Melinda Bellér (9705952)

Ulrike Sporer (9605628)

Universität Wien

Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft

Kommunikationswissenschaftliche Methodenlehre

Lektor: Ao. Univ.-Prof. Dr. Hannes Haas

WS 1999/2000

Evaluation journalistischer Qualität:

Die Einflussfaktoren Sprache und Stil im Kommentar

„Die Frage muß zumindest gestellt werden, ob im Zeitalter der proliferierenden Informationssysteme die Befreiung eines von ihnen von Qualitätskontrollen diesem wirklich langfristig das Überleben garantiert. Wenn jede Schreibe sich Journalismus nennen und als solcher in Aktion treten darf, dann wird die Diskussion auch einmal darüber anheben müssen, wie dieses Informationssystem gegenüber anderen Informationssystemen zu bestehen vermag, die strengeren institutionellen Normen bei ihrer Tätigkeit genügen müssen.“

Ulrich Saxer

Einleitung

Qualität, deren Evaluation und Qualitätssicherung im Journalismus sind sowohl in der Journalistikforschung wie in der Medienpraxis ein aktuelles Thema der Fachdiskussion. Dies ist vor allem aus einem Blickwinkel heraus wichtig zu betrachten: Qualität und Qualitätssicherung im Journalismus ist nicht nur eine Frage der individuellen Verantwortung des einzelnen Redakteurs sondern vielmehr durch die Brille der Einflüsse aus gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, dem Mediensystem, den Medienunternehmen, usw. zu sehen.

Damit spielt auch der Begriff der Informationsethik eine bestimmende Rolle in diesem Kontext. Um hier Brellochs (1995) zu zitieren: „Information ist wissen in Aktion. Wissen kann zu einem Gegenstand der Wahrheitssuche um ihrer selbst willen, zum anderen aber auch als Mittel zum Zweck aufgefasst werden. [...] Wissen wird zum Gegenstand, den man verarbeitet und zur Ware, die einen Preis hat. Träumte die Aufklärung von einer allgemeinen Demokratisierung des Wissens und von einem zensurfreien Raum des Gedruckten, so erwacht sie heute inmitten einer medialen Welt, in der die Menschheit einerseits der Idee einer ideellen Zusammengehörigkeit mit Hilfe technischer Mittel näher zu kommen scheint, während andererseits der Streit der partikularen Interessen um die Macht über Mitteilungsinhalte und -kanäle ein planetarisches Ausmaß annimmt.“

Journalistische Qualität ist neben den genannten externen Faktoren auch von internen Faktoren abhängig. Dies sind vor allem stilistische Mittel, wie etwa Trennung von Information und Meinung, belegbare Meinungen und auch Sprache und Stil. Um letztere beiden Punkte wird sich die folgende Seminararbeit drehen. Die vor allem unter dem Aspekt, dass Qualitätsmaßstäbe auch von der Funktion abhängig sind, die sie erfüllen sollen. In diesem Fall geht es um den Kommentar, dessen Überzeugungskraft und Qualität - neben seiner inhaltlichen Komponente - über die ausdrucksstarke und pointierte zu Papier gebrachte Meinung festgemacht wird. Man könnte meinen, dass damit der Kommentar journalistische Qualität in hohem Maße darstellt, da nämlich die Meinung neben Recherche und Schreibe zur wichtigen Komponente wird. Schließlich werden gute Kommentatoren in der Regel zu den Edelfedern der Gesellschaft gezählt !

I. Vorbedingungen

Die menschliche Fähigkeit, Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten, d.h. zu lernen und Wissen zu erwerben, war schon immer begrenzter als die Zahl der angebotenen, wahrnehmbaren Informationen, so dass die Auswahlentscheidung ein grundlegendes Merkmal menschlicher Kommunikation ist. „Das Wissen um die Schwierigkeit, sich einen Überblick zu verschaffen, ist belastend und kann zur Resignation und Entscheidungsunfähigkeit führen. Dieser Resignation soll unter anderem der Journalismus begegnen: Journalisten sollen so berichten, dass die Rezipienten zumindest in einigen Bereichen wieder handlungsfähig werden (vgl. Gottschlich 1980).“

In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, wie die angebotene Menge an Information kanalisiert und so vermittelt werden kann, dass die Rezipienten es verstehen. In weiterer Folge ergeben sich aus der wachsenden Informationsquantität und -komplexität höhere Anforderungen an den Journalismus und an den einzelnen Journalisten selber. Vor allem aber stellt sich diese Frage auch unter der Prämisse, dass diese Anforderungen so qualitativ hochwertig sind, dass ich mir einerseits meiner Information sicher sein kann und andererseits, diese Information auch verstehen kann.

1.1. Information und Wissen

„Information setzt Verstehen voraus, und Verstehen kann erst erfolgreich wirken, wenn zeitlich vorab - Sinn hergestellt wurde. Und die Herstellung von Sinn wiederum erfolgt im menschlichen Leben durch Information.“ (Rühl 1990a:62f)

Sinn ist dabei eine Prämisse der Erlebnisverarbeitung, die eine Auswahl der vorhandenen Information zulässt. Welcher Sinn produziert wird, hängt also von der angebotenen Information selber ab - gleichzeitig treten hier aber auch noch andere Faktoren in den Vordergrund. Eine Information ergibt nämlich nur dann Sinn, „wenn sie zumindest teilweise mit anderen Wissensinhalten, über die wir bereits verfügen, verknüpft werden kann“ . Kann eine solche Verknüpfung nicht stattfinden, so bleibt die Information für den Rezipienten ohne Sinn. „Verstehen bedeutet also immer, neue Wissensinhalte mit alten, schon gespeicherten Wissensinhalten zu verknüpfen.“

Gerade dieser Punkt stellt für viele Nutzer in Hinblick auf den Wissenserwerb durch das Rezipieren eins Kommentars eine bestimmte Hürde da: Bin ich als Rezipient nicht über das aktuelle Tagesgeschehen informiert, weiß ich zuwenig über, beispielsweise innenpolitische Allianzen, so geschieht die Einordnung der Meinung eines anderen unter vollkommen anderen Aspekten, als unter denen eines „Wissenden“. In Anbetracht des Konstruktes der Informationsgesellschaft aber, öffnet sich dem Journalisten, dem Kommentator folgendes Dilemma: Aufgrund der immer höher werdenden Komplexität der Nachrichten selber und der schier unbezwingbaren Informationsflut, verkommt die Recherche anstatt einer eingehenden Betrachtung der Thematik zu einer Tätigkeit des Überblick-Schaffens. Für den Leser eines Kommentars ist es aber nicht wichtig, die über die gesamte Sachlage unterrichtet zu werden, sondern zu einem gewichtigen Punkt eine Meinung zu erhalten, die er aufgrund seiner Vorkenntnisse in sein Weltbild einbauen kann, oder sie negieren. Oder anders formuliert: Für den Rezipienten ist es wichtig, einen Aspekt der das Thema betreffenden Komplexität qualitativ hochwertig reduziert aufnehmen zu können.

1.2.Funktionen des Journalismus

In modernen Gesellschaften wird Journalismus als besonderes soziales Handlungssystem primär durch die Herstellung und Bereitstellung von Themen zur öffentlichen Kommunikation charakterisiert. Die Funktionen des Journalismus - Wissensbearbeitung und der Entwurf einer sozial verbindlichen realistischen Wirklichkeit die an relativen Werten wie Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit, Orientierung, Transparenz und Varianz der Berichterstattung gemessen werden (Weischenberg/Hienzsch 1991) - werden aber auch an normativen Vorgaben gemessen. Zu nennen sind hier:

• Kritik und Kontrolle

• Meinungsbildung

• Information

In einem Schaubild verdeutlicht, zeigt sich die Situation wie folgt:

Abbildung 1: Die Abhängigkeit von journalistischen Qualitätsmaßstäben

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Neben diesen grundlegenden Faktoren des journalistischen Systems möchten wir hier als Unterpunkt das sogenannte „Orientierungswissen“ anführen. Pater (299§9 führt an, dass in der gesellschaftlichen Entwicklung, die als Informationsgesellschaft beschrieben wird, grundlegende soziale Strukturen und damit die gesellschaftliche Machtverteilung unverändert bleiben. Weitergedacht entwickelt sich ein Großteil der kommunikativen Strukturen in der aktuellen Berichterstattung auf eine Weise, der die Vermittlung von Orientierungswissen an möglichst viele Rezipienten eher verhindert. Trotzdem bleiben Journalisten durch die sicher erhöhenden Anforderungen im beruflichen Alltag auf traditionelle Verhaltensmuster angewiesen, wodurch der vorherige Zustand als besser angesehen, als etwas betrachtet, an dem es gilt festzuhalten. Aufgrund der Veränderungen in der journalistischen Realität kommt es fast zu einem Paradigmenwechsel: Interessen- und zielgerichtet wird auf das Produkt (Artikel, Kommentar, ...) und seine Fertigstellung hingearbeitet und nicht auf dessen Qualität. Die Berücksichtigung anderer Interessen wird als Problem und Belastung angesehen, anstatt sie als Chance zur Reflektion und Veränderung zu nützen. Aber genau das macht zu einem Gutteil das Wesen eines Kommentars aus: „Mit Hilfe dieses Darstellungsmittels sollen Fakten gedeutet und bewertet werden“. Fehlt die Reflexion, verkommen Kommentare zu Nachrichten-Analysen, die Kommentatoren beschränken sich dann darauf, die verschiedenen Perspektiven eines Vorgangs einander gegenüberzustellen, ohne selbst eindeutig Stellung zu beziehen.

II. Qualitätsdefinitionen

Der Begriff der Qualität kann in seiner Basisdefinition als „Wert, Beschaffenheit, Güte“ grob in zwei Kategorien geteilt werden :

• die „objektive Qualität“, die materielle Beschaffenheit einer Sache, die empirisch unproblematisch feststellbar ist, und

• die „subjektive Qualität“, die interpretativ und philosophisch ergründet werden muß.

Die vertikale Splitterung in zwei Arten von Qualität lässt nach Wallisch (1995) eine einfachere Zuordnung zu. „So sind viele antrainierte journalistische Handlungsmuster und Gesetze der objektiven Seite zuzurechnen, da sie zumeist institutionell eingeführt sind und außer Frage stehen. Subjektive Qualität lässt hingegen mehr Spielraum, eine individuelle, persönliche Realisierung eines journalistischen Produkts wird in einem gewissen Rahmen ermöglicht.“

Abbildung 2: Qualitätsausrichtungen

Objektive Qualität

Subjektive Qualität

Formale Prinzipien

Inhaltliche Prinzipien

Textgattungen

Funktionalität

Sprachliche Korrektheit

Literarischer Stil

Etc.

Etc.

Subjektive Qualität ist zudem an sich nicht operationalisierbar, da sie als Grundlage individuelle Erfahrungen aufweist. Damit ist auch die Funktion der Medien, nämlich die Theorie der Konstruktion von Wirklichkeit angesprochen. Denn das Empfinden von journalistischer Qualität würde damit aus den einzelnen individuellen Eindrücken bestehen, die jeder Beteiligte des Kommunikationsprozesses erfahren hätte.

Nach Wallisch (1995) ist die Suche nach journalistischen Qualitätskriterien letztlich nichts anderes als das bemühen, unpräzise Zwischenwerte im Ablauf von Ereignis, Newswert, Journalist, Produktionsprozeß, Publikum, Wirkung zu vermeiden und stattdessen festzusetzende Parameter zu bestimmen.

Daß sich trotzdem - und das nicht nur nach individuellem Gutdünken - Qualitätsdimensionen festmachen lassen, wird von den beiden Akteuren innerhalb des Systems der Medien selber herbeigeführt. Sowohl der einzelne Redakteur wie auch der Leser hat Vorstellungen darüber wie journalistische Qualität auszusehen hat. Dadurch lassen sich leicht abhängige Variable und sogar Schnittmengen bilden, die als ganzes ein recht festes Grundgerüst bilden.

Ein Einwand, der sich hier treffen lässt ist, dass einmal geschaffene Qualitätsdimensionen insoferne Probleme in sich bergen, als sie möglicherweise allgemein-fixierte Handlungsschemata darstellen, die etwa nicht dem Naturell des Autors entsprechen. Trotzdem sind aber die in weiterer Folge zu behandelnden Kriterien Sprache und Stil für den alltäglichen journalistischen Gebrauch ebenso von Bedeutung, wie als besonderes Kriterium in der gewählten Genre-Gattung des Kommentars.

2.1. Qualität aus der Sicht der Praxis

Journalistische Qualität wird dabei von den Praktikern selber recht unterschiedlich definiert: „Qualität der Sprache, Schnelligkeit der Berichterstattung, sauberes Informieren, belegbare Meinung, Trennung von Information und Meinung, die Leser befähigen, sich selbst ein Urteil zu bilden“ (Werner Holzer, ehem. Chefredakteur der „Frankfurter Rundschau“). Oder aber: „Glaubwürdigkeit, Verdeutlichung des sozialen Kontextes, Rücksichtnahme auf die Art der Vermittlung“ (Verena Metze-Mangold, Hessischer Rundfunk). Oder auch: „Wächterfunktion, kritische Sichtweise“ (Hugo Müller-Vogg, Mitherausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“).

Diese Definitionsversuche machen damit eines deutlich: Den einen, allgemein gültigen Qualitätsmaßstab gibt es nicht. Welche Herausforderung Qualität und Qualitätssicherheit bedeuten, lässt sich nach Ruß-Mohl mit einem magischen Viel-Eck verdeutlichen:

Abbildung 3:Das magische Vieleck der Qualitätssicherung

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Nach einer Untersuchung des Instituts für Journalisitik der Universität Dortmund 1994, die an bundesdeutsche Zeitungen 350 Fragebögen versandte, von denen 101 zurückkamen, lässt sich unter der Praktikern aber doch eine gewisse Reihenfolge der Dimensionen von Qualität festmachen: Der Star unter den Qualitätsdimensionen, so das Ergebnis der Untersuchung, war die Richtigkeit, also das vermeiden von sachlichen Fehlern und logischen Widersprüchen. Damit verbunden wurde klarerweise auch eine gründliche Recherche der Thematik. Auf Platz zwei folgte die Vermittlungsqualität mit dem Postulat „die Leser im Blick zu haben und zufriedenzustellen“, aber auch die Vielfalt der Stile war gefragt. Damit verbunden war auch eine hohe Nennung des Postulates der Trennung von Nachricht und Meinung. Gefragt wurde auch nach einer Bewertung der Dimensionen innerhalb des Kriteriums der Vermittlung. Haushoher Sieger war hier die Verständlichkeit. 94 Prozent der Befragten glaubten, dass einfache Sätze ein Qualitätskriterium für einen Artikel sind.

Auf Platz drei folgte die Aktualität, allerdings mit dem Einschub, dass Aktualität häufig in Konflikt mit anderen Werten gerate, etwa mit der sachlichen Richtigkeit. Das Schlusslicht schließlich bildete die Relevanz, also die Bedeutsamkeit (Nachrictnfaktoren), nach dem ein Thema ausgewählt wird - wohl weil sie zum Selbstverständnis des journalistischen Alltags zählt.

Diesen Ergebnissen zufolge ist die Verwirklichung nur eines der möglichen Qualitätskriterien unsinnig. Vielmehr ergänzen sich die genannten Dimensionen - sie können aber auch im Widerspruch zueinander stehen. Zum Beispiel reicht es aus das Kriterium der sachlichen Richtigkeit zu verletzen um ein Thema exklusiv zu haben. Ein Dementi zu schreiben ist schließlich nicht das Hindernis. Gleichzeitig kommt besteht aber auch die Gefahr, durch die Verkappung auf ein oder zwei Kriterien, ein vollkommen anderes Genre zu treffen. Werden lediglich Ansprüche an Stil und Sprache gestellt, läuft man möglicherweise Gefahr, nur den literarischen Journalismus zu berücksichtigen. Trotzdem gehören diese beiden Dimensionen in der Masse der Kriterien zu den Favoriten sowohl bei Journalisten als auch Lesern.

2.1.1. Qualitätssicherung

Im Gesamtkontext kommt aber gleichzeitig auch eine andere Fragestellungen mit auf den Tisch - die hier zwar nicht Teil der Arbeit sind - die wir aber im folgenden kurz anführen wollen.

• Qualitätssicherung im Journalismus: Hier sind zwei Ansatzpunkte zu nennen. Qualitätssicherung kann als Selbstläufer erfolgen, als Konsequenz der Entfaltung und Entfesselung des Marktes, etwa weil bestimmte Medienprodukte ohne Qualitätssicherung nicht dauerhaft absetzbar sind.

Qualitätssicherung kann aber auch durch Professionalisierung erfolgen. Da vom Markt her Qualitätssicherung nur dort betrieben werden kann, wo sie der Kunde auch honoriert, sind andere Maßstäbe gefragt. Professionalisierung bedeutet daher in diesem Zusammenhang Aus- und Weiterbildung der Journalisten, eine ethische Fundierung und Reflexion der Berufspraxis sowie auch besseres redaktionelles Management.

Fabris geht hier noch weiter, indem er Qualitätssicherung auf unterschiedlichen Ebenen ansetzt und genauer ausführt. Er zählt hierzu:

Ebene der Medienakteure

Ebene der Medienunternehmen

Ebene des Mediensystems

Gesellschaftliche Ebene

Diese Ebenen, so Fabris (1997), könnten dazu führen, dass die Medienbranche selbst zunehmend auf einen Zusammenhang zwischen Qualitätssicherung, publizistischen Wettbewerb und medienpolitischen Rahmenbedingungen sieht, wodurch in weiterer Folge auch Qualität als „Kontakt-Qualität der Beziehungen zwischen Rezipienten und Medieum an Bedeutung gewinnen“ könnte.

2.2. Qualität aus der Sicht des Lesers

Wie Qualität vom Leser aus betrachtet wird, hängt maßgeblich von der Vorbedingung ab, dass die Zeitung und die darin enthaltenen Veröffentlichungen ganz nah am Leser sind, an dem, was die Menschen beschäftigt.

Damit sich der durchschnittliche Leser mit seinem Medium zufriedengestellt sieht, muß er sich von seiner Zeitung ernstgenommen fühlen. An diesem Punkt kommt nun die Sprache ins Spiel. „Die Leser dürfen weder unter- noch überfordert werden.[...] Weil das schwierig ist, müssen auch für die Sprache redaktionsinterne oder -externe Kontrollmechanismen vorhanden sein.“

Die Qualität einer Zeitung wird vom Leser aber nicht nur von der zur Verfügung gestellten Information abhängig gemacht. Vielmehr geht es auch darum, wie sehr das Blatt die Erlebnis- und Erfahrungswelt des Nutzer bereichert. „Qualität einer Zeitung heißt auch, dass der sinkende Anteil an Primärerfahrungen kompensiert wird. Das heißt: Die Zeitung wird vom Leser geschätzt, wenn sie ihm bei der sinnlichen Wahrnehmung seine Umwelt hilft.“

Somit ist für den Leser eine Zeitung, ein Artikel dann hochqualitativ, wenn einerseits die Form der Übermittlung, die Wahl der Sprache zu Verständlichkeit und Transparenz führt und wenn andererseits die Distanz zwischen Redakteur und Leser abgebaut scheint, wenn also der Leser über seine Interessen berichtet sieht.

Wie optimale Verständlichkeit aus der Sicht des Lesers und von der Warte eines Redakteurs aussehen kann, verdeutlicht diese Aufstellung nach Schneider:

Abbildung 4: Optimale Verständlichkeit

Optimale Verständlichkeit

Gutes Deutsch

Geläufige Wörter

Unverbrauchte Wörter

Gängige Redensarten

Keine Redensarten

Nie Ironie

Ironie am rechten Platz

Kleiner Wortschatz, wenige verschiedene Wörter

Großer Wortschatz, viele verschiedene Wörter

Vertraute Bilder (Metaphern)

Neue Bilder

III. Stil und Sprache als Qualitätskriterium im Journalismus

3.1. Begriffserklärung

Der bekannte Satz vom Karl Kraus - „sage mir, wie du mit der Sprache umgehst, und ich sage dir, wie du mit den Menschen umgehst“, fällt uns immer wieder ein, wenn die Rede über das Schreiben ist.

Als erstes möchten wir die Begriffe „Sprache und Stil“ kurz umfassen, um ihre Relevanz besser verstehen zu können.

Laut Brockhaus Enzyklopädie ist:

Stil die jeweils besondere Art und Weise der Formung und Gestaltung, in der Haltungen, Verhalten, Vorstellungen von sozialen Gruppen oder Individuen erscheinen.

Sprache ein Mittel zum Ausdruck von Gedanken und Gefühlen, bzw. ein wichtiges und artspezifisches Kommunikationsmittel des Menschen. Ihre Funktion ist hauptsächlich die kommunikative Funktion - das heißt: der Austausch von Fakten, Ansichten und Wünschen. Sie ist ein Wissensspeicher als Grundlage einer Kultur und Gesellschaft.

3.2. Kriterien für einen „guten, verständlichen“ Stil

Mit Hilfe einer Sprache wird etwas ausgedrückt/ beschrieben/ erzählt, das WAS wir jemandem mitteilen möchten. Die Art und Weise der Vermittlung, WIE etwas mitgeteilt wird, ist durch unseren Stil gekennzeichnet. Stil lässt sich schwer definieren: er kann schön/nicht schön, gut/nicht gut sein, bzw. hat etwas einen Stil oder eben keinen. Stil hängt nicht nur von der Ästhetik und Individualität ab, sondern auch von seiner Funktionalität, Angemessenheit und Verständlichkeit.

Bis zum 17. Jahrhundert wurde nur die Rede- und Schreibeart mit Stil bezeichnet. Seit dem bezieht sich Stil auch auf Musik, Architektur, Mode, Kunst, usw. Mittlerweile gibt es neben dem Schriftstellerstil auch einen Stil im Journalismus. Ein Journalist muss sich nach bestimmten Kriterien so fassen, dass die Funktion des jeweiligen Textes erfüllt wird. Die Schreibkriterien (nach Georg Möller) sind:

• Eindeutigkeit,

• Unverwechselbarkeit

• Begriffliche Schärfe,

• Knappheit des Ausdrucks,

• Eingängigkeit.

3.3. Stilarten

Eine Botschaft erreicht sein Ziel, wenn der Sprachstil je nach Rezipientengruppe gerecht ausgewählt ist. Es wird zwischen funktionalen und individuellen Stil unterscheidet. (nach Riesel/Schendels) Den Funktionalstil verwenden wir in der gesellschaftlichen Leben. Das heißt, man redet bei der Behörde, in der Wissenschaft, bei der Presse oder auch in der Literatur anders - es ist von der Situation und von der Aussage abhängig. Der Individualstil ist dagegen von der Person durch subjektive Formulierung geprägt.

Seit dem Beginn des 20. Jahrhundert gibt es die journalistische Sprache, die sich aus der Literatursprache entwickelt hat. Die Schriftsteller veröffentlichten ihre Werke damals in Zeitungen und Zeitschriften und dadurch bekam die Presse auch höhere Aufmerksamkeit. Beide haben eigentlich den gleichen Wortschatz, bzw. Sprachinventars, verwenden die selben Wörter und leben vom Schreiben. Ein Journalist arbeitet aber unter Zeitdruck, da er schnell seinen Text abliefern muss. Der Literat kann sich dagegen Monate, sogar Jahre erlauben, um ein Werk zu verfassen. Ein großer Unterschied ist, dass in der Literatur oft fiktionale Handlungen vorkommen und Sprache und Stil sich nicht wirklich trennen lassen. Der Journalismus darf sich nur aus Geschehnisse der Realität bedienen - hier ist die Aufgabe der Sprache, die Rezipienten wahrheitsgemäß zu informieren.

3.4. Verständlichkeit der Sprache

Hauptaspekt von Sprache im Journalismus ist eben neben formalen Aspekten der Gestaltung, die Verständlichkeit. Hierfür gibt es vier Merkmale :

  1. Einfachheit - wird der Sinn durch einfache Sätze erreicht? werden geläufige Begriffe und Wörter verwendet und Fachbegriffe erklärt?

  2. Gliederung/Ordnung - folgewichtiger und übersichtlicher Aufbau und Abfolge von Informationen

  3. Kürze/Prägnanz - Beschränkung auf das Wesentliche (am Beginn, siehe umgekehrtes Pyramidenmodell), nicht zu dichte Informationen

  4. Anregende Zusätze - durch interessante und abwechslungsreiche Informationselemente anregen („rote Faden“)

3.5. Zur Aufbau der Texte

Für Lesetexte gibt es verschiedene Ebenen , wie Wort-, Satz- und Textebene.

Sie werden noch nach Parametern (wie Wortlänge, -häufigkeit, -art; Satzart, -tiefe, -komplexität; Strukturiertheit, Redudanz), bzw. nach Effekten (wie kürzere Wörter sind verständlicher, affirmative Sätze sind verständlicher als negative, usw.) eingeordnet.

Satzbau-Regeln:

    1. Der Hauptsatz ist die nächstliegende, lebendigste und kraftvollste Form der Mitteilung.

    2. Eingeschobene Nebensätze sind unerwünscht, denn sie ziehen eine zweite Aussage mitten in die erste hinein. Wenn die zweite Aussage eigentlich auch eine Hauptsache innehat, muss aus ihr einen anderen Hauptsatz gemacht werden. Wenn es aber nur eine Erläuterung ist, kommt ein angehängter Nebensatz dazu.

    3. Was im Satz zusammenhängt, darf nie um mehr als sechs Wörter oder zwölf Silben auseinandergenommen werden. Folgendes muss zusammenbleiben: der Hauptsatz, die Bestandteile des Verbums, Subjekt und Prädikat, Artikel und Substantiv - ansonsten ist der Satz schwer zu verstehen.

3.6. Verstehen vs. Verständlichkeit

Zu unterscheiden ist auch zwischen Verstehen und Verständlichkeit. Ersteres ist ein dynamischer Prozess auf Seiten der Rezipienten, zweiteres eine statische und auch messbare Eigenschaft eines Textes. Nach Werner Früh wird Verstehen durch graphische Strukturierung, Wortfrequenz, Verhältnis von Verben und Substantiva, Satzlänge, Satzverschachtelung, Satzmonotonie und der Geläufigkeit des Vokabulars definiert.

Der Stil richtet sich dabei auch oder vor allem an die Leserschicht, für die die jeweiligen Texte konzipiert sind. Dafür gibt es vier Merkmale , die beachtet werden müssen:

Für die zwischenmenschliche Kommunikation stellt Sprache das typische und wohl wichtigste Kommunikationsmittel dar. Sie unterscheidet sich von der Tiersprache darin, dass sie neben Bedeutungen auch Bezeichnungen besitzt und diese auch verbal vermitteln kann. Sprache ist vor allem anderen Medien in der Kommunikation überlegen. Überlegen heißt: Mit Hilfe der Sprache kann man aus einer begrenzten Anzahl von Lauten eine unbegrenzte Anzahl von Sätzen bilden. Damit kann eine unbegrenzte Anzahl von Informationen übermittelt werden.

In der Realität bedeutet das, dass Sprache und deren Bedeutungen nicht zufällig zustande kommen. Gleichzeitig ist aber auch die Art und Weise wichtig, wie die natürliche Umwelt mit einem Symbolsystem rekonstruiert wird. Menschen unterschiedlicher geographischer Orte bilden unterschiedliche Sprachen und rekonstruieren damit auch die Wirklichkeit unterschiedlich.

IV. DER KOMMENTAR

Im 17. Jahrhundert erschienen die Zeitungen in der Form der Nachrichtenpresse. Am Anfang des 18. Jahrhunderts änderten sich Funktion und Inhalt der Zeitungen, deren Folge die Meinungspresse war. Zuerst wurde die Zeitung hauptsächlich für politische Zwecke eingesetzt, um die Bürger über die Tätigkeiten der Parteien zu informieren, bzw. ihre Meinungen zu beeinflussen. Diese Rolle hat die Presse bis heute erhalten. Neben den Nachrichten-Ressorts gibt es immer noch Meinungsäußerungen, Kommentare, Kritik, usw., die weiterhin zur kritischen Stellungnahmen dienen und dadurch der Meinungsbildung dienen.

Der Kommentar erscheint tagtäglich auf dem selben Platz in der Zeitung, oft sogar in der gleichen Länge. Sein Ziel ist, die aktuelle Diskussionen/ Sachverhalte/ Geschehnisse zu analysieren, interpretieren und bewerten. „Der Kommentar ist die einzige Darstellungsform, die bewusst, willentlich und zielorientiert mit den Mittel rationaler Überzeugungstechniken in den Erkenntnisstand und Erkenntnisprozess der Leser eingreift.“ Er will nicht nur aufzeigen, was in der Wirklichkeit ist, sondern systematisch in diese hineingreifen. „Der Kommentar wirkt dadurch, dass dem Leser eine ganz bestimmte Vorstellung von dem betreffenden Ausschnitt der Wirklichkeit angeboten wird.“ (...) „Der Kommentar ist, so gesehen, nur zum geringeren Teil eine meinungsbetonte Darstellungsform; zum weitaus größeren Teil sollte er eine meinungsbegründete Darstellungsform sein.“

4.1. Kommentar und Gesellschaft

Durch die Veränderung der Öffentlichkeit und den Wandel der Informationsgesellschaft hat sich auch die Rolle der Presse am Ende des 20. Jahrhunderts verändert Unsere Gesellschaft, so befürchten einige Kommunikationswissenschaftler, wächst langsam zu einer Massengesellschaft zusammen. Die Globalisierung kennt keine Grenzen, und die Zeit scheint auch schneller zu vergehen. In einer solchen Welt will der Einzelne rasch informiert werden und möglichst viel über seine „Umgebung“ bescheid wissen. Es bilden sich verschiedene gesellschaftliche Gruppierungen (zB. Minderheiten, bestimmte Institutionen, Gewerkschaften), die ihre Interesse, Probleme, Schwierigkeiten, usw. der Öffentlichkeit bekannt machen wollen. Oder gerade eine Zeitung weckt über irgendein Thema Aufmerksamkeit - was eher öfters der Fall ist, da es etwas wichtiges zu erläutern scheint.

Der Kommentar ist eine Textform, in der Vor- und Nachteile verschiedener Pläne, Absichten, Handlungen und Maßnahmen, samt Hintergründe und mögliche Konsequenzen aufgedeckt werden. Er ist auf der Suche nach folgenden Fragen:

Das Thema muss nicht unbedingt ein Trend oder Megatrend sein, aber doch ein Ereignis, was die Medien bewegt (zB. früher war kein Wort über Homosexualität geschrieben, es war einfach tabu; seit Anfang der 80-er Jahre ist es sozusagen auch medienfähig geworden).

4.2. Kommentar vs. Nachricht

Wer regelmäßig Zeitungen liest und immer wieder einen Blick auf die Zeile eines Kommentars wirft, wird wohl bemerken, dass diese Genre sich aus den Nachrichten bedient. Der Kommentar bezieht sich auf die Nachricht, kommt meistens in ihrer unmittelbarer Nähe vor. „Der Kommentar ist, (...)die Ergänzung einer Nachricht. (...) Die Nachricht tritt zwar ohne den Kommentar, dieser aber nicht ohne die Nachricht auf.“

Der Kommentar kann in zwei verschiedenen Formen eine Nachricht ergänzen. Diese sind:

  1. erklärend = versucht auf ein unverständliches Phänomen, Antwort zu suchen. Er stellt die Fragen:

  1. bewertend = hier geht es eher um individuelle Werte und Normen, ob etwas gut ist oder nicht, usw. „Der Kommentator äußert sich bejahend oder verneinend, empfehlend oder ablehnend, negativ oder positiv zu dem fraglichen Sachverhalt.“

Der Kommentator kann seine Meinung so weit und tief mitteilen, wie es ihm relevant zu sein mag. Er muss aber dabei argumentieren, warum er diese Gedanken gemacht hat.

4.3. Das Redigieren eines Kommentars

Es ist relativ schwierig, die verschiedene Kommentareinstiege und -ausstiege vollständig aufzuzählen. Wir möchten hier eher auf die typische Formen der Strukturierung eingehen.

  1. Kommentareinstieg: Das Ziel ist, Aufmerksamkeit zu erwecken, damit der Leser den Text mit Sicherheit bis zum Ende mitverfolgt.

  1. Kommentarausstieg: Hier muss das Gesagte noch einmal zusammengefasst werden, um die Überzeugungspotential des Textes weiter zu erhöhen.

4.4. Die Arten des Kommentars

4.4.1. Der Standpunkkommentar

Er kann sowohl wertend als auch erklärend sein. Er lässt nur den eigenen Standpunkt und will nur diesen argumentieren. Er spricht eine zentrale These aus und belegt sie. Er benennt ein erkenntnisschwieriges Phänomen und erklärt es. Diese Art von Kommentar ist leicht verständlich, da er sich nur um eines kümmert - um einen Bruchteil eines Gesamten.

Seine Aufbaumethode:

4.4.2. Der diskursive Kommentar

Schritt für Schritt belegt eine neue Erkenntnis. Für seinen Aufbau gelten maximale Gliederung und Klarheit. Der Kommentator greift verschiedene Argumente und Ansichten auf, und versucht sie so zu begründen, dass seine Meinung dadurch gestärkt erscheinen kann. Er handelt bis zum Schluss mit der Absicht, um seine Standpunkte rechtfertigen zu können. Es gibt zwei Typen von diskursiven Kommentar:

    1. der normale diskursive Kommentar beschäftigt sich mit anderen Ansichten, und versucht sie, zu widerlegen;

    2. der diskursiv ausschließende Kommentar behandelt alle mögliche Argumente/Erklärungen so lange, bis eins übrig bleibt und widerlegt es. Zum Schluss wird bewiesen, dass nur die eigene Ansicht richtig ist, die momentan nicht widerlegt werden kann.

ad a) Aufbau des diskursiven Kommentars:

ad b) Aufbau des diskursiv ausschließenden Kommentars:

4.4.3. Der dialektische Kommentar

Als Ausgangspunk seiner Handlung nimmt er zwei widerstreitende Thesen auf, die sich eigentlich auf verschiedene Gegensatzpaare beruhen können (zB. nützlich/schädlich, zum Empfehlen/zum Ablehnen). Er behandelt genauso die Nachteile wie die Vorteile eines Sachverhaltes. Hier handelt es sich um die Konsequenzen einer vorgetragenen Meinung, und nicht um die Meinung des Kommentators. Sein Ziel besteht darin, die Meinungsbildung der Öffentlichkeit zu verbessern.

Der Aufbau des dialektischen Kommentars:

Bis jetzt haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie ein Kommentar durch seinen Ein- bzw. Ausstieg die Gründe der Bewertung bestätigen kann. Zunächst möchten wir noch zusammenfassen, wenn es schon einen Anfang und ein Ende des Kommentars vorhanden ist, wie sein Hauptteil auszusehen hat.

4.5. Funktionen des Kommentars

Der Kommentar kann dabei ERKLÄREN / BEWERTEN / ARGUMENTIEREN.

4.5.1. Der erklärende Kommentar

Der erklärende Kommentar ist durch a) ursächliches, b) intentionales, c) funktionales Erklären gekennzeichnet.

ad a) Dabei ist der Kommentator auf der Suche nach Wirkungen und Ursachen. Es muss ein raum-zeitliche Nähe zwischen diesen Phänomenen stehen - wenn es nicht gibt, kann die Sache schwer geklärt werden. Hier treten häufig die Fragen Wozu/Warum' ist etwas passiert? auf. Er beleuchtet Hintergründe, Absichten, Zusammenhänge und will der Öffentlichkeit publik machen, wieso dieses Ereignis aufgetreten ist.

Es gibt verschiedene Formen von Ursachen wie Echte- und Quasi-Ursachen, die weiter unter Auslösende-, Ermöglichende- und Verhinderungsursachen zu verstehen sind.

ad b) Wenn der Kommentator die Hintergründe kennt, warum jemand etwas verursacht hat, kann er intentional handeln. Er muss sich als Beobachter in die Rolle des Betreffenden hineinschlüpfen, um dessen Einstellungen und Bedürfnisse durch seine eigene Erkenntnisse und Wissensaspekte möglichst korrekt zu erklären.

ad c) Dies hängt mehr oder weniger mit intentionalem Erklären zusammen. Wichtig ist hierbei, dass das Verhalten/Verfahren des Handelnden in einer Teilgesamtheit (Institutionen, Gruppierungen, usw.) funktioniert. Durch sie kann man Konsequenzen ziehen, die dann die Gesamtheit (in diesem Fall ist es die Gesellschaft bzw. die Öffentlichkeit) fördert, stabilisiert oder vielleicht hindert.

Als vierte können wir noch das erklärende Referat in dieser Reihe erwähnen. Diese Form des Kommentars teilt überwiegend Hintergrundinformationen mit, ohne auf die Aktualitäts- und Neutralitätsprinzipien der Nachricht Rücksicht zu nehmen. Das Referat hat keinen informationellen Zweck, eher eine Art von Aufhellung - es möchte etwas verständlicher machen oder eben verständlicher erklären.

4.5.2. Der bewertende Kommentar

Der bewertende Kommentar ist gekennzeichnet durch seine Tatsachenbehauptungen und Werturteilen (=Meinungsäußerungen). Ihr Verfahren erfolgt in zwei Phasen: erstens muss klargestellt werden, ob die Behauptung wahrheitsgemäß ist; wenn ja, dann kommen wir zu der zweiten Phase, wo nach existierenden empirischen Daten gesucht wird.

Als wertende Begriffe gelten hier der Gegenstandsbereich, die Dimensionalität und der Normbezug. All diese, bzw. die Normsätze, Begleitvorstellungen und Koreferenz dienen ihm eine korrekte Bewertung zu erzielen. In der Praxis kommen zur Hilfe der Bewertung: Wortfiguren; Satzfiguren; Gedankenfiguren - wie Frage, Ironie; szenische Erweiterung, Personenfiktion; Vergleich.

4.5.3. Der argumentierende Kommentar

Der argumentierende Kommentar wie der Name schon sagt, argumentiert etwas Strittiges, was zwischen zwei oder mehreren Personen zustande kommt. Er argumentiert:

Argumentieren kann dreierlei erfolgen: a) ich gehe wohin und beobachte selbst, b) ich hole mir Hilfssachverhalte (= substantieller Weg) oder c) ich frage einen Zeugen, bzw. befrage ein relevantes Zeugnis (= referentieller Weg).

V. Empirischer Teil

Zielsetzung des empirischen Teils der Arbeit ist es, Kommentare, also Meinungsäußerungen, auf ihre qualitativen Merkmale zu untersuchen.

Kriterien hierzu sind einerseits Sprache und Stil, andererseits der formale Aufbau des Kommentars. Zur Analyse stehen dabei 13 Kommentare des Magazins „Format“, die willkürlich ausgewählt wurden.

1. Christian Ortner „Its time for a change im Lande“. Format 36/99

2. Hans Rauscher “EU: Die Krise als Kunstwerk”. Format 36/99

3. Joachim Riedl „Boykott gegen Russland“. Format 49/99

4. Hans Rauscher „Globalization is good for you“. Format 49/99

5. Joachim Riedl „Diktatur der Mittelmäßigkeit“. Format 50/99

6. Hans Rauscher „Wo liegen Europas Grenzen?“. Format 50/99

7. Joachim Riedl „Die Illusion von der Wende“. Format 51/52/99

8. Petra Stuiber „Schwer vermittelbar“. Format 51/52/99

9. Hans Rauscher „Regierung der besten Köpfe“. Format 51/52/99

10. Herbert Langsner „Die Suche nach der neuen Art des Regierens“. Format 1/00

11. Hans Rauscher „Der homo austriacus im 21. Jahrhundert“. Format 1/00

12. Hans Rauscher „Publikumsbeschimpfung“. Format 2/00

13. Joachim Riedl „Land der Berge, Land im Koma...“. Format 3/00

Diese 13 Kommentare wurden zudem jeweils zwei Personen - also insgesamt 26 Personen - vorgelegt, die nach einem Fragebogen die Verständlichkeit der Kommentare bewerteten. Befragt wurden Personen im Alter von 18 bis 50 Jahre.

5.1. Ergebnisse

5.1.1. Auswertung nach Arten und Funktionen

Bewertender Standpunktkommentar: 1, 12

Argumentierender Standpunktkommentar: 9

Erklärender Standpunktkommentar: 11

Argumentierender, diskursiver Kommentar: 2, 4

Erklärender, diskursiver Kommentar: 3, 10

Bewertender, diskursiver (diskursiv-ausschließender) Kommentar: 5, 7, 13

Erklärender, dialektischer Kommentar: 6, 8

Erstes Ergebnis nach formalen Kriterien ist, dass die Kommentatoren in ihrer Gestaltung vor allem auf die Funktion der „Bewertung“ zurückgreifen (5 von 13). Damit, so scheint es, steht eher im Mittelpunkt, Tatsachen und Ereignisse einer eigenen - oder weiter - gefassten Beurteilung zu unterziehen, als die Sachverhalte zu erklären. Es zeigt sich aber auch, dass Journalisten vor allem den Diskurs als eine Art roten Faden in ihren Kommentaren verwenden. Es geht also um vermutete Argumente für eine Hypothese und um deren Widerlegung. Im nachhinein betrachtet geht der diskursiv-ausschließende Kommentar dabei Hand in Hand mit der Funktion der Bewertung, da diese durch Tatsachenbehauptungen und Werturteile gekennzeichnet ist, die damit den Diskurs untermauern können.

Aus dieser Zusammensetzung ergibt sich damit folgendes Bild: Der Kommentator selbst stellt sich und seine Meinung nicht ausdrücklich in den Mittelpunkt. Argumente bezieht er aus den zur Bewertung herangezogenen Meldungen die damit zum Gegenstand des Diskurses selber werden.

Interessant ist, dass nur einmal - in dieser natürlich nicht repräsentativen Untersuchung - der erklärende Standpunktkommentar vorkommt. Dabei würde gerade diese Mischung dem Rezipienten es ermöglichen, ausdrücklich die Meinungen eines anderen bewerten zu können und damit leichter als bei allen anderen Arten für sich selber diskutieren könnte.

5.1.2. Auswertung nach Strukturierung

Sentenzeneinstieg: 1, 4, 5, 7, 10, 11, 12, 13

Themeneinstieg: 2, 3, 6, 8, 9

Applellativer Ausstieg: 3, 10

Sentenzenausstieg: 4

Prognostischer Ausstieg: 2, 6

Resümierender Ausstieg: 1, 5, 7, 9, 11, 12, 13

Hier zeigen sich klar zwei Präferenzen. Einerseits nach einem Sentenzeneinstieg und andererseits nach einem resümierenden Ausstieg.

Der Sentenzeneinstieg hat - mehr noch als der Themeneinstieg - den Vorteil, den Rezipienten sofort an das behandelte Ereignis zu binden. Durch humorvolle Wortkreationen, Suggestivfragen oder Feststellungen ist es dem Leser leichter, einen Einstieg in ein möglicherweise komplexes Thema zu finden. Etwa „Europa definiert dich durch die Krise“, „Wo war Hans-Peter Martin?“, „Es war einmal. Empörung, hitzige Widerworte und zornige Debatten.“, „Ja, prügeln wir die Politiker, die jetzt während der Regierungsverhandlungen die falschen, weil veralteten Themen besprechen...“.

Erst nach dieser prägnanten Einleitung folgt in fast zwei Drittel der Fälle (8 von 13) ein wirklicher Einstieg in das Thema, der außerdem bereits direkte Hinweise auf das Problem und dessen Behandlung erkennen lässt. ZB.: „Die Mehrheit der Österreicher denkt vermutlich eher wie Klima: Eine radikale Wende wünscht sich die Bevölkerung ungefähr so dringend wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt ohne Narkose. [...] Doch die Mehrheit der Österreicher irrt damit vermutlich kräftig:...“

Innerhalb dieses dualen Systems aus Themen- und Sentenzeneinstieg, lässt sich ein recht einheitliches Schema herauskristallisieren. Sentenzeneinstiege werden in der Mehrzahl der Fälle dann eingesetzt, wenn es darum geht, starke, politische motivierte (innenpolitische) Themen einzuleiten. Themeneinstiege werden dann gewählt, wenn etwa abstrakte Tatsachen in Worte gekleidet werden wollen.

5.1.3. Auswertung nach der Verständlichkeit

5.1.3.1. Einfachheit

In allen der 13 untersuchten Kommentare war nach unserer Ansicht ein hohes Maß an Verständlichkeit gegeben. Sinn wird über die einfache Gestaltung der Sätze erreicht. Es gibt vor allem Hauptsätze. ZB.: „Selbstverständlich geht es um Erpressung.“ „Die Situation ist da, die Krise erhebt ihr hässliches Haupt.“

Eingeschobene Nebensätze sind seltener als angehängte. Kommen sie doch vor, so sind sie so aufgebaut, dass durch ihren Aufbau kein Sinn- und Verständnisverlust eintritt. Etwa wenn durch den Einsatz eines Doppelpunktes eine Trennung des Leseflusses und damit eine Eselsbrücke für das Verstehen gebaut wird. ZB.:„Hans-Gert Pöttering, CDU, der neue Vorsitzende der konservativen Fraktion im EU-Parlament, möchte von Prodi zwei Zugeständnisse: missliebige Einzelkommissare sollen von Prodi in Zukunft sozusagen auf Zuruf des Parlaments zurückgezogen werden, und der Kommissionspräsident soll politische Initiativen des Parlaments obligatorisch aufgreifen müssen.“

Auch bei der Verwendung der Begriffe folgen fast alle Autoren der Prämisse Verständlichkeit. Lediglich ein Autor (Joachim Riedl) kann seine Vorliebe für lateinische Termini nicht ganz zügeln. In Nummer 7. und 13 werden bestimmte Sätze und Begrifflichkeiten in den Text gewürfelt. Aus der Sicht des Bildungsbürgers aber durchaus nicht problematisch: Latein gehört ja noch immer zur Ausstattung wie die Beamtenforelle.

Auf jeden Fall ließ die Verwendung des Latinum aber Rückschlüsse auf die Zielgruppe des Kommentars zu. Die am Fragebogen zugeordneten Fragen 1 und 4 ergaben in diesem Abschnitt folgende Antworten:

23 Personen, also 90 Prozent gaben an, dass der von ihnen gelesene Kommentar leicht verständlich war. Die anderen zehn Prozent, oder 3 Personen, gaben an, dass ihre Probleme an fehlendem Hintergrundwissen (2, Kommentar Nr. 2) und nicht verstandenen Ausdrücken (1, Kommentar Nr. 13) lagen. Auf die Frage, für wen die Kommentare konzipiert worden waren, antworteten 100% - wobei Mehrfachnennungen möglich waren - für Beamte und Studierte.

Die Diskrepanz für uns ergibt sich aber daraus, dass 10 der 26 Personen weder einen höheren Schulabschluß noch eine höhere Anstellung haben, trotzdem aber - und das ergab die Auswertung von Punkt 5) - glauben, dass diese Kommentare eigentlich für eine ganz andere Leserschicht konzipiert worden sind. Scheinbar ist die Informationsversorgung durch die Massenmedien inzwischen so gut aber das Selbstwertgefühl der Rezipienten so gering, dass sich hier eine Schere auftut.

5.1.3.2. Gliederung/Ordnung

An diesem Punkt gibt es absolut nichts auszusetzen. Die Kommentare folgen strikt ihrer Anlage einem roten Faden. Fast könnte man sagen, die Journalisten bewegen sich ohne Ausbruchsversuch in einem dynamischen Korsett. Die Strukturierung lässt einen einfachen Lesefluß zu. Auch die Abfolge der Informationen ist so gestaltet, dass die Standpunkte untermauert werden und zudem wie in einem Domino von einem zum anderen führen.

25 von 26 Personen (96 Prozent) gaben an, dass die Texte „sehr gut“ oder „gut“ gegliedert sind. Für eine Person (Kommentar Nr.: 1) war der Text nur durchschnittlich gegliedert.

5.1.3.3. Kürze/Prägnanz

Jeder der 13 Kommentare beschränkt sich inhaltlich auf das Wesentliche. Da hier - anders als bei der Nachricht - das Pyramidenmodell nicht zum Tragen kommt, finden sich von Anfang bis Ende gleichwertige Informationen, die dann zur Conclusio führen. Informationen werden grundsätzlich nicht zu sehr verdichtet, sondern lediglich durch Meinung oder Zitate anderer angereichert - leichter verdaulich gemacht.

Unsere Meinung spiegelt dabei die Meinung der Befragten wider: 100 Prozent gaben an, dass die Texte „sehr gut“ oder „gut“ prägnant und kurz sind.

5.1.3.4. Anregende Zusätze

Hier zeigt sich der wirkliche Fundus journalistischen Einfallsreichtum, wie die folgenden Beispiele zeigen: „bürokratische Kraken“, den bräsigen Staat in einen Hungerkünstler verwandeln“, notorische Dumpfgummis“, „rührenden Dilettantismus“, „Promiminister“, „Überdosis an geschichtlichem Schicksal“, „historischer Fahrpreisermäßigungsausweis“, „binnenösterreichische Nabelschau“, „Orgien der Bizarrerie“, „kapitale Haie im Rausch der Ökonomie“, „Österreich ist ein Biotop, eine intellektuelle Aulandschaft“, „Ganze Landstriche müssten daher vermoikt,“, „stählerne Phalanx“.

Gerade dieser Punkt macht einen Gutteil für die Leser aus. Denn durch diese Bezeichnungen, Beschreibungen und Umschreibungen ist es dem Rezipienten möglich, sich ein Bild zu zeichnen. Dieses Bild ermöglicht es ihm dann auch, die Inhalte leichter auf sich zu beziehen und zu verarbeiten.

An diesem Punkt gingen die Meinungen der Probanden auseinander. Einige der anregenden Zusätze wurden nämlich als „genügend“ und „ungenügend“ von 20 Prozent (5 von 26) eingestuft. Mit der Zusatzbemerkung, dass diese Zusätze oftmals nicht den Kern der Sache träfen oder aber ein schiefes Licht auf die Sache werfen würden. Die restlichen 80 Prozent (21 von 26) fanden die in den Texten vorkommenden Zusätze „sehr gut“ oder „gut“. „Durchschnittlicht“ wurde kein einziges Mal gewählt. Zudem gaben 75 Prozent (19 von 26) an, dass die verwendete Ironie richtig sei. Die restlichen 25 Prozent gaben der Ironie „genügend“ und „ungenügend“.

Angemerkt werden muss aber hier, dass nicht alle Texte solche Zusätze enthalten und jene mit auch nicht in einer vergleichbaren Fülle. Die Auslegung „anregender Zusatz“ ist damit noch mehr als bei allen anderen Punkten aus subjektiver Sichtweise beurteilt worden. Witzig, lustig und lesenswert kann man nicht in ein einheitliches Schema pressen.

5.1.3.5. Nutzen und Meinung des Rezipienten

Auf die Fragen unter Punkt 3 „Vertreten die Texte die Meinung des Autors“ und „Haben die Texte einen Nutzen für mich“ divergierten die Meinungen stark. Auf die erste Frage antworteten 100 Prozent, dass die gelesenen Texte für die Meinung des Autors stünden („sehr gut“ und „gut“). Lediglich 50 Prozent, oder die Hälfte, meinten, dass die Kommentare einen Nutzen hätten. 35 Prozent (9 von 26) meinten, dass dieser Nutzen für sie nur „durchschnittlich“ sei, die anderen 15 Prozent zeigten sich damit nur „genügend“ und „ungenügend“ befriedigt.

5.1.3.6. Verständnis und Verstehen der Rezipienten

Trotz des unterschiedlichen Nutzens der Kommentare, war bei der Auswertung der letzten Frage festzustellen, dass die Befragten in großem Maße den Inhalt des Textes verstanden hatten. Das zeigte sich auch daran, da für jeden Text zwei Probanden gewählt worden waren - gleichsam als Kontrollgruppe. In keinem einzigen Fall unterschied sich das Verständnis gravierend. Die wesentlichen Element und Standpunkte waren erfasst worden. Abweichungen ergaben sich in den von uns vorgelegten EU-Texten. Wir vermuten, dass aufgrund des hohen Betroffenheitsgrades, den das Thema in der Bevölkerung auslöst, die Meinungen deshalb schon sehr gefestigt sind und deshalb die Meinung des Kommentators weniger als erklärende Hilfestellung und vielmehr als informierendes Zusatzelement gewertet wird.

5.1.4. Auswertung nach rein sprachlichen Kriterien

Nach folgenden Schwerpunkten haben wir die 13 Kommentare abschließend evaluiert:

Aktualität:

a1) zeitliche (=Neuigkeit)

a2) Problem- (= Wichtigkeit)

b) Themen (zB.: Politik = Europa/Welt/Österreich)

Wörter pro Satz (= „Schema nach Ludwig Reiner):

Satzbau:

  1. Hauptsatz

b1) eingeschobener Nebensatz

b2) angehängter Nebensatz

Fremdwörter

Gliederung (=Absätze)

Zitate

5.1.4.1. Tabellen

1) Aktualität

a1) zeitliche Aktualität

a2) Problemaktualität

7 (Politik {7})

6 (Gedanke {2} Politik {4})

2) Wörter pro Satz (in ... von 13):

  • leicht verständlich

  • verständlich

  • schwer verständlich

  • sehr schwer verständlich

8

2

2

1

3) Satzbau

  • Hauptsatz

  • Nebensatz

a. eingeschobener

b. angehängter

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

8 8 11 4 4 10 21 12 7 12 4 8 11

12 7 4 1 2 3 1 1 2 3 2 6 9

11 11 13 23 21 21 21 16 16 18 22 15 17

4) Fremdwörter

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

3 1 - 1 1 1 4 2 4 4 6 6 3

5) Gliederung (= Absätze)

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

7 4 7 7 7 6 10 8 7 6 9 9 9

6) Zitate

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

- 3 4 3 5 4 3 - 1 - 6 1 4

Resümee

Eines zeigt sich bei der Auswertung der Kommentare ganz deutlich. Lediglich die Hälfte der Befragten gaben an, dass der Kommentar eine direkten Nutzen für sie persönlich habe. Das ist insoferne von Bedeutung, als Journalisten - jedenfalls ist das die Annahme der Literatur - den Kommentar eigentlich als Hilfestellung - neben all seinen anderen Nutzungsmöglichkeiten - ansehen. Diese Annahme bestätigte sich auch insofern, als ich meine Kollegen bei der „Presse“ bat, mir zu erklären, welchen Sinn der Kommentar für sie aus der Sicht des Rezipienten habe.

Eine Komponente, die neben der Nutzungsperspektive von den Journalisten noch viel öfter genannt wurde, war, dass der Kommentar die Blattlinie vertreten würde: Aber nur bedingt den aufmerksamen Rezipienten gegenüber. Vielmehr geht es darum, sich im Biotop der Zeitungen und dem sozialen System des Journalismus durch die Veröffentlichung des Kommentars Grenzen zu schaffen und Aufreger zu sein (Unterbergers „Putsch“).

Für uns ergibt sich damit folgende Schlussfolgerung: Die Qualität eines Kommentars wird vom Rezipienten dahingehend festgemacht, dass die gewählte Lektüre für ihn leicht verständlich und fassbar ist. Der Nutzen den man daraus zieht, ergibt sich eigentlich nur für den Verfasser und das Medium selbst. Zwar kommen die meisten Reaktionen und Leserbriefe immer bezüglich der veröffentlichten Kommentare, doch scheint es, (wie in den Ergebnissen), dass es mehr zählt, den Kommentar gelesen zu haben, als dadurch sein Weltbild zu verändern.

Und noch eines zeigt sich: Je mehr und besser Kommentare die Meinung pointiert und präziser wiedergeben, desto eher werden sie gelesen. Dieser Hinweis sei als Auftrag für all jene Journalisten gedacht, die meinen, in der Aufzählung von Fakten den Schlüssel für den perfekten Kommentar gefunden zu haben.

Literaturverzeichnis

Ahlke, Karola/Hinkel, Jutta: Sprache und Stil. Ein Handbuch für Journalisten. Reihe Praktischer Journalismus, Bd. 36. UVK Medien, 1999.

Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden; 20. überarbeitete und aktuelle Auflage. Bd.17/20/21. Leipzig, 1998.

Fabris, Hans Heinz (1997) „Hoher Standard: Qualität und Qualitätssicherung im Journalismus“ In: „Kommunikationswelten“; Renger, Rudi/ Siegert, Gabriele (Hg.), Studienverlag.

Merten, Klaus/Schmidt, Siegfried J./Weischenberg, Siegfried (1994) „Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft“, Opladen, Westdeutscher Verlag.

Noll, Herbert in: Rager, Günter/Haase, Helga/Weber, Bernd (Hrsg.) (1994) „Zeile für Zeile - Qualität in der Zeitung“, Die Deutsche Bibliothek, LIT Verlag, Hamburg, München.

Nowag, Werner/Schalkowski, Edmurd: Kommentar und Glosse. Reihe Praktischer Journalismus, Bd.33. UVK Medien, 1998.

Pürer, Heinz: Praktischer Journalismus in Zeitung, Radio und Fernsehen. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. UVK Medien, 1996.

Rager, Günter/Haase, Helga/Weber, Bernd (Hrsg.) (1994) „Zeile für Zeile - Qualität in der Zeitung“, Die Deutsche Bibliothek, LIT Verlag, Hamburg, München.

Renger, Rudi/Siegert, Gabriele: Kommunikationswelten. Wissenschaftliche Perspektiven zur Medien und Kommunikationsgesellschaft. Studienverlag, 1997.

Ruß-Mohl, Stephan (1996) „Am eigenen Schopfe... Qualitätssicherung im Journalismus - Grundfragen, Ansätze, Näherungsversuche“ In: Wilke, Jürgen (Hrsg.) „Ethik der Massenmedien“, Braumüller, Wien.

Anhang 1: Fragebogen

Sie haben sich einen der 13 Kommentare durchgelesen oder ihn überflogen.

1. Gelesener Kommentar: Nummer ________________

2. Finden sie, dass dieser Kommentar leicht verständlich ist?

Ja Nein

oder hatten sie bei einigen Abschnitte ihre Schwierigkeiten?

Ja Nein

wenn ja, woran lagen die Schwierigkeiten?

3. Benoten sie ihren Kommentar nach folgendem Schulnotensystem:

1 2 3 4 5

Texte

sind kurz und prägnant

haben anregende Zusätze

sind übersichtlich

gegliedert

vertreten die Meinung

des Autors

haben einen Nutzen für

mich

Ironie ist richtig

4. Für wen glauben sie, war ihr Kommentar konzipiert (Mehrfachnennungen möglich)?

Mittelschicht (Arbeiter, Angestellte)

Beamte

Studierte

Leitende Beamte/Angestellte

Für jeden, der lesen und schreiben kann

5. Wenn sie jemandem den Inhalt wiedergeben müssten, könnten sie auf die zentrale Argumentation eingehen?

Brellochs 1995:7f

Im folgenden wird im Text auf die inzwischen mancherorts gebräuchliche Anwendung von männlichem und weiblichen Wortstamm verzichtet. Wobei auch dieser Gebrauch - oder Nichtgebrauch - aus feministischer Sichtweise eine mögliche qualitative Untersuchung des Systems Journalismus und dessen Outputs ermöglichen würde.

Pater 1993:6

Pater 1993:21

Tack 1990:29 in Pater 1993:22

Wender 1990:41 in Pater 1993:22

Rühl 1980:228 in Pater 1993:65. Nach Schulz (1976) ist die Reduktion von Komplexität eine zentrale Aufgabe des Journalismus. Aus einer systemtheoretischen Perspektive ist jedoch alles Entscheidungshandeln darauf ausgerichtet, Komplexität zu reduzieren. Reduktion von Komplexität ist also eine Funktion aller Systeme, die jedes in seiner spezifischen Art erfüllt. Aus heutiger sicht greift diese Argumentation aber zu kurz. Meiner Meinung nach geht es vielmehr auch darum, wie Journalismus Komplexität reduziert.

Ruß-Mohl 199?:102

Schmidt/Weischenberg 1994:235

Wallisch 1995:77

Wallisch 1995:100

vgl. Wallisch 1995:79

vgl. John Hersey „The Legend on the License”. In: Yale Review, Vol 70, No1, Autumn 1980

Ruß-Mohl 1994:103

vgl. Weber/Rager 1994:2-12

vgl. Wallisch 1995:98

vgl. Ruß-Mohl 1996:108

Fabris 199?:89

Noll 1994:18

zit. ebd. 1994:18

zit. Ebd. 1994:19

Wallisch 1995:138

Brockhaus Enz.: Bd. 21

ebda: Bd. 17

K. Ahlke/J. Hinkel: Sprache und Stil, S. 13

zitiert auch von Ahlke/Hinkel in: Sprache und Stil, S.13

dazu mehr noch: ebda, S.41-54

zusammengefasst von den Psychologen Langer/Schulz von Thun/Tausch in: H. Pürer, Praktischer Journ., S.225-226; auch bei Ahlke/Hinkel, S.24-39

Stilparameter nach Mrazek, in: H.Pürer, Praktischer Journ., S.228

zitiert auch von H.Pürer, in: ebda. S.229

in: ebda, S.230-231

W. Nowag: Kommentar und Glosse, S.16

ebda, S.16

W. Nowag: Kommentar und Glosse, S.41

ebda, S.50

ebda, S.157-162

ebda, S.163-180

17

Selbstverständnis des Journalisten

Neutraler Vermittler, Anwalt, usw.

Medium

Aktualität/Periodizität

Qualitätsmaßstäbe im Journalismus sind abhängig von:

Funktionen

Information, Orientierung, Kritik und Kontrolle

Genre

Nachricht, Reportage, Kommentar, Feature, usw.

Publikum/Zielgruppe

Alter, Bildung, Interessen, Einkommen, Schicht, usw.

Komplexitätsreduktion

Faktentreue, Vereinfachung, Verständlichkeit (Sprache, Kontext-Information)

Objektivität

Faktentreue, Beachtung der Nachrichtenwerte, Trennung von Nachricht und Meinung, Vielfalt der Blickwinkel, Fairness, Ausgewogenheit, Hintergrund

Aktualität

Zeitliche Aktualität (Neuigkeit), „Problem“-Aktualität (Wichtigkeit)

Transparenz/Reflexivität

Offenlegen der Berichterstattung, Quellenkritik

Originalität

Leseanreiz, Eigenrecherche