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1. Einführung

 

2. Rückblick: Wirtschaftliche Entwicklung und ihre Folgen

2.1. Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen

2.2. Wachstumszwang durch Bruttosozialprodukt/BIP

2.3. Entropie - ein kleiner Ausflug in die Physik

 

3. Aktueller Stand

3.1. Analyse

3.2. Erkenntnisse

3.3. Konsumgier als Wachstumsmotor

 

4. Wege aus dem Dilemma

4.1. Erste Schritte

4.2. Sustainable Development

4.2.1. Ein Begriff macht die Runde

4.2.2. Definition

4.2.3. Herkunft und Objekte des Begriffs

4.2.4. Varianten von "sustainability"

4.3. Streit der Ideologien

4.4. Internationale Instrumente

 

5. Strategien für Sustainable Development

5.1. Bedingungen

5.2. Verschiedene Ansätze

5.3. Änderung der politischen Rahmenbedingungen

5.4. Auswirkungen auf Deutschland

 

6. Beispiele

6.1. Die 1,5 kW-Gesellschaft

6.2. Erneuerbare Energien

6.3. Änderungsfähige Industrie?

6.4. Einzelne Vorschläge

6.4.1. Stoffkreislauf

6.4.2. Landwirtschaft

7. Affluenza - nur eine amerikanische Krankheit?

 

8. Kritik

 

9. Zusammenfassung

 

 

 

1. Einführung

 

Die zunehmende Bedrohung unserer natürlichen Umwelt und somit der gesamten Erde, ist lange nicht recht wahrgenommen worden. Erst mit den ersten Anzeichen globaler Veränderungen wie der Erwärmung der Erdatmosphäre, dem Waldsterben und den Ozonlöchern wurden die angemahnten Probleme ernsthaft diskutiert.

Wirtschaftsunternehmen besonders aus dem produzierenden Bereich sind nicht nur Teil dieser sich langsam auf die veränderten Bedingungen einstellenden Gesellschaften, sondern tragen seit Beginn der industriellen Revolution in erheblichem Maße zu den angerichteten Schäden bei. Die veränderte Wahrnehmung der Industrieabfälle im besonderen (welche ja noch in den fünfziger Jahren als ruhmreiches Fortschrittssymbol galten) zwingt die Unternehmen nicht nur per Gesetz, ihre Schadstoffemissionen einzuschränken bzw. wenn möglich gänzlich zu vermeiden. Hierzu sind in den letzten Jahren zahlreiche neue Verfahren und Technologien entwickelt worden, aus dem sich mit der Umwelttechnik eine ganz neue Branche etablieren konnte, die gerade Deutschland in diesem Bereich eine weltweite Führungsposition bescherte.

Nicht zuletzt durch die enormen volkswirtschaftlichen Kosten in der Folge der Umweltschäden sah sich die Bundesregierung in Deutschland zum Handeln veranlaßt und brachte entsprechende Auflagen und Bestimmungen heraus, die diese Entwicklung natürlich noch beschleunigten.

Aber es geht eben nicht nur um die bessere Beseitigung und Verwertung von Industrieabfällen. Auch Betriebe anderer Sektoren und Bereiche fügen sich den veränderten Bedingungen. So werden auch Entscheidungen über Standorte, Investitionen, Geldanlagen, Einkäufe und nicht zuletzt über Produkte und Dienstleistungen zunehmend von ökologischen Gesichtspunkten geprägt.

Doch werden all diese im Vergleich geringfügigen Richtungsänderungen tatsächlich ausreichen, um eine nachhaltige Verbesserung der schlechten Umweltbedingungen zu erreichen?

 

 

 

2. Rückblick: Wirtschaftliche Entwicklung und ihre Folgen

 

2.1. Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen

 

Die Vorräte im Supermarkt Natur gehen zu Ende. Doch die Menschen greifen weiter beherzt zu.

 

Wasser - Unseren kostbarsten Rohstoff spülen wir täglich ins Klo

- sauberes Wasser ist rar (in EL nur die Hälfte der Einwohner am Wassernetz angeschlossen)

- lt. WHO benötigt ein Mensch 80 l täglich zum Trinken, Kochen und Waschen (in Madagaskar liegt der Verbrauch bei 5,4 l ; in D bei 150 l und in den USA bei 500

l)

- Aufbereitung aufgrund der höheren Verschmutzung immer teurer

- Wasserversorger müssen immer tiefer bohren (Grundwasserspiegel fällt in Peking um einen Meter pro Jahr; in Manila 4-10 Meter)

- Hauptnutzer von Frischwasser ist Landwirtschaft (3/4 der Gesamtmenge)

- über 40 Länder können sich schon heute oder in absehbarer Zeit nicht mehr ausreichend mit Wasser versorgen

 

Luft - Wenn Atmen gefährlich wird, haben Autos keinen Sinn mehr

- lt. WHO sind weltweit 625 Mio. Menschen gesundheitsschädlichen Konzentrationen von Schwefeldioxid ausgesetzt

- jeder fünfte Erdbewohner leidet unter Staub, der oft mit weiteren Schwermetallen belastet ist

- Hauptausstößer sind Nordamerika und Europa

- wichtigster Luftverschmutzer ist in den IL das Automobil

 

Boden - Die Erdhülle vertrocknet wie eine ungeschützte Haut

- durch Landwirtschaft auf Urwaldböden, Anbau standortfremder Produkte, Überweidung und Rodung werden weltweit 24 Milliarden Tonnen Mutterboden ausgeschwemmt oder verweht

- eine Landfläche von der Größe Afrikas ist von Verwüstung bedroht; die "Grüne Welle" , welche die alljährliche Ausbreitung der Vegetation nach der Regenzeit anzeigt, zieht sich seit Anfang der 70er Jahre stetig nach Süden zurück

- Versalzung

 

Wald - Was in Jahrhunderten wächst, wird in Minuten abgeholzt

- der weltweite Urwaldbestand ist von einst 62 Mio. qkm (3x Nordamerika) auf ein Viertel dieser Größe geschrumpft

- Hauptverantwortung tragen IL

- Regenwälder beheimaten 40 % aller Tier- und Pflanzenarten

 

Artenvielfalt - Pflanzen verschwinden, bevor der Mensch sie kennenlernt

- in fünf Jahren verschwinden bis zu 60 000 Pflanzenarten

- in Mitteleuropa ist 1/3 der Vögel- und Säugetierarten vom Aussterben bedroht

 

Klima - Wir heizen die Atmosphäre, doch wir können nicht lüften

- Meeresspiegel könnte einen Meter ansteigen (i.d.F. wären eine Reihe von Staaten sowie 1/3 der Erdbevölkerung in ihrer Existenz bedroht)

- Temperaturanstieg von 2,5 bis 3 Grad

- künstliche Erwärmung der unteren Luftschicht liegt heute 4 % über dem natürlichen Wert

 

Bevölkerung - Der Fortschritt der Armen ist, auf Kinder zu verzichten

- mit heute 5,5 Mill. Ew. leben heute mehr Menschen auf der Erde als zur Jahrhundertwende

- gleichzeitig erhöhte sich die Lebenserwartung um rund 40 %

- erst 2065 gäbe es "Nullwachstum"

- 2100 14 Milliarden Einwohner

- Erde kann langfristig nur 7,5 bis 8 Milliarden Einwohnern eine Heimat bieten

 

Nahrung - 35000 Hungertote am Tag und Millionen Übergewichtige

- Ursache für Kalorienknappheit ist der große Fleischhunger der Industrienationen

- Ressourcen für die Futtermittel der Tiere könnten Rest der Welt ernähren

- Wachstum der Landwirtschaftsproduktion hält mit dem der Bevölkerung nicht Schritt

 

 

Die Schädigungen gleichen einem sich "allmählich und scheinbar unaufhaltsam auf der Erde ausbreitenden Krebsgeschwür, dem wir nicht zu begegnen wissen" (Brundtland-Bericht)

 

Das Tempo der Zerstörung: über 50 % der in den letzten 400 Jahren festgestellten Schädigungen an den wichtigsten globalen Ökosystemen entfallen auf die Zeit nach 1950.

 

Dabei können viele der vorliegenden Schäden günstigenfalls abgemildert, jedoch nicht mehr völlig verhindert werden. Die Irreversibilität der Zerstörung ist der tragische Zug an dieser Situation; niemand kann die ausgestorbenen Tier-und Pflanzenarten wieder zum Leben erwecken, läßt man einmal die zweifelhaften Möglichkeiten der Gen-Technik außer acht.

 

 

2.2. Wachstumszwang durch Bruttosozialprodukt oder BIP

 

Die Preise müssen die Wahrheit sagen.

 

 

Der gegenwärtige Wirtschaftsindikator ist aber kein Naturgesetz: Ferdinando Galiani im 18. Jh.:

"alle Arbeit, die der Produktion nützlicher und erwünschter Dinge dient, als produktiv (zu) bezeichnen, ohne darauf zu bestehen, daß diese materieller Art sind. Wir müssen das Volkseinkommen begreifen als die Summe aller insgesamt für nützlich und erwünscht betrachteten jährlichen Leistungen."

 

Alternativen könnten sein:

HDI = (Sustainable) Human Development Index

ISEW = Index of Sustainable Economic Welfare

EPI’s = Environmental Performance Indicators

Grünes Sozialprodukt

 

 

(Friedrich List: "Wer Schweine aufzieht, ist ein produktives, wer Menschen erzieht, ein unproduktives Mitglied der Gesellschaft.")

 

Nicholas Georgescu-Roegen: "Unser Planet gleicht einer Sanduhr, die sich eben nicht auf den Kopf stellen läßt: Wie der Sand nach unten rieselt, so verwandelt sich niedrige Entropie unwiderruflich in hohe Entropie, Abfall also. Wenn wir das ernst nehmen, wird das Wachstum des BSP - das Ziel aller klassischen Wirtschaftsanstrengungen - zu einem negativen Wachstum: Was wächst, ist die Menge an nicht verfügbarer Energie. Und weil die irdischen Energiereserven endlich sind, schrumpft gleichzeitig die verfügbare Energiemenge. Das fällt in ökonomischen Rechnungen meist nicht ins Gewicht, da hier mit Finanzbilanzen gerechnet wird, nicht mit Energiebilanzen."

 

Er fordert ein Minimalprogramm von 6 Punkten, darunter Abschaffung der Mode und eine Neudefinition der Lebensqualität.

 

2.3. Entropie - ein kleiner Ausflug in die Physik

 

Entropie - das Gesetz vom Schwund (Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik formuliert von Rudolf Clausius 1865)

(Erster: Energie geht nie verloren; einmal verstreut, ist diese Energie allerdings nicht mehr verfügbar)

"Alle Energie tendiert dazu, sich in Wärme zu verwandeln und sich anschließend gleichmäßig zu verteilen."

Entropie ist das Maß für diese Verfügbarkeit von Energie; je niedriger die Entropie, desto höher die Verfügbarkeit der Energie

 

daher: Da Energie sich nicht herstellen läßt, und die Erde längst mehr verbraucht als ihr die Sonne zuführt, wird verfügbare Energie immer knapper. Der gefährliche Beitrag der modernen Zivilisation zu diesem unaufhaltsamen entropischen Schwund ist dessen unerhörte Beschleunigung.

 

 

 

3. Aktueller Stand

 

3.1. Analyse

 

Die nur rund 200 Jahre Entwicklung industrieller Wachstumsgesellschaften brachten den meisten westlichen Ländern und zuletzt auch ökonomisch aufstrebenden Nationen einen Wohlstand, der sich zunehmend als trügerisch erweist. Denn er wurde nicht nur auf Kosten der restlichen Länder erreicht, sondern brachte die Umwelt an den Rande des Abgrundes. Da eine Verallgemeinerung dieser Wirtschaftsweise auf die gesamte Welt die Tragfähigkeit der Erde weit übersteigt, handelt es sich dabei zweifellos um ein Auslaufmodell.

Wachstum liegt jedoch beileibe nicht in einer diffusen Unersättlichkeit der Menschen, sondern in der Funktionsweise der Geldwirtschaft begründet, die (bis auf diverse Einnahmen auf den Finanzmärkten) erst durch die Herstellung von neuen Gütern und Dienstleistungen ihren Sinn erfüllt. Es herrscht jener Wachstumszwang, der die angeführten fatalen Folgen für die Umwelt und somit für unsere Lebensgrundlagen zeitigt. Demnach steht also unter Umständen unser gesamtes Wirtschaftssystem zur Disposition.

Gefordert ist also ein ähnlich grundlegendes Umdenken, wie es seinerzeit Adam Smith einleitete.

 

3.2. Erkenntnisse

 

 

Die Begründung für diese Leitlinien liegt in der Erkenntnis, daß durch die derzeitige Wirtschaftsweise der Industrieländer sowohl die vorhandenen Ressourcen als auch die Aufnahmefähigkeit der Umwelt drastisch übernutzt werden: 20 % der heute lebenden Menschen verbrauchen 80% der Rohstoffe. Dies bedeutet, daß bereits heute den meisten Menschen in den "Entwicklungsländern" nicht dieselben Chancen für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse zugestanden werden. Noch eindeutiger werden die Rechte künftiger Generationen beschnitten, wenn gegenwärtig in atemberaubender Geschwindigkeit Vorräte der Natur, wie z.B. Kohle und Erdöl, verbraucht werden, die in Jahrmillionen angelegt wurden.

 

 

3.3. Konsumgier als Wachstumsmotor

 

(Wo jeder alles schon hat, müssen für immer neue Lebensstile immer neue Wünsche geschaffen werden, die Konsum und Produktion ankurbeln)

 

42% der Deutschen kaufen nur noch selten wirkliche Gebrauchsgegenstände; stattdessen geht der Trend zum "Erlebniskonsum"

 

z.B. 23 kg Textilien-Neukauf pro Jahr in Deutschland:

20 Unterhosen

20 Unterhemden

12 Paar Socken

10 Hemden

8 Hosen

6 Wollpullover

5 Schlafanzüge

3 Wintermäntel

 

Problem: riesige Flächen werden benötigt, die zumeist in armen Ländern als Monokulturen erscheinen und welche intensiv chemisch behandelt werden; zudem ein enormer Abwasserverbrauch (100 Liter Abwasser für 1 kg Kleidung)

 

In immer kürzeren Abständen werden "Trends" kreiert und wieder verworfen, gebietet der Markt eine sofortige und umfangreiche, möglichst endlose Befriedigung der plötzlich entstandenen bzw. erzeugten Nachfrage.

Unser Zwang, möglichst jung, dynamisch und auch schnell und spontan zu erscheinen verlangt ja auch geradezu nach immer kurzlebigeren Modellen und Produkten. Allmählich setzt sich jedoch die Erkenntnis durch, daß die vermeintlich alten, unmodernen und statischen Werte von Beständigkeit, Langlebigkeit und Wiedererkennbarkeit nicht nur Bleibendes sondern auch ökologisch Wertvolleres verkörpern.

Vielleicht lassen sich auch Konzepte verfolgen, die den Besitz und Gebrauch nach alten Maßstäben neu definieren. Wenn z.B. nicht mehr jeder alles extra besitzen muß, sondern gewisse Produkte gemeinschaftlich genutzt werden würden, wäre schon viel für die Umwelt getan, von den sozialen Aspekten ganz abgesehen.

Ebenso verfolgenswert ist der Ansatz, teuere, aber auch wertvollere und vor allem dauerhaftere Erzeugnisse billigen und einfachen vorzuziehen.

Dies ist nicht zuletzt auch ein ökonomischer Vorteil.

Letztlich liegt der Schlüssel des Erfolges für ökologische Produktpolitik darin, nicht mehr nur das einzelne Produkt als solches zu sehen, sondern die Dienstleistung, die damit verbunden wird. Daran kann man dann wirklich erkennen, wie zweckvoll die Herstellung eines Produktes auf welche Weise ist.

Ein Dilemma besteht allerdings in dem Zwiespalt, einerseits im Interesse der Umwelt die Produktion und den Absatz neuer Produkte zu beschränken oder gar einzufrieren und dem betriebsnotwendigen Erstellen und Verkaufen von neuen Produkten auf der anderen Seite.

Es gibt auch Stimmen, die den Konzernen ihre Haupteinkunftsquellen mit der Produktion von Verschleißteilen zuschreiben (Anton Szvoboda) .

Solche Überlegungen werden dadurch erhärtet, daß bestimmte Produkte wie z.B. Staubsauger oder Waschmaschinen, auffällig oft kurz nach Ablauf der Garantiefrist ausfallen.

So kann der empörende Zustand, daß die Reparatur eines Gerätes oft teurer als dessen Neuanschaffung ist, z.B. dadurch beseitigt werden, daß der Verbrauch von Rohstoff besteuert und Arbeitsleistungen entsteuert werden.

 

"Im Ganzen liegt das Reichsein viel mehr in dem Gebrauche als Eigentum" Aristoteles

 

 

4. Wege aus dem Dilemma

 

4.1. Erste Schritte

 

Schon 1972 mahnte der namhafte "Club of Rome" in seinem Bericht "Die Grenzen des Wachstums" ein Umdenken in der bis dahin erfolgten Wirtschafts- und Lebensweise an.

 

1980 brachte die von der US-Regierung in Auftrag gegebene Umwelt-Analyse "Global 2000" letzte Sicherheit in der Frage, daß die Ökosysteme überlastet sind und ohne eine Änderung der Natur-Infarkt unvermeidlich sein wird.

 

 

Quantitatives Wachstum

- läßt Umweltschutz unberücksichtigt

- wird als unerschöpflich angenommen und als freies Gut behandelt

è Wirtschaftswachstum = Wachstum der Umweltbelastung

 

Das Entkopplungsziel

- stammt aus den siebziger Jahren im Rahmen der kritischen Auseinandersetzung mit der VGR

- allgemeine Def. Wachstumsrate der Umweltbelastung < BIP-Wachstumsrate

- nur die strukturelle bzw. systematische Entkopplung und nicht etwa die konjunkturelle ist ökologisch bedeutsam, da jene dauerhaft ist

 

Qualitatives Wachstum

- Grenzfall der Entkopplung, wo der Umweltverbrauch trotz positiven Wirtschaftswachstums auf einem bestimmten Niveau bleibt

- Begriff schließt Lebensqualität mit ein

 

 

4.2. Sustainable Development

 

- Umwelt- und Ressourcenverbrauch werden reduziert und anschließend stabilisiert

 

4.2.1. Ein Begriff macht die Runde

 

Nachhaltig, zukunftsfähig, dauerhaft umweltverträglich - diese Begriffe geistern spätestens seit der Umweltkonferenz in Rio de Janeiro 1992 in der politischen Landschaft umher. Das Prinzip der Nachhaltigkeit scheint weit auslegbar zu sein - so weit, daß sich z.B. sogar eines der größten Chemieunternehmen Deutschlands bemüßigt fühlt, dieses Attribut für seine Produkte und den weltweiten Handel damit zu reklamieren. Die bislang unseriöseste Verdrehung des Begriffs begegnete mir allerdings neulich: "nachhaltiges Wachstum" - also die Verknüpfung von Nachhaltigkeit und wirtschaftlichem Wachstum - das beschreibt sicher eher das Gegenteil von dem, was ursprünglich gemeint war!

 

Woher kommt also dieser Begriff und wie kann das Prinzip der nachhaltigen Wirtschaftsweise definiert werden?

 

4.2.2. Definition

 

"Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können." (Brundtland-Bericht "Unsere gemeinsame Zukunft" 1987)

 

(dauerhaft wurde in der Folge meistens durch Nachhaltig ersetzt, da der Begriff aus der Forstwirtschaft kommt)

 

To sustain something means making it last, to keep it in being and make it endure

(Pearce and Turner, 1990, S 43)

 

 

4.2.3. Herkunft und Objekte des Begriffs

 

Der Gedanke der Nachhaltigkeit taucht im weißen Kulturkreis erstmals im Zusammenhang mit der Forstwirtschaft im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit auf. Der Begriff wurde jedoch zunächst quantitativ verstanden:

"wenn nicht mehr jährlich darin Holz gefällt wird, als die Natur jährlich darin erzeugt und auch nicht weniger." Karl Albrecht Kasthofer, "Forstpionier" 1818

In der heutigen Forstwirtschaftslehre kommt hingegen der qualitative Aspekt hinzu.

Da ist die Rede von der "notwendigen Erhaltung und Gesunderhaltung der Biosysteme als Voraussetzung für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Naturgüter."

 

Dem Gedanken der Gleichheit zwischen den Generationen wird ebenso Rechnung getragen wie dem der Gleichheit innerhalb einer Generation; d.h. die Bevölkerung in den EL soll ebenfalls in die Lage versetzt werden, all ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen.

Auch der Natur selbst werden gewisse Eigenrechte zugestanden. Ebenso den verbliebenen Völkern, welche sich, im Einklang mit ihrer Umwelt lebend, dem sog. Zivilisationsschub entziehen wollen.

 

 

4.2.4. Varianten von "sustainability"

 

Weiterhin unterscheidet man zwischen

"weak sustainability" (substitutive Beziehungen zwischen den einzelnen Faktoren)

 

"strong sustainability" (komplementäre Beziehungen zwischen natürlichen und menschengemachten Produktionsfaktoren; worauf sich diese Arbeit bezieht)

 

 

4.3. Streit der Ideologien

 

Nachhaltige Entwicklung

Konventionelle Weisheit:

Bei nachhaltiger Entwicklung geht es darum, ein anhaltendes wirtschaftliches Wachstum zu erreichen, um die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, den Lebensstandard zu erhöhen und die finanziellen Ressourcen bereitzustellen, die den Umweltschutz ermöglichen.

 

 

 

Alternative Weisheit:

Das Wachstum der letzten 20 Jahre hat die Lebensqualität der Menschen nur geringfügig verbessert. Der größte Gewinn ging an die sehr Reichen und der Rest muß gegen die Kosten des Raubbaus an den Rohstoffen, sozialen Streß und Gesundheitsschäden durch Umweltverschmutzung und andere durch das Wachstum verursachte Probleme aufgerechnet werden. Nachhaltige Entwicklung hingegen schafft

(1) nachhaltige Wirtschaftssysteme, die die Bedürfnisse der Menschen in gerechter Weise befriedigen, ohne Rohstoffabbau oder einen übermäßigen Ausstoß an Abfallprodukten, der die Regenerationsfähigkeit der Umwelt überfordert, und

(2) nachhaltige Institutionen, die sowohl Sicherheit als auch die Möglichkeit für soziales, intellektuelles und spirituelles Wachstum gewährleisten

.

Nachhaltige Lebensweise

Konventionell:

Eine weniger rohstoffintensive Lebensweise ist ein Rückschritt, ein niedrigerer Lebensstandard müßte akzeptiert werden. Bei Fortsetzung des gegenwärtigen Trends zu abnehmendem Bevölkerungswachstum werden alle scheinbaren Grenzen des Wachstums durch den kontinuierlichen technologischen Fortschritt und das Wirken der Marktmechanismen aufgehoben. Auf den schlechtinformierten Rat, das Wachstum zu beenden, einzugehen, ist überflüssig und wäre sogar ein tragischer Fehler, weil Milliarden von Menschen zu ewiger Armut verdammt wären.

Alternativ:

Der Verbrauch an der Ressource Umwelt überschreitet bereits die Grenzen der Nachhaltigkeit. Die zentrale Aufgabe der Entwicklung muß die neu zu bestimmende Nutzung eines nachhaltigen Ressourcenflusses sein. Das erfordert, daß die Spitzenverbraucher von heute ihren Rohstoffverbrauch pro Kopf drastisch einschränken. Das wird wohl ihren Lebensstandard, der durch materiellen Konsum definiert ist, senken, bietet aber auch Chancen für eine verbesserte Lebensqualität im persönlichen, familiären und kommunalen Bereich. Notwendige Einsparungen können teilweise durch neue Produktionsverfahren für maximales Recycling und eine auf ein Minimum beschränkte Abhängigkeit von Inputs aus und Entsorgung in die Umwelt erzielt werden. Einige nicht lebenswichtige Formen des Verbrauchs müssen möglicherweise gestrichen werden.

 

Armen Ländern zur Nachhaltigkeit verhelfen

Konventionell:

Sind die armen Länder einmal auf dem Weg zu nachhaltigem Wachstum, wird ihnen der größer werdende Wirtschaftskuchen die Möglichkeit geben, eine große Anzahl von Problemen, wie Umweltschutz und die Ausrottung der Armut, in Angriff zu nehmen. In den Ländern des Südens ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen, ist abhängig von einem beschleunigten Wirtschaftswachstum in den Ländern des Nordens, um die Nachfrage nach Exporten des Südens zu forcieren und damit die Volkswirtschaften des Südens zu fördern. Wenn es allerdings wirklich dem Süden helfen soll, muß das beschleunigte Wachstum des Nordens mit der Abschaffung der Handelsbarrieren und verstärkten Auslandsinvestitionen und Auslandshilfen, einschließlich Umweltkrediten einhergehen.

Alternativ:

Die Umweltprobleme sind zu einem großen Teil die Folge dessen, daß die nördlichen Länder ihre ökologischen Defizite durch Handel und Investitionen in den Süden exportieren. Wenn in den Ländern des Südens Umweltressourcen und ganze Landstriche als Abfallhalden für den nördlichen Überkonsums bereitgestellt werden, schmälert dies die Pro-Kopf-Anteile der dortigen Bevölkerung an diesen Ressourcen, die zur Deckung der eigenen Bedürfnisse erforderlich wären, und läßt den wirtschaftlich Schwachen somit kaum ökologischen Spielraum. Ein Großteil der jetzigen Auslandshilfe, der Kredite und Investitionen schafft im Süden Wirtschaftssysteme, die beim Norden in tiefer Schuld stehen und vom kontinuierlichen Technologie- und Warenimport aus dem Norden abhängig

sind. Das wiederum schafft einen Bedarf an immer höheren Deviseneinnahmen für Importe, Schuldendienst und Rückführung der Gewinne durch Auslandsinvestoren, die nur durch weiteren Raubbau und Export der Ressource Umwelt erreicht werden können.

Nachhaltige Entwicklung in armen Ländern ist daher abhängig von

(1) der Erhöhung der Verfügbarkeit, des Zugangs und der Qualität des nachhaltigen natürlichen Ressourcenflusses, damit die Grundbedürfnisse der Menschen erfüllt

werden können und

(2) der politischen, institutionellen und technischen Kapazität, ihre Ressourcen effizient und nachhaltig zu nutzen und die Gewinne daraus gerecht unter allen Mitgliedern der jetzigen und zukünftigen

Generationen zu verteilen.

Die nördlichen Länder leisten den besten Beitrag zum Erreichen dieses Zieles, indem sie

(1) ihren eigenen Verbrauch begrenzen, um die Abhängigkeit des Nordens von der Beihilfe des Südens zu verringern, das heißt, die Umweltressourcen im Land zu lassen, damit die Armen dort ihre Grundbedürfnisse befriedigen können und

(2) den unbegrenzten Zugang des Südens zu sozial- und umweltverträglichen Technologien fördern.

Verantwortung für Umweltprobleme

Konventionell:

Armut ist der Hauptgrund für Umweltprobleme. Wegen eines Mangels an Ausbildung und wirtschaftlichen Möglichkeiten haben die Armen zu viele Kinder und weder ein Gespür noch die Mittel für die Umweltpflege, die bei wohlhabenderen Menschen und Länder schon üblicher ist. Die Qualität der Umwelt hat für Menschen, denen es ums Überleben geht, eine geringe Priorität. Sie werden sich mit der Erhaltung der Umwelt nur dann beschäftigen und dafür investieren, wenn ein bestimmtes Einkommensniveau erreicht ist. Das Wirtschaftswachstum anzuregen, um Beschäftigungsmöglichkeiten und Einkommen zu schaffen, muß die Grundlage des Umweltschutzes sein.

Es gibt keine klare Übereinstimmung bei den Alternativen. Die Alternative 1 ist die vorherrschende unter den alternativen Denkern – besonders im Süden.

 

Alternativ 1:

Der Überkonsum der nördlichen Länder ist das Problem. Daher steht das Bevölkerungswachstum des Nordens zur Debatte, da sich mit jedem weiteren Menschen im Norden der Verbrauch beträchtlich erhöht. Die Armen verbrauchen sehr wenig, so daß ihre Zahlen für die Umwelt nicht ins Gewicht fallen und damit auch das Bevölkerungswachstum im Süden kein Thema ist.

Alternativ 2:

Ungleichheit ist die Grundursache der Umweltprobleme. Aufgrund ihrer relativ viel stärkeren Stellung in der Marktwirtschaft sind die Wohlhabenden imstande, die sozialen und ökologischen Kosten ihres Überkonsums an die Armen weiterzugeben. Da die Armen die ersten sind, die unter einer geschwächten Umwelt leiden, werden sie in vielen Gegenden zu den Hauptbefürwortern umweltverantwortlicherer Praktiken im Ressourcenmanagement. Wo die Armut als die Ursache der Umweltzerstörung erscheint, dort normalerweise deshalb, weil die Armen anderer Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, beraubt sind und daher in die verzweifelte Lage getrieben wurden, die fragile Umwelt ihres Landes auszubeuten. Ihr Mangel an anderen Absicherungsmöglichkeiten führt oft zu einem Ansporn, viele Kinder zu haben. Die Beseitigung der Ungleichheit durch gerechtere Aufteilung der Ressourcenkontrolle ist eine Grundbedingung für Nachhaltigkeit.

Bevölkerung

Konventionell:

Die Bevölkerung wird sich von selbst irgendwo zwischen 12 und 15 Milliarden Menschen stabilisieren. Obwohl das einige Belastung erzeugen wird, sollte es doch bei einer angepaßten Wirtschaft kein übertriebenes Problem sein.

Alternativ:

Radikale wirtschaftliche Reformen könnten darauf hinzielen, die Geburtenrate umgehend zu verringern durch: mehr Gerechtigkeit, soziale Sicherheit und Investitionen in die Bildung der Frauen, neue Möglichkeiten für Frauen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sowie Gesundheits- und Familienplanungsdienste. Ohne diese Reformen wird die Weltbevölkerung sich infolge von Katastrophen von selbst weit unterhalb von 12 Milliarden stabilisieren, denn sozialer und ökologischer Streß führt zu Massenhungersnöten und Gewalt. Bei der heutigen Abhängigkeit vom Raubbau an nicht erneuerbaren Ressourcen ist es zweifelhaft, ob selbst die heutige Bevölkerungszahl wirklich dauerhaft aufrechterhalten werden kann, wenn die als Minimum akzeptierten Konsumstandards beibehalten werden sollen.

 

Wirtschaftspolitische Zielsetzungen

Konventionell:

Das Hauptziel der Wirtschaftspolitik ist die effiziente Verteilung der Ressourcen. Die Internalisierung der Produktionskosten ist eine Voraussetzung für die effiziente Verteilung durch Märkte und muß daher ebenfalls ein politisches Ziel sein. Gerechtigkeit ist ein sekundäres Nebenprodukt wirtschaftlich wirksamer Märkte.

Alternativ:

Es gibt drei Grundziele, deren Optimierung die Wirtschaftspolitik anstreben muß. In der Reihenfolge ihrer relativen Wichtigkeit sind das: eine Skala für die Nutzung der Ressourcen in Einklang mit der ökologischen Regenerationsfähigkeit, eine faire Verteilung und wirtschaftlich effiziente Zuweisung der Ressourcen. Effiziente Marktzuweisung erfordert die Internalisierung aller Kosten der Produktion einschließlich der sozialen und Umweltschutzkosten.

 

Arbeitsplätze

Konventionell:

Arbeit wird durch Wirtschaftswachstum erzeugt.

Alternativ:

Wir sind jetzt in einem Zeitalter des "jobless growth", des Wachstums ohne Arbeitsplätze, das mit Hilfe von Technologie und Reorganisation gute Arbeitsplätze schneller vernichtet, als das Wachstum neue erzeugt. Die neugeschaffenen Arbeitsplätze sind oft schlecht bezahlt, zeitlich begrenzt und ohne Vorteile und – schaffen so in der Gesellschaft ein Grundgefühl der Unsicherheit, das das soziale Netz stark beansprucht. Des weiteren basieren viele Arbeitsplätze, die die herkömmliche Wirtschaft bietet, auf nicht nachhaltigen Raten der Ressourcenausbeutung und sind daher von Natur aus zeitlich begrenzt. Wir müssen anfangen, im Sinne einer Versorgung der Menschen mit nachhaltigem Lebensunterhalt zu denken, der auf nachhaltiger Produktion für nachhaltige Märkte zur Aufrechterhaltung eines nachhaltigen Lebensstils basiert. Es gibt eine Menge nützlicher und umweltfreundlicher Arbeit, die getan werden muß und die geeignet ist, die unfreiwillige Arbeitslosigkeit zu beenden – wenn wir uns dafür entscheiden. Darüberhinaus geben uns die nachhaltigen Produktionsmethoden und -technologien in den meisten Fällen mehr Möglichkeiten, unseren Lebensunterhalt zu verdienen als ihre [konventionellen] Alternativen.

 

Handel und Umwelt

Konventionell:

Freier Handel (ohne Regulierung) erhöht die wirtschaftliche Effektivität durch den Vorteil der Vergleichsmöglichkeit. Wirtschaftliche Effektivität heißt bessere Ressourcennutzung, was für die Schonung der Umwelt von Vorteil ist. Mehr Handel bedeutet generell auch mehr Wirtschaftswachstum und erzeugt so auch die Mittel, die für den Schutz der Umwelt notwendig sind. Je größer der Umfang des Handels, umso größer der Nutzen für die Umwelt.

Alternativ:

Der Handel ist nützlich, wo die Vorteile des Vergleichs real sind. Mehr als die Hälfte des gesamten internationalen Handels betrifft den Austausch derselben Waren, was bedeutet, daß es wenig oder keinen Vorteil durch Vergleich gibt. Um fair und wirtschaftlich effizient zu sein, muß der Handel innerhalb eines klar umrissenen Regelwerkes stattfinden, das:

(1) die gesamten Kosten miteinbezieht (Produktion, soziale und Umweltschutzkosten einschließlich der gesamten Transportkosten), und

(2) gleichgewichtige Handelsbeziehungen aufrechterhält. Freier (unregulierter) Handel führt zwischen [Produktions-]

Orten, die auf der Suche nach Arbeit sind, zum Wettbewerb um die niedrigsten Produktionskosten durch Drücken der Löhne und Zugeständnissen bei der ‘Auslagerung’ der Sozial-, Umwelt- und sogar der Produktionskosten – allesamt uneffizient und höchst schädlich für die Umwelt und soziale Standards.

 

Märkte und Regierungen

Konventionell:

Märkte verteilen Ressourcen am effektivsten, wenn Eingriffe der Regierungen möglichst niedrig sind. Konsumenten drücken ihre Präferenzen durch ihre Kaufentscheidungen aus, mit der Folge, daß der Markt insgesamt die Wertentscheidungen der Gesellschaft über die beste Verteilung der Ressourcen widerspiegelt. Wenn Regierungen intervenieren, entstellen sie die Preissignale und die Effektivität der Verteilung ist gefährdet. Wegen des Erfüllens fast jeder vorgegebenen Funktion tendieren Märkte dazu, effizienter als Regierungen zu sein. Daher ist es wünschenswert, wo immer möglich, Funktionen zu privatisieren und Anreize für private Investoren zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zu höheren Deviseneinkünften zu gewähren.

Alternativ:

Der Markt ist eine essentiell wichtige Einrichtung in jedem funktionierenden wirtschaftlichen Verteilungssystem. Doch spiegelt der Markt naturgemäß nur die Präferenzen für private Güter von denjenigen, die Geld haben, wider. Ohne das Eingreifen des Staates und eine wachsame Zivilgesellschaft läßt ein freier (unregulierter) Markt sowohl eine optimale Abstufung als auch die Bedürfnisse aller derjenigen ohne Geld außer acht, vernachlässigt den essentiell wichtigen Bedarf an öffentlichen Leistungen, externalisiert, d.h. wälzt einen beträchtlichen Anteil der tatsächlichen Herstellungskosten auf die Gesellschaft ab und tendiert zu monopolistischer Kontrolle von Verteilungsentscheidungen zugunsten der Gewinner am Markt. Wenn die konventionelle Weisheit Anreize für private Investoren fordert, ist es in Wirklichkeit der Ruf nach Subventionen, die gemeinhin in Form des Zugeständnisses gewährt werden, daß Firmen ihren privaten Gewinn erhöhen dürfen, indem sie den größeren Teil ihrer Produktionskosten der Öffentlichkeit übertragen. Um soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit für die Umwelt zu erreichen, muß die Regierung intervenieren, um ein regulierendes System zu schaffen, das sicherstellt, daß die gesamten Kosten internalisiert werden, der Wettbewerb aufrechterhalten wird, der Nutzen gerecht verteilt wird und notwendige öffentliche Leistungen bereitgestellt werden. Eine wachsame und tatkräftige Zivilgesellschaft ist gefragt, um die Verantwortlichkeit sowohl der Regierung als auch des Marktes gegenüber den öffentlichen Interessen zu sichern und die Führerschaft im fortschrittlichen sozialen Innovationsprozeß zu übernehmen.

 

Wissenschaftliche Grundlagen

Konventionell:

Die konventionelle Weisheit stützt sich auf eine allgemein akzeptierte Theorie, die den Test der Zeit bestanden hat und durch extensive historische Beobachtung und Messungen bestätigt wurde.

Alternativ: Die konventionelle Weisheit repräsentiert eine Ideologie, keine Wissenschaft und widerspricht auffallend sowohl den theoretischen Grundlagen der Marktwirtschaft als auch der empirischen Erfahrung – die ganz im Gegensatz zum Anspruch des konventionellen Lagers die alternative Weisheit stark unterstützt. Tatsächlich wird wohl die konventionelle Weisheit das größte einzelne Hindernis sein, dem wir uns auf dem Weg zur Nachhaltigkeit gegenübersehen.

 

 

4.4. Internationale Instrumente

 

Auf höchster politischer Ebene wurde im Zuge der Rio-Konferenz von 1992 eigens eine Kommission geschaffen, welche Nachhaltige Entwicklung weltweit fördern soll:

 

Commission on Sustainable Development

General Information

 

In 1992, more than 100 heads of state met in Rio de Janeiro, Brazil for the United Nations Conference on Environment and Development (UNCED). The Earth Summit was convened to address urgent problems of environmental protection and socio-economic development. The assembled leaders signed the Framework Convention on Climate Change and the Convention on Biological Diversity; endorsed the Rio Declaration and the Forest Principles; and adopted

Agenda 21,

a 300-page plan for achieving sustainable development in the 21st century. The Commission on Sustainable Development (CSD) was created in December 1992 to ensure effective follow-up of UNCED; to monitor and report on implementation of the Earth Summit agreements at the local, national, regional and international levels. The CSD is a functional commission of the UN Economic and Social Council (ECOSOC), with 53 members. It was agreed that a five-year review of Earth Summit progress would be made in 1997 by the United Nations General Assembly meeting in special session.

Earth Summit + 5: The Special Session of the General Assembly held in June 1997 adopted a comprehensive document entitled Programme for the Further Implementation of Agenda 21 prepared by the Commission on Sustainable Development. It also adopted the programme of work of the Commission for 1998-2002.

The Commission on Sustainable Development consistently generates a high level of public interest. Over 50 ministers attend the CSD each year and more than one thousand non-governmental organizations (NGOs) are accredited to participate in the Commission's work. The Commission ensures the high visibility of sustainable development issues within the UN system and helps to improve the UN's coordination of environment and development activities.

The CSD also encourages governments and international organizations to host workshops and conferences on different environmental and cross-sectoral issues. The results of these expert-level meetings enhance the work of CSD and help the Commission to work better with national governments and various non-governmental partners in promoting sustainable development worldwide.

 

CSD Secretariat:

Secretariat of the United Nations Commission on Sustainable Development

United Nations Plaza, Room DC2-2220

New York, New York 10017, USA

Tel: + 1 212-963-3170

Fax: + 1-212-963-4260

E-mail: dsd@un.org

 

 

 

5. Strategien für Sustainable Development

 

"To shrink or not to be" (Schrumpfen oder Nichtsein; Titel einer US-Zeitung)

 

 

5.1. Bedingungen

 

 

Folgende Bedingungen sind notwendig, damit eine Entwicklung im Sinne von SD möglich ist:

 

  1. Bewußtsein beim Einzelnen (Verbraucher, Unternehmer, Arbeitnehmer) schaffen, die Konsequenzen aus ihrem jeweiligen Verhalten für die Umwelt zu bedenken; die Verantwortung beginnt bei jedem selbst und läßt sich nicht delegieren
  2. Umweltpolitik bedarf eines international wirksamen Rahmens (einschl. möglicher Sanktionen) ; die Wirtschaft benötigt vorhersehbare und längerfristige Rahmenbedingungen
  3. Erfolg und Mißerfolg müssen mit einem geeigneteren volkswirtschaftlichen Instrument als BIP gemessen werden, da dort nicht monetär entlohnte Leistungen und externe Kosten nicht berücksichtigt werden
  4. Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums müssen diskutiert werden, da auch Effizienzvorsprünge durch quantitatives Wachstum wettgemacht werden
  5. Die Obergrenzen für Konsum im allgemeinen müssen herausgefunden und diskutiert werden
  6. Neue politische Streitkultur ist nötig, in der Übeltäter benannt und erstarrte Organisationen zum Handeln gedrängt werden müssen
  7. Die Wirtschaftswissenschaften müssen große, lange als unantastbar geltende Teile neu definieren

 

Unter der Aufrechterhaltung der natürlichen Grundlagen des Lebens und Wirtschaftens ließen sich folgende Größen vereinbaren:

 

- Konstanter Naturkapitalstock in physischen Quantitäten

- Konstanter ökonomischer Wert des Naturkapitalstocks

- Konstanter ökonomischer Wert der Ressourcenströme

 

Diese Größen sollten verfassungsrechtlich abgesichert und nachfolgend zur Basis jeder marktlichen Bewertung werden.

 

 

Instrumente:

 

 

5.2. Verschiedene Ansätze

 

Der amerikanische Weltbank-Ökonom Herman Daly fordert vier Prinzipien von einer "Ökologischen Ökonomie" :

1. Die Tragfähigkeit (carrying capacity) bestimmt Art und Umfang der wirtschaftlichen Nutzung der Natur

2. Erneuerbare Ressourcen dürfen nur so weit genutzt werden, wie sie sich regenerieren können. Entsprechendes gilt für die Aufnahme von Abfällen.

3. Nicht erneuerbare Ressourcen dürfen nur in dem Maße genutzt werden, wie erneuerbare Ersatz-Ressourcen zum Ausgleich erschlossen werden können: Für jede verbrauchte Tonne Steinkohle etwa muß eine entsprechende Energiekapazität an Wind- oder Sonnenenergie bereitgestellt werden.

4. Durch Geldanreize und moderne Technologien müssen alle Material- und Energieströme auf ein Minimum reduziert werden.

Paul Ekins fügt hinzu, daß außerdem

- die Destabilisierung globaler Umweltbedingungen (Klima, Ozonschicht) verhindert,

- die Artenvielfalt durch absoluten Schutz wichtiger Ökosysteme erhalten und

- Techniken mit unabsehbaren Risiken für die Umwelt (Genmanipulation, Atomenergie) vermieden werden muß.

 

Eher konventionelle Wege für eine Erhaltung des Status Quo ohne die bisherige Umweltbelastung sieht Johano Strasser:

1. Wir können Wohlstand dadurch schaffen, daß wir es vermeiden, durch unbedachtes Verhalten und falsche Politik Mangel und damit Bedarf zu erzeugen.

Vorbeugen ist tatsächlich besser als heilen.

 

2. Wir können unseren Wohlstand dadurch mehren, daß wir Energie und Stoffe effizienter nutzen. Dabei ist es von allergrößter Bedeutung, die einzige im Überfluß vorhandene und dauerhaft verfügbare Energie, nämlich die Sonnenenergie mitsamt ihren Derivaten, nicht weiter zu vernachlässigen.

 

3. Die entscheidenden Möglichkeiten weiterer Reichtumssteigerung liegen in den hochentwickelten Industriegesellschaften nicht mehr in der Bereitstellung von immer mehr Gütern und Dienstleistungen pro Kopf der Bevölkerung, sondern in der Schaffung von Möglichkeiten selbstbestimmter Praxis und in der freien Verfügung über die Zeit.

 

Es könnte noch die Forderung nach umweltverträglicher Neugestaltung der Mobilität angefügt werden.

 

Durchgesetzt werden könnte dieses Konzept mit Hilfe der folgenden Punkte:

 

- die schrittweise Einbeziehung der externen Kosten bei der Nutzung von Energie, Natur und Rohstoffen

- die Verbesserung der privaten und öffentlichen Rahmenbedingungen für Innovationen und Effizienzsteigerung

- die Schaffung eines modernen Ordnungsrechts mit ökologischer Lenkungs- und Anreizfunktion

- der Abbau von Hemmnissen für ökologische Alternativen zur Verbesserung ihrer Wettbewerbschancen gegen die Marktmacht starker Anbieter

 

 

Der Brundtland-Bericht listet sieben "strategische Erfordernisse" auf:

 

1. Veränderung der Wachstumsqualität

2. Belebung des Wachstums

3. Neuorientierung von Technologie und Handhabung von Risiken

4. Verbindung von Umwelt und Wirtschaft in Entscheidungsprozessen

5. Befriedigung der Grundbedürfnisse nach Arbeit, Nahrung, Energie, Wasser und Hygiene

6. Sicherung dauerhafter Bevölkerungszahlen

7. Erhaltung und Stärkung der Ressourcenbasis

 

 

 

IWÖ St. Gallen formulierte

Sieben Kernpostulate der Nachhaltigkeit; 1-4 am physischen Naturkapitalbegriff orientiert, 5 und 6 versuchen, den qualitativen Aspekten Rechnung zu tragen und das 7. unterstreicht die Ganzheitlichkeit de Nachhaltigkeitsbegriffes.

 

  1. Erneuerbare Ressourcen

Die Inanspruchnahme der erneuerbaren Ressourcen (wie zum Beispiel Wald, landwirtschaftlich genutzter Boden oder Fischbestände) ist so zu gestalten, daß die Nutzungsrate die natürliche Regenerationsrate nicht übersteigt.

 

2. Absorptionsfähigkeit der Ökosysteme

Bei der Belastung der Umwelt durch Abfälle und Emissionen ist sicherzustellen, daß die Verschmutzungsrate gleich hoch oder unter der Absorptionsrate der Umwelt liegt.

 

3. Ökologische Risiken

Großrisiken, deren ökologische Folgen andere Nachhaltigkeitspostulate verletzen oder gar nicht abschätzbar sind, müssen vermieden werden.

 

4. Nicht erneuerbare Ressourcen

In der Einsicht, daß eine nachhaltige Nutzung nichtregenerierbarer Ressourcen prinzipiell unmöglich ist, wird für die Nutzung dieser Ressourcen "Qualitatives Wachstum" postuliert. Konkret wird gefordert: Die Nutzung nichtregenerierbarer Ressourcen ist nur in dem Ausmaße zugelassen, als es gelingt, durch geeignete Kombination von

- Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Ressourcenproduktivität und

- Substitution von nichtregenerierbaren Ressourcen durch regenerierbare Ressourcentrotz allfälligen Wirtschaftswachstums einen absoluten Rückgang des Verbrauchs an nicht regenerierbaren Ressourcen zu realisieren und die anderen Postulate der Nachhaltigen Entwicklung erfüllt werden.

 

5. Gesundhaltung der Biosysteme und Erhaltung der Artenvielfalt

Notwendige Voraussetzung für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Naturgüter ist die Erhaltung und Gesunderhaltung der Biosysteme. Dies verlangt eine weitmögliche Erhaltung der Artenvielfalt.

 

6. Erhaltung einer lebenswerten, menschenwürdigen Kulturlandschaft

Die Gestaltung des natürlichen Lebensraumes des Menschen muß sich von der Idee der Menschenrechte leiten lassen. Die Würde des Menschen verlangt eine lebenswerte Kulturlandschaft.

 

7. Grundpostulat einer umfassenden Nachhaltigkeit: Verbot der Problemverschiebung

Im Sinne der Strict Sustainability muß sichergestellt werden, daß prinzipiell kein Nachhaltigkeitspostulat zulasten eines anderen realisiert wird. Postuliert wird ein grundsätzliches "Verbot der Problemverschiebung" . Realistischerweise muß davon ausgegangen werden, daß diese Regelung nicht in jedem Falle strikt eingehalten werden kann. Begründungspflichtige Ausnahmen sind dann - und nur dann - zugelassen, wenn Verschlechterungen im einen Bereich durch Verbesserungen im anderen Bereich ökologisch gesamthaft überkompensiert werden. Dies muß im Rahmen eines adäquaten ökologischen Bilanzierungssystems dargetan werden können.

 

 

 

5.3. Änderung der politischen Rahmenbedingungen

 

Beispiele:

 

Das Recht künftiger Generationen, ihre natürlichen Lebensgrundlagen unzerstört vorzufinden, müßte in den Verfassungen verbrieft sein.

 

Haftungsrecht: Chemische oder atomare Risikoproduktionen dürften nicht mehr unter dem Dach von Kapitalgesellschaften mit beschränkter Haftung betrieben werden. Sie müßten in voller Risikohöhe pflichtversichert werden.

 

Beweislastumkehr: Die Zeiten der ökologischen Unschuldsvermutung wären vorüber. Bei gehäuften Atemwegserkrankungen in der Umgebung von Industriegebieten müßten die ansässigen Unternehmen ihre Unschuld beweisen.

 

Entscheidungshorizonte: Nachhaltigkeit benötigt eine Perspektive, die über den Tellerrand vierjähriger Legislaturperioden hinausreicht.

 

Verschuldung: Die Pumpsucht des Staates müßte therapiert werden; 600 Milliarden Mark Schulden Deutschlands z.B. sind ein verderblicher Wechsel auf die Zukunft, weil Zins und Tilgung nur durch Wirtschaftswachstum aufzubringen sind

 

 

5.4. Auswirkungen auf Deutschland

 

 

Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet für Industrieländer wie z.B. Deutschland:

 

 

die Studie "Zukunftsfähiges Deutschland":

 

Die Herausforderung für alle gesellschaftlichen Gruppen liegt darin, diese Vision eines Lebens mit natürlichen Grenzen mit Inhalten zu füllen, auszumalen und zu konkretisieren. Was heißt nachhaltige Entwicklung für Deutschland, die Regionen, Berlin, Dich und mich?

 

Die Studie "Zukunftsfähiges Deutschland - ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung", die der BUND und Misereor beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie in Auftrag gegeben haben, stellt einen Versuch dar, dieses Entwicklungsleitbild für Deutschland zu konkretisieren.

 

Hierbei wurde zunächst eine Bestandsaufnahme des deutschen Umweltverbrauchs vorgenommen, also der Frage nachgegangen

"Wieviel leben wir derzeit über unsere Verhältnisse?" Unter der Voraussetzung der Chancengleichheit für alle auf der Erde

lebenden Menschen wurden dann zukunftsfähige Verbrauchsniveaus für den gesamten Stoffumsatz und Energieverbrauch sowie

Reduktionsziele für wichtige Schadstoffe skizziert. Die Angaben über Material- und Stoffumsätze in Deutschland machen deutlich, daß es in Zukunft nicht mehr ausreicht, einzelne Schadstoffe durch nachsorgende Umwelttechnologie zu minimieren. Im Unterschied zur derzeitigen Umweltpolitik wird in der Studie das zu hohe Niveau des gesamten Materialverbrauchs problematisiert - also unsere derzeitigen Produktions- und Konsummuster.

 

Wie weit müßten wir also den Energie- und Materialverbrauch senken, um die Lebenschancen heutiger und zukünftiger Menschen nicht zu gefährden? Die Studie gibt hier als Langfristziele (bis 2050) sowohl für den CO2-Ausstoß als auch für den Einsatz von fossilen Brennstoffen und Materialien Reduktionsnotwendigkeiten von 80-90% an.

 

Kurzfristigere Ziele (bis 2010) versuchen die politische und technische Machbarkeit miteinzubeziehen, wobei generell gilt: Durch jedes Jahr des Wartens werden unwiderrufliche Umweltschäden in Kauf genommen!

 

Die Erkenntnis, daß die Hauptverantwortung für Veränderungen und das Ausmaß der nötigen Reduktionen in den Industrieländern liegt , könnten zu Resignation und Festklammern am Status quo führen.

 

Der BUND und Misereor empfanden es deshalb als essentiell, daß in der Studie außerdem grundlegende Ansätze dieser möglichen "neuen Art zu leben" aufgezeigt werden. Kernstück der Studie sind deshalb acht Leitbilder, die versuchen, einen Wertewandel und konkrete Umsetzungsmaßnahmen deutlich zu machen. Hauptziel der Veröffentlichung dieser Studie ist es, den Diskussionsprozeß um ein derartiges Entwicklungsleitbild anzustoßen, nachdem sich die Debatte der letzten Jahre hauptsächlich um den "Wirtschaftsstandort Deutschland" drehte. Sie ist somit ein starkes Plädoyer dafür, sich endlich als "Lebensstandort" zu begreifen und Lebensqualität statt materiellen Wohlstand in den Vordergrund zu stellen.

 

 

 

 

6. Beispiele

 

6.1. Die 1,5 kW-Gesellschaft

 

Der Physiker Hans-Peter Dürr schlägt die 1,5-Kilowatt-Gesellschaft als Schlüssel zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsweise vor. Er meint, eine gleichverteilte Kapazitätsgrenze von 1,5 kW pro Kopf und Stunde würde die Umwelt nicht nur entlasten, sondern wäre auch tragfähig. Derzeit verbrauchen Mitteleuropäer durchschnittlich 6 kW, US-Amerikaner 11 kW, Chinesen 800 W und Bewohner der sog. 3.Welt 80 W.

 

6.2. Erneuerbare Energien

 

Der Einsatz erneuerbarer Energien wie

- Solarenergie; u.a. Photovoltaik

- Windkraft

- Wasserenergie (auch problematisch)

- Biomasse, -energie

 

oder neue Verkehrskonzepte dienen ebenso einer nachhaltigen Entwicklung.

 

6.3. Änderungsfähige Industrie?

 

Die nachhaltigste und glaubwürdigste Berücksichtigung des ökologischen Gedankens findet sich jedoch dort, wo er quer durch alle Hierarchien und Bereiche den dort Beschäftigten nahegebracht und umgesetzt wird.

Leider finden sich in allen Bereichen noch immer Unternehmen, deren Führungsetagen längst mögliche und fällige Umweltinnovationen nicht berücksichtigen oder gar verhindern. Das liegt oftmals nicht zuletzt am eingesetzten Kapital, welches noch in den alten Anlagen steckt. Ein anderer Grund ist die mangelnde Risikofreudigkeit vieler Unternehmer.

Dabei gibt es längst erfolgversprechende Alternativen, wie z.B. das Sparmobil; ein Auto, welches deutlich weniger Treibstoff verbraucht, oder voll wiederverwertbare Kleidung. So räumt ein Vertreter von Siemens ein, daß schon heute Waschmaschinen gebaut werden könnten, die doppelt so lange halten würden (GPM 2/95 S. 23) Sie wären nur teurer. Aber der anfängliche Mehraufwand würde sich langfristig sicher bezahlt machen.

 

Man muß außerdem verschiedene Herangehensweisen betrachten, die sich zwischen den beiden folgenden Polen bewegen:

Zum einen wird versucht, ökologische (technologische) Schutzmaßnahmen einzuführen, die bereits entstandene Schäden beseitigen oder aufhalten sollen und auf der anderen Seite wird oft die Forderung nach "weniger" (Material, Energie, Verbrauch, Konsum) vertreten.

Als produzierender Betrieb, der am Absatz seiner Produkte interessiert ist, wird mit Sicherheit eher der erste Ansatz verfolgt werden.

 

 

6.4. Einzelne Vorschläge

 

6.4.1. Stoffkreislauf

 

derzeit gekennzeichnet durch

- die Nutzung sonst weitgehend immobiler Stoffe, insbesondere von Schwermetallen, die im natürlichen Prozeß nur in einem nichtschädlichen Umfang zugänglich sind

- die Eingriffe in die globalen Stoffkreisläufe, die zu einem Abbau der biochemischen Schutzsysteme führen (z.B. Ozon)

- die Freisetzung "evolutionsunerprobter" synthetischer Stoffe, die vom Menschen produziert werden, ohne die Folgen auf die Ökosysteme ausreichend zu kennen (z.B. Genmanipulation)

 

könnte durch nachfolgende Grundprinzipien umweltverträglich(er) gestaltet werden:

 

1. Ökobilanzen/Produktlinienanalysen (Aufzeigen der ökol. Auswirkungen von Produkten)

2. Minimierungsgebot (Verringerung des Stoffumsatzes)

3. Wiederverwertungsgebot (geschlossene Kreisläufe)

4. Ökologisches Design (betrifft insbesondere chemische Bestandteile)

 

 

Ökologische Produktpolitik

 

Was ist das?

 

Zuallererst ist Produktpolitik ein Teil des Vier-Komponenten-Marketing-Mixes.

Im betriebswirtschaftlichen Sinne dient sie der Bedürfnisbefriedigung des Marktes, wobei der Erfolg durch Abstimmung mit den anderen drei Instrumenten erreicht wird.

Die Ziele sieht man dabei in der Maximierung des Gewinns, der Erreichung bestimmter Deckungsbeiträge, der Erzielung bestimmter Rentabilitätswerte u.a.

Realisiert werden diese Ziele durch die Ermittlung des Stellenwertes eines Produktes im Unternehmen durch Kostenvergleiche und Primär- oder Sekundärerhebungen.

 

Der ökologische Ansatz hingegen bezieht ausdrücklich die Umwelt, als Gesamtheit aller äußeren, naturbezogenen Faktoren ein.

Entsprechend sind Umweltschutzmaßnahmen im Unternehmen durchzusetzen, soll der ökologische Produktlebenszyklus (siehe weiter unten) beurteilt werden, alle Vorgänge im Zusammenhang mit der Produktion im Rahmen von Ein- und Ausgangs-Analysen erfaßt werden, einschl. aller vor- und nachgelagerten Prozesse in Bezug auf ihre Umweltverträglichkeit.

 

Konkurrentenvergleich sowie die Änderung des Erscheinungsbild sind zwei weitere Stichworte für viele Unternehmen.

 

Schließlich sind Begriffe wie Enthaltsamkeit und Bescheidenheit von nicht untergeordneter Bedeutung für die Umstellung der Produktion nach ökologischeren Gesichtspunkten.

 

 

 

Die verschiedenen Phasen des ökologischen Produktlebenszyklus:

 

Phase 1: Rohstoffgewinnung und -verarbeitung

Alle in das Produkt eingehenden Rohstoffe werden hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit untersucht. Das schließt auch ihre Gewinnung ein.

 

Phase 2: Herstellung

Nun sind der Designer und der Herstellerbetrieb in der Verantwortung.

Mit Hilfe umweltschonender Fertigungstechnologien und Materialien können die negativen Auswirkungen für die nachfolgenden Abnehmer bereits deutlich gemindert oder ganz vermieden werden.

 

Phase 3: Handel

Hier kann durch eine auf das Nötigste reduzierte Transportbelastung korrigierend eingegriffen werden.

 

Phase 4: Ge- oder Verbrauch

Obwohl dieser Bereich sich dem unmittelbaren Einfluß des Designers entzieht, kann dieser dennoch auf eine umweltfreundlichere Handhabung einwirken, indem er z.B. Reparaturfreundlichkeit und lange Lebensdauer anbietet.

 

 

Phase 5: Entsorgung

Obgleich sich diese Phase der Kontrolle durch den Hersteller oftmals

entzieht, sollte dennoch auf eine gute Verwertbarkeit des Produktes hingearbeitet werden. Zunehmend sind die Hersteller auch zur Rücknahme verpflichtet.

Der "Grüne Punkt" ist dabei vielfach in die Kritik geraten, da er der Produktschwemme nicht entgegenwirkt und die versprochene Wiederverwertung bisher in sehr unbefriedigender Weise verwirklicht.

Das erfolgreiche SERO-System (bei dem Produkte auf Pfandbasis mehrfach benutzt wurden) der ehemaligen "DDR" wird sich allerdings unter Marktbedingungen nach erfolgter Privatisierung nicht durchsetzen lassen.

 

Mit Hilfe des Produktlebenszyklus kann man somit Produkte auf ihre ökologische Verträglichkeit untersuchen. Die Aufgabe wird jedoch mit jeder Komponente, die in das Produkt einfließt schwieriger, da nun auch die inneren Zusammenhänge berücksichtigt werden müssen.

Dennoch bleibt auch dies nur eine Orientierung. Eine absolute Entscheidungshilfe kann man hiervon nicht erwarten, da u.a. auch weitere Faktoren einbezogen werden müssen (Lebensdauer, Funktionalität z.B.)

 

 

6.4.2. Landwirtschaft

 

Die gegenwärtige Lage stellt sich folgendermaßen dar:

- Mehrzahl der kleineren und mittleren bäuerlichen Familien kann trotz harter Arbeit kein ausreichendes Einkommen erwirtschaften; die Zukunft des ländlichen Raumes ist bedroht

- die intensive Agrarproduktion mit ihren Chemikalien bedroht Artenvielfalt und Grundwasserreinheit

- Qualität des Nahrungsmittel wird beeinträchtigt und u.U. auch die Gesundheit der Verbraucher geschädigt

- die EU-Gelder fördern eine Überschußproduktion

 

überwunden werden könnten diese Mißstände mittels folgender Grundsätze:

1. bessere Finanzdienstleistung durch regional ausgewogenere Zuteilung und Bevorzugung nachhaltig betriebener Höfe

2. neue Rahmenbedingungen seitens des Staates müssen geschaffen werden

3. Durchsetzung einer artgerechten Tierhaltung aus ethischen, gesundheitlichen und agrarpolitischen Gründen

4. die Landwirtschaft muß in die regionale Entwicklung einbezogen werden und ein bevorzugt regionaler Absatz muß gezielt gefördert werden (u.a. Abbau langer Transportwege)

 

 

7. Affluenza - nur eine amerikanische Krankheit?

 

 

Suggested questions to stimulate discussion on these "symptoms" of

Affluenza.

 

Shopping Fever

Fact: On average, Americans shop six hours a week and spend only

40 minutes playing with their children.

 

What is the lure of shopping and material possessions?

What kinds of pressures do you feel to "keep up with the Joneses"?

 

Chronic Stress

"We hear the same refrain all the time from people. I have no life....I

get home at night, there's laundry, bills to pay....I'm exhausted, I go to

sleep, I wake up and the routine begins the next day all over again." -

Gerald Celente, Trends Research Institute

 

How has this "work-spend" treadmill affected your life and those of

your loved ones?

 

Hypercommercialism

Fact: By the age of 20, the average American has seen a million

commercials. In addition, advertising accounts for 2/3 of the space in

our newspapers and 40 percent of our mail.

 

How does advertising affect your life and buying habits? What

advertisements especially affect you? Why?

 

Material Girls and Boys "Anti-social behavior in pursuit of a product

is a good thing." - Marketing Consultant

 

How does it make you feel that corporations are targeting so much

advertising at kids? What messages do you think they are getting from

ads? Should schools (hallways as well as curriculum materials) be

ad-free zones? Why or why not?

 

How can we help kids resist the seductive pressure of advertising?

 

A Rash of Bankruptcies

Fact: In 1997, more than 1.1 million Americans declared personal

bankruptcy, more than graduated from college.

 

How have credit cards made it possible for us to spend beyond our

means? Imagine if you didn't have credit cards. How would that alter

your spending habits?

 

Fractured Families

Fact: In 90 percent of divorce cases, arguments about money play a

prominent role.

 

How do materialism and other money issues create conflict in your

family? How can family members work together to overcome this and

build stronger bonds?

 

Social Scars

Fact: The gap between the rich and poor in the U.S. is the widest in

any industrial country.

 

How does Affluenza contribute to this gap?

What are some of the ways the gap between rich and poor affects us

individually and as a society?

 

Resource Exhaustion

Fact: Since 1950, Americans have used more resources than everyone

who ever lived before them.

 

Developing countries would like to consume as much as Americans

do. How can we present a different role model to the world to help

secure a sustainable future for the generations to come? How can we

encourage corporations to produce more environmentally-sound

products?

 

Prevention and Cure

Fact: Studies suggest the Earth could sustain a standard of living

nearly as comfortable as our own for every human being. But that

would demand social as well as personal change.

 

Could you live a contented life with fewer material possessions? What

would make this possible?

What personal and social changes would you be willing to consider

making or helping to make?

 

How can we encourage corporations to be more responsible to global

needs rather than profits?

 

Before You Buy...

 

Do I really need it? Can I afford it?

 

Could I borrow one from a friend or neighbor?

 

Do I have one already that could be fixed up or repaired?

 

How long will it probably last? Am I prepared to maintain it?

 

What are ALL the costs over its lifetime?

 

How many hours or months will I have to work to pay for it? Is it worth

it?

 

Are the resources that go into it renewable? Is it recyclable?

 

Give yourself a 48-hour "cooling off" period to think about it before you

buy (30 days for a major purchase).

 

 

 

8. Kritik

 

Effizienz-Revolutionen verlieren ihren umweltpolitischen Nutzen, wenn die eingesparte Umweltbelastung durch die Mengenerhöhung wieder wettgemacht wird.

Selbst wenn der Quantensprung gelänge und sämtliche Generatoren, Maschinen und Heizungen nur noch die Hälfte an fossilen Brennstoffen schluckten, würde eine jährlich nur um zwei Prozent wachsende Weltwirtschaft in drei Jahrzehnten schon wieder 90 Prozent des gegenwärtigen Energieverbrauchs erreichen. Von den Effekten des Bevölkerungswachstums gar nicht zu reden.

 

Die Frage, ob und in welcher Höhe bestimmte Ökosysteme Schadstoffe und Abfälle absorbieren können, ist weithin ungeklärt.

 

Der Abbau nichterneuerbarer Ressourcen - mit welchen ökologischen Kompensationen auch immer - geht stets mit irreversiblen Veränderungen in der Umwelt einher.

 

Wiederverwertung kann nicht endlos fortgeführt werden, da sich die Qualität von Papier oder Plastik mit jedem Erneuerungsvorgang verschlechtert.

 

Die Forderung nach nachhaltiger Entwicklung ist oft sehr allgemein gehalten und läßt sich in dieser Unverbindlichkeit von vielen Interessengruppen beliebig auslegen. Es fehlt ein klar strukturiertes System, was sich allerdings auch als Vorteil erweisen kann.

 

Das Konzept der Nachhaltigkeit läßt sich trotz aller Versuche nicht vollständig mit der Logik der Wirtschaft vereinbaren. Der Wert der Erhaltung einer intakten Umwelt bleibt ökonomisch nicht faßbar, da man den sehr komplexen und interdependenten Umweltleistungen keinen sinnvollen Preis zuordnen kann. Statt sich mit der längerfristigen Dynamik heutiger Wirtschaftssysteme auseinanderzusetzen, findet eine reine Instrumentendiskussion statt.

 

Somit bleibt Nachhaltigkeit auf wirtschaftlichem Gebiete vorerst eine Leerformel.

 

Andererseits ist der Nachweis noch nicht erbracht, daß Wachstum automatisch zu einer Zunahme an Naturverbrauch und Umweltbelastung führt.

 

In bestimmten Ländern kann Nachhaltigkeit dadurch erreicht werden, daß durch Strukturpolitik bestimmte umweltschädliche Branchen geschlossen werden oder aber besonders belastende Betriebe ihre Tätigkeit ins Ausland verlagern.

 

 

 

9. Zusammenfassung

 

Nachhaltige Entwicklung stellt ein umfassendes, den Menschenrechten verpflichtetes, ökologisches Zielsystem dar.

Möglicherweise muß man bei alledem wieder eine höchstens einmal zu Weihnachten geübte Eigenschaft aus der Mottenkiste holen:

Besinnung.

Besinnung auf das, was Wirtschaften eigentlich bedeutet: Haushalten

Der Begriff der SD muß sowohl ökologische und ökonomische, als auch soziale Entwicklung umfassen.

 

Die Natur darf nicht länger aus gesellschaftlichen Entscheidungen ausgegrenzt werden und die bisherige Politik des Reagierens; auch als "End of pipe" - Lösungen bekannt, muß einer vorausschauenden und vorsorglichen sowie langfristigen Sichtweise Platz machen. Umweltschutz darf nicht weiter nur als ein weiterer Politikbereich neben anderen begriffen werden, sondern muß in seiner Bedeutung als Grundlage allen menschlichen Handelns endlich erkannt und in den Vordergrund gerückt werden. Teilkorrekturen sind jedenfalls längst nicht mehr genügend, das drohende Desaster abzuwenden.

Aus Vorsorgepflicht gegenüber unseren Nachfahren kann sich eigentlich nur das folgende Prinzip ergeben:

Bei allem, was wir tun, prüfen, ob wir unser Ziel mit dem geringstmöglichen Aufwand an nicht erneuerbarer Energie und Material erreichen.

 

"Jeder Mensch lebt so, daß auch die siebente Generation nach ihm Lebensqualität in einer intakten Umwelt vorfindet." Indianische Weisheit

 

 

 

 

 

Quellen:

 

(Aus Share International, July/August 1995. David C. Korten ist Präsident und Mitglied des People-Centered Development Forum und Autor von

When Corporations Rule the World, das im September bei Kumarian Press und Berrett-Koehler Publishers erscheint. Weitere Information: PCD

Forum, 14 E, 17th Street, Suite 5, New York, NY 10003, USA)

 

Schäfer, Martina: Nachhaltige Entwicklung - politische Luftblase oder Beginn einer gesellschaftlichen Vision? AnSchUB (1995),

Vol. 4, S. 3-7

 

Unsere gemeinsame Zukunft - Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, hrsg. von V. Hauff, Eggenkamp Verlag, Greven 1987

 

E.K. Seifert "Sustainable Development - Dauerhaftes Wirtschaften in "Neuorientierung in der ökonomischen Theorie" Metropolis; Marburg /Lahn 1995

 

Informationsdienst des IÖW Berlin

 

IWÖ Hochschule St. Gallen

 

Greenpeace-Magazin 1/92; 3/93

 

H.-P. Dürr: Die Zukunft ist ein unbetretener Pfad; Verlag Herder Freiburg, 1995

 

J. Strasser: Die Wende ist machbar; Realpolitik an den Grenzen des Wachstums; R. Piper GmbH & Co. KG, München; 1994