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Angesichts anwachsender wirtschaftlicher Schwierigkeiten beschließt die Bundesregierung ein neues "Sparpaket". Zahlreiche Gesetze sollen zur Entlastung der staatlichen Haushalte geändert, andere Gesetze sollen neu geschaffen werden. Unter diesen neuen Gesetzesvorhaben befindet sich auch das "Gesetz zur NeuRegelung der Lohn- und Gehaltsabschlüsse" (NeuRLoGeGLoGeG). Darin soll festgelegt werden, daß angesichts der dramatischen Wirtschaftslage auf die Dauer von zunächst 10 Jahren kollektive Tarifabschlüsse mit Löhn- und Gehaltserhöhung nicht über die gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsgewinne hinausgehen dürfen, wie sie vom Statistischen Bundesamt errechnet worden sind. In einer Sonderklausel wird allerdings der Bundesminister für Wirtschaft ermächtigt, durch Rechtsverordnung für einzelne Branchen bis zu 5 % höhere Tarifabschlüsse zuzulassen, wenn dort die Produktivitätsgewinne mindestens 3 % über dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt liegen.

 

In den Gewerkschaftskreisen werden die Planungen der Bundesregierung heftig kritisiert. Dennoch Bringt die Bundesregierung das Gesamtpaket in das Gesetzgebungsverfahren ein. Der Bundestag nimmt nach hitzigen Debatten mit eine4r knappen Mehrheit gegen die Stimmen der Opposition u.a. auch das NeuRLoGeG an. Im Bundesrat hingegen zeichnet sich ab, daß das Vorhaben keine Mehrheit findet. Der Bundesrat verlangt daher durch die Einberufung des Vermittlungsausschusses, dessen Bemühungen aber ergebnislos bleiben. Nach Auffassung der Mehrheit der Länder im Bundesrat ist das Vorhaben gescheitert, da angesichts der Bedeutung der angestrebten Reform von einem Zustimmungsgesetz auszugehen sei. Die Bundesrat hingegen steht aus dem Standpunkt, daß es sich lediglich um ein Einspruchsgesetz gehandelt habe. Demgemäß beschließt der Bundestag erneut und weist den Einspruch des Bundesrates mit der Mehrheit seiner Mitglieder zurück. Apelle an den Bundespräsident, die Ausfertigung zu verweigern, bleiben fruchtlos. Das NeuRLoGeG wird in Bundesgesetzblatt verkündet.

 

 

 

Literaturverzeichnis:

 

Lehrbücher: zitiert:

 

Becker, Franz Becker öffentliches Recht 6. Aufl. München: Vahlen 1995

Benda, Ernst/ Maihofer, Werner/ Vogel, Hans-Jochen Benda 2. Aufl. Berlin; New York: De Gruyter 1995

Degenhart, Christoph Degenhart Staatsrecht I 11. Aufl. Müller: Heidelberg 1995

Katz, Alfred Katz Staatsrecht 12. Aufl. Heidelberg: Müller 1994

Manglodt, Hermann/Klein, Friedrich Manglodt/Klein 2. Aufl. Valen: Berlin, Frankfurt a.M. 1964

Maunz, Theodor/ Zippelius, Reinhold Maunz Deutsches Staatsrecht 29. Aufl. München: Beck 1994

Meik, Frank Andreas Meik Kernbereich der Tarifautonomie Berlin: Dunker & Humblod 87 Band 86 Schriften zum Sozial und Arbeitsrecht

Schuppert, Gunnar Schuppert Casebook Verfassungsrecht 3 Aufl. München: Beck 1996

Spallek, Joachim Spallek Staatsrecht und Verfassungsrecht 10. Aufl. Witten: B.Schünemann 1995

Stein, Ekkehart Stein Staatsrecht 15. Aufl. Tübingen: Mohr 1995
 

 

Aufsätze:
 

Dr. Biedenkopf, Kurt Biedenkopf in BB "Rechtsfragen der konzentrierten Aktion" Betriebs-Berater Heft 25; 10. Sept. 1968 Seiten 1005 ff
Reinemann, Susanne und Schulz-Henze, Ralf Reinemann/ "Die Rechtsprechung des BVG zur Koalitionsfreiheit- Schulz-Henze Widerspruch zu klassischen Grundrechtsverständnis oder richtungsweisende Trendwende ?" JA 1995 Heft 10 Seite 811 ff
Dr. Rasch, Harold Rasch "Grenzen des Streikrechts" Betriebs-Berater Heft 27, 30.Sept. 1974 Seiten 1217 ff
Dr. Reuß, Wilhelm Reuß "Die Unzulässigkeit gerichtlicher Tarifzensur" Arbeit und Recht Heft 10, Okt. 1975 Seiten 289 ff
Dr. Schnorr, Gerhard Schnorr "Inhalt und Grenzen der Tarifautonomie" JR 1966 Heft 9 Seiten 327 ff
Scholz, Rupert Scholz "konzentrierte Aktion" Archiv öffentlichen Rechts 99 Seiten 511 ff
Dr. Zachert, Ulrich Zachert "Gewerkschaftliche Übermacht: Chimäre oder Realität ?" Arbeit und Recht 1977 Seiten 1 ff
Dr. Zechlin, Lothar Zechlin "Beeinträchtigungen der Koalitionsfreiheit durch Subventionsauflagen" Neue Juristische Wochenzeitschrift Heft 11; 13. März 1985 Seiten 585 ff

 

Kommentare

Alternativ Kommentar Alt. Komm Neuwied: Frankfurt; Luchterland 2. Aufl. 1989
Grundgesetz Kommentar Jarass/Pieroth Jarass, Hans/ Pieroth, Bodo München: Beck 1989
Liebholz, Gerhard/ Rinck, Hans-Justus/ Hesselberger, Dieter Liebholz Grundgesetz 7. Aufl. Schmidt: Köln 1993
Maunz, Theodor/ Dürig, Günter Maunz/Dürig Grundgesetz Kommentar München: Beck 1994
Model, Otto Model Komm Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland 11. Aufl. Köln: Heymann 1996
Münch, Ingo von Münch Komm 3. Aufl. München: Beck 1995
Umbach, Dieter/ Clemens, Thomas U/ C Bundesverfassungsgesetz Heidelberg: Müller 1992

 

Gliederung:
 

1. Aufgabe 1

A. Zuständigkeit

B. Zulässigkeitsvoraussetzung

1. Parteifähigkeit

2. Streitgegenstand 2

3. Antragsbefugnis

a. Geltendmachung einer Verletzung

b. Unmittelbarkeit

4. Antragsfrist 3

C. Begründetheit

1. Art. 77 2a; 78 GG

2. Art. 77 IV 1 4

D. Ergebnis

 

2. Aufgabe

A. Art. 14 I GG Eigentum

B. Art. 12 GG Beruf 5

C. Art. 9 III GG Koalitionsfreiheit

I Träger

II Schutzbereich

III Eingriff 7

IV Ausgestaltung 8

1. Gemeinwohl

2. konzentrierte Aktion 10

3. Art. 74 Nr.12 GG

vorläufiges Ergebnis 12

a) Geeignetheit

b) Erforderlichkeit

c) Verhältnismäßigkeit

V Ergebnis 13

 

3. Aufgabe

A. Zulässigkeit:

1. Parteifähigkeit

2. Prozeßfähigkeit 14

3. Beschwerdegegenstand

aa) selbst betroffen

bb) gegenwärtig

cc) unmittelbar 15

B. Begründetheit: 17

 

4. Aufgabe: 18

A. Zulässigkeit

1. Antragsfähigkeit

2. Prozeßfähigkeit

3. Beschwerdegegenstand

4. Beschwerdebefugnis 19

aa) Selbstbetroffenheit 20

bb) Unmittelbarkeit

B. Ergebnis
 

 

1. Aufgabe: Der Bundesrat erwägt die Einleitung eines Organstreitverfahrens gegen den Bundestag, möchte sich aber zuvor durch ein Rechtsgutachten seines Syndikus versichern, daß eine solche Klage Erfolg haben würde.

Ein Organstreitverfahren wird vor dem BVG ausgetragen.

 

A. Zuständigkeit:

Fraglich ist also zunächst, ob das BVG für Streititgkeiten solcher Art überhaupt zuständig ist. Gem. Art. 93, I, Nr.1 GG; §§ 13 Nr.5, 63ff BVerfGG hat das BVG die Entscheidungskompetenz bezüglich der Rechte und Pflichten von Verfassungsorganen. Da es hier um eine solche Streitigkeit zwischen Verfassungsorganen, nämlich über die Rechte von Bundestag und Bundesrat geht, fällt dies unter die Zuständigkeit des BVG.

Eine solche Klage vor dem Bundesverfassungsgericht hätte Erfolg, wenn sie zulässig und begründet wäre.

 

B. Zulässigkeitsvoraussetzungen:

1. Parteifähigkeit

Der Bundesrat strebt ein OSV gegen den Bundestag an. Damit ist der Bundesrat Antragssteller und der Bundestag Antragsgegner. Antragssteller sowie Antragsgegner müßten Parteien im Sinne des Art. 93, I, Nr. 1 GG; § 63 BVerfGG sein. Parteifähig sind die obersten Bundesorgane und Teile dieser, soweit sie im GG oder in der Geschäftsordnung mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Zu den obersten Bundesorganen zählen neben Bundespräsident und Bundesregierung auch Bundestag (Art. 38ff GG) und Bundesrat (Art. 50ff GG).

Beide sind also gemäß § 63 BVerfGG parteifähig.

Desweiteren müßte der Antragsgegner die beanstandete Maßnahme verursacht oder zumindest rechtlich zu vertreten haben. Die beanstandete Maßnahme war hier die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Bundesrates durch den Bundestag. Diese hätte der Bundestag durch die Ablehnung des Einspruchs begangen. Der Bundestag hatte die beanstandete Maßnahme also selbst zu vertreten und ist damit tatsächlicher Antragsgegner.

 

2. Streitgegenstand

Nach § 64 I BVerfGG muß als Antragsgegenstand ein Verhalten des Angriffsgegners vorgebracht werden, welches die gegenseitigen Rechte oder Pflichten des GG möglicherweise verletzt haben könnte. Gegenstand des Streits ist hier eine Verletzung der Rechte des Bundesrates bezüglich des Gesetzgebungsverfahrens. Dabei bestreitet der Bundestag die Zustimmungsbedürftigkeit des NeuRLoGeG, was dem Bundesrat nur eine geringer Einflußnahme auf das Zustandekommen dieses Gesetzes gibt. Das Verhalten des Angriffsgegeners ist also die Weigerung, das NeuRLoGeG als zustimmungsbedüftig anzuerkennen.

 

3 Antragsbefugnis gemäß § 64 BVerfGG

a. Geltendmachung einer Verletzung :

Dieses Verhalten des Angriffsgegeners müßte eine rechtlich nicht unerhebliche Verletzung darstellen. Der Bundesrat müßte also geltend machen können, daß der Bundestag durch das nochmalige Abstimmen über das Gesetzes das Mitbestimmungsrecht des Bundesrates übergangen hat. Obwohl der Bundesrat seine Zustimmung verweigert hatte, stimmte der Bundestag erneut ab und degradierte damit die verweigerte Zustimmung zum Einspruch. Der Bundestag hat damit gegen die Interessen und das Recht des Bundesrat gehandelt, um das Gesetz erlassen zu können. Hätte es sich also um ein zustimmungsbedürftiges Gesetz gehandelt wäre der Bundesrat in seinen verfassungsgarantierten Rechten in Art. 78 verletzt.

b. Unmittelbarkeit

Die Verletzung müßte gemäß § 64 I BVerfGG unmittelbar sein. Dies ist sie dann, wenn die Rechtsgutsverletzung nicht mehr verhindert werden kann. Da das Inkrafttreten des NeuRLoGeG nach der Ausfertigung durch des Bundespräsidenten und dessen Verkündung nicht mehr verhindert werden kann, ist die Verletzung unmittelbar gegeben.

4. Antragsfrist

Die gemäß § 64 II bestimmte und in § 64 III BVerfGG auf sechs Monate begrenzte Antragsfrist, müßte eingehalten werden. Im Falle des Erlasses einer Rechtsnorm beginnt die Frist mit Verkündung.

 

C Begründetheit:

Begründet ist der Antrag, wenn die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners gegen eine Bestimmung des GG verstößt und dadurch Rechte oder Pflichten des Antragstellers tatsächlich verletzt sind.

1. Fraglich ist also, ob der Bundesrat in seinen Rechten aus Art. 77 2a; 78 GG verletzt worden ist. Dies wäre dann der Fall, wenn es sich beim NeuRLoGeG um ein zustimmungsbedürftiges Gesetz gehandelt hätte. Ein Gesetz ist dann zustimmungsbedürftig , wenn dies einer Norm des GrG zu entnehmen ist: Die bedeutensten sind die folgenden: Art. 84 I, II, V; Art. 85 I; Art. 87 III; Art. 106 II-IV; Art. 109 III GG:

Art. 84 und 85 beziehen sich auf die verwaltungstechnische Umsetzung der Gesetze. Zustimmunsbedürftig sind diese nur, wenn die Länderregierung daran maßgeblich beteiltig werden soll. Da das NeuRLoGeG jedoch nur die bundeseigenen Verwaltungsstellen in Anspruch nimmt (Bundesminister für Wirtschaft, Stattistisches Bundesamt) fällt das NeuRLoGeG nicht unter Art. 84 oder 85.

Art. 87 III sieht Zustimmungsbedürftigkeit dann vor, wenn neue Bundesoberbehörden oder Körperschaften durch neue Gesetze errichtet werden sollen. Das NeuRLoGeG greift jedoch nur auf bereits bestehende Einrichtung der Bundesbehörden zurück. Von einer neuen ist nicht die Rede. Die Zustimmungsbedürftigkeit ergibt sich also auch nicht nach Art. 87 III.

Art. 106 bezieht sich auf die Verteilung von Steuern. Das NeuRLoGeG ist davon nicht betroffen.

Aus Art. 109 III könnte sich eine Zustimmungsbedürftigkeit ergeben, wenn es sich beim NeuRLoGeG um eine haushaltsrechtliche Vorschrift handeln würde. Haushaltswirschaft sind alle Einnahmen und Ausgaben, die sich auf die Wirtshaft beziehen. Das NeuRLoGeG müßte also darauf einen Einfluß haben. Auch wenn ein Zusammenhang zwischen den Einnahmen des Staates und einem gehaltsregelndem Gesetz existieren mag, so kann dieser nicht unmittelbar sein.

Eine Auswirkung auf das Wirtschaften der Ausgaben und Einnahmen der Regierung durch das NeuRLoGeG damit ist nicht direkt gegeben.

Daher ist das NeuRLoGeG nicht zustimmungsbedürftig. Eine Verletzung des Mitwirkungsrechts des Bundesrat aus Art. 77 2a, 78 GG kann nicht angenommen werden. Eine diesbezügliche Klage würde an der Begründetheit scheitern.

 

2. Der Bundesrat könnte gemäß Art. 77 IV 2 in seinem Mitwirkungsrecht verletzt sein. Da es sich aber um kein zustimmungsbedürftig Gesetz gehandelt hat, kann der Bundestag den Einspruch des Bundesrat gemäß Art. 77 IV 1 mit der Mehrheit seiner Mitglieder zurückweisen, sofern der Bundesrat den Einspruch nicht mit einer zweidrittel Mehrheit beschlossen hat. Da im Sachverhalt von keiner Zweidrittelmehrheit im Bundesrat gesprochen wird, hat der Bundestag auch in diesem formellen Punkt nicht das Mitwirkungsrecht des Bundesrates verletzt.

 

Ergebnis:

Ein OSV bliebe erfolglos, da das fragliche Gesetz formell rechtmäßig zustandegekommen ist.

 

2. Aufgabe: Die Gewerkschaft X ist der Auffassung, das Gesetz verletze sie in ihren Grundrechten.

Fraglich ist also, ob eine Grundrechtsverletzung vorliegt.

Art. 14 I (Eigentum)

Da durch das NeuRLoGeG der Lohn der Gewerkschaftsmitglieder in jenen Branchen, die eine hohe Wachstumsrate zu erwarten haben, nur begrenzt erhöht werden kann, könnten diese in ihrem Eigentum verletzt werden. Art. 14 GG schütz jedoch lediglich das erworbene, nicht das zukünftige Eigentum. Der Erwerb oder die Gewinnerwartung werden dem Art. 12 GG zugerechnet. Der Schutzbereich des Art. 14 I ist damit nicht betroffen.

Art. 12 GG (Beruf)

Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 GG läge dann vor, wenn der Gerwerkschaft X die persönliche Entfaltungsfreiheit bezüglich der Berufswahl und -betätigung genommen wäre. Dies ist bei juristische Personen wie eine Gewerkschaft aber generell nicht möglich. Die Gewerkschaft X ist daher nicht in ihrem Grundrecht aus Art.12 GG verletzt.

 

Art. 9 III GG (Koalitionsfreiheit)

Fraglich ist allerdings zunächst, ob eine Gewerkschaft überhaupt Träger dieses Grundrechts sein kann. Voraussetzung dafür ist, daß sie unter den in Art. 19 III GG aufgeführten Begriff der "juristischen Personen" fällt. Dieser Begriff ist weit auszulegen und nicht auf rechtsfähige juristische Personen beschränkt. Seitdem das BVerGG Handelsgesellschaften als partiell rechtsfähig annerkannt hat, wird dies analog auch für Gewerkschaften angenommen. Gewerkschaften sind damit also lediglich teilrechtsfähige Organisationsgebilde, denen die Rechtsordnung nur für einzelne Bereiche Rechtsfähigkeit eingeräumt hat, fallen aber unter den Begriff der "juristischen Person". Sie haben damit die Möglichkeit, in dem Umfang, wie ihnen eigene Rechte zustehen, diese zu verteidigen. Da die Natur der Koalitionsfreiheit zweifellos auf die Gewerkschaft X anzuwenden ist, ist diese auch Träger dieses Grundrechtes.

Das NeuRLoGeG könnte die Gewerkschaft X in ihrer Koalitionsfreiheit verletzen. Dazu müßte es in den Schutzbereich des Art. 9 III GG fallen. Der Art. 9 III GG ist nach herrschender Meinung ein sogenanntes Doppelgrundrecht, denn es umfaßt neben der individuellen auch die kollektive Koalitionsfreiheit. Die individuelle Koalitionsfreiheit garantiert Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sich zu Vereinigungen zusammenzuschließen, ihnen beizutreten, sich durch Satzungen intern zu organisieren. Ebenso wird damit auch das Recht garantiert, ein Koalition aufzulösen oder ihr nicht beizutreten (sogenannte negative Koalitionsfreiheit).

Das NeuRLoGeG schränkt dieses jedoch nicht ein. Die Gewerkschaft X ist ihrer Existenz weder gefährdet noch eingeschränkt. Ihre Mitglieder können ein- und austreten oder neue Vereinigungen gründen.

Die kollektive Koalitionsfreiheit garantiert den Schutz der Koalition als Institution. Darunter fällt auch deren autonome Organisation und die Möglichkeit der Verfolgung von Zielen. Das letztere hat die Rechtsprechung wie folgt begründet: Nämlich daß die Koalitionsfreiheit nur dann sinnvoll sein kann, wenn die Koalitionen ihren Zweck, nämlich die Arbeits- und Wirtschaftsbedinungen ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern, auch wirksam verfolgen kann.

Diese Garantie der Zweckverfolgung hat die Rechtsprechung in zahlreichen anderen Urteilen bestätigt, lediglich die Formulierung "Betätigung" ist strittig. So wird einmal von spezifischer koalitionsmäßiger Betätigung (BVerfGE 42, 133, 138; 50, 290, 367f), von einem absoluten und relativen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigung ( Schwarz JuS 94, 653) oder von einem wesensgehaltsabhängiger Betätigung ( BVerfGE 84, 212, 228) gesprochen. An dieser Stelle ist jedoch eine nähere Abwägung unnötig. Wichtig ist nur, daß das NeuRLoGeG durch sein Obergrenze für Lohnsteigerung, es den Gewerkschaften mitunter unmöglich macht, höhere Tarifabschlüsse für ihre Mitglieder zu erziehlen. Dies stellt eine Beeinträchtigung ihrer Betätigung bezüglich der Tarifautonomie dar, die ein wichtiger Bestandteil der Verfolgung von Zielen ist. Das NeuRLoGeG fällt daher in den Schutzbereich des Art. 9 III GG.

Eingriff in Schutzbereich:

Das NeuRLoGeG benachteiligt jene Gewerkschaften, die Mitgleider in Betrieben vertreten, die ein höheres Wachstum als 5 % über dem Durchschnitt verzeichnen können. Und die, deren Wirtschaftswachstum zwar über dem Durchschnitt, aber nicht mehr als 3 % darüber liegt, haben gar keine Möglichkeit, eine Lohnerhöhung über dem Durchschnittswert zu erziehlen. Dies stellt einen klaren Eingriff in die Betätigungsmöglichkeiten der Gewerkschaften dar.

Problematisch an dieser Stelle ist allerdings, inwieweit das Grundrecht der Koalitionsfreiheit die Gewerkschaften vor staatlichen Ausgestaltungen schützen soll. Problematisch deswegen, da die Gewährleistungsschichten -zumindest teilweise-, erst durch gesetzliche Ausgestaltung wirksam werden konnten und sich die Grenze zwischen Schranke und Ausgestaltung dabei nur schwer erkennen läßt. In diesem Zusammenhang ist die Kernbereichslehre entwickelt worden. Sie beruht im Wesentlichen auf zwei Entscheidungen des BVG: In denen stellt es fest, daß "damit die Koalitionsfreiheit nicht ihres historischen Sinnes beraubt werden kann" es einen verfassungsmäßigen Kernbereich geben muß, der es den Koalitionen garantiert, ihre Ziele zu verfolgen. So darf der Staat zwar in das Grundrecht des Art.9 III GG eingreifen, jedoch nicht in dessen Kernbereich (Art. 19 II GG), der in der Literatur als Kernbereich der Tarifautonomie verstanden wird. Ob das NeuRLoGeG also eine Grundrechtsverletzung darstellt hängt davon ab, ob es den Kernbereich des Art. 9 III GG betrifft oder nicht. Fraglich ist demnach der Umfang des Kernbereiches. Dieser ist bis heute jedoch noch nicht klar definiert. Die Rechtsprechung hat nur gelegentlich dazu Stellung genommen. Aus den ergangenen Urteilen lassen sich jedoch einige Leitsätze ableiten:

So verweist das BVG wiederkehrenden darauf, daß die Berufsverbände eine öffentliche Aufgabe zu erfüllen hätten, nämlich die sinnvolle Ordnung des Arbeitslebens. Die Verfolgung genau dieses Zwecks solle den Kernbereich darstellen. Was unter "sinnvoll" zu verstehen ist, bleibt unerklärt. Desweiteren sollen solche Betätigungen garantiert sein, die zum Erhalt, Fortbestand und Wahrnehmung ihrer Aufgaben "unerläßlich" sind. Und schließlich hält es nach der Abwägungsformel alle, dem Koalitionszweck dienlichen Betätigungen für geschützt, es sei denn, ihre Beschränkung ist zum Schutz anderer Rechtsgüter geboten. Die letztere wird auch in der Literatur von Gammillscheg und Schwarz vertreten.

Ob der Staat also zu Gesetzen berechtigt ist, die zur Erfüllung der "sinnvollen Aufgabe" der Koalitionen dienen, diese aber in ihren Tätigkeiten beschränken, hängt von den Ausgestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers ab.

Fraglich ist also, ob der Gesetzgeber durch Ausgestaltung eventuell zum Eingriff berechtigt sein könnte, ohne dabei den Kernbereich einzuschränken. Nach herrschender Meinung muß es dem Gesetzgeber nämlich möglich sein, im Bereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen sozialpolitische Vorstellung einzubringen, und ohne Vorbehalt tariflicher Hinderungen durchzusetzen. Dies geht auf eine Entscheidung aus dem Jahre 1970 zurück, in der es heißt: "Das Grundrecht der Koalitionstätigkeit wird nicht schrankenlos gewährleistet. Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers, die Befugnisse der Koalitionen auszugestalten".

So wird zum Beispiel von einigen vertreten, da die Koalitionsfreiheit dem Gemeinwohl dient, diesem gegenüber auch verantwortlich ist. Daraus hat sich eine Theorie entwickelt, daß Art. 9 III GG zum Wohl der Allgemeinheit eingeschränkt werden darf. Diese Theorie basiert auf dem Zusammenspiel von Lohnerhöhung, Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit. So wurde bereits in den 70iger Jahren von Sachverständigen vor einer zu hohen Lohnsteigerung ohne entsprechenden Produktivitätszuwachs gewarnt. Diese hätte eine Preissteigerung und letztlich eine Senkung des Beschäftigungsstandes zur Folge, was weder im Interesse der Gewerkschaften noch der Allgemeinheit sein könne. Stattdessen wurde vorgeschlagen, den Lohn vom gesamtwirtschaftlichen Produktivitätszuwachs abhängig zu machen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Da das NeuRLoGeG genau dies anstrebt, könnte man nach diesem Gutachten von 1972 davon ausgehen, daß das Gesetz dem Wohle der Gemeinheit, und damit auch den Gewerkschaften dienlich sein müßte. Damit würde es also auch nicht in den Kernbereich eingreifen.

Fraglich ist, ob dieser Theorie gefolgt werden kann. Sie wurde bereits einmal auf dem 46. Deutschen Juristentag im Jahre 1966 diskutiert angesichts der öffentlichen Kritik an den gewerkschaftlichen Forderungen nach Lohnerhöhung, denen man die Schuld an Inflation und Arbeitslosigkeit gab. Der einzige Befürworter dieser Ansicht war Bulla, der bereits 1955 die Meinung vertrat, Lohnregelungen dürften nur im Rahmen einer wirtschaftswachstumsorientierten Politik erfolgen. Der Staat habe Löhne an der Gemeinwohlverträglichkeit auszurichten und gerecht, notfalls durch Zwangsschlichtung festzusetzen. Die herrschender Meinung hat dies einhellig abgelehnt. Begründet wurde dies damit, das der Begriff "Gemeinwohl" zu weite Auslegungen zulasse. Es könne desweiteren einem Richter auch nicht zugemutet werden, zu bestimmen, was im Interesse des Gemeinwohls ist und was nicht. Auch ein damals von Rasch weiterentwickelter Gedanke, der den Bullas aufgreift, wird von der herrschenden Meinung nicht geteilt. So sollen alle Arbeitskämpfe verboten werden, die Lohnforderungen zum Ziel haben, die vom Produktivitätsfortschritt nicht gedeckt werden.

Auch in neuer Zeit gilt nach herrschender Meinung jeder Versuch, den Art. 9 III GG unter dem Begriff "Gemeinwohl" einzuschränken, als klarer Grundrechtsverstoß. Dieser Meinung ist zu folgen, da jede Einmischung in das freie Wirtschaftssystem im Interesse des Gemeinwohls zur Willkür ausarten würde und das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage bzgl. der Lohnerhöhung durcheinander werfen würde.

Zum Wohle der Allgemeinheit kann das NeuRLoGeG als Ausgestaltung des Art. 9 III GG demnach nicht in Frage kommen.

Eine andere Möglichkeit der Ausgestaltung sind die Art. 109 GG § 1 StabG und Art. 103 II EGV. Diese Vorschriften haben Ende der 60er Anfang der 70er Jahre schon einmal als Grundlage für die Festsetzung von Lohnleitlinien (wie im NeuRLoGeG) gedient. Es war die damals von Bundeswirtschaftsminister Schiller ins Leben gerufene "konzentrierte Aktion". Es handelte sich dabei um Empfehlungen an die Länder, den Erhalt des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts anhand von Orientierungsdaten zu berücksichtigen sollte es die Wirtschaftslage erfordern. Der damalige Ausschuß hielt die Vorschrift für nötig mit der Begründung, daß Tarifautonomie auch eine Verantwortung der gesamtwirtschaftlichen Lage gegenüber darstelle. Diese Orientierungsdaten enthielten Toleranzwerte beispielsweise für Lohnerhöhungen, die in Beratungen festgelegt wurden. Die Tarifautonomie wurde nach herrschender Meinung dadurch nicht beeinträchtigt. Der Grund: Die Orientierungsdaten waren nicht verbindlich. Jeder Versuch dagegen, jene Lohnleitlinien als bindende Obergrenze einzuführen, wäre ein klarer Verstoß gegen Art. 9 III GG. Diese Meinung wird auch heute vertreten: So kann im Rahmen der wirtschaftsverfassungsrechtlichen Gestaltungsbefungnisse der Gesetzgeber keine verbindlichen Lohnleitlienien erlassen. Da dies das NeuRLoGeG aber vorsieht, kann es demnach nicht verfassungskonform unter der wirtschaftlichen Ausgestaltung von Art. 109 GG sein.

Eine andere Möglichkeit wäre zu prüfen, ob das NeuRLoGeG durch die in Art. 74 Nr. 12 GG begründete Kompetenz des Gesetzgebers das Arbeitsrecht zu regeln, gerechtfertigt ist: Dieser Artikel stellt eine Schranke zur Koalitionsfreiheit dar. Nach der Ansicht von Reinemann und Schulz-Henze folgt hat sich auch das BVG in den letzten Entscheidungen dieser Meinung angeschlossen. So hat es 1991 erklärt, daß gesetzliche Einschränkungen dann vorgenommen werden, wenn sie im Interesse von Grundrechten Dritter oder anderer verfassungsrechtlicher Prinzipien erfolgen.

 

Ein solches Prinzip ist das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG. Zwar ist auch aus der Koalitionsfreiheit eine gesellschaftliche Verpflichtung abzuleiten, doch ist aus Art. 20 I GG dem Staat die letzte Entscheidung vorbehalten. Der Gesetzgeber hat also selbst zu entscheiden, ob er die soziale Gerechtigkeit in bestimmten arbeitsrechtlichen Sachgebieten selbst verwirklicht oder aber die Aufgabe den Koalitionen überläßt. Wenn es die wirtschaftliche Lage erfordert, ist die Gesetzgebung befugt und nach Art. 20 GG sogar verpflichtet, die Arbeitsbedinungen so auszugestalten, daß die materielle Existenzgrundlage gesichert wird. Und dabei kann sie auch die Koalitionsfreiheit einschränken, nur dürfen die Maßnahmen nicht einen solchen Umfang annehmen, daß den Gewerkschaften nichts mehr zu regeln übrigbleibt. Unbestritten kann sich der staatliche Gesetzgeber dazu der Aufstellung von Ober- und Untergrenzen für die tarifliche Gestaltung bedienen um damit schädlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft zu bekämpfen.

Das NeuRLoGeG soll der Arbeitslosigkeit entgegenwirken und versucht dies mittels Lohnleitlinien. Es soll weder unbegrenzt gültig sein, noch läßt es den Gewerkschaften keine anderen Bereiche zur Regelung mehr übrig (Urlaub, Arbeitszeit, ...). Der Eingriff des NeuRLoGeG in den Schutzbereich des Art. 9 III GG fällt nicht in dessen Kernbereich, sondern ist gerechtfertigt.

Geeignetheit:

Der Eingriff müßte ein taugliches Mittel darstellen, das angestrebte Ziel erreichen zu können. Das Ziel soll die Bekämpfung des Arbeitslosigkeit sein. Wie bereits erläutert geht aus einem Sachverständigengutachten von 1973 hervor, das Lohnsteigerungen über die Produktivität den Beschäftigungsstand würden. Demnach müßte ein verhältnismäßiger Lohn dem Betrieb zugutekommen, er bliebe konkurrenzfähig und hätte die Möglichkeit, neue Arbeiternehmer zu beschäftigen. Das diese Ansicht auch heute noch vertreten wird, beispielswweise von der Bundesbank, geht aus einer Stellungnahme dazu von Brenda in seinem Buch hervor. Von einer Wahrscheinlcihkeit, daß das NeuRLoGeG sein Ziel erreichen könnte, kann also ausgegeangen werden.

Erforderlichkeit:

Das angestrebte Ziel dürfte durch kein gleich effektives aber milderes Mittel erreicht werden können. Auch wenn die Arbeitslosigkeit wahrscheinlich durch zahlreiche andere Gesetze bekämpft werden könnte, muß hier davon ausgegangen werden, daß das NeuRLoGeG das effektivste ist, da sich die Effektivität letztendlich auch nur am Erfolg messen läßt.

Verhältnismäßigkeit:

Die mit dem NeuRLoGeG verbundene Belastung müßte verhältnismäßig zum angestrebten Ziel sein. Benachteiligt werden nur die Gewerkschaften, deren Branchen einen Produktivitätsgewinn über dem Gesamtdurchschnitt zu verzeichnen haben und deswegen auch höheren Lohn einfordern wollen. Dies ist ihnen aber aufgrund der Sonderklausel auch möglich. Außerdem ist das Gesetz auf lediglich 10 Jahre begrenzt. Demgegenüber steht der Versuch, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Nach Rasch sind solche Beschränkungen der Gewerkschaften nicht nur verhältnismäßig, es seien sogar alle Forderungen nach Lohnerhöhung rechtswidrig, die nicht durch einen durchschnittlichen, branchenweisen Fortschritt der Produktivität gedeckt werden. Angesichts des dramatischen Arbeitsmarktes kann eine angemesse Verhältnismäßigkeit bejaht werden.

Ergebnis:

Das NeuRLoGeG stellt einen gerechtfertigten Eingriff in Art. 9 III GG dar. Es ist damit keine Grundrechtsverletzung. Andere Grundrechtsverletzungen sind nicht ersichtlich. Gewerkschaft X ist nicht in ihrem Grundrecht verletzt.

 

2. Aufgabe:

Die Gewerkschaft Y vertritt Arbeitnehmer in einer Branche mit hohem Wachstumsraten. Sie will insbesondere die dem Bundesminister für Wirtschaft erteilte Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen angreifen, die sie für viel zu restriktiv hält.

 

Y könnte das NeuRLoGeG mittels einer Verfassungsbeschwerde angreifen. Diese hätte Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet wäre.

 

Zulässigkeit:

Der Rechtsweg zum BVG eröffnet sich aus Art. 93I Nr. 4a GG; §§ 13 Nr. 8a, 90ff BerfG.

1.Parteifähigkeit:

Gewerkschaft Y müßte beschwerdeberechtigt sein. Grundsätzlich ist jedermann fähig, Verfassungsbeschwerde einzulegen, der Träger eines der in § 90 I BVerfG genannten Rechte sein kann. Gemäß Art. 19 III sind auch inländische juristische Personen Träger von Grundrechten, zuminderst derer, die von der Natur der Sache auf sie anwendbar sind.Wie ober erläutert ist Gewerkschaft Y Träger vom Grundrecht der Koalitionsfreiheit.

2.Prozeßfähigkeit (Grundrechtsmündigkeit):

Prozeßfähig ist, wer in der Lage ist, das in Anspruch genommen Recht prizessual geltend zu machen. Wer nach Bürgerlichem Recht geschaäftsfähig ist, ist auch grundrechtsmündig. Gewerkschaft Y ist prozeßfähig.

 

3. Beschewerdegegenstand:

Gegenstand einer Beschwerde kann jeder Akt der öffentlichen Gewalt sein. Dieser Begriff bezieht sich sowohl auf die Executive, die Judicative als auch auf die Legislative. Es geht um die Ermächtigung des Bundesminister. Fraglich ist, ob diese als Akt der Legislative zu verstehen sein kann. Die Ermächtigung selbst ist kein Gesetz. Sie ist jedoch gemäß Art. 80 I GG in einem gültigem verankert, nämlich dem NeuRLoGeG. Daher kann wie das NeuRLoGeG auch die Ermächtigung Gegenstand der Beschwerde sein.

 

4. Beschwerdebefugnis:

Ferner müßte die Y vorbringen, in einem ihrer Grundrechte verletzt zu sein. Diese Grundechtsverletzung müßte möglich erscheinen. Wie bereits erläutert, sind die Gewerkschaften vom NeuRLoGeG zumindest in ihrer Tarifautonomie des Art. 9 II GG betroffen, also kann auch die Ermächtigung eine Verletzung darstellen.

Als verletztes Grundrecht kommt außerdem Art. 3 I GG in Betracht. Dieser soll grundsätzlich Verschiedenes vor Gleichbehandlung und umgekehrt schützen. Da die Sonderklausel auch wachstumsstarken Branchen nur begrenzte Lohnerhöhung ermöglicht, läßt das NeuRLoGeG wirtschaftsschwachen bedeutend mehr Spielraum.

Eine Grundrechtsverletzung ist also denkbar.

aa) Die Gewerkschaft müßte selbst betroffen sein. Dies ist unproblematisch, da Y ja eigene Interessen warzunehmen versucht.

bb) Y als Beschwerdeführer müßte gegenwärtig, also schon oder noch betroffen sein. Das gegenwärtige Betroffensein setzt eine aktuelle Verletzung des Beschwerdeführers voraus. Das aktuelle Betroffensein steht im Gegensatz zum bloß virtuellen. Zweck dieser Vorschrift ist es, das BVG vor Popularklagen zu schützen. Daher muß bereits bei Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz eine Rechtsverkürzung vorliegen. Darunter fallen auch Gesetze, welche bestehende Vorteile verkürzen, solche, die bereits hinreichend konkrete Vorwirkungen auf den Beschwerdeführer entfalten oder diese hinreichend absehbar sind. Das NeuRLoGeG beschränkt absehbar die Gewerkschaften, deren Mitglieder in Branchen mit hohem Wachstum tätig sind. Dies ist bei Y der Fall. Obwohl nicht näher ausgeführt, muß also angenommen werden, daß Gewerkschaft Y höhere Tarifabschlüsse erreichen könnte, als es ihr das NeuRLoGeG möglich macht. Die gegenwärtige Betroffenheit Y ist daher zu bejahn.

 

Unmittelbarkeit:

Ob die Grundrechtsbetroffenheit eines Beschwerdeführers hinreichend unmittelbar ist, bedarf in jedem Fall der Überprüfung anhand des Verfassungsprozeßrechtes.

In der Literatur wird die Unmittelbarkeit einer Grundrechtsverletzung wie folgt definiert: Greift ein Gesetz in bestehende Rechte ein, ohne daß es eines besonderen Einzelaktes bedarf, ist die Verletzung unmittelbar.

Holtkotten will als unmittlebar die Verfassungsbeschwerden zulassen, die sich gegen Gesetze richten, welche gegen eine Grundrechtsnorm verstoßen. Seiner Meinung nach ist eine Grundrechtsverletzung durch ein Gesetz von dessen Verkündung an eine unmittelbare. Auch Karl August Bettermann faßt wie folgt zusammen: Unmittelbar betroffen durch ein Gesetz sind all die, denen dadurch etwas geboten oder verboten, deren Freiheit beschränkt oder eine Pflicht auferlegt wird, bei denen also bereits das Gesetz selbst ihre Rechtslage verschlechtert.

Da der Gew.Y die Möglichkeit nach Lohnforderungen bereits durch Verkündung des NeuRLoGeG unverhältnismäßig beschränkt worden ist, sind ihre Rechte damit auch unmittelbar verletzt.

Nach dieser Ansicht wäre die Verfassungsbeschwerde der GewerkschaftY zulässig.

Ob auch dem BVG diese Argumente als ausreichend erscheinen würden ist fraglich:

Zwar hat das BVG in einer Entscheidung vom 14.7.86 die unmittelbare Betroffenheit des Beschwerdeführers auch ohne eines Vollzugsaktes bejaht, da diesem allein durch Erlaß des Gesetzes bereits eine ungleiche Benachteiligung entstand. Unmittellbar benachteiligt sei er deswegen, weil die angegriffenen Vorschriften ihre Wirkung entfalten, ohne daß es dazu noch eines konkreten Vollzugsaktes bedürfe. Es wäre also denkbar ähnlich zu argumentieren, da der Gew. Y bereits mit Verkündung des NeuRLoGeG ein Nachteil entstanden ist; schließlich ist es ihr auch im besten Fall nicht möglich, eine höhere Lohnforderung durchzusetzen.

Dagegen sprechen aber die nach ständiger, (wenn auch in letzter Zeit gelockerten) Kriterien der Rechtsprechung : Voraussetzung der Unmittelbarkeit sind demnach dann nicht erfüllt, wenn es zur Verletzung noch eines konkreten Vollzugsaktes bedarf; oder wenn der Beschwerdeführer eine Gesetzesnorm angreift, die der Verwaltung noch einen Spielraum zuläßt, von dem aber noch nicht Gerauch gemacht worden hat. Die Sonderklausel stellt einen solchen Spielraum dar. Gewerkschaft Y hat auch noch keinen nachweislichen Nachteil durch einen Vollzugsakt der Ermächtigung erlitten, da sie noch gar keine Tarifverhandlungen aufgenommen haben. Erst, wenn Gew. Y tatsächlich in Tarifverhandlungen höhere Löhne durchsetzen könnte, ihr dies das NeuRLoGeG aber nicht möglich macht, wäre sie unmittelbar davon betroffen. Ob dies für Gew. Y bereits hinreichend absehbar ist läßt sich dem Sachverhalt nicht klar entnehmen. Da aber die Rechtsprechung die Unmittelbarkeit immer weiter auslegt, schließt sich dieses Gutachten der Literaturmeinung an und unterstellt, daß Gew. Y als wachstumsstarke Branche bereits durch Erlaß des NeuRLoGeG und dessen Sonderklausel ein hinreichend schwerer Nachteil in Tarifverhandlungen entstanden ist oder hinreichend absehbar entstehen wird.

 

Die Verfassungsbeschwerde ist damit zulässig.

Begründetheit:

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, wenn der Beschwerdeführer in seinen Grundrechten verletzt ist, § 90 I BVerfG.

Da es Y um eine Möglichkeit der Lohnerhöhung von mehr als 5% über dem Durchschnitt geht kommt als Grundrechtsverletzung der Art.3 I GG (Gleichbehandlung) in Betracht. Voraussetzung dafür ist, daß die Gew. Y ungleich schlechter als vergleichbare andere Gewerkschaften unter dem NeuRLoGeG trotz der Klausel zu leiden hätte. Dies ist der Fall, wenn man bedenkt, daß es wachstumsstarken Branchen nur begrenzt ermöglicht werden soll, eine Lohnerhöhung durchzusetzen, wachstumsschwachen Branchen, die weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen, aber bis zum Bundesdurchschnitt Lohnerhöhung durchsetzen können. So hätten also theoretisch, bei einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von +1% die Betriebe, mit +12% Wachstum lediglich die Chance auf eine 6% Lohnerhöhung. Dagegen haben all die Gew.en ohne Wirtschaftswachstum immerhin die Möglichkeit einer Lohnerhöhung von 1%. Ungleich erscheint auch, daß Branchen mit +4% die Möglichkeit auf 6% Lohnerhöhung haben, während Branchen mit +3.99 nur maximal 1%ige Lohnerhöhung fordern dürfen. Die Sonderklausel ermöglicht es dem Bundeswirtschaftsminister auch keine Ausnahmen zuzulassen, was in Extremfällen für die Beschäftigten in boomenden Betrieben mit +40% oder gar +100% Wachstum, eine unhaltbare Benachteiligung bedeutet.

Die Sonderklausel verstößt daher in ihrer gegenwärtigen Fassung gegen den Grundsatz des Art. 3 I GG, Ungleiches nicht gleich behandeln zu dürfen. Eine detailliertere Abstufung von Lohnerhöhung gemessen an der Produktivität, die den Parteien noch genügend Spielraum offenläßt, ihre Ziele zu erreichen, wäre eine gerechtere Lösung.

Desweiteren ist zu prüfen, ob die Bestimmung der Sonderklausel nicht derart restriktiv gefaßt ist, daß sie in den Kernbereich der Tarifautonomie eingreift. Zwar ist, wie in Aufgabe 2 erklärt, eine generelle Festsetzung von Ober- und Untergrenze als Lohnleitlinien verfassungsrechtlich möglich, aber nur, wenn diese nicht derart die Koalitionsfreiheit beschränken, daß es den Parteien unmöglich gemacht wird, ihre Ziele noch sinngemäß verfolgen zu können. Fraglich ist also, ob die Sonderklausel die Parteien zu sehr beschränken. Es muß den Gewerkschaften nach dem Prinzip der Günstigkeit immer noch möglich sein müssen, für sie günstigere Arbeitsbedingungen durchzusetzen, als dies staatliche Gesetze vorsehen. Eine solche Ausnahmeregelung fehlt der Sonderklausel. Daher ist jede staatlich festgelegte Obergrenze, die auch in Außnahmefällen für die Tarifparteien unüberwindlich ist, ein zu restriktiver Eingriff in die Koalitionsfreiheit. Die Sonderklausel des NeuRLoGeG müßte zumindest stark benachteiligen Gew.en die Möglichkeit garantieren, für sie angemessene Lohnforderungen durchzusetzen. Die Klausel ist in ihre Fassung daher nicht mit der kollektiven Koalitionsfreiheit, die die Betätigungsmöglichkeiten der Parteien garantiert, vereinbar. Die Verfassungsbeschwerde hätte also Aussicht auf Erfolg.

 

 

4. Arbeitnehmer A hält die Gängelung durch das NeuRLoGeG für völlig unakzeptabel. Er fühlt sich in seinen verfassungsgemäß gewährleisteten Rechten verletzt und will Verfassungsbeschwerde einlegen.

 

1. Zulässigkeit:

I Antragsfähigkeit:

Grundsätzlich kann jedermann eine Verfassungsbeschwerde einlegen, der Träger eines der in § 90 I BVerfGG genannten Rechte ist. A ist als natürliche Person Träger dieser Rechte und damit beteiligtenfähig.

 

II Prozeßfähig:

Da A im bürgerlich-rechtlichem Sinne geschäftsfähig ist, kann er eine Verfassungsbeschwerde auch pozeßrechtlich einlegen.

 

III Beschwerdegegenstand:

Gegenstand jeder Verfassungsbeschwerde kann ein Akt der öffentlichen Gewalt sein. Die Beschwerde des A richtet sich gegen den Erlaß des NeuRLoGeG. Der Erlaß eines Gesetzes ist ein Akt "öffentlicher Gewalt" im Sinne von Art. 93 I 4a GG, § 90 I BVerfGG und deshalb grundsätzlich angreifbar.

 

IV Beschwerdebefugnis:

Als weiter Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Verfassungsbeschwerde muß die Behauptung, in einem der Grundrechte oder denen aus Art. 20IV, 33, 38, 101, 103 oder 104 verletzt zu sein vorgebracht werden.

Als solche kämen Art. 12, 14 und 9 GG in Betracht;

Art. 12 dient zur gewährleistung der allgemeinen freien Entfaltung der Persönlichkeit im Beruf. Diese steht im engen Zusammenhang mit der vom Sozialstaatsprinzip geforderten Gerechtigkeit. Daher kann jeder staatliche Eingriff in die regulativen wirtschaftlichen Abläufe in den Schutzbereich des Art. 12 I fallen. Das NeuRLoGeG greift in die wirtschaftliche Entwicklung ein und wirkt sich dadurch auch auf den Beruf des A aus.

Art. 14 GG kommt im Gesamtgefüge des Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu ermöglichen. Er garantiert damit das Eigentum schlechthin. Das NeuRLoGeG beschränkt auf gewisse Zeit die Aussichten des A eine überdurchschnittlich hohe Lohnerhöhung zu bekommen und damit sein Eigentum zu vergrößern. Das dies einen Eingriff in Art. 14 GG sein könnte erscheint zunächst einmal für zumindest möglich.

Art. 9 GG garantiert das Recht der Koalitionsfreiheit. Dazu gehört, daß den Mitgliedern weder durch Beitritt, Austritt, Betätigung noch durch bloßem Fernbleiben ein Nachteil entstehen darf. Aber Gewerkschaftsmitgleidern kann durch die Lohnerhöhungsbeschränkung des NeuRLoGeG gegenüber anderen Arbeitnehmern ein Nachteil entstehen, da die anderen nicht unter diese Beschränkung fallen. Daher könnte das NeuRLoGeG in den Schutzbereich der individuellen Koalitionsfreiheit fallen.

aa) A müßte selbst betroffen sein. Das NeuRLoGeG betrifft die Gewerkschaften und ihre Verhandlungsmöglichkeiten. Es betrifft A nicht selbst. Er könnte aber indirekt als Gewerkschaftsmitglied, also von den Auswirkungen, betroffen sein. Schließlich soll die Gewerkschaft ja die Interessen ihrer Mitglieder und damit auch des A vertreten.

A ist also