlin 1981, S.123-133


[1] Bobrowski, Levins Mühle, S.27 Im folgenden werden Zitate unter Verwendung der Sigle "LM" nachgewiesen.
[2] Bobrowski, Werke, S.323
[3] Bobrowski, Werke, S.323
[4] Georg Bobrowski an Johannes Bobrowski, 18. August 1955; zit. nach: Leistner, Johannes Bobrowski, S.127
[5] Bobrowski, Werke, S.318 f